"schwarzen Mantel zwischen uns rannte und ihn "über mein Gesicht warf. Den Augenblick schlug "meine Geliebte, mit der angenehmen Stimme, "welche so oft meine Ohren entzücket hatte, ihre "Arme um mich herum, so wie ich in dem Man- "tel meines Lords verhüllet war. O schonen sie, "waren ihre Worte, schonen sie meines Lovela- "cens! Und schonen sie, o Lovelace, meines ge- "liebten Vetters Morden! Machen sie nicht, daß "mein Unglück durch den Fall eines von denen, "die mir so theuer und werth sind, oder gar durch "beyder Fall vermehret werde.
"Hierüber wollte ich, wie es mir vorkam, voll "Entzückung über ihre liebreiche Vermittelung, "sie in meine Arme fassen: als eine englische Ge- "stalt, die vortrefflichste, welche ich jemals gese- "hen habe, mit einem durchsichtigweisen Glanz "bekleidet, oben aus einer Decke herunter stieg. "Jndem diese sich öffnete: zeigte sich noch eine "Decke über ihr, welche um und um mit güldenen "Cherubinen und glänzenden Seraphinen besetzt "war. Alle riefen mit Frohlocken: Willkommen, "willkommen, willkommen! Sie umschlossen "meine Schöne und fuhren mit ihr zu der Ge- "gend der Seraphinen hinauf. Jn dem Augen- "blick schloß sich die geöffnete Decke zu; ich ver- "lohr meine Geliebte und die glänzende Ge- "stalt zugleich aus dem Gesichte, und fand ihr "himmelblaues Kleid, reich mit silbernen Ster- "nen von erhabener Arbeit besetzt, in meinem Arm "zusammengewickelt. Dieß Kleid hatte ich er-
ergriffen,
„ſchwarzen Mantel zwiſchen uns rannte und ihn „uͤber mein Geſicht warf. Den Augenblick ſchlug „meine Geliebte, mit der angenehmen Stimme, „welche ſo oft meine Ohren entzuͤcket hatte, ihre „Arme um mich herum, ſo wie ich in dem Man- „tel meines Lords verhuͤllet war. O ſchonen ſie, „waren ihre Worte, ſchonen ſie meines Lovela- „cens! Und ſchonen ſie, o Lovelace, meines ge- „liebten Vetters Morden! Machen ſie nicht, daß „mein Ungluͤck durch den Fall eines von denen, „die mir ſo theuer und werth ſind, oder gar durch „beyder Fall vermehret werde.
„Hieruͤber wollte ich, wie es mir vorkam, voll „Entzuͤckung uͤber ihre liebreiche Vermittelung, „ſie in meine Arme faſſen: als eine engliſche Ge- „ſtalt, die vortrefflichſte, welche ich jemals geſe- „hen habe, mit einem durchſichtigweiſen Glanz „bekleidet, oben aus einer Decke herunter ſtieg. „Jndem dieſe ſich oͤffnete: zeigte ſich noch eine „Decke uͤber ihr, welche um und um mit guͤldenen „Cherubinen und glaͤnzenden Seraphinen beſetzt „war. Alle riefen mit Frohlocken: Willkommen, „willkommen, willkommen! Sie umſchloſſen „meine Schoͤne und fuhren mit ihr zu der Ge- „gend der Seraphinen hinauf. Jn dem Augen- „blick ſchloß ſich die geoͤffnete Decke zu; ich ver- „lohr meine Geliebte und die glaͤnzende Ge- „ſtalt zugleich aus dem Geſichte, und fand ihr „himmelblaues Kleid, reich mit ſilbernen Ster- „nen von erhabener Arbeit beſetzt, in meinem Arm „zuſammengewickelt. Dieß Kleid hatte ich er-
ergriffen,
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„ſchwarzen Mantel zwiſchen uns rannte und ihn
„uͤber mein Geſicht warf. Den Augenblick ſchlug
„meine Geliebte, mit der angenehmen Stimme,
„welche ſo oft meine Ohren entzuͤcket hatte, ihre
„Arme um mich herum, ſo wie ich in dem Man-
„tel meines Lords verhuͤllet war. O ſchonen ſie,
„waren ihre Worte, ſchonen ſie meines Lovela-
„cens! Und ſchonen ſie, o Lovelace, meines ge-
„liebten Vetters Morden! Machen ſie nicht, daß
„mein Ungluͤck durch den Fall eines von denen,
„die mir ſo theuer und werth ſind, oder gar durch
„beyder Fall vermehret werde.
„Hieruͤber wollte ich, wie es mir vorkam, voll
„Entzuͤckung uͤber ihre liebreiche Vermittelung,
„ſie in meine Arme faſſen: als eine engliſche Ge-
„ſtalt, die vortrefflichſte, welche ich jemals geſe-
„hen habe, mit einem durchſichtigweiſen Glanz
„bekleidet, oben aus einer Decke herunter ſtieg.
„Jndem dieſe ſich oͤffnete: zeigte ſich noch eine
„Decke uͤber ihr, welche um und um mit guͤldenen
„Cherubinen und glaͤnzenden Seraphinen beſetzt
„war. Alle riefen mit Frohlocken: Willkommen,
„willkommen, willkommen! Sie umſchloſſen
„meine Schoͤne und fuhren mit ihr zu der Ge-
„gend der Seraphinen hinauf. Jn dem Augen-
„blick ſchloß ſich die geoͤffnete Decke zu; ich ver-
„lohr meine Geliebte und die glaͤnzende Ge-
„ſtalt zugleich aus dem Geſichte, und fand ihr
„himmelblaues Kleid, reich mit ſilbernen Ster-
„nen von erhabener Arbeit beſetzt, in meinem Arm
„zuſammengewickelt. Dieß Kleid hatte ich er-
ergriffen,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 822. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/828>, abgerufen am 24.11.2024.
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