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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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Medeia waren, die der Königstochter die unheilvollen Geschenke
überbracht haben, lässt er den Pädagogen, der die Kinder hin- und
zurückgeleitet hat47), auf halbem Wege sich umkehren, entsetzt
das Unheil wahrnehmen und den Schritt hemmen, während eine
Dienerin im Begriff ist, ihn mit sich zur Medeia fortzuziehen.
So wird durch diese Gruppe ein streng entsprechendes Gegen-
bild zu der alten Dienerin der Kreusa gewonnen, die auf der
anderen Seite gleichfalls nach der unteren Scene zu Iason hineilt.
Den Kindern, die bereits bei der Mutter angelangt sind, muss
aber jetzt noch ein anderer Begleiter zugesellt werden; der
Künstler wählt einfach einen Doryphoros, aber gleichzeitig benutzt
er diese neue Figur, indem er das Motiv einer früheren Stelle
des Stückes hierherzieht, zu einem schönen und ergreifenden
Zuge. Am Schluss des Prologes heisst die Amme den Pädagogen
die Kinder hineinführen und dafür Sorge zu tragen, dass sie der
Mutter nicht zu nahe kommen:

su d os malista tousd eremosas ekhe
kai me pelaze metri dusthumoumene.
ede gar eidon omma nin tauroumenen
toisd os ti draseiousan.

So der Dichter; der Künstler lässt jetzt im Augenblick der
höchsten Gefahr den Doryphoros noch einen Versuch machen,
wenigstens den einen Knaben den Augen und Händen der Mutter
zu entziehen48). Soweit ergeben sich Änderungen und Zusätze
von selbst aus der dem Künstler gestellten Aufgabe; nur ein Zusatz
ist ohne solche Nötigung seiner künstlerischen Phantasie entsprun-
gen, ein Zusatz von solcher Schönheit, dass es manchen Gelehrten
schien, er müsse notwendig aus einer anderen poetischen Quelle
geflossen sein: als Zuschauer der Greuelthaten steigt rechts das
Schattenbild des Aietes auf, um die Wirkung seines Fluches zu

47) Anders O. Jahn a. a. O.
48) Dass dabei der Vasenmaler an die Sagenversion gedacht haben
sollte, nach welcher der eine Sohn der Medeia gerettet wird (Diod. IV 54),
erscheint mir wenig glaublich.

Medeia waren, die der Königstochter die unheilvollen Geschenke
überbracht haben, läſst er den Pädagogen, der die Kinder hin- und
zurückgeleitet hat47), auf halbem Wege sich umkehren, entsetzt
das Unheil wahrnehmen und den Schritt hemmen, während eine
Dienerin im Begriff ist, ihn mit sich zur Medeia fortzuziehen.
So wird durch diese Gruppe ein streng entsprechendes Gegen-
bild zu der alten Dienerin der Kreusa gewonnen, die auf der
anderen Seite gleichfalls nach der unteren Scene zu Iason hineilt.
Den Kindern, die bereits bei der Mutter angelangt sind, muſs
aber jetzt noch ein anderer Begleiter zugesellt werden; der
Künstler wählt einfach einen Doryphoros, aber gleichzeitig benutzt
er diese neue Figur, indem er das Motiv einer früheren Stelle
des Stückes hierherzieht, zu einem schönen und ergreifenden
Zuge. Am Schluſs des Prologes heiſst die Amme den Pädagogen
die Kinder hineinführen und dafür Sorge zu tragen, daſs sie der
Mutter nicht zu nahe kommen:

σὺ δ̕ ὡς μάλιστα τούςδ̕ ἐρημώσας ἔχε
καὶ μὴ πέλαζε μητρὶ δυσϑυμουμένῃ.
ἤδη γὰρ εἶδον ὄμμα νιν ταυρουμένην
τοῖςδ̕ ὥς τι δρασείουσαν.

So der Dichter; der Künstler läſst jetzt im Augenblick der
höchsten Gefahr den Doryphoros noch einen Versuch machen,
wenigstens den einen Knaben den Augen und Händen der Mutter
zu entziehen48). Soweit ergeben sich Änderungen und Zusätze
von selbst aus der dem Künstler gestellten Aufgabe; nur ein Zusatz
ist ohne solche Nötigung seiner künstlerischen Phantasie entsprun-
gen, ein Zusatz von solcher Schönheit, daſs es manchen Gelehrten
schien, er müsse notwendig aus einer anderen poetischen Quelle
geflossen sein: als Zuschauer der Greuelthaten steigt rechts das
Schattenbild des Aietes auf, um die Wirkung seines Fluches zu

47) Anders O. Jahn a. a. O.
48) Daſs dabei der Vasenmaler an die Sagenversion gedacht haben
sollte, nach welcher der eine Sohn der Medeia gerettet wird (Diod. IV 54),
erscheint mir wenig glaublich.
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[39/0053] Medeia waren, die der Königstochter die unheilvollen Geschenke überbracht haben, läſst er den Pädagogen, der die Kinder hin- und zurückgeleitet hat 47), auf halbem Wege sich umkehren, entsetzt das Unheil wahrnehmen und den Schritt hemmen, während eine Dienerin im Begriff ist, ihn mit sich zur Medeia fortzuziehen. So wird durch diese Gruppe ein streng entsprechendes Gegen- bild zu der alten Dienerin der Kreusa gewonnen, die auf der anderen Seite gleichfalls nach der unteren Scene zu Iason hineilt. Den Kindern, die bereits bei der Mutter angelangt sind, muſs aber jetzt noch ein anderer Begleiter zugesellt werden; der Künstler wählt einfach einen Doryphoros, aber gleichzeitig benutzt er diese neue Figur, indem er das Motiv einer früheren Stelle des Stückes hierherzieht, zu einem schönen und ergreifenden Zuge. Am Schluſs des Prologes heiſst die Amme den Pädagogen die Kinder hineinführen und dafür Sorge zu tragen, daſs sie der Mutter nicht zu nahe kommen: σὺ δ̕ ὡς μάλιστα τούςδ̕ ἐρημώσας ἔχε καὶ μὴ πέλαζε μητρὶ δυσϑυμουμένῃ. ἤδη γὰρ εἶδον ὄμμα νιν ταυρουμένην τοῖςδ̕ ὥς τι δρασείουσαν. So der Dichter; der Künstler läſst jetzt im Augenblick der höchsten Gefahr den Doryphoros noch einen Versuch machen, wenigstens den einen Knaben den Augen und Händen der Mutter zu entziehen 48). Soweit ergeben sich Änderungen und Zusätze von selbst aus der dem Künstler gestellten Aufgabe; nur ein Zusatz ist ohne solche Nötigung seiner künstlerischen Phantasie entsprun- gen, ein Zusatz von solcher Schönheit, daſs es manchen Gelehrten schien, er müsse notwendig aus einer anderen poetischen Quelle geflossen sein: als Zuschauer der Greuelthaten steigt rechts das Schattenbild des Aietes auf, um die Wirkung seines Fluches zu 47) Anders O. Jahn a. a. O. 48) Daſs dabei der Vasenmaler an die Sagenversion gedacht haben sollte, nach welcher der eine Sohn der Medeia gerettet wird (Diod. IV 54), erscheint mir wenig glaublich.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/53>, abgerufen am 24.11.2024.