Jch will dir wol vorher sagen, wie sich mei- ne Schöne in dem Fall gebärden wird. - - Sie wird zu verschiedenen Zeiten auf die Sa- che zu reden kommen, und wieder darauf kom- men; Aber ich will sie nicht verstehen. Zu- letzt, nachdem sie ein halb Dutzend mal ge- räuspert hat, wird sie genöthiget seyn, ganz auszusprechen: - - ich meine, Herr Love- lace - - ich meine, Herr - - ich meine, sie hätten vor einigen Tagen gesagt. - - Jch werde stock still schweigen. - - Jch sitze gegen ihr über; ihre Augen sind auf meine Schuhschnal- len geheftet. - - Mädgen, wenn man sie so weit hat, bewundern allezeit die Schuhschnal- len einer Mannsperson, oder vielleicht einige besondere Schönheiten in dem Fuß-Teppig. Jch meine, sie sagten, daß Frau Fretch- ville. - - Dann rollet eine crystallne Zähre jede rothe Wangen herunter. Sie ärgert sich, daß man ihrem jungfräulichen Stolz so wenig zu Hülfe kommt. Aber komm nur, spreche ich zu mir selbst, mein Kind, mit deinem Meinen! Erinnere dich, was ich um dich und von dir ausgestanden habe! Jch werde deinen thränen- vollen Pausen nicht aushelfen. Sprich nur aus, mein Schatz! - - O welche angenehme Verwirrung! Kann ich mich selbst so man- cher Schönheiten, die in diesem Kampf zum Vorschein kommen, durch ein übereiltes, när- risches, weibisches Mitleiden berauben, wodurch ein höflicherer Mann, (du weißt, mein Engel,
daß
Jch will dir wol vorher ſagen, wie ſich mei- ne Schoͤne in dem Fall gebaͤrden wird. ‒ ‒ Sie wird zu verſchiedenen Zeiten auf die Sa- che zu reden kommen, und wieder darauf kom- men; Aber ich will ſie nicht verſtehen. Zu- letzt, nachdem ſie ein halb Dutzend mal ge- raͤuspert hat, wird ſie genoͤthiget ſeyn, ganz auszuſprechen: ‒ ‒ ich meine, Herr Love- lace ‒ ‒ ich meine, Herr ‒ ‒ ich meine, ſie haͤtten vor einigen Tagen geſagt. ‒ ‒ Jch werde ſtock ſtill ſchweigen. ‒ ‒ Jch ſitze gegen ihr uͤber; ihre Augen ſind auf meine Schuhſchnal- len geheftet. ‒ ‒ Maͤdgen, wenn man ſie ſo weit hat, bewundern allezeit die Schuhſchnal- len einer Mannsperſon, oder vielleicht einige beſondere Schoͤnheiten in dem Fuß-Teppig. Jch meine, ſie ſagten, daß Frau Fretch- ville. ‒ ‒ Dann rollet eine cryſtallne Zaͤhre jede rothe Wangen herunter. Sie aͤrgert ſich, daß man ihrem jungfraͤulichen Stolz ſo wenig zu Huͤlfe kommt. Aber komm nur, ſpreche ich zu mir ſelbſt, mein Kind, mit deinem Meinen! Erinnere dich, was ich um dich und von dir ausgeſtanden habe! Jch werde deinen thraͤnen- vollen Pauſen nicht aushelfen. Sprich nur aus, mein Schatz! ‒ ‒ O welche angenehme Verwirrung! Kann ich mich ſelbſt ſo man- cher Schoͤnheiten, die in dieſem Kampf zum Vorſchein kommen, durch ein uͤbereiltes, naͤr- riſches, weibiſches Mitleiden berauben, wodurch ein hoͤflicherer Mann, (du weißt, mein Engel,
daß
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Jch will dir wol vorher ſagen, wie ſich mei-
ne Schoͤne in dem Fall gebaͤrden wird. ‒ ‒
Sie wird zu verſchiedenen Zeiten auf die Sa-
che zu reden kommen, und wieder darauf kom-
men; Aber ich will ſie nicht verſtehen. Zu-
letzt, nachdem ſie ein halb Dutzend mal ge-
raͤuspert hat, wird ſie genoͤthiget ſeyn, ganz
auszuſprechen: ‒ ‒ ich meine, Herr Love-
lace ‒ ‒ ich meine, Herr ‒ ‒ ich meine, ſie
haͤtten vor einigen Tagen geſagt. ‒ ‒ Jch
werde ſtock ſtill ſchweigen. ‒ ‒ Jch ſitze gegen ihr
uͤber; ihre Augen ſind auf meine Schuhſchnal-
len geheftet. ‒ ‒ Maͤdgen, wenn man ſie ſo
weit hat, bewundern allezeit die Schuhſchnal-
len einer Mannsperſon, oder vielleicht einige
beſondere Schoͤnheiten in dem Fuß-Teppig.
Jch meine, ſie ſagten, daß Frau Fretch-
ville. ‒ ‒ Dann rollet eine cryſtallne Zaͤhre jede
rothe Wangen herunter. Sie aͤrgert ſich, daß
man ihrem jungfraͤulichen Stolz ſo wenig zu
Huͤlfe kommt. Aber komm nur, ſpreche ich zu
mir ſelbſt, mein Kind, mit deinem Meinen!
Erinnere dich, was ich um dich und von dir
ausgeſtanden habe! Jch werde deinen thraͤnen-
vollen Pauſen nicht aushelfen. Sprich nur
aus, mein Schatz! ‒ ‒ O welche angenehme
Verwirrung! Kann ich mich ſelbſt ſo man-
cher Schoͤnheiten, die in dieſem Kampf zum
Vorſchein kommen, durch ein uͤbereiltes, naͤr-
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ein hoͤflicherer Mann, (du weißt, mein Engel,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/154>, abgerufen am 16.02.2025.
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