[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772."verstockt, und schadhaft; Lederzeug und Ge- "schirr lag auf dem Fußboden im Stall, das "fraßen die Ratzen; die Stränge ließ er an "den Pflügen, die verfaulten in weniger Zeit. "Alles sein eisern Geräthe hatte der Rost gefres- "sen, denn er sahe nicht mehr darnach, wenn "ers aus der Hand legte. Denn mußte er "neues schaffen; und so ist er verarmt." Die Leute gaben dem Mann recht, und nahmen das Ihrige, beßer als vorher, in Acht. 2) Er muß alles mit möglichster Sparsam- keit eintheilen, daß es zureicht, und noch Ueber- schuß ist. Dieses ist bey dem Futter besonders eine höchstnöthige Sache, wie ihr aus folgen- der Geschichte merken könnt. Es war einmal ein Schäfer, der hatte, um Lichtmeßen, noch viel Heu auf dem Stalle. Da kamen Frühlingstage; die Lerche sang; die Sonne schien warm; und es wuchs allerley Gras auf dem Anger. Hui! dachte er, was soll das Heu auf dem Stalle, nun will ich die Schafe recht pflegen! Er holte ein Beil, und hieb die Schlieten entzwey, worauf das Heu lag, so, daß alles Heu in den Stall fiel, wie ein großer Haufen. Die Schafe kamen nach Hause, und fraßen, so viel sie wollten; weil aber zu viel auf einmal da war, so suchten sie das beste aus, das fraßen sie; das andere aber, wel-
„verſtockt, und ſchadhaft; Lederzeug und Ge- „ſchirr lag auf dem Fußboden im Stall, das „fraßen die Ratzen; die Straͤnge ließ er an „den Pfluͤgen, die verfaulten in weniger Zeit. „Alles ſein eiſern Geraͤthe hatte der Roſt gefreſ- „ſen, denn er ſahe nicht mehr darnach, wenn „ers aus der Hand legte. Denn mußte er „neues ſchaffen; und ſo iſt er verarmt.‟ Die Leute gaben dem Mann recht, und nahmen das Ihrige, beßer als vorher, in Acht. 2) Er muß alles mit moͤglichſter Sparſam- keit eintheilen, daß es zureicht, und noch Ueber- ſchuß iſt. Dieſes iſt bey dem Futter beſonders eine hoͤchſtnoͤthige Sache, wie ihr aus folgen- der Geſchichte merken koͤnnt. Es war einmal ein Schaͤfer, der hatte, um Lichtmeßen, noch viel Heu auf dem Stalle. Da kamen Fruͤhlingstage; die Lerche ſang; die Sonne ſchien warm; und es wuchs allerley Gras auf dem Anger. Hui! dachte er, was ſoll das Heu auf dem Stalle, nun will ich die Schafe recht pflegen! Er holte ein Beil, und hieb die Schlieten entzwey, worauf das Heu lag, ſo, daß alles Heu in den Stall fiel, wie ein großer Haufen. Die Schafe kamen nach Hauſe, und fraßen, ſo viel ſie wollten; weil aber zu viel auf einmal da war, ſo ſuchten ſie das beſte aus, das fraßen ſie; das andere aber, wel-
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„verſtockt, und ſchadhaft; Lederzeug und Ge-
„ſchirr lag auf dem Fußboden im Stall, das
„fraßen die Ratzen; die Straͤnge ließ er an
„den Pfluͤgen, die verfaulten in weniger Zeit.
„Alles ſein eiſern Geraͤthe hatte der Roſt gefreſ-
„ſen, denn er ſahe nicht mehr darnach, wenn
„ers aus der Hand legte. Denn mußte er
„neues ſchaffen; und ſo iſt er verarmt.‟ Die
Leute gaben dem Mann recht, und nahmen das
Ihrige, beßer als vorher, in Acht.
2) Er muß alles mit moͤglichſter Sparſam-
keit eintheilen, daß es zureicht, und noch Ueber-
ſchuß iſt. Dieſes iſt bey dem Futter beſonders
eine hoͤchſtnoͤthige Sache, wie ihr aus folgen-
der Geſchichte merken koͤnnt.
Es war einmal ein Schaͤfer, der hatte, um
Lichtmeßen, noch viel Heu auf dem Stalle. Da
kamen Fruͤhlingstage; die Lerche ſang; die
Sonne ſchien warm; und es wuchs allerley
Gras auf dem Anger. Hui! dachte er, was
ſoll das Heu auf dem Stalle, nun will ich die
Schafe recht pflegen! Er holte ein Beil, und
hieb die Schlieten entzwey, worauf das Heu
lag, ſo, daß alles Heu in den Stall fiel, wie
ein großer Haufen. Die Schafe kamen nach
Hauſe, und fraßen, ſo viel ſie wollten; weil
aber zu viel auf einmal da war, ſo ſuchten ſie
das beſte aus, das fraßen ſie; das andere aber,
wel-
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