darüber böse zu werden, daß ich sagte, Char- lotte Montagne wäre ein wenig eigen; (denn das verstand sie gewaltig unrecht) so sahe ich mich genöthiget, mich hinter die feierlichsten und ausdrücklichsten Erklärungen zu verstecken.
Er wiederholet diese Erklärungen, auf eben die Art, wie sie es erzählet hatte.
Als ich anfieng, sagt er, meine Erklärun- gen zu machen, nahm ich mir vor, meine ruhm- würdige Lebensart beständig in den Augen zu behalten. Aber es gieng mir, wie jenem Red- ner im Unterhause, von dem man erzählet, daß er mehr als einmal in einer langen Rede, sich selbst, so wie er fortfuhr, überzeuget, und ge- gen die Seite gestimmet habe, für welche er zu reden angefangen hatte: Jch sprach auch in dem Fortgang meiner Rede mit ganzem Ernst, oh- ne alle Einschränkung, für den Ehestand, so we- nig ich auch an diesen Stand dachte, den ich ihr mit so vieler Stärke und Deutlichkeit anpries.
Er freuet sich über den Aufschub, den sein Vorschlag, ein Haus zu mie- then, und einzurichten, machen müßte.
Er wanket in seiner Entschliessung, ob er bei einem so erhabnen Verdienst ehrlich verfahren wollte, oder nicht.
Er ist sehr mit sich selbst zufrieden, wegen seiner eignen Zärtlichkeit,
da
daruͤber boͤſe zu werden, daß ich ſagte, Char- lotte Montagne waͤre ein wenig eigen; (denn das verſtand ſie gewaltig unrecht) ſo ſahe ich mich genoͤthiget, mich hinter die feierlichſten und ausdruͤcklichſten Erklaͤrungen zu verſtecken.
Er wiederholet dieſe Erklaͤrungen, auf eben die Art, wie ſie es erzaͤhlet hatte.
Als ich anfieng, ſagt er, meine Erklaͤrun- gen zu machen, nahm ich mir vor, meine ruhm- wuͤrdige Lebensart beſtaͤndig in den Augen zu behalten. Aber es gieng mir, wie jenem Red- ner im Unterhauſe, von dem man erzaͤhlet, daß er mehr als einmal in einer langen Rede, ſich ſelbſt, ſo wie er fortfuhr, uͤberzeuget, und ge- gen die Seite geſtimmet habe, fuͤr welche er zu reden angefangen hatte: Jch ſprach auch in dem Fortgang meiner Rede mit ganzem Ernſt, oh- ne alle Einſchraͤnkung, fuͤr den Eheſtand, ſo we- nig ich auch an dieſen Stand dachte, den ich ihr mit ſo vieler Staͤrke und Deutlichkeit anpries.
Er freuet ſich uͤber den Aufſchub, den ſein Vorſchlag, ein Haus zu mie- then, und einzurichten, machen muͤßte.
Er wanket in ſeiner Entſchlieſſung, ob er bei einem ſo erhabnen Verdienſt ehrlich verfahren wollte, oder nicht.
Er iſt ſehr mit ſich ſelbſt zufrieden, wegen ſeiner eignen Zaͤrtlichkeit,
da
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daruͤber boͤſe zu werden, daß ich ſagte, Char-
lotte Montagne waͤre ein wenig eigen; (denn
das verſtand ſie gewaltig unrecht) ſo ſahe ich
mich genoͤthiget, mich hinter die feierlichſten und
ausdruͤcklichſten Erklaͤrungen zu verſtecken.
Er wiederholet dieſe Erklaͤrungen, auf
eben die Art, wie ſie es erzaͤhlet
hatte.
Als ich anfieng, ſagt er, meine Erklaͤrun-
gen zu machen, nahm ich mir vor, meine ruhm-
wuͤrdige Lebensart beſtaͤndig in den Augen zu
behalten. Aber es gieng mir, wie jenem Red-
ner im Unterhauſe, von dem man erzaͤhlet, daß
er mehr als einmal in einer langen Rede, ſich
ſelbſt, ſo wie er fortfuhr, uͤberzeuget, und ge-
gen die Seite geſtimmet habe, fuͤr welche er zu
reden angefangen hatte: Jch ſprach auch in dem
Fortgang meiner Rede mit ganzem Ernſt, oh-
ne alle Einſchraͤnkung, fuͤr den Eheſtand, ſo we-
nig ich auch an dieſen Stand dachte, den ich
ihr mit ſo vieler Staͤrke und Deutlichkeit anpries.
Er freuet ſich uͤber den Aufſchub, den
ſein Vorſchlag, ein Haus zu mie-
then, und einzurichten, machen
muͤßte.
Er wanket in ſeiner Entſchlieſſung, ob
er bei einem ſo erhabnen Verdienſt
ehrlich verfahren wollte, oder
nicht.
Er iſt ſehr mit ſich ſelbſt zufrieden,
wegen ſeiner eignen Zaͤrtlichkeit,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/115>, abgerufen am 16.07.2024.
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