fahr, zu reden, sondern gebot ihm, dort 3 Stunden stille zu stehen.
Indeß der Bauer stille stand, so gieng der Bergmann, mit dem Gelde, über die Gränze und davon. Am Morgen kam der Bauer, der lange gefroren und gewartet hatte, zu Hause, und wem er sein Unglück erzählte, der lachte ihn aus. --
Seht, Kinder! dieser Hans traute seinem eignen Vater nicht zu, daß er sein Bestes suchte, wie er ihm die Arbeit empfohl, und war ungläubig. Hernach aber, war er doch so leichtgläubig, daß ihn ein unbekannter Mensch betrügen und um das Seinige brin- gen konnte. Also leichtgläubig seyn, heißt solchen Zeugnißen trauen, die keinen Glau- ben verdienen.
Abergläubisch ist man, wenn man Wirkun- gen erwartet, zu denen die Ursachen fehlen.
Lieben Kinder! es giebt falsche Menschen in der Welt, die sich gewißer Künste rüh- men, die sie sehr geheim halten. Bald wol- len sie machen, daß das Fieber ausbleibt; bald, daß der Dieb das Gestohlne selber wiederbringen muß; daß die Kühe keine Milch geben; daß jemand, der ihnen was zu Leide gethan hat, mit einemmal krumm
und
C
fahr, zu reden, ſondern gebot ihm, dort 3 Stunden ſtille zu ſtehen.
Indeß der Bauer ſtille ſtand, ſo gieng der Bergmann, mit dem Gelde, uͤber die Graͤnze und davon. Am Morgen kam der Bauer, der lange gefroren und gewartet hatte, zu Hauſe, und wem er ſein Ungluͤck erzaͤhlte, der lachte ihn aus. —
Seht, Kinder! dieſer Hans traute ſeinem eignen Vater nicht zu, daß er ſein Beſtes ſuchte, wie er ihm die Arbeit empfohl, und war unglaͤubig. Hernach aber, war er doch ſo leichtglaͤubig, daß ihn ein unbekannter Menſch betruͤgen und um das Seinige brin- gen konnte. Alſo leichtglaͤubig ſeyn, heißt ſolchen Zeugnißen trauen, die keinen Glau- ben verdienen.
Aberglaͤubiſch iſt man, wenn man Wirkun- gen erwartet, zu denen die Urſachen fehlen.
Lieben Kinder! es giebt falſche Menſchen in der Welt, die ſich gewißer Kuͤnſte ruͤh- men, die ſie ſehr geheim halten. Bald wol- len ſie machen, daß das Fieber ausbleibt; bald, daß der Dieb das Geſtohlne ſelber wiederbringen muß; daß die Kuͤhe keine Milch geben; daß jemand, der ihnen was zu Leide gethan hat, mit einemmal krumm
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fahr, zu reden, ſondern gebot ihm, dort 3
Stunden ſtille zu ſtehen.
Indeß der Bauer ſtille ſtand, ſo gieng
der Bergmann, mit dem Gelde, uͤber die
Graͤnze und davon. Am Morgen kam der
Bauer, der lange gefroren und gewartet
hatte, zu Hauſe, und wem er ſein Ungluͤck
erzaͤhlte, der lachte ihn aus. —
Seht, Kinder! dieſer Hans traute ſeinem
eignen Vater nicht zu, daß er ſein Beſtes
ſuchte, wie er ihm die Arbeit empfohl, und
war unglaͤubig. Hernach aber, war er doch
ſo leichtglaͤubig, daß ihn ein unbekannter
Menſch betruͤgen und um das Seinige brin-
gen konnte. Alſo leichtglaͤubig ſeyn, heißt
ſolchen Zeugnißen trauen, die keinen Glau-
ben verdienen.
Aberglaͤubiſch iſt man, wenn man Wirkun-
gen erwartet, zu denen die Urſachen fehlen.
Lieben Kinder! es giebt falſche Menſchen
in der Welt, die ſich gewißer Kuͤnſte ruͤh-
men, die ſie ſehr geheim halten. Bald wol-
len ſie machen, daß das Fieber ausbleibt;
bald, daß der Dieb das Geſtohlne ſelber
wiederbringen muß; daß die Kuͤhe keine
Milch geben; daß jemand, der ihnen was
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[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/55>, abgerufen am 16.07.2024.
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