ihm bereits, wie im attischen Drama, auf Geheiss des Apollo ge- schieht.
So zeigen auch diese wenigen direkten Zeugnisse keinen Widerspruch, sondern in wesentlichen Punkten genaue Überein- stimmung mit der Sagenentwickelung, die wir als Grundlage des attischen Dramas wie der attischen Vasen und des melischen Thonreliefs erkannt haben. Sagenentwickelung? doch wohl Sagen- behandlung; denn auch der eifrigste Verteidiger der Rechte mündlicher Volkstradition wird zugeben müssen, dass eine so durchgreifende Ausbildung der einzelnen Charaktere und ein so detaillirtes Ausmalen der einzelnen Situationen das Eingreifen einer dichterischen Individualität zur Voraussetzung hat, als welche ich jetzt unbedenklich Stesichoros in Anspruch nehmen zu dürfen glaube. Wie populär er und speziell seine Oresteia in Athen war, dafür giebt es vielleicht kein besseres Zeichen, als dass Aristophanes in der Parabase des Friedens V. 775 die Eingangs- worte der Oresteia Mousa su men kleiousa ... theon te gamous andron te daitas in die Ode verarbeitet, ohne Stesichoros zu nennen; denn wer den Gebrauch antiker Poesie kennt, weiss, dass Aristophanes hier kein Plagiat begehen, sondern auf eine bekannte und beliebte Stelle anspielen will; die Anspielung wäre aber absurd, wenn er nicht die Worte als der grossen Mehrzahl des attischen Publikums bekannt voraussetzen dürfte. Für Euripides ist die Anlehnung an Stesichoros im Orestes direkt bezeugt, in der Helena ist sogar die ganze Sagenversion stesichoreisch. Für Aischylos und Sophokles ergiebt sie sich uns jetzt aus dem oben Gesagten. Wir dürfen aber jetzt noch weiter gehen und einzelne Züge der aischyleischen Trilogie, solche namentlich, die nur kurz angedeutet sind, also dem attischen Publikum ohne Weiteres verständlich sein mussten, während sie doch nicht aus dem Epos stammen, für die Rekonstruktion der stesichoreischen Oresteia in Anspruch nehmen. So vor Allem die ganze erste Tragödie der Trilogie, namentlich die Version von Agamemnons Tod. Im Bade tötet ihn sein Weib mit dem Beil, zwei Schläge giebt sie ihm, und als er am Boden liegt den dritten tou kata khthonos Dios nekron soteros euktaian kharin. Die von Klytaimnestra dem Agamemnon
ihm bereits, wie im attischen Drama, auf Geheiſs des Apollo ge- schieht.
So zeigen auch diese wenigen direkten Zeugnisse keinen Widerspruch, sondern in wesentlichen Punkten genaue Überein- stimmung mit der Sagenentwickelung, die wir als Grundlage des attischen Dramas wie der attischen Vasen und des melischen Thonreliefs erkannt haben. Sagenentwickelung? doch wohl Sagen- behandlung; denn auch der eifrigste Verteidiger der Rechte mündlicher Volkstradition wird zugeben müssen, daſs eine so durchgreifende Ausbildung der einzelnen Charaktere und ein so detaillirtes Ausmalen der einzelnen Situationen das Eingreifen einer dichterischen Individualität zur Voraussetzung hat, als welche ich jetzt unbedenklich Stesichoros in Anspruch nehmen zu dürfen glaube. Wie populär er und speziell seine Oresteia in Athen war, dafür giebt es vielleicht kein besseres Zeichen, als daſs Aristophanes in der Parabase des Friedens V. 775 die Eingangs- worte der Oresteia Μοῦσα σὺ μὲν κλείουσα … ϑεῶν τε γάμους ἀνδρῶν τε δαῖτας in die Ode verarbeitet, ohne Stesichoros zu nennen; denn wer den Gebrauch antiker Poesie kennt, weiſs, daſs Aristophanes hier kein Plagiat begehen, sondern auf eine bekannte und beliebte Stelle anspielen will; die Anspielung wäre aber absurd, wenn er nicht die Worte als der groſsen Mehrzahl des attischen Publikums bekannt voraussetzen dürfte. Für Euripides ist die Anlehnung an Stesichoros im Orestes direkt bezeugt, in der Helena ist sogar die ganze Sagenversion stesichoreisch. Für Aischylos und Sophokles ergiebt sie sich uns jetzt aus dem oben Gesagten. Wir dürfen aber jetzt noch weiter gehen und einzelne Züge der aischyleischen Trilogie, solche namentlich, die nur kurz angedeutet sind, also dem attischen Publikum ohne Weiteres verständlich sein muſsten, während sie doch nicht aus dem Epos stammen, für die Rekonstruktion der stesichoreischen Oresteia in Anspruch nehmen. So vor Allem die ganze erste Tragödie der Trilogie, namentlich die Version von Agamemnons Tod. Im Bade tötet ihn sein Weib mit dem Beil, zwei Schläge giebt sie ihm, und als er am Boden liegt den dritten τοῦ κατὰ χϑονὸς Διὸς νεκρῶν σωτῆρος εὐκταίαν χάριν. Die von Klytaimnestra dem Agamemnon
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ihm bereits, wie im attischen Drama, auf Geheiſs des Apollo ge-
schieht.
So zeigen auch diese wenigen direkten Zeugnisse keinen
Widerspruch, sondern in wesentlichen Punkten genaue Überein-
stimmung mit der Sagenentwickelung, die wir als Grundlage des
attischen Dramas wie der attischen Vasen und des melischen
Thonreliefs erkannt haben. Sagenentwickelung? doch wohl Sagen-
behandlung; denn auch der eifrigste Verteidiger der Rechte
mündlicher Volkstradition wird zugeben müssen, daſs eine so
durchgreifende Ausbildung der einzelnen Charaktere und ein so
detaillirtes Ausmalen der einzelnen Situationen das Eingreifen
einer dichterischen Individualität zur Voraussetzung hat, als welche
ich jetzt unbedenklich Stesichoros in Anspruch nehmen zu dürfen
glaube. Wie populär er und speziell seine Oresteia in Athen
war, dafür giebt es vielleicht kein besseres Zeichen, als daſs
Aristophanes in der Parabase des Friedens V. 775 die Eingangs-
worte der Oresteia Μοῦσα σὺ μὲν κλείουσα … ϑεῶν τε γάμους
ἀνδρῶν τε δαῖτας in die Ode verarbeitet, ohne Stesichoros zu
nennen; denn wer den Gebrauch antiker Poesie kennt, weiſs,
daſs Aristophanes hier kein Plagiat begehen, sondern auf eine
bekannte und beliebte Stelle anspielen will; die Anspielung wäre
aber absurd, wenn er nicht die Worte als der groſsen Mehrzahl
des attischen Publikums bekannt voraussetzen dürfte. Für Euripides
ist die Anlehnung an Stesichoros im Orestes direkt bezeugt, in
der Helena ist sogar die ganze Sagenversion stesichoreisch. Für
Aischylos und Sophokles ergiebt sie sich uns jetzt aus dem oben
Gesagten. Wir dürfen aber jetzt noch weiter gehen und einzelne
Züge der aischyleischen Trilogie, solche namentlich, die nur kurz
angedeutet sind, also dem attischen Publikum ohne Weiteres
verständlich sein muſsten, während sie doch nicht aus dem Epos
stammen, für die Rekonstruktion der stesichoreischen Oresteia in
Anspruch nehmen. So vor Allem die ganze erste Tragödie der
Trilogie, namentlich die Version von Agamemnons Tod. Im Bade
tötet ihn sein Weib mit dem Beil, zwei Schläge giebt sie ihm, und
als er am Boden liegt den dritten τοῦ κατὰ χϑονὸς Διὸς νεκρῶν
σωτῆρος εὐκταίαν χάριν. Die von Klytaimnestra dem Agamemnon
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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/190>, abgerufen am 17.06.2024.
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