Noch vierzehn Tage, oder drey Wochen, Herr Doctor! - - Jedoch des Herrn Wille geschehe! Jch werde inzwischen auf diese Art vollkommen Zeit haben, wenn ich nur Kräfte und Verstand behalte, alles zu thun, was ich zu thun im Sinue habe. Und so, meine Herren; sie wandte sich zu einem jeden von uns; kann ich ihnen nur noch einmal für alle ihre Güte gegen mich Dank sa- gen, und, da ich Briefe zu schreiben habe, ihnen nicht mehr Zeit wegnehmen - - Nur haben sie die Gewogenheit, Herr Doctor, mir noch etwas von denen Tropfen zu verschreiben: sie geben mir einige Erleichterung, wenn ich matt bin. Zu- gleich steckte sie ihm die gewöhnliche Bezahlung in die Hand, welche er anzunehmen sich weigerte. - - Sie wissen, mein Herr, was wir für Abrede genommen haben! - - Darauf wandte sie sich zu dem Herrn Goddard: Sie werden so gut seyn, mein Herr, gegen Abend oder morgen frü- he, wie es ihnen bequem ist, bey mir anzuspre- chen: und sie, Herr Belford, weiß ich, werden gern ausreisen wollen, die Zubereitung zu dem letzten Liebesdienst gegen ihren verstorbenen Freund zu machen; also wünsche ich ihnen eine glückli- che Reise, und hoffe, sie wieder zu sehen, wenn der- selbe vollzogen ist.
Hierauf entfernte sie sich mit muntern und freundlichen Blicken. Die beyden Herren gingen mit einander weg. Jch ging hinunter zu den Frauensleuten, und fand auf meine Nachfrage, daß Fr. Lovick ihr an eben dem Tage noch zwan-
zig
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Noch vierzehn Tage, oder drey Wochen, Herr Doctor! ‒ ‒ Jedoch des Herrn Wille geſchehe! Jch werde inzwiſchen auf dieſe Art vollkommen Zeit haben, wenn ich nur Kraͤfte und Verſtand behalte, alles zu thun, was ich zu thun im Sinue habe. Und ſo, meine Herren; ſie wandte ſich zu einem jeden von uns; kann ich ihnen nur noch einmal fuͤr alle ihre Guͤte gegen mich Dank ſa- gen, und, da ich Briefe zu ſchreiben habe, ihnen nicht mehr Zeit wegnehmen ‒ ‒ Nur haben ſie die Gewogenheit, Herr Doctor, mir noch etwas von denen Tropfen zu verſchreiben: ſie geben mir einige Erleichterung, wenn ich matt bin. Zu- gleich ſteckte ſie ihm die gewoͤhnliche Bezahlung in die Hand, welche er anzunehmen ſich weigerte. ‒ ‒ Sie wiſſen, mein Herr, was wir fuͤr Abrede genommen haben! ‒ ‒ Darauf wandte ſie ſich zu dem Herrn Goddard: Sie werden ſo gut ſeyn, mein Herr, gegen Abend oder morgen fruͤ- he, wie es ihnen bequem iſt, bey mir anzuſpre- chen: und ſie, Herr Belford, weiß ich, werden gern ausreiſen wollen, die Zubereitung zu dem letzten Liebesdienſt gegen ihren verſtorbenen Freund zu machen; alſo wuͤnſche ich ihnen eine gluͤckli- che Reiſe, und hoffe, ſie wieder zu ſehen, wenn der- ſelbe vollzogen iſt.
Hierauf entfernte ſie ſich mit muntern und freundlichen Blicken. Die beyden Herren gingen mit einander weg. Jch ging hinunter zu den Frauensleuten, und fand auf meine Nachfrage, daß Fr. Lovick ihr an eben dem Tage noch zwan-
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Noch vierzehn Tage, oder drey Wochen, Herr
Doctor! ‒ ‒ Jedoch des Herrn Wille geſchehe!
Jch werde inzwiſchen auf dieſe Art vollkommen
Zeit haben, wenn ich nur Kraͤfte und Verſtand
behalte, alles zu thun, was ich zu thun im Sinue
habe. Und ſo, meine Herren; ſie wandte ſich zu
einem jeden von uns; kann ich ihnen nur noch
einmal fuͤr alle ihre Guͤte gegen mich Dank ſa-
gen, und, da ich Briefe zu ſchreiben habe, ihnen
nicht mehr Zeit wegnehmen ‒ ‒ Nur haben ſie
die Gewogenheit, Herr Doctor, mir noch etwas
von denen Tropfen zu verſchreiben: ſie geben mir
einige Erleichterung, wenn ich matt bin. Zu-
gleich ſteckte ſie ihm die gewoͤhnliche Bezahlung
in die Hand, welche er anzunehmen ſich weigerte.
‒ ‒ Sie wiſſen, mein Herr, was wir fuͤr Abrede
genommen haben! ‒ ‒ Darauf wandte ſie ſich
zu dem Herrn Goddard: Sie werden ſo gut
ſeyn, mein Herr, gegen Abend oder morgen fruͤ-
he, wie es ihnen bequem iſt, bey mir anzuſpre-
chen: und ſie, Herr Belford, weiß ich, werden
gern ausreiſen wollen, die Zubereitung zu dem
letzten Liebesdienſt gegen ihren verſtorbenen Freund
zu machen; alſo wuͤnſche ich ihnen eine gluͤckli-
che Reiſe, und hoffe, ſie wieder zu ſehen, wenn der-
ſelbe vollzogen iſt.
Hierauf entfernte ſie ſich mit muntern und
freundlichen Blicken. Die beyden Herren gingen
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/95>, abgerufen am 21.11.2024.
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