auf hunderterley Weise: und das dazu, nicht so viel in der Absicht, ihn zu plagen, als mich bey ihm verhaßt zu machen, und ihn zu bewegen, daß er seinen Vorsatz aufgeben möchte.
Jnzwischen ertrug er dieses: und gewann da- durch nichts als Mitleiden bey mir. Jedoch da meine Mutter und meine Freunde ein Verspre- chen von mir erlangt hatten, welches gleichwohl nicht ihm, sondern ihnen gegeben war, und da sie versichert waren, daß ich keine Mannsperson mehr achtete, als Herrn Hickmann, der mich nie- mals in Worten oder Werken oder Mienen, oh- ne nur durch seine thörichte Beständigkeit, belei- digt hatte: so drungen sie auf die Erfüllung.
So lange meine werthe Freundinn in ihrer unglücklichen Ungewißheit war; konnte ich nicht an das Heyrathen gedenken: und was habe ich nunmehr für Ermunterung dazu? - - Sie, mei- ne Erinnerinn, meine Führerinn, meine Rathge- berinn ist dahin, ist auf ewig dahin! - - Sie, durch deren Rath und Unterweisung ich mich in dem Stande, in den ich unvermeidlich treten soll- te, leidlich zu verhalten hoffete. Denn, mein Herr, meine Mutter ist eine so parteyische Freun- dinn von Herrn Hickmann, daß ich versichert bin, daß, wenn ein Streit entstehen sollte, sie mir alle- zeit die Schuld geben und ihn lossprechen würde; wenn er auch unedelmüthig genug seyn sollte, mir alles zu der Zeit, da ich in seiner Gewalt wäre, wieder zu gedenken, was zwischen uns vorher vor- gegangen ist.
Da
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auf hunderterley Weiſe: und das dazu, nicht ſo viel in der Abſicht, ihn zu plagen, als mich bey ihm verhaßt zu machen, und ihn zu bewegen, daß er ſeinen Vorſatz aufgeben moͤchte.
Jnzwiſchen ertrug er dieſes: und gewann da- durch nichts als Mitleiden bey mir. Jedoch da meine Mutter und meine Freunde ein Verſpre- chen von mir erlangt hatten, welches gleichwohl nicht ihm, ſondern ihnen gegeben war, und da ſie verſichert waren, daß ich keine Mannsperſon mehr achtete, als Herrn Hickmann, der mich nie- mals in Worten oder Werken oder Mienen, oh- ne nur durch ſeine thoͤrichte Beſtaͤndigkeit, belei- digt hatte: ſo drungen ſie auf die Erfuͤllung.
So lange meine werthe Freundinn in ihrer ungluͤcklichen Ungewißheit war; konnte ich nicht an das Heyrathen gedenken: und was habe ich nunmehr fuͤr Ermunterung dazu? ‒ ‒ Sie, mei- ne Erinnerinn, meine Fuͤhrerinn, meine Rathge- berinn iſt dahin, iſt auf ewig dahin! ‒ ‒ Sie, durch deren Rath und Unterweiſung ich mich in dem Stande, in den ich unvermeidlich treten ſoll- te, leidlich zu verhalten hoffete. Denn, mein Herr, meine Mutter iſt eine ſo parteyiſche Freun- dinn von Herrn Hickmann, daß ich verſichert bin, daß, wenn ein Streit entſtehen ſollte, ſie mir alle- zeit die Schuld geben und ihn losſprechen wuͤrde; wenn er auch unedelmuͤthig genug ſeyn ſollte, mir alles zu der Zeit, da ich in ſeiner Gewalt waͤre, wieder zu gedenken, was zwiſchen uns vorher vor- gegangen iſt.
Da
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auf hunderterley Weiſe: und das dazu, nicht ſo
viel in der Abſicht, ihn zu plagen, als mich bey
ihm verhaßt zu machen, und ihn zu bewegen, daß
er ſeinen Vorſatz aufgeben moͤchte.
Jnzwiſchen ertrug er dieſes: und gewann da-
durch nichts als Mitleiden bey mir. Jedoch da
meine Mutter und meine Freunde ein Verſpre-
chen von mir erlangt hatten, welches gleichwohl
nicht ihm, ſondern ihnen gegeben war, und da
ſie verſichert waren, daß ich keine Mannsperſon
mehr achtete, als Herrn Hickmann, der mich nie-
mals in Worten oder Werken oder Mienen, oh-
ne nur durch ſeine thoͤrichte Beſtaͤndigkeit, belei-
digt hatte: ſo drungen ſie auf die Erfuͤllung.
So lange meine werthe Freundinn in ihrer
ungluͤcklichen Ungewißheit war; konnte ich nicht
an das Heyrathen gedenken: und was habe ich
nunmehr fuͤr Ermunterung dazu? ‒ ‒ Sie, mei-
ne Erinnerinn, meine Fuͤhrerinn, meine Rathge-
berinn iſt dahin, iſt auf ewig dahin! ‒ ‒ Sie,
durch deren Rath und Unterweiſung ich mich in
dem Stande, in den ich unvermeidlich treten ſoll-
te, leidlich zu verhalten hoffete. Denn, mein
Herr, meine Mutter iſt eine ſo parteyiſche Freun-
dinn von Herrn Hickmann, daß ich verſichert bin,
daß, wenn ein Streit entſtehen ſollte, ſie mir alle-
zeit die Schuld geben und ihn losſprechen wuͤrde;
wenn er auch unedelmuͤthig genug ſeyn ſollte, mir
alles zu der Zeit, da ich in ſeiner Gewalt waͤre,
wieder zu gedenken, was zwiſchen uns vorher vor-
gegangen iſt.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 775. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/781>, abgerufen am 29.11.2024.
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