halten, und schrieb den Beschluß selbst; jedoch ward Fr. Lovick genöthigt, ihr die Hand zu führen.
Jhr werdet den Verstand zum Erstaunen, in Betrachtung ihrer Schwachheit, unverletzt finden.
Jch habe den Bothen warten lassen, bis ich diesen ihren Brief abgeschrieben hatte. Jch ha- be mich bemühet, die Unterschrift nachzumachen.
Mittwoch. gegen drey.
Meine allerliebste Fräulein Howe.
Sie müssen nicht erschrecken - - sich auch nicht betrüben, - - daß Fr. Lovick für mich schrei- bet. Ob ich Jhnen gleich nicht gehorchen und mit meiner Hand schreiben kann: so schreibet doch mein Herz durch die ihrige - - Nehmen Sie es so an - - Es ist alles, was ich thun kann, dem Gehorsam gegen ihren Befehl so nahe zu kommen, als möglich ist.
Und was soll ich nun sagen? Was kann ich sagen? - - Jedoch warum sollten Sie nicht die Wahrheit wissen? Da Sie sie doch bald - - gar bald erfahren müssen.
So wissen Sie dann, und lassen Jhre Thrä- nen Zeugen eines frohen Mitleidens seyn, wo sie Zeugen des Mitleidens seyn sollen! Denn ich er- laube Jhnen ein Paar zu vergießen, um, wie ich sagen mag, eine abgefallene Blume einzubalsami- ren - - So wissen Sie dann, daß der gute Arzt, der fromme Geistliche und der rechtschaffene Apo-
theker
halten, und ſchrieb den Beſchluß ſelbſt; jedoch ward Fr. Lovick genoͤthigt, ihr die Hand zu fuͤhren.
Jhr werdet den Verſtand zum Erſtaunen, in Betrachtung ihrer Schwachheit, unverletzt finden.
Jch habe den Bothen warten laſſen, bis ich dieſen ihren Brief abgeſchrieben hatte. Jch ha- be mich bemuͤhet, die Unterſchrift nachzumachen.
Mittwoch. gegen drey.
Meine allerliebſte Fraͤulein Howe.
Sie muͤſſen nicht erſchrecken ‒ ‒ ſich auch nicht betruͤben, ‒ ‒ daß Fr. Lovick fuͤr mich ſchrei- bet. Ob ich Jhnen gleich nicht gehorchen und mit meiner Hand ſchreiben kann: ſo ſchreibet doch mein Herz durch die ihrige ‒ ‒ Nehmen Sie es ſo an ‒ ‒ Es iſt alles, was ich thun kann, dem Gehorſam gegen ihren Befehl ſo nahe zu kommen, als moͤglich iſt.
Und was ſoll ich nun ſagen? Was kann ich ſagen? ‒ ‒ Jedoch warum ſollten Sie nicht die Wahrheit wiſſen? Da Sie ſie doch bald ‒ ‒ gar bald erfahren muͤſſen.
So wiſſen Sie dann, und laſſen Jhre Thraͤ- nen Zeugen eines frohen Mitleidens ſeyn, wo ſie Zeugen des Mitleidens ſeyn ſollen! Denn ich er- laube Jhnen ein Paar zu vergießen, um, wie ich ſagen mag, eine abgefallene Blume einzubalſami- ren ‒ ‒ So wiſſen Sie dann, daß der gute Arzt, der fromme Geiſtliche und der rechtſchaffene Apo-
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halten, und ſchrieb den Beſchluß ſelbſt; jedoch
ward Fr. Lovick genoͤthigt, ihr die Hand zu
fuͤhren.
Jhr werdet den Verſtand zum Erſtaunen, in
Betrachtung ihrer Schwachheit, unverletzt finden.
Jch habe den Bothen warten laſſen, bis ich
dieſen ihren Brief abgeſchrieben hatte. Jch ha-
be mich bemuͤhet, die Unterſchrift nachzumachen.
Mittwoch. gegen drey.
Meine allerliebſte Fraͤulein Howe.
Sie muͤſſen nicht erſchrecken ‒ ‒ ſich auch nicht
betruͤben, ‒ ‒ daß Fr. Lovick fuͤr mich ſchrei-
bet. Ob ich Jhnen gleich nicht gehorchen und
mit meiner Hand ſchreiben kann: ſo ſchreibet
doch mein Herz durch die ihrige ‒ ‒ Nehmen
Sie es ſo an ‒ ‒ Es iſt alles, was ich thun kann,
dem Gehorſam gegen ihren Befehl ſo nahe zu
kommen, als moͤglich iſt.
Und was ſoll ich nun ſagen? Was kann
ich ſagen? ‒ ‒ Jedoch warum ſollten Sie nicht
die Wahrheit wiſſen? Da Sie ſie doch bald ‒ ‒
gar bald erfahren muͤſſen.
So wiſſen Sie dann, und laſſen Jhre Thraͤ-
nen Zeugen eines frohen Mitleidens ſeyn, wo ſie
Zeugen des Mitleidens ſeyn ſollen! Denn ich er-
laube Jhnen ein Paar zu vergießen, um, wie ich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/424>, abgerufen am 22.11.2024.
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