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[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

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welches sie sonst wohl gefreßen hätten, traten
sie in den Mist. Der Schäfer freute sich,
daß die Schafe so zunahmen. Seine Freude
währte aber nicht lange. Im März kamen
Nachtfröste, und es fiel ein Schnee, der über
eine Ele hoch lag, und wohl vierzehn Tage lie-
gen blieb. Nun konnte der Schäfer nicht aus
dem Dorfe kommen. Gefuttert im Stall muß-
te werden, aber das Heu war alle, oder in
den Mist getreten. Nun wollte der Schäfer
verzweifeln, und mußte, mit schweren Kosten
Haber und Heu kaufen; sonst wären alle
Schafe gestorben.
Seht, Kinder! solchen Nutzen hat die Spar-
samkeit; Man hat in außerordentlichen Fällen
eine Zuflucht, und braucht nicht Noth zu leiden;
und solchen Schaden bringt die Verschwendung;
denn was man heute nicht braucht, kann man
morgen wohl gebrauchen, ja recht nöthig haben.
3) Er muß fleißig seyn, das heißt die Ar-
beit lieben, und alle andre dazu anhalten, die
zu seinem Hause gehören: Denn durch seinen
Fleiß erwirbt er sich das Vermögen; und die
Erfahrung lehrt, daß der Spruch wahr ist:
"Läßige Hände bringen Armuth, aber wer fleis-
"sig ist, kommt empor.
4) Er muß jede Arbeit zu ihrer Zeit thun,
das ist, er muß im Winter solche Arbeiten thun,
wo-
K 3


welches ſie ſonſt wohl gefreßen haͤtten, traten
ſie in den Miſt. Der Schaͤfer freute ſich,
daß die Schafe ſo zunahmen. Seine Freude
waͤhrte aber nicht lange. Im Maͤrz kamen
Nachtfroͤſte, und es fiel ein Schnee, der uͤber
eine Ele hoch lag, und wohl vierzehn Tage lie-
gen blieb. Nun konnte der Schaͤfer nicht aus
dem Dorfe kommen. Gefuttert im Stall muß-
te werden, aber das Heu war alle, oder in
den Miſt getreten. Nun wollte der Schaͤfer
verzweifeln, und mußte, mit ſchweren Koſten
Haber und Heu kaufen; ſonſt waͤren alle
Schafe geſtorben.
Seht, Kinder! ſolchen Nutzen hat die Spar-
ſamkeit; Man hat in außerordentlichen Faͤllen
eine Zuflucht, und braucht nicht Noth zu leiden;
und ſolchen Schaden bringt die Verſchwendung;
denn was man heute nicht braucht, kann man
morgen wohl gebrauchen, ja recht noͤthig haben.
3) Er muß fleißig ſeyn, das heißt die Ar-
beit lieben, und alle andre dazu anhalten, die
zu ſeinem Hauſe gehoͤren: Denn durch ſeinen
Fleiß erwirbt er ſich das Vermoͤgen; und die
Erfahrung lehrt, daß der Spruch wahr iſt:
„Laͤßige Haͤnde bringen Armuth, aber wer fleiſ-
„ſig iſt, kommt empor.
4) Er muß jede Arbeit zu ihrer Zeit thun,
das iſt, er muß im Winter ſolche Arbeiten thun,
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K 3
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[149/0171] welches ſie ſonſt wohl gefreßen haͤtten, traten ſie in den Miſt. Der Schaͤfer freute ſich, daß die Schafe ſo zunahmen. Seine Freude waͤhrte aber nicht lange. Im Maͤrz kamen Nachtfroͤſte, und es fiel ein Schnee, der uͤber eine Ele hoch lag, und wohl vierzehn Tage lie- gen blieb. Nun konnte der Schaͤfer nicht aus dem Dorfe kommen. Gefuttert im Stall muß- te werden, aber das Heu war alle, oder in den Miſt getreten. Nun wollte der Schaͤfer verzweifeln, und mußte, mit ſchweren Koſten Haber und Heu kaufen; ſonſt waͤren alle Schafe geſtorben. Seht, Kinder! ſolchen Nutzen hat die Spar- ſamkeit; Man hat in außerordentlichen Faͤllen eine Zuflucht, und braucht nicht Noth zu leiden; und ſolchen Schaden bringt die Verſchwendung; denn was man heute nicht braucht, kann man morgen wohl gebrauchen, ja recht noͤthig haben. 3) Er muß fleißig ſeyn, das heißt die Ar- beit lieben, und alle andre dazu anhalten, die zu ſeinem Hauſe gehoͤren: Denn durch ſeinen Fleiß erwirbt er ſich das Vermoͤgen; und die Erfahrung lehrt, daß der Spruch wahr iſt: „Laͤßige Haͤnde bringen Armuth, aber wer fleiſ- „ſig iſt, kommt empor. 4) Er muß jede Arbeit zu ihrer Zeit thun, das iſt, er muß im Winter ſolche Arbeiten thun, wo- K 3

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Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/171>, abgerufen am 29.04.2024.