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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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Auch in der Bauart der Personenwagen zeigt sich eine weiter fortschreitende Anpassung an die Bedürfnisse des Verkehrs und eine größere Rücksichtnahme auf die Sicherheit und Bequemlichkeit der Reisenden. In England hatte man bei den ersten Eisenbahnen die Reisenden in drei Gesellschaftsklassen eingeteilt, drei Wagenklassen eingerichtet und hiernach die Fahrpreise bemessen. Nur bei den beiden ersten Klassen war auf Schnelligkeit und Bequemlichkeit bei der Beförderung Bedacht genommen und nur diese Klassen wurden in den Schnellzügen geführt. Wenn bei der weiteren Entwicklung des Eisenbahnwesens von dieser Klasseneinteilung auch vielfach abgewichen ist, so bildet sie heute doch noch die Grundlage für die Anordnung der Wagen. Bei den preuß.-hess. Staatsbahnen ist, im wesentlichen, um für Minderbemittelte eine billigere Fahrgelegenheit zu schaffen, eine weitere Wagenklasse, die 4. Klasse, entstanden und auch bei Einführung einheitlicher Personentarife im Jahre 1907 beibehalten, obwohl die süddeutschen Bahnen, mit Ausnahme der württembergischen, sich zu ihrer Einführung nicht entschließen konnten, und obwohl wichtige Gründe für eine Vereinfachung der Betriebseinrichtungen sprachen. Durch die in den Zügen mitzuführenden Wagenklassen und die bereitzuhaltenden Abteile (Raucher, Frauen u. s. w.), wird der Bedarf an B. erhöht, weshalb man eine Einschränkung dadurch herbeizuführen sucht, daß die Personenzüge, wie bisher schon auf den Nebenbahnen, möglichst ohne die 1. Klasse gefahren und einzelne besonders beschleunigte Schnellzüge nur mit der 1. und 2. Klasse ausgerüstet werden.

Bei dem Drängen nach Erhöhung der Bequemlichkeit können die Eisenbahnen sich dem Verlangen der Reisenden nach Einstellungen von Kurswagen (s. d.) nicht entziehen, so sehr hierdurch auch die Zugbildung erschwert, die Platzausnutzung verschlechtert und die pünktliche Abfertigung und Durchführung der Züge in Frage gestellt wird. Bei Zügen mit 3 Wagenklassen treten diese Übelstände in erhöhtem Maße auf. Die Bestrebungen zur Erzielung eines ruhigen Wagenlaufs haben dahin geführt, von dem kleinen 2achsigen Wagen nach amerikanischem Vorbild zum 4- und 6achsigen Drehgestellwagen überzugehen. Die 3achsigen Drehgestelle bilden heute die Regel bei Schlafwagen, Speisewagen und Salonwagen. Die bei ihrer Anwendung erwarteten Vorteile eines ruhigen Wagenlaufs und erhöhter Sicherheit gegen Entgleisungen im Falle eines Achs- oder Reifenbruchs sind gegenüber dem Nachteile einer weiteren Gewichtsvermehrung der Züge bisher nicht so in die Erscheinung getreten, als daß die Einführung 3achsiger Drehgestelle allgemein bei allen Personenwagen der Schnellzüge, insbesondere der D-Züge, in Aussicht stände. Für die Züge des Durchgangsverkehrs, die große Strecken ohne Aufenthalt zurücklegen und bei denen der Verkehr der Zwischenstationen verhältnismäßig gering ist, werden jetzt Wagen mit innerem Durchgang und Faltenverbindungen überall vorgezogen (s. D-Züge). Wo dagegen ein starker Zu- und Abgang von Reisenden auf den Unterwegsstationen stattfindet, ermöglichen Abteilwagen eine schnellere Abfertigung der Züge. Auf Bahnen, auf denen die Fahrkartenprüfung während der Fahrt erfolgt, müssen die Wagen inneren Durchgang erhalten. Dem Vorstehenden entsprechend werden auf den preuß.-hess. Staatsbahnen gegenwärtig für die Personenbeförderung folgende Wagengattungen beschafft: 6achsige Salonwagen, Krankensalonwagen, Hofwagen, Schlafwagen und 4achsige Durchgangswagen für D-Züge; 4achsige Abteilwagen für Eilzüge; 3achsige Abteilwagen für Personenzüge auf Hauptbahnen, 3achsige Abteilwagen mit innerer Verbindung der Abteile für Stadt- und Vorortverkehr; 2- und 3achsige Durchgangswagen für Nebenbahnen. Auf krümmungsreichen Nebenbahnen sind in Ausnahmefällen auch 4achsige Drehgestellwagen in Dienst gestellt, die geringere Zugkraft erfordern und bei denen eine geringere Abnutzung der Schienen und Radreifen stattfindet.

Auch bei den Güterwagen haben die Anforderungen des Verkehrs zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit und damit zur Vergrößerung des Ladegewichts und des Wagengewichts geführt. In Amerika bewirkte der Massenverkehr auf große Entfernungen sehr bald die Einstellung von 4achsigen Wagen mit 40-50 t Ladegewicht, bei denen das Verhältnis von Eigengewicht zum Ladegewicht auf 0·4-0·3 herabgemindert werden konnte. Im Gegensatz hierzu hielten die englischen Eisenbahnen noch bis vor wenigen Jahren an ihren kleinen Wagen mit 7-12 t Ladegewicht fest, bei denen das Verhältnis der toten Last zur Nutzlast 0·5 beträgt. - Auf den übrigen europäischen Bahnen ist man nach und nach zum 15-t-Wagen und neuerdings zum 2achsigen 20-t-Wagen übergegangen, nachdem ein Versuch der preuß. Eisenbahnverwaltung, 4achsige Kohlenwagen mit 30 t Ladegewicht einzuführen, fehlgeschlagen war. Die für diesen Versuch im Jahre 1890 beschafften 100 Wagen wurden so wenig benutzt, daß sie zur Verwendung als Schienenwagen

Auch in der Bauart der Personenwagen zeigt sich eine weiter fortschreitende Anpassung an die Bedürfnisse des Verkehrs und eine größere Rücksichtnahme auf die Sicherheit und Bequemlichkeit der Reisenden. In England hatte man bei den ersten Eisenbahnen die Reisenden in drei Gesellschaftsklassen eingeteilt, drei Wagenklassen eingerichtet und hiernach die Fahrpreise bemessen. Nur bei den beiden ersten Klassen war auf Schnelligkeit und Bequemlichkeit bei der Beförderung Bedacht genommen und nur diese Klassen wurden in den Schnellzügen geführt. Wenn bei der weiteren Entwicklung des Eisenbahnwesens von dieser Klasseneinteilung auch vielfach abgewichen ist, so bildet sie heute doch noch die Grundlage für die Anordnung der Wagen. Bei den preuß.-hess. Staatsbahnen ist, im wesentlichen, um für Minderbemittelte eine billigere Fahrgelegenheit zu schaffen, eine weitere Wagenklasse, die 4. Klasse, entstanden und auch bei Einführung einheitlicher Personentarife im Jahre 1907 beibehalten, obwohl die süddeutschen Bahnen, mit Ausnahme der württembergischen, sich zu ihrer Einführung nicht entschließen konnten, und obwohl wichtige Gründe für eine Vereinfachung der Betriebseinrichtungen sprachen. Durch die in den Zügen mitzuführenden Wagenklassen und die bereitzuhaltenden Abteile (Raucher, Frauen u. s. w.), wird der Bedarf an B. erhöht, weshalb man eine Einschränkung dadurch herbeizuführen sucht, daß die Personenzüge, wie bisher schon auf den Nebenbahnen, möglichst ohne die 1. Klasse gefahren und einzelne besonders beschleunigte Schnellzüge nur mit der 1. und 2. Klasse ausgerüstet werden.

Bei dem Drängen nach Erhöhung der Bequemlichkeit können die Eisenbahnen sich dem Verlangen der Reisenden nach Einstellungen von Kurswagen (s. d.) nicht entziehen, so sehr hierdurch auch die Zugbildung erschwert, die Platzausnutzung verschlechtert und die pünktliche Abfertigung und Durchführung der Züge in Frage gestellt wird. Bei Zügen mit 3 Wagenklassen treten diese Übelstände in erhöhtem Maße auf. Die Bestrebungen zur Erzielung eines ruhigen Wagenlaufs haben dahin geführt, von dem kleinen 2achsigen Wagen nach amerikanischem Vorbild zum 4- und 6achsigen Drehgestellwagen überzugehen. Die 3achsigen Drehgestelle bilden heute die Regel bei Schlafwagen, Speisewagen und Salonwagen. Die bei ihrer Anwendung erwarteten Vorteile eines ruhigen Wagenlaufs und erhöhter Sicherheit gegen Entgleisungen im Falle eines Achs- oder Reifenbruchs sind gegenüber dem Nachteile einer weiteren Gewichtsvermehrung der Züge bisher nicht so in die Erscheinung getreten, als daß die Einführung 3achsiger Drehgestelle allgemein bei allen Personenwagen der Schnellzüge, insbesondere der D-Züge, in Aussicht stände. Für die Züge des Durchgangsverkehrs, die große Strecken ohne Aufenthalt zurücklegen und bei denen der Verkehr der Zwischenstationen verhältnismäßig gering ist, werden jetzt Wagen mit innerem Durchgang und Faltenverbindungen überall vorgezogen (s. D-Züge). Wo dagegen ein starker Zu- und Abgang von Reisenden auf den Unterwegsstationen stattfindet, ermöglichen Abteilwagen eine schnellere Abfertigung der Züge. Auf Bahnen, auf denen die Fahrkartenprüfung während der Fahrt erfolgt, müssen die Wagen inneren Durchgang erhalten. Dem Vorstehenden entsprechend werden auf den preuß.-hess. Staatsbahnen gegenwärtig für die Personenbeförderung folgende Wagengattungen beschafft: 6achsige Salonwagen, Krankensalonwagen, Hofwagen, Schlafwagen und 4achsige Durchgangswagen für D-Züge; 4achsige Abteilwagen für Eilzüge; 3achsige Abteilwagen für Personenzüge auf Hauptbahnen, 3achsige Abteilwagen mit innerer Verbindung der Abteile für Stadt- und Vorortverkehr; 2- und 3achsige Durchgangswagen für Nebenbahnen. Auf krümmungsreichen Nebenbahnen sind in Ausnahmefällen auch 4achsige Drehgestellwagen in Dienst gestellt, die geringere Zugkraft erfordern und bei denen eine geringere Abnutzung der Schienen und Radreifen stattfindet.

Auch bei den Güterwagen haben die Anforderungen des Verkehrs zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit und damit zur Vergrößerung des Ladegewichts und des Wagengewichts geführt. In Amerika bewirkte der Massenverkehr auf große Entfernungen sehr bald die Einstellung von 4achsigen Wagen mit 40–50 t Ladegewicht, bei denen das Verhältnis von Eigengewicht zum Ladegewicht auf 0·4–0·3 herabgemindert werden konnte. Im Gegensatz hierzu hielten die englischen Eisenbahnen noch bis vor wenigen Jahren an ihren kleinen Wagen mit 7–12 t Ladegewicht fest, bei denen das Verhältnis der toten Last zur Nutzlast 0·5 beträgt. – Auf den übrigen europäischen Bahnen ist man nach und nach zum 15-t-Wagen und neuerdings zum 2achsigen 20-t-Wagen übergegangen, nachdem ein Versuch der preuß. Eisenbahnverwaltung, 4achsige Kohlenwagen mit 30 t Ladegewicht einzuführen, fehlgeschlagen war. Die für diesen Versuch im Jahre 1890 beschafften 100 Wagen wurden so wenig benutzt, daß sie zur Verwendung als Schienenwagen

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[322/0332] Auch in der Bauart der Personenwagen zeigt sich eine weiter fortschreitende Anpassung an die Bedürfnisse des Verkehrs und eine größere Rücksichtnahme auf die Sicherheit und Bequemlichkeit der Reisenden. In England hatte man bei den ersten Eisenbahnen die Reisenden in drei Gesellschaftsklassen eingeteilt, drei Wagenklassen eingerichtet und hiernach die Fahrpreise bemessen. Nur bei den beiden ersten Klassen war auf Schnelligkeit und Bequemlichkeit bei der Beförderung Bedacht genommen und nur diese Klassen wurden in den Schnellzügen geführt. Wenn bei der weiteren Entwicklung des Eisenbahnwesens von dieser Klasseneinteilung auch vielfach abgewichen ist, so bildet sie heute doch noch die Grundlage für die Anordnung der Wagen. Bei den preuß.-hess. Staatsbahnen ist, im wesentlichen, um für Minderbemittelte eine billigere Fahrgelegenheit zu schaffen, eine weitere Wagenklasse, die 4. Klasse, entstanden und auch bei Einführung einheitlicher Personentarife im Jahre 1907 beibehalten, obwohl die süddeutschen Bahnen, mit Ausnahme der württembergischen, sich zu ihrer Einführung nicht entschließen konnten, und obwohl wichtige Gründe für eine Vereinfachung der Betriebseinrichtungen sprachen. Durch die in den Zügen mitzuführenden Wagenklassen und die bereitzuhaltenden Abteile (Raucher, Frauen u. s. w.), wird der Bedarf an B. erhöht, weshalb man eine Einschränkung dadurch herbeizuführen sucht, daß die Personenzüge, wie bisher schon auf den Nebenbahnen, möglichst ohne die 1. Klasse gefahren und einzelne besonders beschleunigte Schnellzüge nur mit der 1. und 2. Klasse ausgerüstet werden. Bei dem Drängen nach Erhöhung der Bequemlichkeit können die Eisenbahnen sich dem Verlangen der Reisenden nach Einstellungen von Kurswagen (s. d.) nicht entziehen, so sehr hierdurch auch die Zugbildung erschwert, die Platzausnutzung verschlechtert und die pünktliche Abfertigung und Durchführung der Züge in Frage gestellt wird. Bei Zügen mit 3 Wagenklassen treten diese Übelstände in erhöhtem Maße auf. Die Bestrebungen zur Erzielung eines ruhigen Wagenlaufs haben dahin geführt, von dem kleinen 2achsigen Wagen nach amerikanischem Vorbild zum 4- und 6achsigen Drehgestellwagen überzugehen. Die 3achsigen Drehgestelle bilden heute die Regel bei Schlafwagen, Speisewagen und Salonwagen. Die bei ihrer Anwendung erwarteten Vorteile eines ruhigen Wagenlaufs und erhöhter Sicherheit gegen Entgleisungen im Falle eines Achs- oder Reifenbruchs sind gegenüber dem Nachteile einer weiteren Gewichtsvermehrung der Züge bisher nicht so in die Erscheinung getreten, als daß die Einführung 3achsiger Drehgestelle allgemein bei allen Personenwagen der Schnellzüge, insbesondere der D-Züge, in Aussicht stände. Für die Züge des Durchgangsverkehrs, die große Strecken ohne Aufenthalt zurücklegen und bei denen der Verkehr der Zwischenstationen verhältnismäßig gering ist, werden jetzt Wagen mit innerem Durchgang und Faltenverbindungen überall vorgezogen (s. D-Züge). Wo dagegen ein starker Zu- und Abgang von Reisenden auf den Unterwegsstationen stattfindet, ermöglichen Abteilwagen eine schnellere Abfertigung der Züge. Auf Bahnen, auf denen die Fahrkartenprüfung während der Fahrt erfolgt, müssen die Wagen inneren Durchgang erhalten. Dem Vorstehenden entsprechend werden auf den preuß.-hess. Staatsbahnen gegenwärtig für die Personenbeförderung folgende Wagengattungen beschafft: 6achsige Salonwagen, Krankensalonwagen, Hofwagen, Schlafwagen und 4achsige Durchgangswagen für D-Züge; 4achsige Abteilwagen für Eilzüge; 3achsige Abteilwagen für Personenzüge auf Hauptbahnen, 3achsige Abteilwagen mit innerer Verbindung der Abteile für Stadt- und Vorortverkehr; 2- und 3achsige Durchgangswagen für Nebenbahnen. Auf krümmungsreichen Nebenbahnen sind in Ausnahmefällen auch 4achsige Drehgestellwagen in Dienst gestellt, die geringere Zugkraft erfordern und bei denen eine geringere Abnutzung der Schienen und Radreifen stattfindet. Auch bei den Güterwagen haben die Anforderungen des Verkehrs zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit und damit zur Vergrößerung des Ladegewichts und des Wagengewichts geführt. In Amerika bewirkte der Massenverkehr auf große Entfernungen sehr bald die Einstellung von 4achsigen Wagen mit 40–50 t Ladegewicht, bei denen das Verhältnis von Eigengewicht zum Ladegewicht auf 0·4–0·3 herabgemindert werden konnte. Im Gegensatz hierzu hielten die englischen Eisenbahnen noch bis vor wenigen Jahren an ihren kleinen Wagen mit 7–12 t Ladegewicht fest, bei denen das Verhältnis der toten Last zur Nutzlast 0·5 beträgt. – Auf den übrigen europäischen Bahnen ist man nach und nach zum 15-t-Wagen und neuerdings zum 2achsigen 20-t-Wagen übergegangen, nachdem ein Versuch der preuß. Eisenbahnverwaltung, 4achsige Kohlenwagen mit 30 t Ladegewicht einzuführen, fehlgeschlagen war. Die für diesen Versuch im Jahre 1890 beschafften 100 Wagen wurden so wenig benutzt, daß sie zur Verwendung als Schienenwagen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/332>, abgerufen am 23.12.2024.