ihn beten höret, daß er nach dem Tode nichts seyn möge: lieber Gott, wie schrecklich ist das!
Nach dem, was er ohne Zusammenhang von sich merken läßt, besorge ich, daß es sehr übel mit ihm stehe. Keine Gnade, keine Barmher- zigkeit, sagt er einmal über das andere, kann für ihn übrig seyn!
Jch hoffe, ich werde mir diese Lehre gehörig zu Nutze machen. Lache mich aus, wo du willst: aber niemals, niemals will ich mir mehr die Frey- heiten nehmen, die ich mir genommen habe; son- dern so oft ich versuchet werde, will ich an Bel- tons Todesangst gedenken, und überlegen, wie groß mein eigner Sterbenskampf seyn möge!
Donnerstags, frühe um drey.
Jtzo ist er in den letzten Zügen - - Er rächelt, und hat beynahe alle Augenblicke neue Zu- ckungen. Jn was für einem Schrecken schwebet er! Seine Augen sehen wie ein überhauchtes Glas aus. Sie gehen nicht mehr fürchterlich herum. Sie stehen ganz fteif. Sein Gesicht ist verdre- het, und durch seine sinkende Kinnbacken und starr aufgerichtete Augenlieder mit verlängerter und ge- runzelter Stirn zweymal so lang als sonst, wie es scheinet, gezogen. Es ist nicht Beltons Ge- sicht, es kann nicht Beltons Gesicht seyn: deines Beltons und meines Beltons, den wir mit so vie- lem Vergnügen über die Vertraulichkeit bey dem Glase gesehen, und mit dem wir Rathschläge ge- fasset haben, welche dereinst uns zu einem Vor-
wurf
Siebenter Theil. E
ihn beten hoͤret, daß er nach dem Tode nichts ſeyn moͤge: lieber Gott, wie ſchrecklich iſt das!
Nach dem, was er ohne Zuſammenhang von ſich merken laͤßt, beſorge ich, daß es ſehr uͤbel mit ihm ſtehe. Keine Gnade, keine Barmher- zigkeit, ſagt er einmal uͤber das andere, kann fuͤr ihn uͤbrig ſeyn!
Jch hoffe, ich werde mir dieſe Lehre gehoͤrig zu Nutze machen. Lache mich aus, wo du willſt: aber niemals, niemals will ich mir mehr die Frey- heiten nehmen, die ich mir genommen habe; ſon- dern ſo oft ich verſuchet werde, will ich an Bel- tons Todesangſt gedenken, und uͤberlegen, wie groß mein eigner Sterbenskampf ſeyn moͤge!
Donnerſtags, fruͤhe um drey.
Jtzo iſt er in den letzten Zuͤgen ‒ ‒ Er raͤchelt, und hat beynahe alle Augenblicke neue Zu- ckungen. Jn was fuͤr einem Schrecken ſchwebet er! Seine Augen ſehen wie ein uͤberhauchtes Glas aus. Sie gehen nicht mehr fuͤrchterlich herum. Sie ſtehen ganz fteif. Sein Geſicht iſt verdre- het, und durch ſeine ſinkende Kinnbacken und ſtarr aufgerichtete Augenlieder mit verlaͤngerter und ge- runzelter Stirn zweymal ſo lang als ſonſt, wie es ſcheinet, gezogen. Es iſt nicht Beltons Ge- ſicht, es kann nicht Beltons Geſicht ſeyn: deines Beltons und meines Beltons, den wir mit ſo vie- lem Vergnuͤgen uͤber die Vertraulichkeit bey dem Glaſe geſehen, und mit dem wir Rathſchlaͤge ge- faſſet haben, welche dereinſt uns zu einem Vor-
wurf
Siebenter Theil. E
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ihn beten hoͤret, daß er nach dem Tode nichts ſeyn
moͤge: lieber Gott, wie ſchrecklich iſt das!
Nach dem, was er ohne Zuſammenhang von
ſich merken laͤßt, beſorge ich, daß es ſehr uͤbel
mit ihm ſtehe. Keine Gnade, keine Barmher-
zigkeit, ſagt er einmal uͤber das andere, kann fuͤr
ihn uͤbrig ſeyn!
Jch hoffe, ich werde mir dieſe Lehre gehoͤrig
zu Nutze machen. Lache mich aus, wo du willſt:
aber niemals, niemals will ich mir mehr die Frey-
heiten nehmen, die ich mir genommen habe; ſon-
dern ſo oft ich verſuchet werde, will ich an Bel-
tons Todesangſt gedenken, und uͤberlegen, wie
groß mein eigner Sterbenskampf ſeyn moͤge!
Donnerſtags, fruͤhe um drey.
Jtzo iſt er in den letzten Zuͤgen ‒ ‒ Er raͤchelt,
und hat beynahe alle Augenblicke neue Zu-
ckungen. Jn was fuͤr einem Schrecken ſchwebet
er! Seine Augen ſehen wie ein uͤberhauchtes Glas
aus. Sie gehen nicht mehr fuͤrchterlich herum.
Sie ſtehen ganz fteif. Sein Geſicht iſt verdre-
het, und durch ſeine ſinkende Kinnbacken und ſtarr
aufgerichtete Augenlieder mit verlaͤngerter und ge-
runzelter Stirn zweymal ſo lang als ſonſt, wie
es ſcheinet, gezogen. Es iſt nicht Beltons Ge-
ſicht, es kann nicht Beltons Geſicht ſeyn: deines
Beltons und meines Beltons, den wir mit ſo vie-
lem Vergnuͤgen uͤber die Vertraulichkeit bey dem
Glaſe geſehen, und mit dem wir Rathſchlaͤge ge-
faſſet haben, welche dereinſt uns zu einem Vor-
wurf
Siebenter Theil. E
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/71>, abgerufen am 24.11.2024.
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