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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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constatieren lassen sich bis jetzt die Auge und der Telephos
des Euripides und wenigstens mit einer gewissen Wahrscheinlich-
keit die Myser des Sophokles62). Der Künstler hätte also hier
im Kleinen an einer einzelnen Sage dieselbe Operation vollzogen,
die aller Wahrscheinlichkeit nach Asklepiades von Tragilos an dem
ganzen Mythenschatz des Altertums vollzog, der in seinen Tragodu-
menen die vom Drama geschaffene Gestaltung der Sage einheitlich
zusammengefast zu haben scheint63). Charakteristisch aber ist
es gewiss in hohem Grade, dass die offiziell recipierte Grün-
dungssage des Attalidenhauses -- denn diese dürfen wir doch
an solcher Stelle dargestellt erwarten -- direkt abhängig ist vom
attischen Drama. Dies Erzählen in einer Bilderreihe nimmt, wie
so vieles andere, die römische Kunst von der hellenistischen
auf; es ist bekannt, wie die römischen Sarkophage einzelne
Scenen der Tragödie speciell der Euripideischen, die tabulae
iliacae Scenen des troischen Sagenkreises nach der Reihenfolge
der erzählten Ereignisse aneinander reihen. Bei letzteren ist die
Absicht zu illustrieren durch die beigesetzten Namen und Inhalts-
angaben der Gedichte direkt ausgesprochen. Um so mehr musste
es befremden, selbst hier keine genaue Übereinstimmung mit dem
Dichter zu finden, vielmehr starke Abweichungen, Zusätze und
Erweiterungen manigfachster Art, selbst Scenen, die der Ilias
durchaus fremd sind. Dies auffällige Verhältnis wird nicht sowohl
aus der mangelhaften durch Hypotheseis vermittelten Bekanntschaft
des Künstlers mit dem Dichter64) als vielmehr durch die Ab-
hängigkeit desselben von den Schöpfungen früherer Künstler zu er-
klären sein, die der Dichtung frei gegenüber traten und es oft
vorzogen, sich der dramatischen Version anzuschliessen; die Macht

62) Vgl. die Ausgrabungen in Pergamon in den Jahrbüchern der könig-
lichen Museen I S. 182 f.
63) vgl. Wilamowitz Analecta Euripidea p. 181 n. 3 Robert de Apollo-
dori bibliotheca p. 74.
64) Dies nahm O. Jahn Griech. Bilderchroniken S. VI an, und ich bin
ihm früher darin gefolgt (B. d. I. 1876 p. 217). Jetzt scheint mir, dass
sich die Abweichungen auf die oben angegebene Weise natürlicher erklären,
worauf ich übrigens a. a. O. bereits hingewiesen hatte.

constatieren lassen sich bis jetzt die Auge und der Telephos
des Euripides und wenigstens mit einer gewissen Wahrscheinlich-
keit die Myser des Sophokles62). Der Künstler hätte also hier
im Kleinen an einer einzelnen Sage dieselbe Operation vollzogen,
die aller Wahrscheinlichkeit nach Asklepiades von Tragilos an dem
ganzen Mythenschatz des Altertums vollzog, der in seinen Tragodu-
menen die vom Drama geschaffene Gestaltung der Sage einheitlich
zusammengefast zu haben scheint63). Charakteristisch aber ist
es gewiſs in hohem Grade, daſs die offiziell recipierte Grün-
dungssage des Attalidenhauses — denn diese dürfen wir doch
an solcher Stelle dargestellt erwarten — direkt abhängig ist vom
attischen Drama. Dies Erzählen in einer Bilderreihe nimmt, wie
so vieles andere, die römische Kunst von der hellenistischen
auf; es ist bekannt, wie die römischen Sarkophage einzelne
Scenen der Tragödie speciell der Euripideischen, die tabulae
iliacae Scenen des troischen Sagenkreises nach der Reihenfolge
der erzählten Ereignisse aneinander reihen. Bei letzteren ist die
Absicht zu illustrieren durch die beigesetzten Namen und Inhalts-
angaben der Gedichte direkt ausgesprochen. Um so mehr muſste
es befremden, selbst hier keine genaue Übereinstimmung mit dem
Dichter zu finden, vielmehr starke Abweichungen, Zusätze und
Erweiterungen manigfachster Art, selbst Scenen, die der Ilias
durchaus fremd sind. Dies auffällige Verhältnis wird nicht sowohl
aus der mangelhaften durch Hypotheseis vermittelten Bekanntschaft
des Künstlers mit dem Dichter64) als vielmehr durch die Ab-
hängigkeit desselben von den Schöpfungen früherer Künstler zu er-
klären sein, die der Dichtung frei gegenüber traten und es oft
vorzogen, sich der dramatischen Version anzuschlieſsen; die Macht

62) Vgl. die Ausgrabungen in Pergamon in den Jahrbüchern der könig-
lichen Museen I S. 182 f.
63) vgl. Wilamowitz Analecta Euripidea p. 181 n. 3 Robert de Apollo-
dori bibliotheca p. 74.
64) Dies nahm O. Jahn Griech. Bilderchroniken S. VI an, und ich bin
ihm früher darin gefolgt (B. d. I. 1876 p. 217). Jetzt scheint mir, daſs
sich die Abweichungen auf die oben angegebene Weise natürlicher erklären,
worauf ich übrigens a. a. O. bereits hingewiesen hatte.
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[48/0062] constatieren lassen sich bis jetzt die Auge und der Telephos des Euripides und wenigstens mit einer gewissen Wahrscheinlich- keit die Myser des Sophokles 62). Der Künstler hätte also hier im Kleinen an einer einzelnen Sage dieselbe Operation vollzogen, die aller Wahrscheinlichkeit nach Asklepiades von Tragilos an dem ganzen Mythenschatz des Altertums vollzog, der in seinen Tragodu- menen die vom Drama geschaffene Gestaltung der Sage einheitlich zusammengefast zu haben scheint 63). Charakteristisch aber ist es gewiſs in hohem Grade, daſs die offiziell recipierte Grün- dungssage des Attalidenhauses — denn diese dürfen wir doch an solcher Stelle dargestellt erwarten — direkt abhängig ist vom attischen Drama. Dies Erzählen in einer Bilderreihe nimmt, wie so vieles andere, die römische Kunst von der hellenistischen auf; es ist bekannt, wie die römischen Sarkophage einzelne Scenen der Tragödie speciell der Euripideischen, die tabulae iliacae Scenen des troischen Sagenkreises nach der Reihenfolge der erzählten Ereignisse aneinander reihen. Bei letzteren ist die Absicht zu illustrieren durch die beigesetzten Namen und Inhalts- angaben der Gedichte direkt ausgesprochen. Um so mehr muſste es befremden, selbst hier keine genaue Übereinstimmung mit dem Dichter zu finden, vielmehr starke Abweichungen, Zusätze und Erweiterungen manigfachster Art, selbst Scenen, die der Ilias durchaus fremd sind. Dies auffällige Verhältnis wird nicht sowohl aus der mangelhaften durch Hypotheseis vermittelten Bekanntschaft des Künstlers mit dem Dichter 64) als vielmehr durch die Ab- hängigkeit desselben von den Schöpfungen früherer Künstler zu er- klären sein, die der Dichtung frei gegenüber traten und es oft vorzogen, sich der dramatischen Version anzuschlieſsen; die Macht 62) Vgl. die Ausgrabungen in Pergamon in den Jahrbüchern der könig- lichen Museen I S. 182 f. 63) vgl. Wilamowitz Analecta Euripidea p. 181 n. 3 Robert de Apollo- dori bibliotheca p. 74. 64) Dies nahm O. Jahn Griech. Bilderchroniken S. VI an, und ich bin ihm früher darin gefolgt (B. d. I. 1876 p. 217). Jetzt scheint mir, daſs sich die Abweichungen auf die oben angegebene Weise natürlicher erklären, worauf ich übrigens a. a. O. bereits hingewiesen hatte.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/62>, abgerufen am 24.11.2024.