haben, die alle, weiß gekleidet, nach Hofe stei- gen, und um Gnade für mich flehen. - - Was werden sie für ein artig Schauspiel geben, mit ihren weißen Schleiern, weißen Andriennen, weißen Unterröcken, weißen Scherfen, weis- sen Handschuhen! Wenn sie sich mit weißen Schnupftüchern die Augen reiben, und in zwo schönen Reihen für mich knien! Wenn seine Majestät durch sie hinspatzieret, und ihnen um ihrentwillen meinen Pardon zuwinkt! - - Bin ich denn einmal begnadigt, so ist alles vorbei. Denn, Bruder, in dergleichen Verbrechen gilt kein Appelliren, wie bei Mordthaten.
So siehest du das Schlimmste, was ge- schehen kann, wo wir nicht bei dieser Gelegen- heit die grosse Reise vornehmen, sondern hier bleiben, und unser Urtheil erwarten. Aber es ist ungemein warscheinlich, daß sie uns überall nicht anklagen werden. Thun sie es aber, so laufen wir an unsrer Seite keine Gefahr, nur, daß wir, wenn es arg kommt, uns ausser Lan- des vergnügen, Freunde hier lassen, die unser müde sind, und nach einiger Zeit zu diesen Freun- den zurückkehren, nachdem die Abwesenheit uns ihnen, und sie uns, werther gemacht hat.
Dies ist mein Entwurf, Bruder, so wie ich ihn zuerst flüchtig überdacht habe. Jch weiß, daß er noch eine Verbesserung leidet. - - Zum Exempel: ich kann diese Damen in Frankreich ans Land setzen, und nach Engelland überste- chen, ehe sie ein Schif zur Rückreise finden, oder
ehe
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haben, die alle, weiß gekleidet, nach Hofe ſtei- gen, und um Gnade fuͤr mich flehen. ‒ ‒ Was werden ſie fuͤr ein artig Schauſpiel geben, mit ihren weißen Schleiern, weißen Andriennen, weißen Unterroͤcken, weißen Scherfen, weiſ- ſen Handſchuhen! Wenn ſie ſich mit weißen Schnupftuͤchern die Augen reiben, und in zwo ſchoͤnen Reihen fuͤr mich knien! Wenn ſeine Majeſtaͤt durch ſie hinſpatzieret, und ihnen um ihrentwillen meinen Pardon zuwinkt! ‒ ‒ Bin ich denn einmal begnadigt, ſo iſt alles vorbei. Denn, Bruder, in dergleichen Verbrechen gilt kein Appelliren, wie bei Mordthaten.
So ſieheſt du das Schlimmſte, was ge- ſchehen kann, wo wir nicht bei dieſer Gelegen- heit die groſſe Reiſe vornehmen, ſondern hier bleiben, und unſer Urtheil erwarten. Aber es iſt ungemein warſcheinlich, daß ſie uns uͤberall nicht anklagen werden. Thun ſie es aber, ſo laufen wir an unſrer Seite keine Gefahr, nur, daß wir, wenn es arg kommt, uns auſſer Lan- des vergnuͤgen, Freunde hier laſſen, die unſer muͤde ſind, und nach einiger Zeit zu dieſen Freun- den zuruͤckkehren, nachdem die Abweſenheit uns ihnen, und ſie uns, werther gemacht hat.
Dies iſt mein Entwurf, Bruder, ſo wie ich ihn zuerſt fluͤchtig uͤberdacht habe. Jch weiß, daß er noch eine Verbeſſerung leidet. ‒ ‒ Zum Exempel: ich kann dieſe Damen in Frankreich ans Land ſetzen, und nach Engelland uͤberſte- chen, ehe ſie ein Schif zur Ruͤckreiſe finden, oder
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haben, die alle, weiß gekleidet, nach Hofe ſtei-
gen, und um Gnade fuͤr mich flehen. ‒ ‒ Was
werden ſie fuͤr ein artig Schauſpiel geben, mit
ihren weißen Schleiern, weißen Andriennen,
weißen Unterroͤcken, weißen Scherfen, weiſ-
ſen Handſchuhen! Wenn ſie ſich mit weißen
Schnupftuͤchern die Augen reiben, und in zwo
ſchoͤnen Reihen fuͤr mich knien! Wenn ſeine
Majeſtaͤt durch ſie hinſpatzieret, und ihnen um
ihrentwillen meinen Pardon zuwinkt! ‒ ‒ Bin
ich denn einmal begnadigt, ſo iſt alles vorbei.
Denn, Bruder, in dergleichen Verbrechen gilt
kein Appelliren, wie bei Mordthaten.
So ſieheſt du das Schlimmſte, was ge-
ſchehen kann, wo wir nicht bei dieſer Gelegen-
heit die groſſe Reiſe vornehmen, ſondern hier
bleiben, und unſer Urtheil erwarten. Aber es
iſt ungemein warſcheinlich, daß ſie uns uͤberall
nicht anklagen werden. Thun ſie es aber, ſo
laufen wir an unſrer Seite keine Gefahr, nur,
daß wir, wenn es arg kommt, uns auſſer Lan-
des vergnuͤgen, Freunde hier laſſen, die unſer
muͤde ſind, und nach einiger Zeit zu dieſen Freun-
den zuruͤckkehren, nachdem die Abweſenheit uns
ihnen, und ſie uns, werther gemacht hat.
Dies iſt mein Entwurf, Bruder, ſo wie ich
ihn zuerſt fluͤchtig uͤberdacht habe. Jch weiß,
daß er noch eine Verbeſſerung leidet. ‒ ‒ Zum
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/189>, abgerufen am 16.02.2025.
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