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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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wieder gut zu machen! Jch bin ein undank-
barer Bösewicht gegen sie gewesen. Jch darf ih-
nen nicht erst erzählen, Fr. Lovick, wie sehr ich
sie beleidigt habe, und wie viel sie durch ihrer Ver-
wandten Unversöhnlichkeit leidet. Das letzte, Fr.
Lovick, das letzte, Fr. Smithinn, ist es, was ihr
das Herz abnaget. Jhre Familie ist die unver-
söhnlichste, die auf dem Erdboden seyn kann: und
die liebe Fräulein zeigt dadurch, daß sie mich
nicht sehen, und sich mit mir nicht aussöhnen will,
ihre Verwandtschaft mit derselben ein wenig allzu
deutlich.

O mein Herr! nicht eine Sylbe von dem,
was sie sagen, schickt sich auf die Fräulein. Jch
habe niemals ein so liebreiches Kind, eine so er-
bauliche Gottesfurcht, eine Person von einem
so versöhnlichen Gemüthe gesehen! Sie klagt sich
allemal selbst an, und entschuldigt ihre Verwand-
ten. Was aber sie betrifft, mein Herr: so ver-
giebt sie ihnen; sie wünschet ihnen wohl; sie
wünscht, daß sie glücklicher seyn mögen, als
sie vor ihnen seyn kann. Warum wollen sie,
mein Herr, warum wollen sie ihr nicht gönnen,
in Ruhe zu sterben? Dieß ist alles, was sie wün-
schet. Sie sehen nicht wie ein unbarmherziger
Cavallier aus! - - Wie können sie denn eine
arme Fräulein, auf welche niemand von ihren
Verwandten sehen will, so jagen und verfolgen?
Dieß macht, daß mein Herz für sie blutet.

So weinte sie wieder. Fr. Smithinn wein-
te auch. Mir ward nicht anders, als wenn ich

auf



wieder gut zu machen! Jch bin ein undank-
barer Boͤſewicht gegen ſie geweſen. Jch darf ih-
nen nicht erſt erzaͤhlen, Fr. Lovick, wie ſehr ich
ſie beleidigt habe, und wie viel ſie durch ihrer Ver-
wandten Unverſoͤhnlichkeit leidet. Das letzte, Fr.
Lovick, das letzte, Fr. Smithinn, iſt es, was ihr
das Herz abnaget. Jhre Familie iſt die unver-
ſoͤhnlichſte, die auf dem Erdboden ſeyn kann: und
die liebe Fraͤulein zeigt dadurch, daß ſie mich
nicht ſehen, und ſich mit mir nicht ausſoͤhnen will,
ihre Verwandtſchaft mit derſelben ein wenig allzu
deutlich.

O mein Herr! nicht eine Sylbe von dem,
was ſie ſagen, ſchickt ſich auf die Fraͤulein. Jch
habe niemals ein ſo liebreiches Kind, eine ſo er-
bauliche Gottesfurcht, eine Perſon von einem
ſo verſoͤhnlichen Gemuͤthe geſehen! Sie klagt ſich
allemal ſelbſt an, und entſchuldigt ihre Verwand-
ten. Was aber ſie betrifft, mein Herr: ſo ver-
giebt ſie ihnen; ſie wuͤnſchet ihnen wohl; ſie
wuͤnſcht, daß ſie gluͤcklicher ſeyn moͤgen, als
ſie vor ihnen ſeyn kann. Warum wollen ſie,
mein Herr, warum wollen ſie ihr nicht goͤnnen,
in Ruhe zu ſterben? Dieß iſt alles, was ſie wuͤn-
ſchet. Sie ſehen nicht wie ein unbarmherziger
Cavallier aus! ‒ ‒ Wie koͤnnen ſie denn eine
arme Fraͤulein, auf welche niemand von ihren
Verwandten ſehen will, ſo jagen und verfolgen?
Dieß macht, daß mein Herz fuͤr ſie blutet.

So weinte ſie wieder. Fr. Smithinn wein-
te auch. Mir ward nicht anders, als wenn ich

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[829/0835] wieder gut zu machen! Jch bin ein undank- barer Boͤſewicht gegen ſie geweſen. Jch darf ih- nen nicht erſt erzaͤhlen, Fr. Lovick, wie ſehr ich ſie beleidigt habe, und wie viel ſie durch ihrer Ver- wandten Unverſoͤhnlichkeit leidet. Das letzte, Fr. Lovick, das letzte, Fr. Smithinn, iſt es, was ihr das Herz abnaget. Jhre Familie iſt die unver- ſoͤhnlichſte, die auf dem Erdboden ſeyn kann: und die liebe Fraͤulein zeigt dadurch, daß ſie mich nicht ſehen, und ſich mit mir nicht ausſoͤhnen will, ihre Verwandtſchaft mit derſelben ein wenig allzu deutlich. O mein Herr! nicht eine Sylbe von dem, was ſie ſagen, ſchickt ſich auf die Fraͤulein. Jch habe niemals ein ſo liebreiches Kind, eine ſo er- bauliche Gottesfurcht, eine Perſon von einem ſo verſoͤhnlichen Gemuͤthe geſehen! Sie klagt ſich allemal ſelbſt an, und entſchuldigt ihre Verwand- ten. Was aber ſie betrifft, mein Herr: ſo ver- giebt ſie ihnen; ſie wuͤnſchet ihnen wohl; ſie wuͤnſcht, daß ſie gluͤcklicher ſeyn moͤgen, als ſie vor ihnen ſeyn kann. Warum wollen ſie, mein Herr, warum wollen ſie ihr nicht goͤnnen, in Ruhe zu ſterben? Dieß iſt alles, was ſie wuͤn- ſchet. Sie ſehen nicht wie ein unbarmherziger Cavallier aus! ‒ ‒ Wie koͤnnen ſie denn eine arme Fraͤulein, auf welche niemand von ihren Verwandten ſehen will, ſo jagen und verfolgen? Dieß macht, daß mein Herz fuͤr ſie blutet. So weinte ſie wieder. Fr. Smithinn wein- te auch. Mir ward nicht anders, als wenn ich auf

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 829. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/835>, abgerufen am 24.11.2024.