der Nachbarschaft nur wenig von ihrer Zeit ge- gönnet worden: so wird man zu erwägen haben, daß sie, außer den vier Stunden in den vier und zwanzigen, einen großen Theil der Zeit, da sie sich mit Nähen und Sticken beschäfftigte, bey der Ar- beit zum Umgange zu widmen pflegte. Es war eine Gewohnheit, die sie unter ihrer Bekannt- schaft eingeführet hatte, daß die jungen Frauen- zimmer bey ihren Besuchen, auf eine nachbarliche Art, sonderlich bey den Winterabenden, ihre Ar- beit oft mit sich zu bringen pflegten: und Eine unter einem halben Dutzent von ihrer auserlese- nen Bekanntschaft pflegte, wie die Reihe an sie kam, den Uebrigen bey der Arbeit etwas vorzu- lesen.
Dieß war die gewöhnliche Art, wie sie, nach- dem sie freye Gewalt über sich bekommen hatte, sechs Tage in der Woche zuzubringen pflegte.
Den siebenden Tag
Beging sie, wie er billig zu begehen ist. Und da sehr oft ein Theil davon zu Liebeswerken ange- wandt wurde: so ward die Stunde, welche sie be- stimmt hatte, ihre Armen in der Nachbarschaft zu besuchen, wie es die Gelegenheit mit sich brach- te, durch diesen Tag oft ersetzt und zu ihrem Capi- tal geschlagen.
Jch muß aber bemerken, daß, wenn sie bey ihres Großvaters Lebzeiten auf einmal drey oder vier Wochen seine Haushälterinn und sein Gast war, wie auch, wenn sie bey einem von ihren bey-
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der Nachbarſchaft nur wenig von ihrer Zeit ge- goͤnnet worden: ſo wird man zu erwaͤgen haben, daß ſie, außer den vier Stunden in den vier und zwanzigen, einen großen Theil der Zeit, da ſie ſich mit Naͤhen und Sticken beſchaͤfftigte, bey der Ar- beit zum Umgange zu widmen pflegte. Es war eine Gewohnheit, die ſie unter ihrer Bekannt- ſchaft eingefuͤhret hatte, daß die jungen Frauen- zimmer bey ihren Beſuchen, auf eine nachbarliche Art, ſonderlich bey den Winterabenden, ihre Ar- beit oft mit ſich zu bringen pflegten: und Eine unter einem halben Dutzent von ihrer auserleſe- nen Bekanntſchaft pflegte, wie die Reihe an ſie kam, den Uebrigen bey der Arbeit etwas vorzu- leſen.
Dieß war die gewoͤhnliche Art, wie ſie, nach- dem ſie freye Gewalt uͤber ſich bekommen hatte, ſechs Tage in der Woche zuzubringen pflegte.
Den ſiebenden Tag
Beging ſie, wie er billig zu begehen iſt. Und da ſehr oft ein Theil davon zu Liebeswerken ange- wandt wurde: ſo ward die Stunde, welche ſie be- ſtimmt hatte, ihre Armen in der Nachbarſchaft zu beſuchen, wie es die Gelegenheit mit ſich brach- te, durch dieſen Tag oft erſetzt und zu ihrem Capi- tal geſchlagen.
Jch muß aber bemerken, daß, wenn ſie bey ihres Großvaters Lebzeiten auf einmal drey oder vier Wochen ſeine Haushaͤlterinn und ſein Gaſt war, wie auch, wenn ſie bey einem von ihren bey-
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der Nachbarſchaft nur wenig von ihrer Zeit ge-
goͤnnet worden: ſo wird man zu erwaͤgen haben,
daß ſie, außer den vier Stunden in den vier und
zwanzigen, einen großen Theil der Zeit, da ſie ſich
mit Naͤhen und Sticken beſchaͤfftigte, bey der Ar-
beit zum Umgange zu widmen pflegte. Es war
eine Gewohnheit, die ſie unter ihrer Bekannt-
ſchaft eingefuͤhret hatte, daß die jungen Frauen-
zimmer bey ihren Beſuchen, auf eine nachbarliche
Art, ſonderlich bey den Winterabenden, ihre Ar-
beit oft mit ſich zu bringen pflegten: und Eine
unter einem halben Dutzent von ihrer auserleſe-
nen Bekanntſchaft pflegte, wie die Reihe an ſie
kam, den Uebrigen bey der Arbeit etwas vorzu-
leſen.
Dieß war die gewoͤhnliche Art, wie ſie, nach-
dem ſie freye Gewalt uͤber ſich bekommen hatte,
ſechs Tage in der Woche zuzubringen pflegte.
Den ſiebenden Tag
Beging ſie, wie er billig zu begehen iſt. Und
da ſehr oft ein Theil davon zu Liebeswerken ange-
wandt wurde: ſo ward die Stunde, welche ſie be-
ſtimmt hatte, ihre Armen in der Nachbarſchaft
zu beſuchen, wie es die Gelegenheit mit ſich brach-
te, durch dieſen Tag oft erſetzt und zu ihrem Capi-
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Jch muß aber bemerken, daß, wenn ſie bey
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/827>, abgerufen am 25.11.2024.
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