Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



nur durch eines von diesen beyden Mitteln ersetzet
werden, daß Sie ihn entweder heyrathen oder
vor Gericht verfolgen. Herbe Mittel für eine so
zärtliche Seele, als Sie besitzen.

Er, und alle seine Freunde, wie ich verneh-
me, suchen Sie zu dem erstern zu bewegen: und
es ist nunmehr gewiß das einzige Mittel, welches
in seiner Gewalt stehet, das verübte Unrecht wie-
der gut zu machen. Allein ich bin versichert, daß
Sie ihr und sein Gesuch mit dem Unwillen und
der Verachtung, welcher seine schändliche Hand-
lungen würdig sind, verworfen haben, dennoch
aber sich nicht weigern, die christliche Vergebung,
die er so wenig zu erwarten Ursache hat, sich auch
auf ihn erstrecken zu lassen, wofern er Sie nur
nicht weiter beunruhigen will.

Aber, gnädige Fräulein, die gerichtliche Be-
langung, wozu ich rathe, wird dazu dienen, daß
Jhre gegenwärtige und zukünftige Sicherheit vor
neuer Beunruhigung von einem so schändlichen
Menschen, der Jhnen beschwerlich seyn will, nicht
auf seine Höflichkeit ankomme. Jch sollte ge-
denken, ein so edler und so wohl angeführter Geist,
als der Jhrige ist, würde nicht zugeben, daß es
auf dieselbe ankommen sollte, wenn Sie es än-
dern könnten.

Und können unanständige Handlungen, sie
mögen seyn, von welcher Art sie wollen, auch wohl
eigentlich vergeben werden, ehe wir es in un-
serer Gewalt haben, sie zu bestrafen?
Wenn
wir bezeugen, daß wir sie verzeihen, so lange wir

noch



nur durch eines von dieſen beyden Mitteln erſetzet
werden, daß Sie ihn entweder heyrathen oder
vor Gericht verfolgen. Herbe Mittel fuͤr eine ſo
zaͤrtliche Seele, als Sie beſitzen.

Er, und alle ſeine Freunde, wie ich verneh-
me, ſuchen Sie zu dem erſtern zu bewegen: und
es iſt nunmehr gewiß das einzige Mittel, welches
in ſeiner Gewalt ſtehet, das veruͤbte Unrecht wie-
der gut zu machen. Allein ich bin verſichert, daß
Sie ihr und ſein Geſuch mit dem Unwillen und
der Verachtung, welcher ſeine ſchaͤndliche Hand-
lungen wuͤrdig ſind, verworfen haben, dennoch
aber ſich nicht weigern, die chriſtliche Vergebung,
die er ſo wenig zu erwarten Urſache hat, ſich auch
auf ihn erſtrecken zu laſſen, wofern er Sie nur
nicht weiter beunruhigen will.

Aber, gnaͤdige Fraͤulein, die gerichtliche Be-
langung, wozu ich rathe, wird dazu dienen, daß
Jhre gegenwaͤrtige und zukuͤnftige Sicherheit vor
neuer Beunruhigung von einem ſo ſchaͤndlichen
Menſchen, der Jhnen beſchwerlich ſeyn will, nicht
auf ſeine Hoͤflichkeit ankomme. Jch ſollte ge-
denken, ein ſo edler und ſo wohl angefuͤhrter Geiſt,
als der Jhrige iſt, wuͤrde nicht zugeben, daß es
auf dieſelbe ankommen ſollte, wenn Sie es aͤn-
dern koͤnnten.

Und koͤnnen unanſtaͤndige Handlungen, ſie
moͤgen ſeyn, von welcher Art ſie wollen, auch wohl
eigentlich vergeben werden, ehe wir es in un-
ſerer Gewalt haben, ſie zu beſtrafen?
Wenn
wir bezeugen, daß wir ſie verzeihen, ſo lange wir

noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0101" n="95"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nur durch eines von die&#x017F;en beyden Mitteln er&#x017F;etzet<lb/>
werden, daß Sie ihn entweder heyrathen oder<lb/>
vor Gericht verfolgen. Herbe Mittel fu&#x0364;r eine &#x017F;o<lb/>
za&#x0364;rtliche Seele, als Sie be&#x017F;itzen.</p><lb/>
          <p>Er, und alle &#x017F;eine Freunde, wie ich verneh-<lb/>
me, &#x017F;uchen Sie zu dem er&#x017F;tern zu bewegen: und<lb/>
es i&#x017F;t nunmehr gewiß das einzige Mittel, welches<lb/>
in &#x017F;einer Gewalt &#x017F;tehet, das veru&#x0364;bte Unrecht wie-<lb/>
der gut zu machen. Allein ich bin ver&#x017F;ichert, daß<lb/>
Sie <hi rendition="#fr">ihr</hi> und <hi rendition="#fr">&#x017F;ein</hi> Ge&#x017F;uch mit dem Unwillen und<lb/>
der Verachtung, welcher &#x017F;eine &#x017F;cha&#x0364;ndliche Hand-<lb/>
lungen wu&#x0364;rdig &#x017F;ind, verworfen haben, dennoch<lb/>
aber &#x017F;ich nicht weigern, die chri&#x017F;tliche Vergebung,<lb/>
die er &#x017F;o wenig zu erwarten Ur&#x017F;ache hat, &#x017F;ich auch<lb/>
auf ihn er&#x017F;trecken zu la&#x017F;&#x017F;en, wofern er Sie nur<lb/>
nicht weiter beunruhigen will.</p><lb/>
          <p>Aber, gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein, die gerichtliche Be-<lb/>
langung, wozu ich rathe, wird dazu dienen, daß<lb/>
Jhre gegenwa&#x0364;rtige und zuku&#x0364;nftige Sicherheit vor<lb/>
neuer Beunruhigung von einem &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;ndlichen<lb/>
Men&#x017F;chen, der Jhnen be&#x017F;chwerlich &#x017F;eyn will, nicht<lb/>
auf &#x017F;eine <hi rendition="#fr">Ho&#x0364;flichkeit</hi> ankomme. Jch &#x017F;ollte ge-<lb/>
denken, ein &#x017F;o edler und &#x017F;o wohl angefu&#x0364;hrter Gei&#x017F;t,<lb/>
als der Jhrige i&#x017F;t, wu&#x0364;rde nicht zugeben, daß es<lb/>
auf die&#x017F;elbe ankommen &#x017F;ollte, wenn Sie es a&#x0364;n-<lb/>
dern ko&#x0364;nnten.</p><lb/>
          <p>Und ko&#x0364;nnen unan&#x017F;ta&#x0364;ndige Handlungen, &#x017F;ie<lb/>
mo&#x0364;gen &#x017F;eyn, von welcher Art &#x017F;ie wollen, auch wohl<lb/><hi rendition="#fr">eigentlich vergeben</hi> werden, ehe wir es in <hi rendition="#fr">un-<lb/>
&#x017F;erer Gewalt haben, &#x017F;ie zu be&#x017F;trafen?</hi> Wenn<lb/>
wir bezeugen, daß wir &#x017F;ie verzeihen, &#x017F;o lange wir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">noch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0101] nur durch eines von dieſen beyden Mitteln erſetzet werden, daß Sie ihn entweder heyrathen oder vor Gericht verfolgen. Herbe Mittel fuͤr eine ſo zaͤrtliche Seele, als Sie beſitzen. Er, und alle ſeine Freunde, wie ich verneh- me, ſuchen Sie zu dem erſtern zu bewegen: und es iſt nunmehr gewiß das einzige Mittel, welches in ſeiner Gewalt ſtehet, das veruͤbte Unrecht wie- der gut zu machen. Allein ich bin verſichert, daß Sie ihr und ſein Geſuch mit dem Unwillen und der Verachtung, welcher ſeine ſchaͤndliche Hand- lungen wuͤrdig ſind, verworfen haben, dennoch aber ſich nicht weigern, die chriſtliche Vergebung, die er ſo wenig zu erwarten Urſache hat, ſich auch auf ihn erſtrecken zu laſſen, wofern er Sie nur nicht weiter beunruhigen will. Aber, gnaͤdige Fraͤulein, die gerichtliche Be- langung, wozu ich rathe, wird dazu dienen, daß Jhre gegenwaͤrtige und zukuͤnftige Sicherheit vor neuer Beunruhigung von einem ſo ſchaͤndlichen Menſchen, der Jhnen beſchwerlich ſeyn will, nicht auf ſeine Hoͤflichkeit ankomme. Jch ſollte ge- denken, ein ſo edler und ſo wohl angefuͤhrter Geiſt, als der Jhrige iſt, wuͤrde nicht zugeben, daß es auf dieſelbe ankommen ſollte, wenn Sie es aͤn- dern koͤnnten. Und koͤnnen unanſtaͤndige Handlungen, ſie moͤgen ſeyn, von welcher Art ſie wollen, auch wohl eigentlich vergeben werden, ehe wir es in un- ſerer Gewalt haben, ſie zu beſtrafen? Wenn wir bezeugen, daß wir ſie verzeihen, ſo lange wir noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/101
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/101>, abgerufen am 18.05.2024.