Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite


Dieß war der Trost des göttlichen Sokrates:
wie du gelesen hast. Da er zum Tode geführet
wurde, und sein Weib kläglich that, daß er un-
schuldig leiden sollte: so sagte er: du Närrinn,
wolltest du wünschen, daß ich schuldig wäre?



Der drey und dreyßigste Brief
von
Herrn Belford an Hrn. Rob. Lovelace.

Wie erstaunenswürdig ist es, daß du dich mit-
ten unter so rührenden Trauerspielen über
das, was du Betheurungen meiner Sehn-
sucht nach dem Himmel
nennest, lustig ma-
chest! Gewiß, niemals ist noch ein solcher Mensch
in der Welt gewesen: wenn man deine natürli-
chen Gaben und deine Leichtsinnigkeit zusammen
nimmt! - - Jn Wahrheit, das, was ich dir mit
dem gegenwärtigen Briefe senden werde, wird
dich rühren. Wo nicht: so kann es nichts thun,
bis deine eigne Stunde kommt - - Alsdenn
aber werden deine Betrachtungen schwer seyn!

Es ist mir inzwischen lieb, daß du mich in den
Stand setzest, die Fräulein zu versichern, daß du
sie nicht mehr beschweren willst: das heißt mit
andern Worten, daß, nachdem du ihr Glück und
alle ihre Hoffnung auf der Welt zu nichte gemacht

hast,


Dieß war der Troſt des goͤttlichen Sokrates:
wie du geleſen haſt. Da er zum Tode gefuͤhret
wurde, und ſein Weib klaͤglich that, daß er un-
ſchuldig leiden ſollte: ſo ſagte er: du Naͤrrinn,
wollteſt du wuͤnſchen, daß ich ſchuldig waͤre?



Der drey und dreyßigſte Brief
von
Herrn Belford an Hrn. Rob. Lovelace.

Wie erſtaunenswuͤrdig iſt es, daß du dich mit-
ten unter ſo ruͤhrenden Trauerſpielen uͤber
das, was du Betheurungen meiner Sehn-
ſucht nach dem Himmel
nenneſt, luſtig ma-
cheſt! Gewiß, niemals iſt noch ein ſolcher Menſch
in der Welt geweſen: wenn man deine natuͤrli-
chen Gaben und deine Leichtſinnigkeit zuſammen
nimmt! ‒ ‒ Jn Wahrheit, das, was ich dir mit
dem gegenwaͤrtigen Briefe ſenden werde, wird
dich ruͤhren. Wo nicht: ſo kann es nichts thun,
bis deine eigne Stunde kommt ‒ ‒ Alsdenn
aber werden deine Betrachtungen ſchwer ſeyn!

Es iſt mir inzwiſchen lieb, daß du mich in den
Stand ſetzeſt, die Fraͤulein zu verſichern, daß du
ſie nicht mehr beſchweren willſt: das heißt mit
andern Worten, daß, nachdem du ihr Gluͤck und
alle ihre Hoffnung auf der Welt zu nichte gemacht

haſt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0284" n="278"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Dieß war der Tro&#x017F;t des go&#x0364;ttlichen Sokrates:<lb/>
wie du gele&#x017F;en ha&#x017F;t. Da er zum Tode gefu&#x0364;hret<lb/>
wurde, und &#x017F;ein Weib kla&#x0364;glich that, daß er un-<lb/>
&#x017F;chuldig leiden &#x017F;ollte: &#x017F;o &#x017F;agte er: du Na&#x0364;rrinn,<lb/>
wollte&#x017F;t du wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß ich &#x017F;chuldig wa&#x0364;re?</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der drey und dreyßig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Belford an Hrn. Rob. Lovelace.</hi></head><lb/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Freytags, den 1ten Sept.</hi> </dateline><lb/>
            <p><hi rendition="#in">W</hi>ie er&#x017F;taunenswu&#x0364;rdig i&#x017F;t es, daß du dich mit-<lb/>
ten unter &#x017F;o ru&#x0364;hrenden Trauer&#x017F;pielen u&#x0364;ber<lb/>
das, was du <hi rendition="#fr">Betheurungen meiner Sehn-<lb/>
&#x017F;ucht nach dem Himmel</hi> nenne&#x017F;t, lu&#x017F;tig ma-<lb/>
che&#x017F;t! Gewiß, niemals i&#x017F;t noch ein &#x017F;olcher Men&#x017F;ch<lb/>
in der Welt gewe&#x017F;en: wenn man deine natu&#x0364;rli-<lb/>
chen Gaben und deine Leicht&#x017F;innigkeit zu&#x017F;ammen<lb/>
nimmt! &#x2012; &#x2012; Jn Wahrheit, das, was ich dir mit<lb/>
dem gegenwa&#x0364;rtigen Briefe &#x017F;enden werde, wird<lb/>
dich ru&#x0364;hren. Wo nicht: &#x017F;o kann es nichts thun,<lb/>
bis <hi rendition="#fr">deine eigne Stunde kommt</hi> &#x2012; &#x2012; Alsdenn<lb/>
aber werden deine Betrachtungen &#x017F;chwer &#x017F;eyn!</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t mir inzwi&#x017F;chen lieb, daß du mich in den<lb/>
Stand &#x017F;etze&#x017F;t, die Fra&#x0364;ulein zu ver&#x017F;ichern, daß du<lb/>
&#x017F;ie nicht mehr be&#x017F;chweren will&#x017F;t: das heißt mit<lb/>
andern Worten, daß, nachdem du ihr Glu&#x0364;ck und<lb/>
alle ihre Hoffnung auf der Welt zu nichte gemacht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ha&#x017F;t,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0284] Dieß war der Troſt des goͤttlichen Sokrates: wie du geleſen haſt. Da er zum Tode gefuͤhret wurde, und ſein Weib klaͤglich that, daß er un- ſchuldig leiden ſollte: ſo ſagte er: du Naͤrrinn, wollteſt du wuͤnſchen, daß ich ſchuldig waͤre? Der drey und dreyßigſte Brief von Herrn Belford an Hrn. Rob. Lovelace. Freytags, den 1ten Sept. Wie erſtaunenswuͤrdig iſt es, daß du dich mit- ten unter ſo ruͤhrenden Trauerſpielen uͤber das, was du Betheurungen meiner Sehn- ſucht nach dem Himmel nenneſt, luſtig ma- cheſt! Gewiß, niemals iſt noch ein ſolcher Menſch in der Welt geweſen: wenn man deine natuͤrli- chen Gaben und deine Leichtſinnigkeit zuſammen nimmt! ‒ ‒ Jn Wahrheit, das, was ich dir mit dem gegenwaͤrtigen Briefe ſenden werde, wird dich ruͤhren. Wo nicht: ſo kann es nichts thun, bis deine eigne Stunde kommt ‒ ‒ Alsdenn aber werden deine Betrachtungen ſchwer ſeyn! Es iſt mir inzwiſchen lieb, daß du mich in den Stand ſetzeſt, die Fraͤulein zu verſichern, daß du ſie nicht mehr beſchweren willſt: das heißt mit andern Worten, daß, nachdem du ihr Gluͤck und alle ihre Hoffnung auf der Welt zu nichte gemacht haſt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/284
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/284>, abgerufen am 22.11.2024.