Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



wofern es nicht eben die Hütte wäre, die uns vor
Augen läge, Ader zu lassen.

Sie übernahmen, es so zu veranstalten, daß
der Wundarzt nichts von der Sache wissen sollte,
bis sein Beystand verlanget würde. Und weil
La Tour, wie ich den Obristen versicherte, ein ge-
schwinder verschlagener Kerl ist, den ich befahl,
dem Obristen so, wie mir selbst, zu gehorchen, wenn
die Sache für ihn ausfallen sollte: so wurden
wir beyde einig, die Entscheidung bis morgen auf-
zuschieben, und das, was den Wundarzt betraf,
gänzlich unsern beyden Bedienten zur Veranstal-
tung zu überlassen; indem wir ihnen aufs höchste
einschärften, verschwiegen zu seyn. So ritten
wir durch verschiedne Wege wieder zurück.

Wir bestimmten ein kleines einsames Thal zu
dem Kampfplatze - - Morgen frühe um zehn ist
die Zeit - - und bloß ein Degen die Abrede.
Jedoch habe ich ihm mehr als einmal gesaget,
daß ich mir so viel auf meine Geschicklichkeit in
dieser Art der Waffen zu gute thäte, daß ich wün-
schen wollte, er möchte eine andere Art von Ge-
wehr wählen.

Er antwortete, es wäre ein Gewehr für ei-
nen Cavallier, und demjenigen, der es nicht ver-
stünde, fehlte eine Eigenschaft, für deren Mangel
er billig leiden müßte. Was ihn aber anlangte:
so wäre unter allen schädlichen Werkzeugen ein
Gewehr so gut für ihn, als das andere.

So, Bruder, seht ihr, mache ich mir keinen
Vortheil über ihn. Allein mein Teufel muß mich

betrü-



wofern es nicht eben die Huͤtte waͤre, die uns vor
Augen laͤge, Ader zu laſſen.

Sie uͤbernahmen, es ſo zu veranſtalten, daß
der Wundarzt nichts von der Sache wiſſen ſollte,
bis ſein Beyſtand verlanget wuͤrde. Und weil
La Tour, wie ich den Obriſten verſicherte, ein ge-
ſchwinder verſchlagener Kerl iſt, den ich befahl,
dem Obriſten ſo, wie mir ſelbſt, zu gehorchen, wenn
die Sache fuͤr ihn ausfallen ſollte: ſo wurden
wir beyde einig, die Entſcheidung bis morgen auf-
zuſchieben, und das, was den Wundarzt betraf,
gaͤnzlich unſern beyden Bedienten zur Veranſtal-
tung zu uͤberlaſſen; indem wir ihnen aufs hoͤchſte
einſchaͤrften, verſchwiegen zu ſeyn. So ritten
wir durch verſchiedne Wege wieder zuruͤck.

Wir beſtimmten ein kleines einſames Thal zu
dem Kampfplatze ‒ ‒ Morgen fruͤhe um zehn iſt
die Zeit ‒ ‒ und bloß ein Degen die Abrede.
Jedoch habe ich ihm mehr als einmal geſaget,
daß ich mir ſo viel auf meine Geſchicklichkeit in
dieſer Art der Waffen zu gute thaͤte, daß ich wuͤn-
ſchen wollte, er moͤchte eine andere Art von Ge-
wehr waͤhlen.

Er antwortete, es waͤre ein Gewehr fuͤr ei-
nen Cavallier, und demjenigen, der es nicht ver-
ſtuͤnde, fehlte eine Eigenſchaft, fuͤr deren Mangel
er billig leiden muͤßte. Was ihn aber anlangte:
ſo waͤre unter allen ſchaͤdlichen Werkzeugen ein
Gewehr ſo gut fuͤr ihn, als das andere.

So, Bruder, ſeht ihr, mache ich mir keinen
Vortheil uͤber ihn. Allein mein Teufel muß mich

betruͤ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0874" n="868"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wofern es nicht eben die Hu&#x0364;tte wa&#x0364;re, die uns vor<lb/>
Augen la&#x0364;ge, Ader zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Sie u&#x0364;bernahmen, es &#x017F;o zu veran&#x017F;talten, daß<lb/>
der Wundarzt nichts von der Sache wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte,<lb/>
bis &#x017F;ein Bey&#x017F;tand verlanget wu&#x0364;rde. Und weil<lb/>
La Tour, wie ich den Obri&#x017F;ten ver&#x017F;icherte, ein ge-<lb/>
&#x017F;chwinder ver&#x017F;chlagener Kerl i&#x017F;t, den ich befahl,<lb/>
dem Obri&#x017F;ten &#x017F;o, wie mir &#x017F;elb&#x017F;t, zu gehorchen, wenn<lb/>
die Sache fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">ihn</hi> ausfallen &#x017F;ollte: &#x017F;o wurden<lb/>
wir beyde einig, die Ent&#x017F;cheidung bis morgen auf-<lb/>
zu&#x017F;chieben, und das, was den Wundarzt betraf,<lb/>
ga&#x0364;nzlich un&#x017F;ern beyden Bedienten zur Veran&#x017F;tal-<lb/>
tung zu u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en; indem wir ihnen aufs ho&#x0364;ch&#x017F;te<lb/>
ein&#x017F;cha&#x0364;rften, ver&#x017F;chwiegen zu &#x017F;eyn. So ritten<lb/>
wir durch ver&#x017F;chiedne Wege wieder zuru&#x0364;ck.</p><lb/>
          <p>Wir be&#x017F;timmten ein kleines ein&#x017F;ames Thal zu<lb/>
dem Kampfplatze &#x2012; &#x2012; Morgen fru&#x0364;he um zehn i&#x017F;t<lb/>
die Zeit &#x2012; &#x2012; und bloß ein Degen die Abrede.<lb/>
Jedoch habe ich ihm mehr als einmal ge&#x017F;aget,<lb/>
daß ich mir &#x017F;o viel auf meine Ge&#x017F;chicklichkeit in<lb/>
die&#x017F;er Art der Waffen zu gute tha&#x0364;te, daß ich wu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;chen wollte, er mo&#x0364;chte eine andere Art von Ge-<lb/>
wehr wa&#x0364;hlen.</p><lb/>
          <p>Er antwortete, es wa&#x0364;re ein Gewehr fu&#x0364;r ei-<lb/>
nen Cavallier, und demjenigen, der es nicht ver-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;nde, fehlte eine Eigen&#x017F;chaft, fu&#x0364;r deren Mangel<lb/>
er billig leiden mu&#x0364;ßte. Was ihn aber anlangte:<lb/>
&#x017F;o wa&#x0364;re unter allen &#x017F;cha&#x0364;dlichen Werkzeugen ein<lb/>
Gewehr &#x017F;o gut fu&#x0364;r ihn, als das andere.</p><lb/>
          <p>So, Bruder, &#x017F;eht ihr, mache ich mir keinen<lb/>
Vortheil u&#x0364;ber ihn. Allein mein Teufel muß mich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">betru&#x0364;-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[868/0874] wofern es nicht eben die Huͤtte waͤre, die uns vor Augen laͤge, Ader zu laſſen. Sie uͤbernahmen, es ſo zu veranſtalten, daß der Wundarzt nichts von der Sache wiſſen ſollte, bis ſein Beyſtand verlanget wuͤrde. Und weil La Tour, wie ich den Obriſten verſicherte, ein ge- ſchwinder verſchlagener Kerl iſt, den ich befahl, dem Obriſten ſo, wie mir ſelbſt, zu gehorchen, wenn die Sache fuͤr ihn ausfallen ſollte: ſo wurden wir beyde einig, die Entſcheidung bis morgen auf- zuſchieben, und das, was den Wundarzt betraf, gaͤnzlich unſern beyden Bedienten zur Veranſtal- tung zu uͤberlaſſen; indem wir ihnen aufs hoͤchſte einſchaͤrften, verſchwiegen zu ſeyn. So ritten wir durch verſchiedne Wege wieder zuruͤck. Wir beſtimmten ein kleines einſames Thal zu dem Kampfplatze ‒ ‒ Morgen fruͤhe um zehn iſt die Zeit ‒ ‒ und bloß ein Degen die Abrede. Jedoch habe ich ihm mehr als einmal geſaget, daß ich mir ſo viel auf meine Geſchicklichkeit in dieſer Art der Waffen zu gute thaͤte, daß ich wuͤn- ſchen wollte, er moͤchte eine andere Art von Ge- wehr waͤhlen. Er antwortete, es waͤre ein Gewehr fuͤr ei- nen Cavallier, und demjenigen, der es nicht ver- ſtuͤnde, fehlte eine Eigenſchaft, fuͤr deren Mangel er billig leiden muͤßte. Was ihn aber anlangte: ſo waͤre unter allen ſchaͤdlichen Werkzeugen ein Gewehr ſo gut fuͤr ihn, als das andere. So, Bruder, ſeht ihr, mache ich mir keinen Vortheil uͤber ihn. Allein mein Teufel muß mich betruͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/874
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 868. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/874>, abgerufen am 22.11.2024.