[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.trüger, ehe sie einmal recht wußte, daß sie in Gefahr wäre. Denn nachdem er sie beredet hatte, mit ihm gegen zwölf Uhr zu seiner Tan- te Forbes, einer vornehmen und reichen Da- me, zu gehen, welcher er halb und halb ver- sprochen hätte, ihr ihre künftige Niece vorzu- stellen, (dies war die einzige Spur von der Hei- rath, die er ihr jemals gegeben) so brachte er sie nach dem Hause des gottlosen Weibes, wel- che in diesen Briefen den Namen der Sinclair führet: Hier erhielt er durch Versprechungen, die sie in einem günstigen Verstande auslegte, (denn wenn ein Frauenzimmer liebt, so ist es nie für seine Sicherheit genug besorgt) einen leichten Sieg über eine Tugend, die ohnedem wenig mehr, als den Namen hatte. Er fand keine Schwierigkeit, sie zu bereden, Da ihre Schande auf die Art bekannt gewor- daß
truͤger, ehe ſie einmal recht wußte, daß ſie in Gefahr waͤre. Denn nachdem er ſie beredet hatte, mit ihm gegen zwoͤlf Uhr zu ſeiner Tan- te Forbes, einer vornehmen und reichen Da- me, zu gehen, welcher er halb und halb ver- ſprochen haͤtte, ihr ihre kuͤnftige Niece vorzu- ſtellen, (dies war die einzige Spur von der Hei- rath, die er ihr jemals gegeben) ſo brachte er ſie nach dem Hauſe des gottloſen Weibes, wel- che in dieſen Briefen den Namen der Sinclair fuͤhret: Hier erhielt er durch Verſprechungen, die ſie in einem guͤnſtigen Verſtande auslegte, (denn wenn ein Frauenzimmer liebt, ſo iſt es nie fuͤr ſeine Sicherheit genug beſorgt) einen leichten Sieg uͤber eine Tugend, die ohnedem wenig mehr, als den Namen hatte. Er fand keine Schwierigkeit, ſie zu bereden, Da ihre Schande auf die Art bekannt gewor- daß
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truͤger, ehe ſie einmal recht wußte, daß ſie in
Gefahr waͤre. Denn nachdem er ſie beredet
hatte, mit ihm gegen zwoͤlf Uhr zu ſeiner Tan-
te Forbes, einer vornehmen und reichen Da-
me, zu gehen, welcher er halb und halb ver-
ſprochen haͤtte, ihr ihre kuͤnftige Niece vorzu-
ſtellen, (dies war die einzige Spur von der Hei-
rath, die er ihr jemals gegeben) ſo brachte er
ſie nach dem Hauſe des gottloſen Weibes, wel-
che in dieſen Briefen den Namen der Sinclair
fuͤhret: Hier erhielt er durch Verſprechungen,
die ſie in einem guͤnſtigen Verſtande auslegte,
(denn wenn ein Frauenzimmer liebt, ſo iſt es
nie fuͤr ſeine Sicherheit genug beſorgt) einen
leichten Sieg uͤber eine Tugend, die ohnedem
wenig mehr, als den Namen hatte.
Er fand keine Schwierigkeit, ſie zu bereden,
daß ſie dieſen gottloſen Umgang fortſetzte, bis
die Wuͤrkungen davon zu ſehr in die Augen fie-
len, als daß er verborgen bleiben konnte. Jh-
re Aeltern jagten ſie darauf in der erſten Wut,
und Eifer uͤber ihre betrogne Hofnung, einen
ſolchen Schwiegerſohn zu bekommen, aus dem
Hauſe.
Da ihre Schande auf die Art bekannt gewor-
den war, verhaͤrtete ſie ſich; und durch ihren Ver-
fuͤhrer, deſſen Favorit-Maitreſſe ſie damals war,
unterſtuͤtzet, faßte ſie fuͤr dieſe Begegnung, die
ſich ſo wenig zu ihrem Stolze, und dem Eigen-
ſinn, in welchem ſie ſie aufgezogen hatten, ſchick-
te, einen ſolchen Unwillen gegen ihre Aeltern,
daß
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Zitationshilfe: | [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/328>, abgerufen am 17.06.2024. |