Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

schen wieder eins, daß etwas vestgesetzt wer-
de, was in jedem Fall, gethan oder nicht
gethan werden sollte, oder was Recht
und Unrecht wäre, und ein jeder versprach,
mit dem Vestgesetzten zufrieden, und ihm ge-
horsam zu seyn. Da entstanden die Gesetze,
oder die Verordnungen im Staate.

Nun kam es noch darauf an, daß auch
ein jeder den Ausspruch der Gesetze, wenn
sie ihm, etwas zu thun, auflegten, oder,
wegen eines Fehlers straften, sich gefallen
ließe.

Wer listig war, der sagte: "Das Gesetz
"geht mich nicht an; ich verstehe das Gesetz
"so nicht, wie ihr andern, sondern, wie es
"mir Vortheil bringt." Wenn das aber die
Gesellschaft litte, so war es eben so gut, als
wenn gar keine Gesetze gewesen wären, denn
ein jeder that, was er wollte. Sie wurden
also wieder eins, es sollten gewiße Leute un-
ter ihnen seyn, die nach dem Gesetze urthei-
len, und einem jeden, bey seinen Streitig-
keiten, Recht sprechen, oder richten sollten.
Denen wollten sie alle gehorchen, und sich
von ihnen regieren laßen. Diese Leute soll-
ten, durch gewiße Abgaben, von einem jeden
der Gesellschaft belohnet, und erhalten wer-

den,

ſchen wieder eins, daß etwas veſtgeſetzt wer-
de, was in jedem Fall, gethan oder nicht
gethan werden ſollte, oder was Recht
und Unrecht waͤre, und ein jeder verſprach,
mit dem Veſtgeſetzten zufrieden, und ihm ge-
horſam zu ſeyn. Da entſtanden die Geſetze,
oder die Verordnungen im Staate.

Nun kam es noch darauf an, daß auch
ein jeder den Ausſpruch der Geſetze, wenn
ſie ihm, etwas zu thun, auflegten, oder,
wegen eines Fehlers ſtraften, ſich gefallen
ließe.

Wer liſtig war, der ſagte: „Das Geſetz
„geht mich nicht an; ich verſtehe das Geſetz
„ſo nicht, wie ihr andern, ſondern, wie es
„mir Vortheil bringt.‟ Wenn das aber die
Geſellſchaft litte, ſo war es eben ſo gut, als
wenn gar keine Geſetze geweſen waͤren, denn
ein jeder that, was er wollte. Sie wurden
alſo wieder eins, es ſollten gewiße Leute un-
ter ihnen ſeyn, die nach dem Geſetze urthei-
len, und einem jeden, bey ſeinen Streitig-
keiten, Recht ſprechen, oder richten ſollten.
Denen wollten ſie alle gehorchen, und ſich
von ihnen regieren laßen. Dieſe Leute ſoll-
ten, durch gewiße Abgaben, von einem jeden
der Geſellſchaft belohnet, und erhalten wer-

den,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="74"/>
&#x017F;chen wieder eins, daß etwas ve&#x017F;tge&#x017F;etzt wer-<lb/>
de, was in jedem Fall, gethan oder nicht<lb/>
gethan werden &#x017F;ollte, oder was Recht<lb/>
und Unrecht wa&#x0364;re, und ein jeder ver&#x017F;prach,<lb/>
mit dem Ve&#x017F;tge&#x017F;etzten zufrieden, und ihm ge-<lb/>
hor&#x017F;am zu &#x017F;eyn. Da ent&#x017F;tanden die Ge&#x017F;etze,<lb/>
oder die Verordnungen im Staate.</p><lb/>
          <p>Nun kam es noch darauf an, daß auch<lb/>
ein jeder den Aus&#x017F;pruch der Ge&#x017F;etze, wenn<lb/>
&#x017F;ie ihm, etwas zu thun, auflegten, oder,<lb/>
wegen eines Fehlers &#x017F;traften, &#x017F;ich gefallen<lb/>
ließe.</p><lb/>
          <p>Wer li&#x017F;tig war, der &#x017F;agte: &#x201E;Das Ge&#x017F;etz<lb/>
&#x201E;geht mich nicht an; ich ver&#x017F;tehe das Ge&#x017F;etz<lb/>
&#x201E;&#x017F;o nicht, wie ihr andern, &#x017F;ondern, wie es<lb/>
&#x201E;mir Vortheil bringt.&#x201F; Wenn das aber die<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft litte, &#x017F;o war es eben &#x017F;o gut, als<lb/>
wenn gar keine Ge&#x017F;etze gewe&#x017F;en wa&#x0364;ren, denn<lb/>
ein jeder that, was er wollte. Sie wurden<lb/>
al&#x017F;o wieder eins, es &#x017F;ollten gewiße Leute un-<lb/>
ter ihnen &#x017F;eyn, die nach dem Ge&#x017F;etze urthei-<lb/>
len, und einem jeden, bey &#x017F;einen Streitig-<lb/>
keiten, Recht &#x017F;prechen, oder richten &#x017F;ollten.<lb/>
Denen wollten &#x017F;ie alle gehorchen, und &#x017F;ich<lb/>
von ihnen regieren laßen. Die&#x017F;e Leute &#x017F;oll-<lb/>
ten, durch gewiße Abgaben, von einem jeden<lb/>
der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft belohnet, und erhalten wer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0096] ſchen wieder eins, daß etwas veſtgeſetzt wer- de, was in jedem Fall, gethan oder nicht gethan werden ſollte, oder was Recht und Unrecht waͤre, und ein jeder verſprach, mit dem Veſtgeſetzten zufrieden, und ihm ge- horſam zu ſeyn. Da entſtanden die Geſetze, oder die Verordnungen im Staate. Nun kam es noch darauf an, daß auch ein jeder den Ausſpruch der Geſetze, wenn ſie ihm, etwas zu thun, auflegten, oder, wegen eines Fehlers ſtraften, ſich gefallen ließe. Wer liſtig war, der ſagte: „Das Geſetz „geht mich nicht an; ich verſtehe das Geſetz „ſo nicht, wie ihr andern, ſondern, wie es „mir Vortheil bringt.‟ Wenn das aber die Geſellſchaft litte, ſo war es eben ſo gut, als wenn gar keine Geſetze geweſen waͤren, denn ein jeder that, was er wollte. Sie wurden alſo wieder eins, es ſollten gewiße Leute un- ter ihnen ſeyn, die nach dem Geſetze urthei- len, und einem jeden, bey ſeinen Streitig- keiten, Recht ſprechen, oder richten ſollten. Denen wollten ſie alle gehorchen, und ſich von ihnen regieren laßen. Dieſe Leute ſoll- ten, durch gewiße Abgaben, von einem jeden der Geſellſchaft belohnet, und erhalten wer- den,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/96
Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/96>, abgerufen am 04.12.2024.