Der hundert und zehnte Brief von Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.
London, den 25ten Octob.
Jch schreibe, um euch zu zeigen, daß ich nicht im Stande bin auch nur die geringsten Bit- ten eines abwesenden und entfernten Freundes aus der Acht zu lassen. Gleichwohl möget ihr leichtlich glauben, daß in der kurzen Zeit, da ihr außerhalb England gewesen seyd, keine große Ver- änderungen mit denen Dingen, wornach ihr euch erkundiget, vorgefallen seyn kann. Nichts desto weniger will ich auf ein jedes aus der angegebe- nen Ursache antworten; und auch aus der Ursa- che, die ihr anführet, daß selbst Kleinigkeiten und Dinge, die nichts auf sich haben, angenehm sind, wenn sie von einem Freunde an einen Freund kommen, und Freunde betreffen, ja auch wenn sie nur diejenigen angehen, welche wir für wichtig genug halten, daß wir sie unsere Feinde nennen.
Was denn zuerst meine Anschläge mich zu bessern, wie ihr es nennet, anlanget: so habe ich darinn, wie ich hoffe, einen sehr guten Fortgang. Jch wünschte, daß ihr eben einen solchen Lauf an- gefangen hättet und auch so sagen könntet. Jhr würdet alsdenn unendlich mehr Ruhe des Ge- müths finden, als ihr sonst nach aller Wahrschein-
lichkeit
Der hundert und zehnte Brief von Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.
London, den 25ten Octob.
Jch ſchreibe, um euch zu zeigen, daß ich nicht im Stande bin auch nur die geringſten Bit- ten eines abweſenden und entfernten Freundes aus der Acht zu laſſen. Gleichwohl moͤget ihr leichtlich glauben, daß in der kurzen Zeit, da ihr außerhalb England geweſen ſeyd, keine große Ver- aͤnderungen mit denen Dingen, wornach ihr euch erkundiget, vorgefallen ſeyn kann. Nichts deſto weniger will ich auf ein jedes aus der angegebe- nen Urſache antworten; und auch aus der Urſa- che, die ihr anfuͤhret, daß ſelbſt Kleinigkeiten und Dinge, die nichts auf ſich haben, angenehm ſind, wenn ſie von einem Freunde an einen Freund kommen, und Freunde betreffen, ja auch wenn ſie nur diejenigen angehen, welche wir fuͤr wichtig genug halten, daß wir ſie unſere Feinde nennen.
Was denn zuerſt meine Anſchlaͤge mich zu beſſern, wie ihr es nennet, anlanget: ſo habe ich darinn, wie ich hoffe, einen ſehr guten Fortgang. Jch wuͤnſchte, daß ihr eben einen ſolchen Lauf an- gefangen haͤttet und auch ſo ſagen koͤnntet. Jhr wuͤrdet alsdenn unendlich mehr Ruhe des Ge- muͤths finden, als ihr ſonſt nach aller Wahrſchein-
lichkeit
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Der hundert und zehnte Brief
von
Herrn Belford an Hrn. Robert Lovelace.
London, den 25ten Octob.
Jch ſchreibe, um euch zu zeigen, daß ich nicht
im Stande bin auch nur die geringſten Bit-
ten eines abweſenden und entfernten Freundes
aus der Acht zu laſſen. Gleichwohl moͤget ihr
leichtlich glauben, daß in der kurzen Zeit, da ihr
außerhalb England geweſen ſeyd, keine große Ver-
aͤnderungen mit denen Dingen, wornach ihr euch
erkundiget, vorgefallen ſeyn kann. Nichts deſto
weniger will ich auf ein jedes aus der angegebe-
nen Urſache antworten; und auch aus der Urſa-
che, die ihr anfuͤhret, daß ſelbſt Kleinigkeiten und
Dinge, die nichts auf ſich haben, angenehm ſind,
wenn ſie von einem Freunde an einen Freund
kommen, und Freunde betreffen, ja auch wenn ſie
nur diejenigen angehen, welche wir fuͤr wichtig
genug halten, daß wir ſie unſere Feinde nennen.
Was denn zuerſt meine Anſchlaͤge mich zu
beſſern, wie ihr es nennet, anlanget: ſo habe ich
darinn, wie ich hoffe, einen ſehr guten Fortgang.
Jch wuͤnſchte, daß ihr eben einen ſolchen Lauf an-
gefangen haͤttet und auch ſo ſagen koͤnntet. Jhr
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 832. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/838>, abgerufen am 24.11.2024.
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