Aber diese Untersuchung will ich bis auf eine bessere Gelegenheit versparen: bis auf die glück- liche Gelegenheit, da meine Vermählung mit mei- ner Clarissa mich verbinden wird, die Anzahl meiner Bedienten zu vermehren, und folglich mich genauer um ihre Eigenschaften zu beküm- mern.
Ob ich gleich von der edelmüthigen Gesin- nung meiner lieben Fräulein Harlowe die höheste Meynung hege, die ein Mensch hegen kann: so kann ich doch meines Herzens wegen diese ange- nehme Veränderung in ihrer Gemüthsfassung nicht anders, als auf eine Art, erklären. Bey meiner Treue, Belford, ich glaube in Wahrheit, wenn ich alle Umstände zusammennehme, daß sich das liebe Kind wider ihr Vermuthen in dem Zu- stande findet, in welchem ich sie so sehnlich ge- wünschet habe, und daß dieses sie endlich geneigt machet, mir gewogen zu seyn, damit sie in ihres Vaters Hause ihre Schwangerschaft mit desto besserem Muthe ertragen möge.
Trifft dieses zu: so lassen sich alle ihre Schwachheiten und Ohnmachten schön erklären. Es ist auch nicht zu verwundern, waß ein so an- genehmes und in diesen Dingen so unerfahrnes Frauenzimmer nicht wisse, was sie für die Ur- sache ihrer häufigen Unpäßlichkeiten ansehen soll. Wenn dieß eintreffen sollte: wie werde ich dich, und, wann ich ihrer erst völlig versichert bin, die
liebe
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Aber dieſe Unterſuchung will ich bis auf eine beſſere Gelegenheit verſparen: bis auf die gluͤck- liche Gelegenheit, da meine Vermaͤhlung mit mei- ner Clariſſa mich verbinden wird, die Anzahl meiner Bedienten zu vermehren, und folglich mich genauer um ihre Eigenſchaften zu bekuͤm- mern.
Ob ich gleich von der edelmuͤthigen Geſin- nung meiner lieben Fraͤulein Harlowe die hoͤheſte Meynung hege, die ein Menſch hegen kann: ſo kann ich doch meines Herzens wegen dieſe ange- nehme Veraͤnderung in ihrer Gemuͤthsfaſſung nicht anders, als auf eine Art, erklaͤren. Bey meiner Treue, Belford, ich glaube in Wahrheit, wenn ich alle Umſtaͤnde zuſammennehme, daß ſich das liebe Kind wider ihr Vermuthen in dem Zu- ſtande findet, in welchem ich ſie ſo ſehnlich ge- wuͤnſchet habe, und daß dieſes ſie endlich geneigt machet, mir gewogen zu ſeyn, damit ſie in ihres Vaters Hauſe ihre Schwangerſchaft mit deſto beſſerem Muthe ertragen moͤge.
Trifft dieſes zu: ſo laſſen ſich alle ihre Schwachheiten und Ohnmachten ſchoͤn erklaͤren. Es iſt auch nicht zu verwundern, waß ein ſo an- genehmes und in dieſen Dingen ſo unerfahrnes Frauenzimmer nicht wiſſe, was ſie fuͤr die Ur- ſache ihrer haͤufigen Unpaͤßlichkeiten anſehen ſoll. Wenn dieß eintreffen ſollte: wie werde ich dich, und, wann ich ihrer erſt voͤllig verſichert bin, die
liebe
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Aber dieſe Unterſuchung will ich bis auf eine
beſſere Gelegenheit verſparen: bis auf die gluͤck-
liche Gelegenheit, da meine Vermaͤhlung mit mei-
ner Clariſſa mich verbinden wird, die Anzahl
meiner Bedienten zu vermehren, und folglich
mich genauer um ihre Eigenſchaften zu bekuͤm-
mern.
Ob ich gleich von der edelmuͤthigen Geſin-
nung meiner lieben Fraͤulein Harlowe die hoͤheſte
Meynung hege, die ein Menſch hegen kann: ſo
kann ich doch meines Herzens wegen dieſe ange-
nehme Veraͤnderung in ihrer Gemuͤthsfaſſung
nicht anders, als auf eine Art, erklaͤren. Bey
meiner Treue, Belford, ich glaube in Wahrheit,
wenn ich alle Umſtaͤnde zuſammennehme, daß ſich
das liebe Kind wider ihr Vermuthen in dem Zu-
ſtande findet, in welchem ich ſie ſo ſehnlich ge-
wuͤnſchet habe, und daß dieſes ſie endlich geneigt
machet, mir gewogen zu ſeyn, damit ſie in ihres
Vaters Hauſe ihre Schwangerſchaft mit deſto
beſſerem Muthe ertragen moͤge.
Trifft dieſes zu: ſo laſſen ſich alle ihre
Schwachheiten und Ohnmachten ſchoͤn erklaͤren.
Es iſt auch nicht zu verwundern, waß ein ſo an-
genehmes und in dieſen Dingen ſo unerfahrnes
Frauenzimmer nicht wiſſe, was ſie fuͤr die Ur-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/59>, abgerufen am 21.11.2024.
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