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[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

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Ursach; bloß weil Er, bey aller Gelegenheit,
sie zurechte wies, und ihre verkehrte Ge-
müthsart tadelte. Sie haßten Ihn endlich
so sehr, daß sie sich entschloßen, Ihn zu
tödten.

Wenn man aber einen Menschen zum
Tode verdammen will, so muß man ihn
vorher eines Verbrechens beschuldigen, und
auch überführen.

Das Erste thaten die Juden, nemlich sie
beschuldigten Jesum: Er sey ein Zauberer,
das ist, einer, der mit des Teufels Hülfe,
böse Dinge thut, hernach: Er wolle König
über die Juden werden, endlich: Er habe
Gott gelästert. Aber, von allen diesen konn-
ten sie Jesum nicht überführen, oder bewei-
sen, daß ihre Beschuldigungen wahr wären.
Endlich stellten die Obersten unter den Ju-
den falsche Zeugen auf, die versicherten, alle
diese Beschuldigungen wären wahr. Und
Jesus Christus ward zum schmerzlichsten
Tode, nemlich, an Händen und Füßen an
ein Holz, das, wegen seiner Gestalt, ein
Creutz heißt, genagelt zu werden, und dar-
an zu sterben, verurtheilt. Ohngefähr um
die Zeit im Jahre, da wir, zum Gedächtniß
dieser Begebenheit, Ostern feyern, ward also
Jesus Christus gekreuziget; nach der Gewohn-

heit,
D 3

Urſach; bloß weil Er, bey aller Gelegenheit,
ſie zurechte wies, und ihre verkehrte Ge-
muͤthsart tadelte. Sie haßten Ihn endlich
ſo ſehr, daß ſie ſich entſchloßen, Ihn zu
toͤdten.

Wenn man aber einen Menſchen zum
Tode verdammen will, ſo muß man ihn
vorher eines Verbrechens beſchuldigen, und
auch uͤberfuͤhren.

Das Erſte thaten die Juden, nemlich ſie
beſchuldigten Jeſum: Er ſey ein Zauberer,
das iſt, einer, der mit des Teufels Huͤlfe,
boͤſe Dinge thut, hernach: Er wolle Koͤnig
uͤber die Juden werden, endlich: Er habe
Gott gelaͤſtert. Aber, von allen dieſen konn-
ten ſie Jeſum nicht uͤberfuͤhren, oder bewei-
ſen, daß ihre Beſchuldigungen wahr waͤren.
Endlich ſtellten die Oberſten unter den Ju-
den falſche Zeugen auf, die verſicherten, alle
dieſe Beſchuldigungen waͤren wahr. Und
Jeſus Chriſtus ward zum ſchmerzlichſten
Tode, nemlich, an Haͤnden und Fuͤßen an
ein Holz, das, wegen ſeiner Geſtalt, ein
Creutz heißt, genagelt zu werden, und dar-
an zu ſterben, verurtheilt. Ohngefaͤhr um
die Zeit im Jahre, da wir, zum Gedaͤchtniß
dieſer Begebenheit, Oſtern feyern, ward alſo
Jeſus Chriſtus gekreuziget; nach der Gewohn-

heit,
D 3
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[53/0075] Urſach; bloß weil Er, bey aller Gelegenheit, ſie zurechte wies, und ihre verkehrte Ge- muͤthsart tadelte. Sie haßten Ihn endlich ſo ſehr, daß ſie ſich entſchloßen, Ihn zu toͤdten. Wenn man aber einen Menſchen zum Tode verdammen will, ſo muß man ihn vorher eines Verbrechens beſchuldigen, und auch uͤberfuͤhren. Das Erſte thaten die Juden, nemlich ſie beſchuldigten Jeſum: Er ſey ein Zauberer, das iſt, einer, der mit des Teufels Huͤlfe, boͤſe Dinge thut, hernach: Er wolle Koͤnig uͤber die Juden werden, endlich: Er habe Gott gelaͤſtert. Aber, von allen dieſen konn- ten ſie Jeſum nicht uͤberfuͤhren, oder bewei- ſen, daß ihre Beſchuldigungen wahr waͤren. Endlich ſtellten die Oberſten unter den Ju- den falſche Zeugen auf, die verſicherten, alle dieſe Beſchuldigungen waͤren wahr. Und Jeſus Chriſtus ward zum ſchmerzlichſten Tode, nemlich, an Haͤnden und Fuͤßen an ein Holz, das, wegen ſeiner Geſtalt, ein Creutz heißt, genagelt zu werden, und dar- an zu ſterben, verurtheilt. Ohngefaͤhr um die Zeit im Jahre, da wir, zum Gedaͤchtniß dieſer Begebenheit, Oſtern feyern, ward alſo Jeſus Chriſtus gekreuziget; nach der Gewohn- heit, D 3

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Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/75>, abgerufen am 03.05.2024.