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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

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keinem einzigen von unsern Dichtern für die
Schaubühne, auf die ich mich gegenwärtig besin-
nen kann, einen Character von einem Diener oder
einer Magd haben, der recht getroffen ist. So
ungereimt weise sind einige, und so abgeschmackt
närrisch andere: ja bisweilen ist beydes in ei-
ner Person. Sie werden nach dem niedrigsten
und gemeinesten Pöbel geschildert, und dienen
bloß zu Unterlagen, den Character ihrer Her-
ren und Frauen zu haben: ja, was noch ärger
ist, bisweilen werden sie gar wie Personen von
größerem Witze aufgestellet, als der Dichter für
ihre Herrschaften übrig hat - - Sie sind bloß
Steine und Stahl Feuer damit zu schlagen
- - Oder, daß ich die Vergleichung ändere, sie
dienen bloß zu Schleifsteinen für den Witz, der
sonst nicht zum Vorschein kommen konnte - -
oder zu Werkzeugen, welche, wie das Maschi-
nenwerk
der alten Dichter, oder wie die noch
weit unnatürlichern Gespräche mit sich selbst, ge-
braucht werden, einen kläglichen Anschlag fortzu-
helfen, oder eine nöthige Entwickelung zu Stan-
de zu bringen, damit der Dichter die Mühe spa-
ren könne, auf einen bessern Weg, seinen Kno-
ten zu lösen, mehr Nachdenken zu wenden.

Dieß weiß ich gewiß, wie ich auch immer mit
meinen Bedienten im Werk verfahren mag,
daß du aus meinen Lehrsätzen Vortheil ziehen
werdest, wenn wir hierüber zu streiten kommen.
Denn alsdann werde ich dich überführen, daß das
Bild eines guten Bedienten, so wohl auf der

Schau-
D 2



keinem einzigen von unſern Dichtern fuͤr die
Schaubuͤhne, auf die ich mich gegenwaͤrtig beſin-
nen kann, einen Character von einem Diener oder
einer Magd haben, der recht getroffen iſt. So
ungereimt weiſe ſind einige, und ſo abgeſchmackt
naͤrriſch andere: ja bisweilen iſt beydes in ei-
ner Perſon. Sie werden nach dem niedrigſten
und gemeineſten Poͤbel geſchildert, und dienen
bloß zu Unterlagen, den Character ihrer Her-
ren und Frauen zu haben: ja, was noch aͤrger
iſt, bisweilen werden ſie gar wie Perſonen von
groͤßerem Witze aufgeſtellet, als der Dichter fuͤr
ihre Herrſchaften uͤbrig hat ‒ ‒ Sie ſind bloß
Steine und Stahl Feuer damit zu ſchlagen
‒ ‒ Oder, daß ich die Vergleichung aͤndere, ſie
dienen bloß zu Schleifſteinen fuͤr den Witz, der
ſonſt nicht zum Vorſchein kommen konnte ‒ ‒
oder zu Werkzeugen, welche, wie das Maſchi-
nenwerk
der alten Dichter, oder wie die noch
weit unnatuͤrlichern Geſpraͤche mit ſich ſelbſt, ge-
braucht werden, einen klaͤglichen Anſchlag fortzu-
helfen, oder eine noͤthige Entwickelung zu Stan-
de zu bringen, damit der Dichter die Muͤhe ſpa-
ren koͤnne, auf einen beſſern Weg, ſeinen Kno-
ten zu loͤſen, mehr Nachdenken zu wenden.

Dieß weiß ich gewiß, wie ich auch immer mit
meinen Bedienten im Werk verfahren mag,
daß du aus meinen Lehrſaͤtzen Vortheil ziehen
werdeſt, wenn wir hieruͤber zu ſtreiten kommen.
Denn alsdann werde ich dich uͤberfuͤhren, daß das
Bild eines guten Bedienten, ſo wohl auf der

Schau-
D 2
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[51/0057] keinem einzigen von unſern Dichtern fuͤr die Schaubuͤhne, auf die ich mich gegenwaͤrtig beſin- nen kann, einen Character von einem Diener oder einer Magd haben, der recht getroffen iſt. So ungereimt weiſe ſind einige, und ſo abgeſchmackt naͤrriſch andere: ja bisweilen iſt beydes in ei- ner Perſon. Sie werden nach dem niedrigſten und gemeineſten Poͤbel geſchildert, und dienen bloß zu Unterlagen, den Character ihrer Her- ren und Frauen zu haben: ja, was noch aͤrger iſt, bisweilen werden ſie gar wie Perſonen von groͤßerem Witze aufgeſtellet, als der Dichter fuͤr ihre Herrſchaften uͤbrig hat ‒ ‒ Sie ſind bloß Steine und Stahl Feuer damit zu ſchlagen ‒ ‒ Oder, daß ich die Vergleichung aͤndere, ſie dienen bloß zu Schleifſteinen fuͤr den Witz, der ſonſt nicht zum Vorſchein kommen konnte ‒ ‒ oder zu Werkzeugen, welche, wie das Maſchi- nenwerk der alten Dichter, oder wie die noch weit unnatuͤrlichern Geſpraͤche mit ſich ſelbſt, ge- braucht werden, einen klaͤglichen Anſchlag fortzu- helfen, oder eine noͤthige Entwickelung zu Stan- de zu bringen, damit der Dichter die Muͤhe ſpa- ren koͤnne, auf einen beſſern Weg, ſeinen Kno- ten zu loͤſen, mehr Nachdenken zu wenden. Dieß weiß ich gewiß, wie ich auch immer mit meinen Bedienten im Werk verfahren mag, daß du aus meinen Lehrſaͤtzen Vortheil ziehen werdeſt, wenn wir hieruͤber zu ſtreiten kommen. Denn alsdann werde ich dich uͤberfuͤhren, daß das Bild eines guten Bedienten, ſo wohl auf der Schau- D 2

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/57>, abgerufen am 24.11.2024.