mich Jhnen durch diese Zeilen mit mehrerer Zu- versicht: jedoch nichts desto weniger mit der höch- sten Ehrerbietung, Dankbarkeit und Gehorsam. Den Grund von dieser zuversichtlichen Dreistig- keit wird mein Brief an meinen Hrn. Vater er- öffnen: und wie ich ihn, auf meinen Knieen, um Verzeihung gebeten habe; so flehe ich auch Sie itzo, auf eben die demüthigstgehorsame Art, wegen der Betrübniß und Unruhe, die ich Jhnen verursa- chet habe, um Vergebung an.
Mein Herz hat mir aus allen Adern wegen einer unglücklichen Uebereilung geblutet, welche von dem Augenblick an, da sie vollbracht war, ob sie gleich nicht mit meinem freyen Willen zur Vollziehung gekommen ist, ihre eigne Strafe mit sich geführet hat, und von einer wahren und auf- richtigen Reue begleitet ist.
Gott, der ein Zeuge meiner Trübsale gewesen, weiß, daß, so groß sie auch gewesen sind, die größte unter allen dennoch das Herzeleid gewesen sey, wel- ches ich Jhnen, gnädige Frau, und meinem Herrn Vater, wie ich überzeugt war, verursacht haben mußte: indem ich einen solchen Schritt gethan hatte, der in Jhren und seinen Augen, ja in der That in den Augen meiner ganzen Familie, so scheuslich aussahe; einen Schritt, der sich für Jhre Tochter, und für die Erziehung, welche Sie derselben hatten wiederfahren lassen, so wenig schickte!
Aber Er, hoffe ich voll Zuversicht, hat mir vergeben: und in dem Augenblick, da Jhnen ge-
gen-
mich Jhnen durch dieſe Zeilen mit mehrerer Zu- verſicht: jedoch nichts deſto weniger mit der hoͤch- ſten Ehrerbietung, Dankbarkeit und Gehorſam. Den Grund von dieſer zuverſichtlichen Dreiſtig- keit wird mein Brief an meinen Hrn. Vater er- oͤffnen: und wie ich ihn, auf meinen Knieen, um Verzeihung gebeten habe; ſo flehe ich auch Sie itzo, auf eben die demuͤthigſtgehorſame Art, wegen der Betruͤbniß und Unruhe, die ich Jhnen verurſa- chet habe, um Vergebung an.
Mein Herz hat mir aus allen Adern wegen einer ungluͤcklichen Uebereilung geblutet, welche von dem Augenblick an, da ſie vollbracht war, ob ſie gleich nicht mit meinem freyen Willen zur Vollziehung gekommen iſt, ihre eigne Strafe mit ſich gefuͤhret hat, und von einer wahren und auf- richtigen Reue begleitet iſt.
Gott, der ein Zeuge meiner Truͤbſale geweſen, weiß, daß, ſo groß ſie auch geweſen ſind, die groͤßte unter allen dennoch das Herzeleid geweſen ſey, wel- ches ich Jhnen, gnaͤdige Frau, und meinem Herrn Vater, wie ich uͤberzeugt war, verurſacht haben mußte: indem ich einen ſolchen Schritt gethan hatte, der in Jhren und ſeinen Augen, ja in der That in den Augen meiner ganzen Familie, ſo ſcheuslich ausſahe; einen Schritt, der ſich fuͤr Jhre Tochter, und fuͤr die Erziehung, welche Sie derſelben hatten wiederfahren laſſen, ſo wenig ſchickte!
Aber Er, hoffe ich voll Zuverſicht, hat mir vergeben: und in dem Augenblick, da Jhnen ge-
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mich Jhnen durch dieſe Zeilen mit mehrerer Zu-
verſicht: jedoch nichts deſto weniger mit der hoͤch-
ſten Ehrerbietung, Dankbarkeit und Gehorſam.
Den Grund von dieſer zuverſichtlichen Dreiſtig-
keit wird mein Brief an meinen Hrn. Vater er-
oͤffnen: und wie ich ihn, auf meinen Knieen, um
Verzeihung gebeten habe; ſo flehe ich auch Sie itzo,
auf eben die demuͤthigſtgehorſame Art, wegen der
Betruͤbniß und Unruhe, die ich Jhnen verurſa-
chet habe, um Vergebung an.
Mein Herz hat mir aus allen Adern wegen
einer ungluͤcklichen Uebereilung geblutet, welche
von dem Augenblick an, da ſie vollbracht war,
ob ſie gleich nicht mit meinem freyen Willen zur
Vollziehung gekommen iſt, ihre eigne Strafe mit
ſich gefuͤhret hat, und von einer wahren und auf-
richtigen Reue begleitet iſt.
Gott, der ein Zeuge meiner Truͤbſale geweſen,
weiß, daß, ſo groß ſie auch geweſen ſind, die groͤßte
unter allen dennoch das Herzeleid geweſen ſey, wel-
ches ich Jhnen, gnaͤdige Frau, und meinem Herrn
Vater, wie ich uͤberzeugt war, verurſacht haben
mußte: indem ich einen ſolchen Schritt gethan
hatte, der in Jhren und ſeinen Augen, ja in der
That in den Augen meiner ganzen Familie, ſo
ſcheuslich ausſahe; einen Schritt, der ſich fuͤr
Jhre Tochter, und fuͤr die Erziehung, welche
Sie derſelben hatten wiederfahren laſſen, ſo wenig
ſchickte!
Aber Er, hoffe ich voll Zuverſicht, hat mir
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/499>, abgerufen am 22.11.2024.
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