Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



wurf dienen und uns zu winseln nöthigen können,
wie sie ihn noch vor gar kurzer Zeit dazu nöthig-
ten - - nämlich so lange er noch Kraft genug
hatte zu winseln. Denn itzo ist seine Stimme
nicht mehr zu hören. Sie geht ganz einwärts
und ist verlohren. Er kann nicht einmal mehr
mit den Augen sprechen: ob gleich, etwas seltsa-
mes! wie kann es seyn? das Bette unter ihm
wackelt, wie eine Wiege.


Nun leider ist er hin! das letzte Lebewohl,
Womit der Geist entwich, war winselnd
schreckensvoll.
Er ist auf lange Zeit, und sträubend ausge-
zogen -
Verflogen! - - Aber ach! wohin ist er ge-
flogen?

Nun ist in der That alles vorüber! - - Ar-
mer, armer Belton! Gegenwärtig weißt du, ob
deine Sünden größer gewesen sind, als Gottes
Barmherzigkeit! Nun haben eines jeden Sorgen
und Wartungen ein Ende! Nun wissen wir,
deine Freunde, armer Belton! das ärgste von
dir, in Ansehung dieses Lebens! Du bist von un-
erträglicher Marter, beydes an Leib und Seel, er-
löset! O daß diese Marter und deine Reue zu ei-
ner Versöhnung für deine Missethaten dienen
und du in alle Ewigkeit glückselig seyn möch-
test!

Wir



wurf dienen und uns zu winſeln noͤthigen koͤnnen,
wie ſie ihn noch vor gar kurzer Zeit dazu noͤthig-
ten ‒ ‒ naͤmlich ſo lange er noch Kraft genug
hatte zu winſeln. Denn itzo iſt ſeine Stimme
nicht mehr zu hoͤren. Sie geht ganz einwaͤrts
und iſt verlohren. Er kann nicht einmal mehr
mit den Augen ſprechen: ob gleich, etwas ſeltſa-
mes! wie kann es ſeyn? das Bette unter ihm
wackelt, wie eine Wiege.


Nun leider iſt er hin! das letzte Lebewohl,
Womit der Geiſt entwich, war winſelnd
ſchreckensvoll.
Er iſt auf lange Zeit, und ſtraͤubend ausge-
zogen ‒
Verflogen! ‒ ‒ Aber ach! wohin iſt er ge-
flogen?

Nun iſt in der That alles voruͤber! ‒ ‒ Ar-
mer, armer Belton! Gegenwaͤrtig weißt du, ob
deine Suͤnden groͤßer geweſen ſind, als Gottes
Barmherzigkeit! Nun haben eines jeden Sorgen
und Wartungen ein Ende! Nun wiſſen wir,
deine Freunde, armer Belton! das aͤrgſte von
dir, in Anſehung dieſes Lebens! Du biſt von un-
ertraͤglicher Marter, beydes an Leib und Seel, er-
loͤſet! O daß dieſe Marter und deine Reue zu ei-
ner Verſoͤhnung fuͤr deine Miſſethaten dienen
und du in alle Ewigkeit gluͤckſelig ſeyn moͤch-
teſt!

Wir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0072" n="66"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wurf dienen und <hi rendition="#fr">uns</hi> zu win&#x017F;eln no&#x0364;thigen ko&#x0364;nnen,<lb/>
wie &#x017F;ie <hi rendition="#fr">ihn</hi> noch vor gar kurzer Zeit dazu no&#x0364;thig-<lb/>
ten &#x2012; &#x2012; na&#x0364;mlich &#x017F;o lange er noch Kraft genug<lb/>
hatte zu win&#x017F;eln. Denn itzo i&#x017F;t &#x017F;eine Stimme<lb/>
nicht mehr zu ho&#x0364;ren. Sie geht ganz einwa&#x0364;rts<lb/>
und i&#x017F;t verlohren. Er kann nicht einmal mehr<lb/>
mit den Augen &#x017F;prechen: ob gleich, etwas &#x017F;elt&#x017F;a-<lb/>
mes! wie kann es &#x017F;eyn? das Bette unter ihm<lb/>
wackelt, wie eine Wiege.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Um vier.</hi> </dateline><lb/>
            <lg type="poem">
              <l><hi rendition="#in">N</hi>un leider i&#x017F;t er hin! das letzte Lebewohl,</l><lb/>
              <l>Womit der Gei&#x017F;t entwich, war win&#x017F;elnd</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chreckensvoll.</hi> </l><lb/>
              <l>Er i&#x017F;t auf lange Zeit, und &#x017F;tra&#x0364;ubend ausge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">zogen &#x2012;</hi> </l><lb/>
              <l>Verflogen! &#x2012; &#x2012; Aber ach! wohin i&#x017F;t er ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">flogen?</hi> </l>
            </lg><lb/>
            <p>Nun i&#x017F;t in der That alles voru&#x0364;ber! &#x2012; &#x2012; Ar-<lb/>
mer, armer Belton! Gegenwa&#x0364;rtig weißt du, ob<lb/>
deine Su&#x0364;nden gro&#x0364;ßer gewe&#x017F;en &#x017F;ind, als Gottes<lb/>
Barmherzigkeit! Nun haben eines jeden Sorgen<lb/>
und Wartungen ein Ende! Nun wi&#x017F;&#x017F;en wir,<lb/>
deine Freunde, armer Belton! das a&#x0364;rg&#x017F;te von<lb/>
dir, in An&#x017F;ehung die&#x017F;es Lebens! Du bi&#x017F;t von un-<lb/>
ertra&#x0364;glicher Marter, beydes an Leib und Seel, er-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;et! O daß die&#x017F;e Marter und deine Reue zu ei-<lb/>
ner Ver&#x017F;o&#x0364;hnung fu&#x0364;r deine Mi&#x017F;&#x017F;ethaten dienen<lb/>
und du in alle Ewigkeit glu&#x0364;ck&#x017F;elig &#x017F;eyn mo&#x0364;ch-<lb/>
te&#x017F;t!</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wir</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0072] wurf dienen und uns zu winſeln noͤthigen koͤnnen, wie ſie ihn noch vor gar kurzer Zeit dazu noͤthig- ten ‒ ‒ naͤmlich ſo lange er noch Kraft genug hatte zu winſeln. Denn itzo iſt ſeine Stimme nicht mehr zu hoͤren. Sie geht ganz einwaͤrts und iſt verlohren. Er kann nicht einmal mehr mit den Augen ſprechen: ob gleich, etwas ſeltſa- mes! wie kann es ſeyn? das Bette unter ihm wackelt, wie eine Wiege. Um vier. Nun leider iſt er hin! das letzte Lebewohl, Womit der Geiſt entwich, war winſelnd ſchreckensvoll. Er iſt auf lange Zeit, und ſtraͤubend ausge- zogen ‒ Verflogen! ‒ ‒ Aber ach! wohin iſt er ge- flogen? Nun iſt in der That alles voruͤber! ‒ ‒ Ar- mer, armer Belton! Gegenwaͤrtig weißt du, ob deine Suͤnden groͤßer geweſen ſind, als Gottes Barmherzigkeit! Nun haben eines jeden Sorgen und Wartungen ein Ende! Nun wiſſen wir, deine Freunde, armer Belton! das aͤrgſte von dir, in Anſehung dieſes Lebens! Du biſt von un- ertraͤglicher Marter, beydes an Leib und Seel, er- loͤſet! O daß dieſe Marter und deine Reue zu ei- ner Verſoͤhnung fuͤr deine Miſſethaten dienen und du in alle Ewigkeit gluͤckſelig ſeyn moͤch- teſt! Wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/72
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/72>, abgerufen am 21.11.2024.