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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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gedacht, Dienerinnen, unter denen eine Alte besonders hervorge-
hoben wird. Der Künstler braucht näher beteiligte Personen:
Iason ist nun bei der unteren Scene unumgänglich notwendig,
also hier nicht zu verwerten; er lässt daher von der einen Seite
die entsetzte Mutter Merope44), von der andern den Bruder
Hippotes45) hilfreich herbeieilen. Aber -- und hierin zeigt sich
wieder augenscheinlich die Abhängigkeit von Euripides -- auch
die alte Dienerin der Botenerzählung lässt sich der Künstler
nicht entgehen46). Wir sehen sie (durch den über den Kopf
gezogenen Schleier als Amme charakterisiert) sich eilig nach
rechts entfernen, offenbar um den Iason zu rufen, dessen Fehlen
sonst auffallen würde. Unten mordet Medeia die Kinder, und
Iason von einem Doryphoros begleitet eilt zur Rache herbei, zwei
zeitlich kurz aufeinanderfolgende Scenen hat der Künstler in
eine zusammengezogen. Aber der Beschauer will auch wissen,
wie Medeia sich der Rache des Gatten entzieht. Darum muss
der Schlangenwagen, auf welchem Medeia bei Euripides erst in
der folgenden Scene erscheint, im Bilde schon jetzt gegenwärtig
sein. Aber damit erwächst dem Künstler auch die Nötigung einen
Wagenlenker zu erfinden, da bei Euripides Medeia selbst lenkt;
er greift zu der Personifikation ihrer Leidenschaft, Oistros ist es,
der den Wagen für Medeia bereit hält. Um nun eine Verbin-
dung der unteren mit der oberen Scene herzustellen und zugleich
dem Beschauer ins Gedächtnis zu rufen, dass es die Kinder der

44) Der Name von Kreons Gemahlin ist uns in der erhaltenen Litteratur
nicht überliefert; aber Jahn Arch. Ztg. 1847 S. 36 macht mit Recht darauf auf-
merksam, dass gerade Merope auch sonst noch zweimal als Name korinthi-
scher Königinnen vorkomme, denn die Gattin des Sisyphos und die des Polybos,
die Pflegemutter des Oidipus, führen diesen Namen. Es ist nun ebenso mög-
lich, dass in einem genealogischen Werke die Gattin des Kreon diesen
Namen hatte, als dass der Vasenmaler ihr denselben in Erinnerung an
jene beiden anderen korinthischen Königinnen auf eigene Hand gab.
45) Hippotes stand in der alten korinthischen Königsliste als Sohn und
Nachfolger des Kreon; nach einer Version ist er es (Schol. Eur. Med. 19
u. 20. Diod. IV 53) und nicht Kreon, mit dessen Tochter sich Iason vermählt.
S. O. Jahn a. a. O. Anm. 14.
46) Gleichfalls von Jahn a. a. O. bemerkt.

gedacht, Dienerinnen, unter denen eine Alte besonders hervorge-
hoben wird. Der Künstler braucht näher beteiligte Personen:
Iason ist nun bei der unteren Scene unumgänglich notwendig,
also hier nicht zu verwerten; er läſst daher von der einen Seite
die entsetzte Mutter Merope44), von der andern den Bruder
Hippotes45) hilfreich herbeieilen. Aber — und hierin zeigt sich
wieder augenscheinlich die Abhängigkeit von Euripides — auch
die alte Dienerin der Botenerzählung läſst sich der Künstler
nicht entgehen46). Wir sehen sie (durch den über den Kopf
gezogenen Schleier als Amme charakterisiert) sich eilig nach
rechts entfernen, offenbar um den Iason zu rufen, dessen Fehlen
sonst auffallen würde. Unten mordet Medeia die Kinder, und
Iason von einem Doryphoros begleitet eilt zur Rache herbei, zwei
zeitlich kurz aufeinanderfolgende Scenen hat der Künstler in
eine zusammengezogen. Aber der Beschauer will auch wissen,
wie Medeia sich der Rache des Gatten entzieht. Darum muſs
der Schlangenwagen, auf welchem Medeia bei Euripides erst in
der folgenden Scene erscheint, im Bilde schon jetzt gegenwärtig
sein. Aber damit erwächst dem Künstler auch die Nötigung einen
Wagenlenker zu erfinden, da bei Euripides Medeia selbst lenkt;
er greift zu der Personifikation ihrer Leidenschaft, Oistros ist es,
der den Wagen für Medeia bereit hält. Um nun eine Verbin-
dung der unteren mit der oberen Scene herzustellen und zugleich
dem Beschauer ins Gedächtnis zu rufen, daſs es die Kinder der

44) Der Name von Kreons Gemahlin ist uns in der erhaltenen Litteratur
nicht überliefert; aber Jahn Arch. Ztg. 1847 S. 36 macht mit Recht darauf auf-
merksam, daſs gerade Merope auch sonst noch zweimal als Name korinthi-
scher Königinnen vorkomme, denn die Gattin des Sisyphos und die des Polybos,
die Pflegemutter des Oidipus, führen diesen Namen. Es ist nun ebenso mög-
lich, daſs in einem genealogischen Werke die Gattin des Kreon diesen
Namen hatte, als daſs der Vasenmaler ihr denselben in Erinnerung an
jene beiden anderen korinthischen Königinnen auf eigene Hand gab.
45) Hippotes stand in der alten korinthischen Königsliste als Sohn und
Nachfolger des Kreon; nach einer Version ist er es (Schol. Eur. Med. 19
u. 20. Diod. IV 53) und nicht Kreon, mit dessen Tochter sich Iason vermählt.
S. O. Jahn a. a. O. Anm. 14.
46) Gleichfalls von Jahn a. a. O. bemerkt.
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[38/0052] gedacht, Dienerinnen, unter denen eine Alte besonders hervorge- hoben wird. Der Künstler braucht näher beteiligte Personen: Iason ist nun bei der unteren Scene unumgänglich notwendig, also hier nicht zu verwerten; er läſst daher von der einen Seite die entsetzte Mutter Merope 44), von der andern den Bruder Hippotes 45) hilfreich herbeieilen. Aber — und hierin zeigt sich wieder augenscheinlich die Abhängigkeit von Euripides — auch die alte Dienerin der Botenerzählung läſst sich der Künstler nicht entgehen 46). Wir sehen sie (durch den über den Kopf gezogenen Schleier als Amme charakterisiert) sich eilig nach rechts entfernen, offenbar um den Iason zu rufen, dessen Fehlen sonst auffallen würde. Unten mordet Medeia die Kinder, und Iason von einem Doryphoros begleitet eilt zur Rache herbei, zwei zeitlich kurz aufeinanderfolgende Scenen hat der Künstler in eine zusammengezogen. Aber der Beschauer will auch wissen, wie Medeia sich der Rache des Gatten entzieht. Darum muſs der Schlangenwagen, auf welchem Medeia bei Euripides erst in der folgenden Scene erscheint, im Bilde schon jetzt gegenwärtig sein. Aber damit erwächst dem Künstler auch die Nötigung einen Wagenlenker zu erfinden, da bei Euripides Medeia selbst lenkt; er greift zu der Personifikation ihrer Leidenschaft, Oistros ist es, der den Wagen für Medeia bereit hält. Um nun eine Verbin- dung der unteren mit der oberen Scene herzustellen und zugleich dem Beschauer ins Gedächtnis zu rufen, daſs es die Kinder der 44) Der Name von Kreons Gemahlin ist uns in der erhaltenen Litteratur nicht überliefert; aber Jahn Arch. Ztg. 1847 S. 36 macht mit Recht darauf auf- merksam, daſs gerade Merope auch sonst noch zweimal als Name korinthi- scher Königinnen vorkomme, denn die Gattin des Sisyphos und die des Polybos, die Pflegemutter des Oidipus, führen diesen Namen. Es ist nun ebenso mög- lich, daſs in einem genealogischen Werke die Gattin des Kreon diesen Namen hatte, als daſs der Vasenmaler ihr denselben in Erinnerung an jene beiden anderen korinthischen Königinnen auf eigene Hand gab. 45) Hippotes stand in der alten korinthischen Königsliste als Sohn und Nachfolger des Kreon; nach einer Version ist er es (Schol. Eur. Med. 19 u. 20. Diod. IV 53) und nicht Kreon, mit dessen Tochter sich Iason vermählt. S. O. Jahn a. a. O. Anm. 14. 46) Gleichfalls von Jahn a. a. O. bemerkt.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/52>, abgerufen am 24.11.2024.