"durch ihre Allmosen uns allen den Seegen "GOttes zu wege bringen." Und man muß gestehen, daß sie sich auf diese Hofnung wacker verließen.
Wiewol ich brauche hievon nichts mehr zu sagen, und vielleicht wäre auch dies schon nicht einmal nöthig gewesen, da ihre mildthätigen Vermächtnisse in ihrem Testament genug zeigen, wie weit sie es in dieser Pflicht gebracht hat.
Jn ihrer Diät war sie ungemein mäßig. Sie sagte: "Jm Essen und Trinken müsse man sich "mehr vor der Menge als vor der Beschaf- "fenheit der Speisen in Acht nehmen. Ein "voller Tisch sei ein grosser Feind des Studie- "rens und der Arbeit. An einem gut gebaue- "ten Hause brauchte man nicht viel zu bessern."
Durch diese Mäßigung genoß sie bei ihrem zarten Körper eine beständige Gesundheit; Sie war immer heiter, lebhaft, und gemeiniglich gut aufgeräumt. Jch weiß nicht, daß sie mehr als eine Krankheit ausgestanden hat. Sie be- kam dieselbe von einer gewaltigen Verkältung, da sie in einer ofnen Chaise, bei einem plötzlich entstandnen mit Hagel und Regen vermischten Sturm, unbedeckt saß. Dies verursachte ihr ein Fieber, das mit gefährlichen Zufällen ver- knüpft war, die aber ohne Zweifel durch ihre Mäßigkeit gehoben wurden.
Jhre
T 4
„durch ihre Allmoſen uns allen den Seegen „GOttes zu wege bringen.” Und man muß geſtehen, daß ſie ſich auf dieſe Hofnung wacker verließen.
Wiewol ich brauche hievon nichts mehr zu ſagen, und vielleicht waͤre auch dies ſchon nicht einmal noͤthig geweſen, da ihre mildthaͤtigen Vermaͤchtniſſe in ihrem Teſtament genug zeigen, wie weit ſie es in dieſer Pflicht gebracht hat.
Jn ihrer Diaͤt war ſie ungemein maͤßig. Sie ſagte: „Jm Eſſen und Trinken muͤſſe man ſich „mehr vor der Menge als vor der Beſchaf- „fenheit der Speiſen in Acht nehmen. Ein „voller Tiſch ſei ein groſſer Feind des Studie- „rens und der Arbeit. An einem gut gebaue- „ten Hauſe brauchte man nicht viel zu beſſern.”
Durch dieſe Maͤßigung genoß ſie bei ihrem zarten Koͤrper eine beſtaͤndige Geſundheit; Sie war immer heiter, lebhaft, und gemeiniglich gut aufgeraͤumt. Jch weiß nicht, daß ſie mehr als eine Krankheit ausgeſtanden hat. Sie be- kam dieſelbe von einer gewaltigen Verkaͤltung, da ſie in einer ofnen Chaiſe, bei einem ploͤtzlich entſtandnen mit Hagel und Regen vermiſchten Sturm, unbedeckt ſaß. Dies verurſachte ihr ein Fieber, das mit gefaͤhrlichen Zufaͤllen ver- knuͤpft war, die aber ohne Zweifel durch ihre Maͤßigkeit gehoben wurden.
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„durch ihre Allmoſen uns allen den Seegen
„GOttes zu wege bringen.” Und man muß
geſtehen, daß ſie ſich auf dieſe Hofnung wacker
verließen.
Wiewol ich brauche hievon nichts mehr zu
ſagen, und vielleicht waͤre auch dies ſchon nicht
einmal noͤthig geweſen, da ihre mildthaͤtigen
Vermaͤchtniſſe in ihrem Teſtament genug zeigen,
wie weit ſie es in dieſer Pflicht gebracht hat.
Jn ihrer Diaͤt war ſie ungemein maͤßig. Sie
ſagte: „Jm Eſſen und Trinken muͤſſe man ſich
„mehr vor der Menge als vor der Beſchaf-
„fenheit der Speiſen in Acht nehmen. Ein
„voller Tiſch ſei ein groſſer Feind des Studie-
„rens und der Arbeit. An einem gut gebaue-
„ten Hauſe brauchte man nicht viel zu beſſern.”
Durch dieſe Maͤßigung genoß ſie bei ihrem
zarten Koͤrper eine beſtaͤndige Geſundheit; Sie
war immer heiter, lebhaft, und gemeiniglich
gut aufgeraͤumt. Jch weiß nicht, daß ſie mehr
als eine Krankheit ausgeſtanden hat. Sie be-
kam dieſelbe von einer gewaltigen Verkaͤltung,
da ſie in einer ofnen Chaiſe, bei einem ploͤtzlich
entſtandnen mit Hagel und Regen vermiſchten
Sturm, unbedeckt ſaß. Dies verurſachte ihr
ein Fieber, das mit gefaͤhrlichen Zufaͤllen ver-
knuͤpft war, die aber ohne Zweifel durch ihre
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/303>, abgerufen am 17.06.2024.
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