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[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

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ckende hitzige Krankheit in das Dorf; und
in allen Häusern waren Kranke. Da sagte
der Prediger: "Lieben Leute! folgt meinem
"treuen Rath, haltet die Kranken nicht so
"heiß, mit Einheitzen und Zudecken mit De-
ckebetten, sie haben doch Hitze genung;
"braucht keine hitzige Arzeneyen, sie sind
"schädlich; schickt in Zeiten zum Doktor in
"die Stadt; denn wenn ihr wartet, bis euch
"der Othem ausgehen will, denn kann der
"Doktor nicht mehr helfen. Laßt frische
"Luft, alle Tage, durch die Fenster in die
"Stuben; und trinkt, Gesunde und Kranke,
"viel Wasser, mit etwas Weineßig, so wer-
"den viel Kranke beßer werden, und viel
"Gesunde werden vor der Krankheit be-
"wahrt bleiben."

Drey Hauswirthe glaubten dem Prediger,
daß er die Wahrheit lehrte; denn sie kannten
ihn, daß er ein rechtschaffener verständiger
Mann war, sie machten es so, wie er sagte;
und fragten ihn um Rath, wo sie sich nicht
zu rathen wußten. -- In allen diesen Häu-
sern nahm die Krankheit nicht überhand.
Die andern fünfe aber waren ungläubig.
Sie sprachen; "Das wollen wir wohl blei-
"ben laßen! Warum ist denn eingeheitzt,
"wenn man die Fenster aufmachen soll?

"Das

ckende hitzige Krankheit in das Dorf; und
in allen Haͤuſern waren Kranke. Da ſagte
der Prediger: „Lieben Leute! folgt meinem
„treuen Rath, haltet die Kranken nicht ſo
„heiß, mit Einheitzen und Zudecken mit De-
ckebetten, ſie haben doch Hitze genung;
„braucht keine hitzige Arzeneyen, ſie ſind
„ſchaͤdlich; ſchickt in Zeiten zum Doktor in
„die Stadt; denn wenn ihr wartet, bis euch
„der Othem ausgehen will, denn kann der
„Doktor nicht mehr helfen. Laßt friſche
„Luft, alle Tage, durch die Fenſter in die
„Stuben; und trinkt, Geſunde und Kranke,
„viel Waſſer, mit etwas Weineßig, ſo wer-
„den viel Kranke beßer werden, und viel
„Geſunde werden vor der Krankheit be-
„wahrt bleiben.‟

Drey Hauswirthe glaubten dem Prediger,
daß er die Wahrheit lehrte; denn ſie kannten
ihn, daß er ein rechtſchaffener verſtaͤndiger
Mann war, ſie machten es ſo, wie er ſagte;
und fragten ihn um Rath, wo ſie ſich nicht
zu rathen wußten. — In allen dieſen Haͤu-
ſern nahm die Krankheit nicht uͤberhand.
Die andern fuͤnfe aber waren unglaͤubig.
Sie ſprachen; „Das wollen wir wohl blei-
„ben laßen! Warum iſt denn eingeheitzt,
„wenn man die Fenſter aufmachen ſoll?

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[28/0050] ckende hitzige Krankheit in das Dorf; und in allen Haͤuſern waren Kranke. Da ſagte der Prediger: „Lieben Leute! folgt meinem „treuen Rath, haltet die Kranken nicht ſo „heiß, mit Einheitzen und Zudecken mit De- ckebetten, ſie haben doch Hitze genung; „braucht keine hitzige Arzeneyen, ſie ſind „ſchaͤdlich; ſchickt in Zeiten zum Doktor in „die Stadt; denn wenn ihr wartet, bis euch „der Othem ausgehen will, denn kann der „Doktor nicht mehr helfen. Laßt friſche „Luft, alle Tage, durch die Fenſter in die „Stuben; und trinkt, Geſunde und Kranke, „viel Waſſer, mit etwas Weineßig, ſo wer- „den viel Kranke beßer werden, und viel „Geſunde werden vor der Krankheit be- „wahrt bleiben.‟ Drey Hauswirthe glaubten dem Prediger, daß er die Wahrheit lehrte; denn ſie kannten ihn, daß er ein rechtſchaffener verſtaͤndiger Mann war, ſie machten es ſo, wie er ſagte; und fragten ihn um Rath, wo ſie ſich nicht zu rathen wußten. — In allen dieſen Haͤu- ſern nahm die Krankheit nicht uͤberhand. Die andern fuͤnfe aber waren unglaͤubig. Sie ſprachen; „Das wollen wir wohl blei- „ben laßen! Warum iſt denn eingeheitzt, „wenn man die Fenſter aufmachen ſoll? „Das

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Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/50>, abgerufen am 29.03.2024.