Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.Gemälde so wenig wie irgend eines der übrigen in der Pinakothek be- teils Pinakotheke, ein Indicium, das Viele, vor allem der hochverdiente
Letronne, mit Unrecht abschwächen wollten. Ist es nun denkbar, dass Polygnot Tafelbilder gemalt hat? Tafelbilder, die durchaus Votivgemälde waren, allerdings; so gut wie Aglaophon die eben in der Pinakothek be- findlichen Votivgemälde für Alkibiades. Aber auch Tafelbilder mythologischen Inhalts? Ich denke, wenn man nicht jede Entwickelungsgeschichte der griechischen Malerei leugnen und unseren Quellenschriftstellern allen Glauben absprechen will, muss dies unbedingt verneint werden. Denn wie will man die Notiz über Apollodor von Athen (Plin. 35, 60) neque ante eum tabula ullius ostenditur quae teneat oculos mit dem Ruhm und der Grösse Polygnots in Einklang bringen, wenn auch dieser Tafelbilder gemalt hat? Die that- sächlichen Verhältnisse haben hier bestätigt, was Gottfried Hermann (Opusc. V 207) durch einfache philologische Interpretation der Stelle des Pausanias längst festgestellt hatte, ohne, wenigstens bei der archäologischen Forschung den verdienten Glauben zu finden, dass die Bilder des Polygnot nicht als in der Pinakothek befindlich, sondern nur als Beispiele angeführt werden. Gemälde so wenig wie irgend eines der übrigen in der Pinakothek be- teils Πινακοϑήκη, ein Indicium, das Viele, vor allem der hochverdiente
Letronne, mit Unrecht abschwächen wollten. Ist es nun denkbar, daſs Polygnot Tafelbilder gemalt hat? Tafelbilder, die durchaus Votivgemälde waren, allerdings; so gut wie Aglaophon die eben in der Pinakothek be- findlichen Votivgemälde für Alkibiades. Aber auch Tafelbilder mythologischen Inhalts? Ich denke, wenn man nicht jede Entwickelungsgeschichte der griechischen Malerei leugnen und unseren Quellenschriftstellern allen Glauben absprechen will, muſs dies unbedingt verneint werden. Denn wie will man die Notiz über Apollodor von Athen (Plin. 35, 60) neque ante eum tabula ullius ostenditur quae teneat oculos mit dem Ruhm und der Gröſse Polygnots in Einklang bringen, wenn auch dieser Tafelbilder gemalt hat? Die that- sächlichen Verhältnisse haben hier bestätigt, was Gottfried Hermann (Opusc. V 207) durch einfache philologische Interpretation der Stelle des Pausanias längst festgestellt hatte, ohne, wenigstens bei der archäologischen Forschung den verdienten Glauben zu finden, daſs die Bilder des Polygnot nicht als in der Pinakothek befindlich, sondern nur als Beispiele angeführt werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0197" n="183"/> Gemälde so wenig wie irgend eines der übrigen in der Pinakothek be-<lb/> findlichen Tafelbilder mit Polygnotos etwas zu thun hat, daſs vielmehr<lb/> die beiden einzigen Gemälde, die Pausanias an jener Stelle als<lb/> von Polygnotos herrührend erwähnt, Achill auf Skyros und Odys-<lb/> seus bei Nausikaa, sich gar nicht in der Pinakothek befanden,<lb/> sondern nur als Beispiele für die Abhängigkeit oder Abweichung<lb/> der bildenden Kunst von Homer erwähnt werden, eine Frage,<lb/> die vermutlich in der Quelle des Pausanias noch ausführlicher<lb/> erörtert war. Wir kennen also weder den Maler noch die Ent-<lb/> stehungszeit des erwähnten Bildes; eine gewisse Wahrscheinlichkeit<lb/> spricht dafür, daſs es nicht älter ist, als die Vollendung der<lb/> Propyläen (Ol. 86, 4. 433), zumal es kein eigentliches Votivgemälde<lb/> gewesen zu sein scheint. Denn bei einem solchen wäre allerdings<lb/> der Fall denkbar, daſs es ursprünglich etwa im Parthenon auf-<lb/> gestellt gewesen, dann aber, als dort der Raum zu enge war, in<lb/> einem besonderen Raum der Propyläen untergebracht worden<lb/> wäre, die ja auch, wie überhaupt die ganze Burg, der Athena<lb/> heilig waren. So kann das Gemälde ebenso wohl in dem vierten<lb/> ja in einem noch späteren Jahrhundert gemalt worden sein, als<lb/> in den letzten Jahrzehnten des fünften: an einen Zusammenhang,<lb/> der an der Spitze dieses Kapitels aufgezählten Vasen mit diesem<lb/><note xml:id="seg2pn_19_2" prev="#seg2pn_19_1" place="foot" n="31)">teils Πινακοϑήκη, ein Indicium, das Viele, vor allem der hochverdiente<lb/> Letronne, mit Unrecht abschwächen wollten. Ist es nun denkbar, daſs<lb/> Polygnot Tafelbilder gemalt hat? Tafelbilder, die durchaus Votivgemälde<lb/> waren, allerdings; so gut wie Aglaophon die eben in der Pinakothek be-<lb/> findlichen Votivgemälde für Alkibiades. Aber auch Tafelbilder mythologischen<lb/> Inhalts? Ich denke, wenn man nicht jede Entwickelungsgeschichte der<lb/> griechischen Malerei leugnen und unseren Quellenschriftstellern allen Glauben<lb/> absprechen will, muſs dies unbedingt verneint werden. Denn wie will man<lb/> die Notiz über Apollodor von Athen (Plin. 35, 60) <hi rendition="#i">neque ante eum tabula<lb/> ullius ostenditur quae teneat oculos</hi> mit dem Ruhm und der Gröſse Polygnots<lb/> in Einklang bringen, wenn auch dieser Tafelbilder gemalt hat? Die that-<lb/> sächlichen Verhältnisse haben hier bestätigt, was Gottfried Hermann (Opusc.<lb/> V 207) durch einfache philologische Interpretation der Stelle des Pausanias<lb/> längst festgestellt hatte, ohne, wenigstens bei der archäologischen Forschung<lb/> den verdienten Glauben zu finden, daſs die Bilder des Polygnot nicht als<lb/> in der Pinakothek befindlich, sondern nur als Beispiele angeführt werden.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0197]
Gemälde so wenig wie irgend eines der übrigen in der Pinakothek be-
findlichen Tafelbilder mit Polygnotos etwas zu thun hat, daſs vielmehr
die beiden einzigen Gemälde, die Pausanias an jener Stelle als
von Polygnotos herrührend erwähnt, Achill auf Skyros und Odys-
seus bei Nausikaa, sich gar nicht in der Pinakothek befanden,
sondern nur als Beispiele für die Abhängigkeit oder Abweichung
der bildenden Kunst von Homer erwähnt werden, eine Frage,
die vermutlich in der Quelle des Pausanias noch ausführlicher
erörtert war. Wir kennen also weder den Maler noch die Ent-
stehungszeit des erwähnten Bildes; eine gewisse Wahrscheinlichkeit
spricht dafür, daſs es nicht älter ist, als die Vollendung der
Propyläen (Ol. 86, 4. 433), zumal es kein eigentliches Votivgemälde
gewesen zu sein scheint. Denn bei einem solchen wäre allerdings
der Fall denkbar, daſs es ursprünglich etwa im Parthenon auf-
gestellt gewesen, dann aber, als dort der Raum zu enge war, in
einem besonderen Raum der Propyläen untergebracht worden
wäre, die ja auch, wie überhaupt die ganze Burg, der Athena
heilig waren. So kann das Gemälde ebenso wohl in dem vierten
ja in einem noch späteren Jahrhundert gemalt worden sein, als
in den letzten Jahrzehnten des fünften: an einen Zusammenhang,
der an der Spitze dieses Kapitels aufgezählten Vasen mit diesem
31)
31) teils Πινακοϑήκη, ein Indicium, das Viele, vor allem der hochverdiente
Letronne, mit Unrecht abschwächen wollten. Ist es nun denkbar, daſs
Polygnot Tafelbilder gemalt hat? Tafelbilder, die durchaus Votivgemälde
waren, allerdings; so gut wie Aglaophon die eben in der Pinakothek be-
findlichen Votivgemälde für Alkibiades. Aber auch Tafelbilder mythologischen
Inhalts? Ich denke, wenn man nicht jede Entwickelungsgeschichte der
griechischen Malerei leugnen und unseren Quellenschriftstellern allen Glauben
absprechen will, muſs dies unbedingt verneint werden. Denn wie will man
die Notiz über Apollodor von Athen (Plin. 35, 60) neque ante eum tabula
ullius ostenditur quae teneat oculos mit dem Ruhm und der Gröſse Polygnots
in Einklang bringen, wenn auch dieser Tafelbilder gemalt hat? Die that-
sächlichen Verhältnisse haben hier bestätigt, was Gottfried Hermann (Opusc.
V 207) durch einfache philologische Interpretation der Stelle des Pausanias
längst festgestellt hatte, ohne, wenigstens bei der archäologischen Forschung
den verdienten Glauben zu finden, daſs die Bilder des Polygnot nicht als
in der Pinakothek befindlich, sondern nur als Beispiele angeführt werden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |