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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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hört weder grosser Scharfsinn noch grosse Belesenheit dazu, jede
beliebige Episode des troischen Sagenkreises als einen Kern- und
Knotenpunkt, der der Phantasie eine reichere Anregung bietet,
zu erweisen. Ich denke, ob und welche Gesetze über der Aus-
wahl der einzelnen Scenen walteten, das werden wir vielleicht
jetzt überhaupt noch nicht, auf diesem Wege aber nie erkennen,
denn gewiss war es nicht die Reflexion der Künstler über die
tiefen Bezüge des Mythos, die dafür massgebend war. Es
will mir scheinen, dass wir dem Sinne der Alten um so
näher treten, je mehr wir die Dinge nehmen, wie sie sich
geben, je unbefangener wir uns an den Werken der Un-
befangenen freuen, je williger wir aber auch die Grenzen un-
seres Erkennens gestehen. Solche schillernden und kokettieren-
den Bezüge, wie sie Brunn sowol in der Auswahl der ein-
zelnen Scenen sucht wie in ihrer Verbindung, würden weder
dem Erfinder grosse Ehre machen, noch würde für uns das
Unglück allzu gross sein, wenn wir sie nicht verstünden. Das
Jagen nach diesen Bezügen artet gar zu leicht aus in ein
geistreiches Spiel, und von da bis zu dem Rebusraten einer
gewissen Richtung, auf die wir uns gewöhnt haben, mit Ver-
achtung herab zu sehen, ist nur ein Schritt. Nach diesem Allen
wird man es begreiflich finden, wenn ich bis jetzt weder Neigung
noch Beruf fühle, aus den Schranken der "niederen Methode"
herauszutreten, um mich an dem kühnen Fluge der "höheren,
mit klassischem Ausdruck als divinatio bezeichneten Kritik" zu
beteiligen.



hört weder groſser Scharfsinn noch groſse Belesenheit dazu, jede
beliebige Episode des troischen Sagenkreises als einen Kern- und
Knotenpunkt, der der Phantasie eine reichere Anregung bietet,
zu erweisen. Ich denke, ob und welche Gesetze über der Aus-
wahl der einzelnen Scenen walteten, das werden wir vielleicht
jetzt überhaupt noch nicht, auf diesem Wege aber nie erkennen,
denn gewiſs war es nicht die Reflexion der Künstler über die
tiefen Bezüge des Mythos, die dafür maſsgebend war. Es
will mir scheinen, daſs wir dem Sinne der Alten um so
näher treten, je mehr wir die Dinge nehmen, wie sie sich
geben, je unbefangener wir uns an den Werken der Un-
befangenen freuen, je williger wir aber auch die Grenzen un-
seres Erkennens gestehen. Solche schillernden und kokettieren-
den Bezüge, wie sie Brunn sowol in der Auswahl der ein-
zelnen Scenen sucht wie in ihrer Verbindung, würden weder
dem Erfinder groſse Ehre machen, noch würde für uns das
Unglück allzu groſs sein, wenn wir sie nicht verstünden. Das
Jagen nach diesen Bezügen artet gar zu leicht aus in ein
geistreiches Spiel, und von da bis zu dem Rebusraten einer
gewissen Richtung, auf die wir uns gewöhnt haben, mit Ver-
achtung herab zu sehen, ist nur ein Schritt. Nach diesem Allen
wird man es begreiflich finden, wenn ich bis jetzt weder Neigung
noch Beruf fühle, aus den Schranken der „niederen Methode“
herauszutreten, um mich an dem kühnen Fluge der „höheren,
mit klassischem Ausdruck als divinatio bezeichneten Kritik“ zu
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[128/0142] hört weder groſser Scharfsinn noch groſse Belesenheit dazu, jede beliebige Episode des troischen Sagenkreises als einen Kern- und Knotenpunkt, der der Phantasie eine reichere Anregung bietet, zu erweisen. Ich denke, ob und welche Gesetze über der Aus- wahl der einzelnen Scenen walteten, das werden wir vielleicht jetzt überhaupt noch nicht, auf diesem Wege aber nie erkennen, denn gewiſs war es nicht die Reflexion der Künstler über die tiefen Bezüge des Mythos, die dafür maſsgebend war. Es will mir scheinen, daſs wir dem Sinne der Alten um so näher treten, je mehr wir die Dinge nehmen, wie sie sich geben, je unbefangener wir uns an den Werken der Un- befangenen freuen, je williger wir aber auch die Grenzen un- seres Erkennens gestehen. Solche schillernden und kokettieren- den Bezüge, wie sie Brunn sowol in der Auswahl der ein- zelnen Scenen sucht wie in ihrer Verbindung, würden weder dem Erfinder groſse Ehre machen, noch würde für uns das Unglück allzu groſs sein, wenn wir sie nicht verstünden. Das Jagen nach diesen Bezügen artet gar zu leicht aus in ein geistreiches Spiel, und von da bis zu dem Rebusraten einer gewissen Richtung, auf die wir uns gewöhnt haben, mit Ver- achtung herab zu sehen, ist nur ein Schritt. Nach diesem Allen wird man es begreiflich finden, wenn ich bis jetzt weder Neigung noch Beruf fühle, aus den Schranken der „niederen Methode“ herauszutreten, um mich an dem kühnen Fluge der „höheren, mit klassischem Ausdruck als divinatio bezeichneten Kritik“ zu beteiligen.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/142>, abgerufen am 24.11.2024.