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Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.

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4. Rhodisches.
des Randes erinnert unmittelbar an egyptische Vorbilder. Freilich wenn
man näher zusieht, gewahrt man Dinge, die an einem echten egyptischen
Beispiel undenkbar sind. Die Silhouette der Lotusblüthen ist hier schon
weit flüssiger und eleganter, die Füllung zwischen den zwei ausladenden
Kelchblättern ist nicht durch Spitzblätter, sondern durch Palmetten-
fächer hergestellt (vgl. hiefür Fig. 71). Vollends wenn wir die Mitte
des Tellers in Betracht ziehen, wo mit den Knospen blosse Palmetten-
fächer ohne die in der egyptischen Kunst damit unzertrennlich ver-
bundenen Volutenkelche alterniren, erscheint die nichtegyptische Her-
kunft des Tellers ausser allen Zweifel gesetzt. Immerhin aber ist zu
betonen, dass eine solche strenge Reihung von Lotus-Blüthen- und
Knospen nach dem egyptischen Grundschema in der ganzen mykeni-
schen Kunst nicht nachgewiesen ist.

[Abbildung] Fig. 73.

Bogenfries mit Lotusblüthen und Knospen von einer rhodischen Vase.

Die einfache Reihung der Lotusmotive, wofür eben ein Beispiel
gegeben wurde, scheint gleichwohl selten in der rhodischen Kunst ge-
wesen zu sein. Das geradezu Typische ist dagegen der Bogenfries
mit Lotusblüthen und Knospen
. Fig. 73 giebt hievon ein Beispiel,
dass bezeichnendermaassen von derselben Oenochoe entnommen ist,
auf welcher sich die mykenisirende Palmette Fig. 71 vorfindet. Hier ist
sogar der Kelch der Lotusblüthen aus Spitzblättern gebildet, also nach
egyptischer Weise, entgegen der unegyptischen Verquickung mit dem
Palmettenfächer, die wir in Fig. 72 kennen gelernt haben. Allzuviel
Gewicht wird man auf eine solche ausnahmsweise engere Anlehnung
an orientalische Vorbilder freilich nicht legen dürfen, wie insbesondere
die Betrachtung der Oenochoe bei Salzmann Taf. 44 nahelegt, wo unten
der Fries von Fig. 73, an der Schulter dagegen ein Bogenfries mit den
Motiven von Fig. 72 sich vereinigt findet. Gleichwohl ist das Schema

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4. Rhodisches.
des Randes erinnert unmittelbar an egyptische Vorbilder. Freilich wenn
man näher zusieht, gewahrt man Dinge, die an einem echten egyptischen
Beispiel undenkbar sind. Die Silhouette der Lotusblüthen ist hier schon
weit flüssiger und eleganter, die Füllung zwischen den zwei ausladenden
Kelchblättern ist nicht durch Spitzblätter, sondern durch Palmetten-
fächer hergestellt (vgl. hiefür Fig. 71). Vollends wenn wir die Mitte
des Tellers in Betracht ziehen, wo mit den Knospen blosse Palmetten-
fächer ohne die in der egyptischen Kunst damit unzertrennlich ver-
bundenen Volutenkelche alterniren, erscheint die nichtegyptische Her-
kunft des Tellers ausser allen Zweifel gesetzt. Immerhin aber ist zu
betonen, dass eine solche strenge Reihung von Lotus-Blüthen- und
Knospen nach dem egyptischen Grundschema in der ganzen mykeni-
schen Kunst nicht nachgewiesen ist.

[Abbildung] Fig. 73.

Bogenfries mit Lotusblüthen und Knospen von einer rhodischen Vase.

Die einfache Reihung der Lotusmotive, wofür eben ein Beispiel
gegeben wurde, scheint gleichwohl selten in der rhodischen Kunst ge-
wesen zu sein. Das geradezu Typische ist dagegen der Bogenfries
mit Lotusblüthen und Knospen
. Fig. 73 giebt hievon ein Beispiel,
dass bezeichnendermaassen von derselben Oenochoe entnommen ist,
auf welcher sich die mykenisirende Palmette Fig. 71 vorfindet. Hier ist
sogar der Kelch der Lotusblüthen aus Spitzblättern gebildet, also nach
egyptischer Weise, entgegen der unegyptischen Verquickung mit dem
Palmettenfächer, die wir in Fig. 72 kennen gelernt haben. Allzuviel
Gewicht wird man auf eine solche ausnahmsweise engere Anlehnung
an orientalische Vorbilder freilich nicht legen dürfen, wie insbesondere
die Betrachtung der Oenochoe bei Salzmann Taf. 44 nahelegt, wo unten
der Fries von Fig. 73, an der Schulter dagegen ein Bogenfries mit den
Motiven von Fig. 72 sich vereinigt findet. Gleichwohl ist das Schema

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[163/0189] 4. Rhodisches. des Randes erinnert unmittelbar an egyptische Vorbilder. Freilich wenn man näher zusieht, gewahrt man Dinge, die an einem echten egyptischen Beispiel undenkbar sind. Die Silhouette der Lotusblüthen ist hier schon weit flüssiger und eleganter, die Füllung zwischen den zwei ausladenden Kelchblättern ist nicht durch Spitzblätter, sondern durch Palmetten- fächer hergestellt (vgl. hiefür Fig. 71). Vollends wenn wir die Mitte des Tellers in Betracht ziehen, wo mit den Knospen blosse Palmetten- fächer ohne die in der egyptischen Kunst damit unzertrennlich ver- bundenen Volutenkelche alterniren, erscheint die nichtegyptische Her- kunft des Tellers ausser allen Zweifel gesetzt. Immerhin aber ist zu betonen, dass eine solche strenge Reihung von Lotus-Blüthen- und Knospen nach dem egyptischen Grundschema in der ganzen mykeni- schen Kunst nicht nachgewiesen ist. [Abbildung Fig. 73. Bogenfries mit Lotusblüthen und Knospen von einer rhodischen Vase. ] Die einfache Reihung der Lotusmotive, wofür eben ein Beispiel gegeben wurde, scheint gleichwohl selten in der rhodischen Kunst ge- wesen zu sein. Das geradezu Typische ist dagegen der Bogenfries mit Lotusblüthen und Knospen. Fig. 73 giebt hievon ein Beispiel, dass bezeichnendermaassen von derselben Oenochoe entnommen ist, auf welcher sich die mykenisirende Palmette Fig. 71 vorfindet. Hier ist sogar der Kelch der Lotusblüthen aus Spitzblättern gebildet, also nach egyptischer Weise, entgegen der unegyptischen Verquickung mit dem Palmettenfächer, die wir in Fig. 72 kennen gelernt haben. Allzuviel Gewicht wird man auf eine solche ausnahmsweise engere Anlehnung an orientalische Vorbilder freilich nicht legen dürfen, wie insbesondere die Betrachtung der Oenochoe bei Salzmann Taf. 44 nahelegt, wo unten der Fries von Fig. 73, an der Schulter dagegen ein Bogenfries mit den Motiven von Fig. 72 sich vereinigt findet. Gleichwohl ist das Schema 11*

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Zitationshilfe: Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/189>, abgerufen am 21.11.2024.