Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Eisenhammerschlag oder Walzsinter. Die Rolle eines reichen Eisenerzes spielen auch die bei der Schwefelsäureerzeugung fallenden Röstrückstände des Schwefelkieses, genannt Kiesabbrände oder Purpurerz ("Purple ore"). Die zur Erzeugung manganhaltiger Eisensorten dienenden Manganerze sind gleichfalls vorwiegend Sauerstoff- und Kohlensäureverbindungen des Mangans, unter denen die verschiedenen Arten des Braunsteins ("Pyrolusite") an erster Stelle in Betracht kommen.

Alle zur Erzeugung des E. verwendeten Rohmaterialien sind gewöhnlich durch fremde Gesteinarten verunreinigt, so daß es Aufgabe des Eisenhüttenmannes ist, das E. aus seinen chemischen Verbindungen zu lösen ("zu reduzieren") und auch von seinen mineralischen Begleitern zu befreien, welche Vorgänge bei der Roheisenerzeugung im Wege des Hochofenprozesses durchgeführt werden. Zu diesem Behufe werden die Erze unter Beigabe von sog. "Zuschlägen" mit Anwendung von Holzkohle, Koks oder Anthrazit als Brennstoff und mit Zuhilfenahme von gepreßter Luft im Hochofen geschmolzen. Die Zuschläge haben den Zweck, mit den nicht flüchtigen Verunreinigungen des Erzes seine "Schlacke" zu bilden, während das E. teils durch den Kohlenstoff des Brennstoffes, teils durch die Einwirkung kohlenstoffhaltiger Gase reduziert wird und bei der im Hochofen herrschenden Temperatur, ebenso wie die Schlacke im flüssigen Zustande, in Form von Roheisen resultiert. Dieses weist je nach Beschaffenheit der Rohmaterialien und entsprechender Führung des Hochofenprozesses einen verschiedenen Gehalt an Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Phosphor, Schwefel und allenfalls anderer Fremdkörper auf.

Der Hochofen ist ein aus besten feuerfesten Ziegeln gemauerter, hoher runder Schachtofen, der seiner Form nach aus zwei mit der Grundfläche aufeinander gesetzten, abgestumpften Kegeln besteht. Der obere, höhere, kegelförmige Teil ist der eigentliche "Schacht" des Hochofens, der anschließend nach unten zu verengte Kegelstumpf wird die "Rast" genannt, und setzt sich in einen zylindrischen Teil fort, der als das "Gestell" des Hochofens bezeichnet wird und zur Aufnahme des geschmolzenen E. und der Schlacke dient. Die Berührungsebene der beiden kegelförmigen Ofenteile, die den größten Querschnitt des Hochofens darstellt, heißt der "Kohlensack". Höhe und Breite des Hochofens hängen von den örtlichen Verhältnissen der Roheisenerzeugung ab und sind vor allem durch die Beschaffenheit der zu verhüttenden Erze sowie des in Betracht kommenden Brennstoffes gegeben. Selbstverständlich hängt die Leistungsfähigkeit des Hochofens ganz besonders von seinen Abmessungen ab. Als Maße, die heute recht häufig angetroffen werden, können eine Gesamthöhe von 25-30 m und eine Weite im Kohlensack von 6-8 m gelten. Die Füllöffnung des Hochofens, durch die einerseits der Brennstoff, anderseits das Erz mit seinen Zuschlägen in abwechselnden Schichten eingebracht wird, nennt der Hüttenmann die "Gicht", die Operation des Beschickens selbst, das "Begichten" des Hochofens. Der, das Ofengestell nach unten abschließende Boden des Hochofens genannt der "Bodenstein", ferner die Wandungen des Gestells und häufig auch die der Rast müssen beständig durch kräftige Wasserkühlung vor Zerstörung geschützt werden, um ein Ausbrechen von Schlacke und Roheisen zu verhüten. Die Öffnung, durch die das erblasene Roheisen mehrmals des Tages abgelassen wird, das sog. "Abstichloch", befindet sich knapp über dem Bodenstein. Die Schlacke, die sich infolge ihres geringeren spezifischen Gewichtes auf dem flüssigen E. sammelt, wird an einer entsprechenden höheren Stelle der Gestellwand durch den "Schlackenabstich" abgelassen. Die für den Betrieb des Hochofens notwendige Gebläseluft (in der Hüttensprache "Hochofenwind" genannt) wurde in den Anfängen der Hochofenindustrie mit Gebläsen erzeugt, die durch Wasserräder angetrieben wurden. Heute wird zum Antriebe der Gebläse der Dampf in Gestalt der Kolben- oder Turbogebläse und das "Hochofengichtgas" selbst als motorische Kraft verwendet. Der je nach Umständen auf 0·3 bis 1 Atm. gepreßte Hochofenwind wird heutzutage fast ausnahmslos in mehr oder weniger hocherhitztem Zustande verwendet, was gegenüber dem Betriebe mit kaltem Wind den Vorteil großer Brennstoffersparnisse und wesentlich gesteigerter Erzeugungsfähigkeit des Hochofens mit sich bringt. Die Vorwärmung des Hochofenwindes geschieht in den sog. Winderhitzungsapparaten, die große, mit Hochofengas geheizte Wärmspeicher darstellen, in denen dem Heizgase eine möglichst große Oberfläche dargeboten wird. Die seinerzeit verwendeten eisernen Winderhitzer sind jetzt wohl durchwegs durch steinerne Apparate verdrängt, unter denen der in verschiedenen Ausführungen angewendete "Cowper-Apparat" heute der verbreitetste ist. Die Temperatur, auf die der Hochofenwind gebracht wird, ist sehr verschieden und richtet sich nach der Beschaffenheit der Beschickung und der Qualität der Erzeugnisse. Sie schwankt im allgemeinen zwischen 350-900° C. Die Einführung des heißen Windes in den Hochofen geschieht von einem um den Ofen gelegten Kranzrohre aus durch gußeiserne Düsen, die im oberen Teile des Gestells angebracht sind. Der vordere, in den Ofen hineinragende Teil der Düsen, die sog. "Blaseform", ist doppelwandig aus Kupfer hergestellt und muß unausgesetzt und intensiv mit Wasser gekühlt werden. Solcher Formen pflegen an modernen, größeren Hochöfen gewöhnlich 8-16 vorhanden zu sein.

Dort, wo das Roheisen keine unmittelbare Weiterverarbeitung erfährt, wird es aus dem Hochofen in Gußbetten abgelassen und daselbst in flache, pfannenartige Formen aus Sand oder Gußeisen zu Stücken gegossen, die den Namen "Gänze" oder "Masseln" führen. Soll das Roheisen jedoch im flüssigen Zustande sofort weiterverarbeitet werden, dann wird es in Pfannen abgestochen und in diesen zum Stahlwerk befördert und dort in den Konverter, Martinofen oder vorerst auch in einen Roheisenmischer eingegossen. Letzterer ist ein in großen Betrieben häufig zwischen Hochofen und Stahlwerk eingeschalteter Roheisenbehälter von 100-1000 t Inhalt, der sowohl in gasgeheizter als auch ungeheizter Form verwendet wird. Der Mischer spielt die Rolle eines Vorrats- und Ausgleichsgefäßes

Eisenhammerschlag oder Walzsinter. Die Rolle eines reichen Eisenerzes spielen auch die bei der Schwefelsäureerzeugung fallenden Röstrückstände des Schwefelkieses, genannt Kiesabbrände oder Purpurerz („Purple ore“). Die zur Erzeugung manganhaltiger Eisensorten dienenden Manganerze sind gleichfalls vorwiegend Sauerstoff- und Kohlensäureverbindungen des Mangans, unter denen die verschiedenen Arten des Braunsteins („Pyrolusite“) an erster Stelle in Betracht kommen.

Alle zur Erzeugung des E. verwendeten Rohmaterialien sind gewöhnlich durch fremde Gesteinarten verunreinigt, so daß es Aufgabe des Eisenhüttenmannes ist, das E. aus seinen chemischen Verbindungen zu lösen („zu reduzieren“) und auch von seinen mineralischen Begleitern zu befreien, welche Vorgänge bei der Roheisenerzeugung im Wege des Hochofenprozesses durchgeführt werden. Zu diesem Behufe werden die Erze unter Beigabe von sog. „Zuschlägen“ mit Anwendung von Holzkohle, Koks oder Anthrazit als Brennstoff und mit Zuhilfenahme von gepreßter Luft im Hochofen geschmolzen. Die Zuschläge haben den Zweck, mit den nicht flüchtigen Verunreinigungen des Erzes seine „Schlacke“ zu bilden, während das E. teils durch den Kohlenstoff des Brennstoffes, teils durch die Einwirkung kohlenstoffhaltiger Gase reduziert wird und bei der im Hochofen herrschenden Temperatur, ebenso wie die Schlacke im flüssigen Zustande, in Form von Roheisen resultiert. Dieses weist je nach Beschaffenheit der Rohmaterialien und entsprechender Führung des Hochofenprozesses einen verschiedenen Gehalt an Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Phosphor, Schwefel und allenfalls anderer Fremdkörper auf.

Der Hochofen ist ein aus besten feuerfesten Ziegeln gemauerter, hoher runder Schachtofen, der seiner Form nach aus zwei mit der Grundfläche aufeinander gesetzten, abgestumpften Kegeln besteht. Der obere, höhere, kegelförmige Teil ist der eigentliche „Schacht“ des Hochofens, der anschließend nach unten zu verengte Kegelstumpf wird die „Rast“ genannt, und setzt sich in einen zylindrischen Teil fort, der als das „Gestell“ des Hochofens bezeichnet wird und zur Aufnahme des geschmolzenen E. und der Schlacke dient. Die Berührungsebene der beiden kegelförmigen Ofenteile, die den größten Querschnitt des Hochofens darstellt, heißt der „Kohlensack“. Höhe und Breite des Hochofens hängen von den örtlichen Verhältnissen der Roheisenerzeugung ab und sind vor allem durch die Beschaffenheit der zu verhüttenden Erze sowie des in Betracht kommenden Brennstoffes gegeben. Selbstverständlich hängt die Leistungsfähigkeit des Hochofens ganz besonders von seinen Abmessungen ab. Als Maße, die heute recht häufig angetroffen werden, können eine Gesamthöhe von 25–30 m und eine Weite im Kohlensack von 6–8 m gelten. Die Füllöffnung des Hochofens, durch die einerseits der Brennstoff, anderseits das Erz mit seinen Zuschlägen in abwechselnden Schichten eingebracht wird, nennt der Hüttenmann die „Gicht“, die Operation des Beschickens selbst, das „Begichten“ des Hochofens. Der, das Ofengestell nach unten abschließende Boden des Hochofens genannt der „Bodenstein“, ferner die Wandungen des Gestells und häufig auch die der Rast müssen beständig durch kräftige Wasserkühlung vor Zerstörung geschützt werden, um ein Ausbrechen von Schlacke und Roheisen zu verhüten. Die Öffnung, durch die das erblasene Roheisen mehrmals des Tages abgelassen wird, das sog. „Abstichloch“, befindet sich knapp über dem Bodenstein. Die Schlacke, die sich infolge ihres geringeren spezifischen Gewichtes auf dem flüssigen E. sammelt, wird an einer entsprechenden höheren Stelle der Gestellwand durch den „Schlackenabstich“ abgelassen. Die für den Betrieb des Hochofens notwendige Gebläseluft (in der Hüttensprache „Hochofenwind“ genannt) wurde in den Anfängen der Hochofenindustrie mit Gebläsen erzeugt, die durch Wasserräder angetrieben wurden. Heute wird zum Antriebe der Gebläse der Dampf in Gestalt der Kolben- oder Turbogebläse und das „Hochofengichtgas“ selbst als motorische Kraft verwendet. Der je nach Umständen auf 0·3 bis 1 Atm. gepreßte Hochofenwind wird heutzutage fast ausnahmslos in mehr oder weniger hocherhitztem Zustande verwendet, was gegenüber dem Betriebe mit kaltem Wind den Vorteil großer Brennstoffersparnisse und wesentlich gesteigerter Erzeugungsfähigkeit des Hochofens mit sich bringt. Die Vorwärmung des Hochofenwindes geschieht in den sog. Winderhitzungsapparaten, die große, mit Hochofengas geheizte Wärmspeicher darstellen, in denen dem Heizgase eine möglichst große Oberfläche dargeboten wird. Die seinerzeit verwendeten eisernen Winderhitzer sind jetzt wohl durchwegs durch steinerne Apparate verdrängt, unter denen der in verschiedenen Ausführungen angewendete „Cowper-Apparat“ heute der verbreitetste ist. Die Temperatur, auf die der Hochofenwind gebracht wird, ist sehr verschieden und richtet sich nach der Beschaffenheit der Beschickung und der Qualität der Erzeugnisse. Sie schwankt im allgemeinen zwischen 350–900° C. Die Einführung des heißen Windes in den Hochofen geschieht von einem um den Ofen gelegten Kranzrohre aus durch gußeiserne Düsen, die im oberen Teile des Gestells angebracht sind. Der vordere, in den Ofen hineinragende Teil der Düsen, die sog. „Blaseform“, ist doppelwandig aus Kupfer hergestellt und muß unausgesetzt und intensiv mit Wasser gekühlt werden. Solcher Formen pflegen an modernen, größeren Hochöfen gewöhnlich 8–16 vorhanden zu sein.

Dort, wo das Roheisen keine unmittelbare Weiterverarbeitung erfährt, wird es aus dem Hochofen in Gußbetten abgelassen und daselbst in flache, pfannenartige Formen aus Sand oder Gußeisen zu Stücken gegossen, die den Namen „Gänze“ oder „Masseln“ führen. Soll das Roheisen jedoch im flüssigen Zustande sofort weiterverarbeitet werden, dann wird es in Pfannen abgestochen und in diesen zum Stahlwerk befördert und dort in den Konverter, Martinofen oder vorerst auch in einen Roheisenmischer eingegossen. Letzterer ist ein in großen Betrieben häufig zwischen Hochofen und Stahlwerk eingeschalteter Roheisenbehälter von 100–1000 t Inhalt, der sowohl in gasgeheizter als auch ungeheizter Form verwendet wird. Der Mischer spielt die Rolle eines Vorrats- und Ausgleichsgefäßes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0179" n="170"/><hi rendition="#g">Eisenhammerschlag</hi> oder <hi rendition="#g">Walzsinter</hi>. Die Rolle eines reichen Eisenerzes spielen auch die bei der Schwefelsäureerzeugung fallenden Röstrückstände des Schwefelkieses, genannt <hi rendition="#g">Kiesabbrände</hi> oder <hi rendition="#g">Purpurerz</hi> (&#x201E;Purple ore&#x201C;). Die zur Erzeugung manganhaltiger Eisensorten dienenden Manganerze sind gleichfalls vorwiegend Sauerstoff- und Kohlensäureverbindungen des Mangans, unter denen die verschiedenen Arten des <hi rendition="#g">Braunsteins</hi> (&#x201E;Pyrolusite&#x201C;) an erster Stelle in Betracht kommen.</p><lb/>
          <p>Alle zur Erzeugung des E. verwendeten Rohmaterialien sind gewöhnlich durch fremde Gesteinarten verunreinigt, so daß es Aufgabe des Eisenhüttenmannes ist, das E. aus seinen chemischen Verbindungen zu lösen (&#x201E;zu reduzieren&#x201C;) und auch von seinen mineralischen Begleitern zu befreien, welche Vorgänge bei der Roheisenerzeugung im Wege des <hi rendition="#g">Hochofenprozesses</hi> durchgeführt werden. Zu diesem Behufe werden die Erze unter Beigabe von sog. &#x201E;Zuschlägen&#x201C; mit Anwendung von Holzkohle, Koks oder Anthrazit als Brennstoff und mit Zuhilfenahme von gepreßter Luft im Hochofen geschmolzen. Die Zuschläge haben den Zweck, mit den nicht flüchtigen Verunreinigungen des Erzes seine &#x201E;Schlacke&#x201C; zu bilden, während das E. teils durch den Kohlenstoff des Brennstoffes, teils durch die Einwirkung kohlenstoffhaltiger Gase reduziert wird und bei der im Hochofen herrschenden Temperatur, ebenso wie die Schlacke im flüssigen Zustande, in Form von Roheisen resultiert. Dieses weist je nach Beschaffenheit der Rohmaterialien und entsprechender Führung des Hochofenprozesses einen verschiedenen Gehalt an Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Phosphor, Schwefel und allenfalls anderer Fremdkörper auf.</p><lb/>
          <p>Der Hochofen ist ein aus besten feuerfesten Ziegeln gemauerter, hoher runder Schachtofen, der seiner Form nach aus zwei mit der Grundfläche aufeinander gesetzten, abgestumpften Kegeln besteht. Der obere, höhere, kegelförmige Teil ist der eigentliche &#x201E;Schacht&#x201C; des Hochofens, der anschließend nach unten zu verengte Kegelstumpf wird die &#x201E;Rast&#x201C; genannt, und setzt sich in einen zylindrischen Teil fort, der als das &#x201E;Gestell&#x201C; des Hochofens bezeichnet wird und zur Aufnahme des geschmolzenen E. und der Schlacke dient. Die Berührungsebene der beiden kegelförmigen Ofenteile, die den größten Querschnitt des Hochofens darstellt, heißt der &#x201E;Kohlensack&#x201C;. Höhe und Breite des Hochofens hängen von den örtlichen Verhältnissen der Roheisenerzeugung ab und sind vor allem durch die Beschaffenheit der zu verhüttenden Erze sowie des in Betracht kommenden Brennstoffes gegeben. Selbstverständlich hängt die Leistungsfähigkeit des Hochofens ganz besonders von seinen Abmessungen ab. Als Maße, die heute recht häufig angetroffen werden, können eine Gesamthöhe von 25&#x2013;30 <hi rendition="#i">m</hi> und eine Weite im Kohlensack von 6&#x2013;8 <hi rendition="#i">m</hi> gelten. Die Füllöffnung des Hochofens, durch die einerseits der Brennstoff, anderseits das Erz mit seinen Zuschlägen in abwechselnden Schichten eingebracht wird, nennt der Hüttenmann die &#x201E;Gicht&#x201C;, die Operation des Beschickens selbst, das &#x201E;Begichten&#x201C; des Hochofens. Der, das Ofengestell nach unten abschließende Boden des Hochofens genannt der &#x201E;Bodenstein&#x201C;, ferner die Wandungen des Gestells und häufig auch die der Rast müssen beständig durch kräftige Wasserkühlung vor Zerstörung geschützt werden, um ein Ausbrechen von Schlacke und Roheisen zu verhüten. Die Öffnung, durch die das erblasene Roheisen mehrmals des Tages abgelassen wird, das sog. &#x201E;Abstichloch&#x201C;, befindet sich knapp über dem Bodenstein. Die Schlacke, die sich infolge ihres geringeren spezifischen Gewichtes auf dem flüssigen E. sammelt, wird an einer entsprechenden höheren Stelle der Gestellwand durch den &#x201E;Schlackenabstich&#x201C; abgelassen. Die für den Betrieb des Hochofens notwendige Gebläseluft (in der Hüttensprache &#x201E;Hochofenwind&#x201C; genannt) wurde in den Anfängen der Hochofenindustrie mit Gebläsen erzeugt, die durch Wasserräder angetrieben wurden. Heute wird zum Antriebe der Gebläse der Dampf in Gestalt der Kolben- oder Turbogebläse und das &#x201E;Hochofengichtgas&#x201C; selbst als motorische Kraft verwendet. Der je nach Umständen auf 0·3 bis 1 Atm. gepreßte Hochofenwind wird heutzutage fast ausnahmslos in mehr oder weniger hocherhitztem Zustande verwendet, was gegenüber dem Betriebe mit kaltem Wind den Vorteil großer Brennstoffersparnisse und wesentlich gesteigerter Erzeugungsfähigkeit des Hochofens mit sich bringt. Die Vorwärmung des Hochofenwindes geschieht in den sog. <hi rendition="#g">Winderhitzungsapparaten</hi>, die große, mit Hochofengas geheizte Wärmspeicher darstellen, in denen dem Heizgase eine möglichst große Oberfläche dargeboten wird. Die seinerzeit verwendeten eisernen Winderhitzer sind jetzt wohl durchwegs durch steinerne Apparate verdrängt, unter denen der in verschiedenen Ausführungen angewendete &#x201E;Cowper-Apparat&#x201C; heute der verbreitetste ist. Die Temperatur, auf die der Hochofenwind gebracht wird, ist sehr verschieden und richtet sich nach der Beschaffenheit der Beschickung und der Qualität der Erzeugnisse. Sie schwankt im allgemeinen zwischen 350&#x2013;900° C. Die Einführung des heißen Windes in den Hochofen geschieht von einem um den Ofen gelegten Kranzrohre aus durch gußeiserne Düsen, die im oberen Teile des Gestells angebracht sind. Der vordere, in den Ofen hineinragende Teil der Düsen, die sog. &#x201E;Blaseform&#x201C;, ist doppelwandig aus Kupfer hergestellt und muß unausgesetzt und intensiv mit Wasser gekühlt werden. Solcher Formen pflegen an modernen, größeren Hochöfen gewöhnlich 8&#x2013;16 vorhanden zu sein.</p><lb/>
          <p>Dort, wo das Roheisen keine unmittelbare Weiterverarbeitung erfährt, wird es aus dem Hochofen in Gußbetten abgelassen und daselbst in flache, pfannenartige Formen aus Sand oder Gußeisen zu Stücken gegossen, die den Namen &#x201E;Gänze&#x201C; oder &#x201E;Masseln&#x201C; führen. Soll das Roheisen jedoch im flüssigen Zustande sofort weiterverarbeitet werden, dann wird es in Pfannen abgestochen und in diesen zum Stahlwerk befördert und dort in den <hi rendition="#g">Konverter, Martinofen</hi> oder vorerst auch in einen <hi rendition="#g">Roheisenmischer</hi> eingegossen. Letzterer ist ein in großen Betrieben häufig zwischen Hochofen und Stahlwerk eingeschalteter Roheisenbehälter von 100&#x2013;1000 <hi rendition="#i">t</hi> Inhalt, der sowohl in gasgeheizter als auch ungeheizter Form verwendet wird. Der Mischer spielt die Rolle eines Vorrats- und Ausgleichsgefäßes
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0179] Eisenhammerschlag oder Walzsinter. Die Rolle eines reichen Eisenerzes spielen auch die bei der Schwefelsäureerzeugung fallenden Röstrückstände des Schwefelkieses, genannt Kiesabbrände oder Purpurerz („Purple ore“). Die zur Erzeugung manganhaltiger Eisensorten dienenden Manganerze sind gleichfalls vorwiegend Sauerstoff- und Kohlensäureverbindungen des Mangans, unter denen die verschiedenen Arten des Braunsteins („Pyrolusite“) an erster Stelle in Betracht kommen. Alle zur Erzeugung des E. verwendeten Rohmaterialien sind gewöhnlich durch fremde Gesteinarten verunreinigt, so daß es Aufgabe des Eisenhüttenmannes ist, das E. aus seinen chemischen Verbindungen zu lösen („zu reduzieren“) und auch von seinen mineralischen Begleitern zu befreien, welche Vorgänge bei der Roheisenerzeugung im Wege des Hochofenprozesses durchgeführt werden. Zu diesem Behufe werden die Erze unter Beigabe von sog. „Zuschlägen“ mit Anwendung von Holzkohle, Koks oder Anthrazit als Brennstoff und mit Zuhilfenahme von gepreßter Luft im Hochofen geschmolzen. Die Zuschläge haben den Zweck, mit den nicht flüchtigen Verunreinigungen des Erzes seine „Schlacke“ zu bilden, während das E. teils durch den Kohlenstoff des Brennstoffes, teils durch die Einwirkung kohlenstoffhaltiger Gase reduziert wird und bei der im Hochofen herrschenden Temperatur, ebenso wie die Schlacke im flüssigen Zustande, in Form von Roheisen resultiert. Dieses weist je nach Beschaffenheit der Rohmaterialien und entsprechender Führung des Hochofenprozesses einen verschiedenen Gehalt an Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Phosphor, Schwefel und allenfalls anderer Fremdkörper auf. Der Hochofen ist ein aus besten feuerfesten Ziegeln gemauerter, hoher runder Schachtofen, der seiner Form nach aus zwei mit der Grundfläche aufeinander gesetzten, abgestumpften Kegeln besteht. Der obere, höhere, kegelförmige Teil ist der eigentliche „Schacht“ des Hochofens, der anschließend nach unten zu verengte Kegelstumpf wird die „Rast“ genannt, und setzt sich in einen zylindrischen Teil fort, der als das „Gestell“ des Hochofens bezeichnet wird und zur Aufnahme des geschmolzenen E. und der Schlacke dient. Die Berührungsebene der beiden kegelförmigen Ofenteile, die den größten Querschnitt des Hochofens darstellt, heißt der „Kohlensack“. Höhe und Breite des Hochofens hängen von den örtlichen Verhältnissen der Roheisenerzeugung ab und sind vor allem durch die Beschaffenheit der zu verhüttenden Erze sowie des in Betracht kommenden Brennstoffes gegeben. Selbstverständlich hängt die Leistungsfähigkeit des Hochofens ganz besonders von seinen Abmessungen ab. Als Maße, die heute recht häufig angetroffen werden, können eine Gesamthöhe von 25–30 m und eine Weite im Kohlensack von 6–8 m gelten. Die Füllöffnung des Hochofens, durch die einerseits der Brennstoff, anderseits das Erz mit seinen Zuschlägen in abwechselnden Schichten eingebracht wird, nennt der Hüttenmann die „Gicht“, die Operation des Beschickens selbst, das „Begichten“ des Hochofens. Der, das Ofengestell nach unten abschließende Boden des Hochofens genannt der „Bodenstein“, ferner die Wandungen des Gestells und häufig auch die der Rast müssen beständig durch kräftige Wasserkühlung vor Zerstörung geschützt werden, um ein Ausbrechen von Schlacke und Roheisen zu verhüten. Die Öffnung, durch die das erblasene Roheisen mehrmals des Tages abgelassen wird, das sog. „Abstichloch“, befindet sich knapp über dem Bodenstein. Die Schlacke, die sich infolge ihres geringeren spezifischen Gewichtes auf dem flüssigen E. sammelt, wird an einer entsprechenden höheren Stelle der Gestellwand durch den „Schlackenabstich“ abgelassen. Die für den Betrieb des Hochofens notwendige Gebläseluft (in der Hüttensprache „Hochofenwind“ genannt) wurde in den Anfängen der Hochofenindustrie mit Gebläsen erzeugt, die durch Wasserräder angetrieben wurden. Heute wird zum Antriebe der Gebläse der Dampf in Gestalt der Kolben- oder Turbogebläse und das „Hochofengichtgas“ selbst als motorische Kraft verwendet. Der je nach Umständen auf 0·3 bis 1 Atm. gepreßte Hochofenwind wird heutzutage fast ausnahmslos in mehr oder weniger hocherhitztem Zustande verwendet, was gegenüber dem Betriebe mit kaltem Wind den Vorteil großer Brennstoffersparnisse und wesentlich gesteigerter Erzeugungsfähigkeit des Hochofens mit sich bringt. Die Vorwärmung des Hochofenwindes geschieht in den sog. Winderhitzungsapparaten, die große, mit Hochofengas geheizte Wärmspeicher darstellen, in denen dem Heizgase eine möglichst große Oberfläche dargeboten wird. Die seinerzeit verwendeten eisernen Winderhitzer sind jetzt wohl durchwegs durch steinerne Apparate verdrängt, unter denen der in verschiedenen Ausführungen angewendete „Cowper-Apparat“ heute der verbreitetste ist. Die Temperatur, auf die der Hochofenwind gebracht wird, ist sehr verschieden und richtet sich nach der Beschaffenheit der Beschickung und der Qualität der Erzeugnisse. Sie schwankt im allgemeinen zwischen 350–900° C. Die Einführung des heißen Windes in den Hochofen geschieht von einem um den Ofen gelegten Kranzrohre aus durch gußeiserne Düsen, die im oberen Teile des Gestells angebracht sind. Der vordere, in den Ofen hineinragende Teil der Düsen, die sog. „Blaseform“, ist doppelwandig aus Kupfer hergestellt und muß unausgesetzt und intensiv mit Wasser gekühlt werden. Solcher Formen pflegen an modernen, größeren Hochöfen gewöhnlich 8–16 vorhanden zu sein. Dort, wo das Roheisen keine unmittelbare Weiterverarbeitung erfährt, wird es aus dem Hochofen in Gußbetten abgelassen und daselbst in flache, pfannenartige Formen aus Sand oder Gußeisen zu Stücken gegossen, die den Namen „Gänze“ oder „Masseln“ führen. Soll das Roheisen jedoch im flüssigen Zustande sofort weiterverarbeitet werden, dann wird es in Pfannen abgestochen und in diesen zum Stahlwerk befördert und dort in den Konverter, Martinofen oder vorerst auch in einen Roheisenmischer eingegossen. Letzterer ist ein in großen Betrieben häufig zwischen Hochofen und Stahlwerk eingeschalteter Roheisenbehälter von 100–1000 t Inhalt, der sowohl in gasgeheizter als auch ungeheizter Form verwendet wird. Der Mischer spielt die Rolle eines Vorrats- und Ausgleichsgefäßes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:48Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/179
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/179>, abgerufen am 21.11.2024.