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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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zu ermöglichen. Bei den Kettenbremsen erhalten die Bremsspindeln entweder untere oder obere Zahnradarretierung. Die Betätigung erfolgt mit gewöhnlichen Kurbeln, mit Ratschenkurbeln oder Handrädern.

Als weitere mechanische Bremse gelangt vornehmlich die Luftdruckbremse, seltener die Luftsaugebremse zur Anwendung. Die Preßluft wird durch Achs- oder Motorkompressoren erzeugt und in einen Bremsbehälter gepreßt, von dem sie durch das auf dem Führerstande befindliche und vom Motorwagenführer leicht zu bedienende Bremsventil zum Bremszylinder gelangt und demgemäß leicht in Tätigkeit gesetzt werden kann (s. Bremsen). Viele Straßenbahnverwaltungen haben ihre Motorwagen auch für Kurzschlußbremsung eingerichtet. Desgleichen finden sich auch magnetische Schienenbremsen vor.

Während für schweren Betrieb (Straßenbahnen, Vollbahnen u. s. w.) die Notwendigkeit der Verwendung einer Luftdruck- oder Luttsaugebremse neben der Handbremse für Motorwagen immer außer Zweifel stand, gab die Frage der Wahl des Bremssystems für Straßenbahnwagen Anlaß zu weitgehenden Erörterungen.

Im Internationalen Straßenbahn- und Kleinbahnverein (Brüssel) ist betreffs dieser Frage nach langjähriger Behandlung am XV. Internationalen Straßenbahn- und Kleinbahnkongreß zu München 1908 folgender Beschluß gefaßt worden:

"1. Bei der Wahl der Bremsen sind die besonderen Verhältnisse zu beobachten und hat jedes der drei Bremssysteme: Handbremse, elektrische Bremse oder Luftbremse seine Berechtigung. Das Bremsen muß stoßfrei und durch zwei voneinander unabhängige Bremsen geschehen können. Die als Betriebsbremse dienende Bremse muß eine Überanstrengung des Führers ausschließen.

2. Ist durch zu großes Wagengewicht, erhebliches Gefälle, Mitführung von Anhängewagen die Handbremse als Betriebsbremse nicht mehr als ausreichend zu erachten, so empfiehlt es sich, zur mechanischen Bremse überzugehen, nach Lage der Umstände zur elektrischen Bremse oder zur Luftdruckbremse.

Beide Systeme sind im allgemeinen als gleichwertig zu erachten."

Zur Unterstützung der Bremswirkung und Erhöhung der Adhäsion sind sämtliche Motorwagen mit Sandstreuvorrichtungen ausgerüstet. Diese bestehen in der einfachsten Ausführung aus einem Rohr mit Trichter an jeder Brustwand, in den der Sand hineingeschüttet wird, oder aber aus vor den Rädern befindlichen Sandstreuapparaten, deren Ausflußöffnung durch eine Rosette, einen Schieber oder durch eine Mulde mittels Hand- oder Fußbetrieb geöffnet und geschlossen wird. Bei Wagen, die mit Luftdruckbremsen versehen sind, werden die Sandstreuapparate häufig mit Preßluft betätigt und zuweilen auch mit der Luftdruckbremse kombiniert.

Als Signalmittel dienen außer elektrischen Lichtsignalen, an den Plattformen angebrachte Warnungsglocken mit Fuß- oder Handbetätigung oder durch Preßluft bediente Hupen oder Pfeifen, ferner Kondukteurglocken mit Riemenzügen oder mit elektrischer Betätigung.

Zur Kennzeichnung der die einzelnen Linien befahrenden Wagen dienen in Straßenbahnbetrieben sog. Routentafeln, die entweder an der Längsseite des Daches oder im Wageninnern an den Fenstern angehängt sind, oder auch als Stirnwandtafeln an der Plattformbrustwand angebracht werden.

Zur Standsicherheit der Fahrgäste sind im Wageninnern und auf den Plattformen Anhalteriemen, Handgriffe oder Anhaltestangen angebracht.

Bönisch.

b) Elektrische Lokomotiven.

Diese sind durch elektromotorische Triebkraft betriebene Eisenbahnfahrzeuge, die ebenso wie die Dampflokomotiven zur Beförderung von Eisenbahnzügen dienen.

Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Lokomotivarten besteht darin, daß die Dampflokomotive eine in sich geschlossene Einheit bildet, in der die Erzeugung der zur Beförderung des Zuges notwendigen Energie auf der Lokomotive selbst durch die mitbeförderten Mittel, wie Kohle und Wasser, geschieht, wogegen bei den elektrischen Lokomotiven (mit Ausnahme der Akkumulatorenlokomotiven) die Energie nicht auf der Lokomotive selbst erzeugt wird, sondern in einem Kraftwerke, von dem aus sie mittels Leitungen den Lokomotiven zugeführt wird.

Die elektrische Lokomotive ist daher bezüglich ihrer Unabhängigkeit der Dampflokomotive gegenüber im Nachteil, sie besitzt dagegen folgende große Vorteile:

1. Größere Leistungsfähigkeit. Da die Lokomotive nur den Motor, nicht aber auch die Energie erzeugende Anlage mit sich nimmt, so ist das Gewicht der elektrischen Lokomotive bedeutend kleiner, demzufolge die Leistung einer Lokomotive mit demselben Gewicht bedeutend größer. Die Leistung der Dampflokomotive ist durch die mögliche Heizfläche des Dampfkessels, durch das Gewicht der mitzuschleppenden Kohle und des Wassers begrenzt. Wenn daher der Dampfmotor der Lokomotive auch stärker dimensioniert werden kann, so daß die volle Zugkraft, die durch das Adhäsionsgewicht der Lokomotive gegeben ist, ausgenutzt werden kann, wird die Fähigkeit der Lokomotive, diese Zugkraft auf eine längere Zeit oder mit einer größeren Geschwindigkeit auszunutzen, durch die Begrenzung der Krafterzeugung eingeschränkt.

zu ermöglichen. Bei den Kettenbremsen erhalten die Bremsspindeln entweder untere oder obere Zahnradarretierung. Die Betätigung erfolgt mit gewöhnlichen Kurbeln, mit Ratschenkurbeln oder Handrädern.

Als weitere mechanische Bremse gelangt vornehmlich die Luftdruckbremse, seltener die Luftsaugebremse zur Anwendung. Die Preßluft wird durch Achs- oder Motorkompressoren erzeugt und in einen Bremsbehälter gepreßt, von dem sie durch das auf dem Führerstande befindliche und vom Motorwagenführer leicht zu bedienende Bremsventil zum Bremszylinder gelangt und demgemäß leicht in Tätigkeit gesetzt werden kann (s. Bremsen). Viele Straßenbahnverwaltungen haben ihre Motorwagen auch für Kurzschlußbremsung eingerichtet. Desgleichen finden sich auch magnetische Schienenbremsen vor.

Während für schweren Betrieb (Straßenbahnen, Vollbahnen u. s. w.) die Notwendigkeit der Verwendung einer Luftdruck- oder Luttsaugebremse neben der Handbremse für Motorwagen immer außer Zweifel stand, gab die Frage der Wahl des Bremssystems für Straßenbahnwagen Anlaß zu weitgehenden Erörterungen.

Im Internationalen Straßenbahn- und Kleinbahnverein (Brüssel) ist betreffs dieser Frage nach langjähriger Behandlung am XV. Internationalen Straßenbahn- und Kleinbahnkongreß zu München 1908 folgender Beschluß gefaßt worden:

„1. Bei der Wahl der Bremsen sind die besonderen Verhältnisse zu beobachten und hat jedes der drei Bremssysteme: Handbremse, elektrische Bremse oder Luftbremse seine Berechtigung. Das Bremsen muß stoßfrei und durch zwei voneinander unabhängige Bremsen geschehen können. Die als Betriebsbremse dienende Bremse muß eine Überanstrengung des Führers ausschließen.

2. Ist durch zu großes Wagengewicht, erhebliches Gefälle, Mitführung von Anhängewagen die Handbremse als Betriebsbremse nicht mehr als ausreichend zu erachten, so empfiehlt es sich, zur mechanischen Bremse überzugehen, nach Lage der Umstände zur elektrischen Bremse oder zur Luftdruckbremse.

Beide Systeme sind im allgemeinen als gleichwertig zu erachten.“

Zur Unterstützung der Bremswirkung und Erhöhung der Adhäsion sind sämtliche Motorwagen mit Sandstreuvorrichtungen ausgerüstet. Diese bestehen in der einfachsten Ausführung aus einem Rohr mit Trichter an jeder Brustwand, in den der Sand hineingeschüttet wird, oder aber aus vor den Rädern befindlichen Sandstreuapparaten, deren Ausflußöffnung durch eine Rosette, einen Schieber oder durch eine Mulde mittels Hand- oder Fußbetrieb geöffnet und geschlossen wird. Bei Wagen, die mit Luftdruckbremsen versehen sind, werden die Sandstreuapparate häufig mit Preßluft betätigt und zuweilen auch mit der Luftdruckbremse kombiniert.

Als Signalmittel dienen außer elektrischen Lichtsignalen, an den Plattformen angebrachte Warnungsglocken mit Fuß- oder Handbetätigung oder durch Preßluft bediente Hupen oder Pfeifen, ferner Kondukteurglocken mit Riemenzügen oder mit elektrischer Betätigung.

Zur Kennzeichnung der die einzelnen Linien befahrenden Wagen dienen in Straßenbahnbetrieben sog. Routentafeln, die entweder an der Längsseite des Daches oder im Wageninnern an den Fenstern angehängt sind, oder auch als Stirnwandtafeln an der Plattformbrustwand angebracht werden.

Zur Standsicherheit der Fahrgäste sind im Wageninnern und auf den Plattformen Anhalteriemen, Handgriffe oder Anhaltestangen angebracht.

Bönisch.

b) Elektrische Lokomotiven.

Diese sind durch elektromotorische Triebkraft betriebene Eisenbahnfahrzeuge, die ebenso wie die Dampflokomotiven zur Beförderung von Eisenbahnzügen dienen.

Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Lokomotivarten besteht darin, daß die Dampflokomotive eine in sich geschlossene Einheit bildet, in der die Erzeugung der zur Beförderung des Zuges notwendigen Energie auf der Lokomotive selbst durch die mitbeförderten Mittel, wie Kohle und Wasser, geschieht, wogegen bei den elektrischen Lokomotiven (mit Ausnahme der Akkumulatorenlokomotiven) die Energie nicht auf der Lokomotive selbst erzeugt wird, sondern in einem Kraftwerke, von dem aus sie mittels Leitungen den Lokomotiven zugeführt wird.

Die elektrische Lokomotive ist daher bezüglich ihrer Unabhängigkeit der Dampflokomotive gegenüber im Nachteil, sie besitzt dagegen folgende große Vorteile:

1. Größere Leistungsfähigkeit. Da die Lokomotive nur den Motor, nicht aber auch die Energie erzeugende Anlage mit sich nimmt, so ist das Gewicht der elektrischen Lokomotive bedeutend kleiner, demzufolge die Leistung einer Lokomotive mit demselben Gewicht bedeutend größer. Die Leistung der Dampflokomotive ist durch die mögliche Heizfläche des Dampfkessels, durch das Gewicht der mitzuschleppenden Kohle und des Wassers begrenzt. Wenn daher der Dampfmotor der Lokomotive auch stärker dimensioniert werden kann, so daß die volle Zugkraft, die durch das Adhäsionsgewicht der Lokomotive gegeben ist, ausgenutzt werden kann, wird die Fähigkeit der Lokomotive, diese Zugkraft auf eine längere Zeit oder mit einer größeren Geschwindigkeit auszunutzen, durch die Begrenzung der Krafterzeugung eingeschränkt.

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[237/0247] zu ermöglichen. Bei den Kettenbremsen erhalten die Bremsspindeln entweder untere oder obere Zahnradarretierung. Die Betätigung erfolgt mit gewöhnlichen Kurbeln, mit Ratschenkurbeln oder Handrädern. Als weitere mechanische Bremse gelangt vornehmlich die Luftdruckbremse, seltener die Luftsaugebremse zur Anwendung. Die Preßluft wird durch Achs- oder Motorkompressoren erzeugt und in einen Bremsbehälter gepreßt, von dem sie durch das auf dem Führerstande befindliche und vom Motorwagenführer leicht zu bedienende Bremsventil zum Bremszylinder gelangt und demgemäß leicht in Tätigkeit gesetzt werden kann (s. Bremsen). Viele Straßenbahnverwaltungen haben ihre Motorwagen auch für Kurzschlußbremsung eingerichtet. Desgleichen finden sich auch magnetische Schienenbremsen vor. Während für schweren Betrieb (Straßenbahnen, Vollbahnen u. s. w.) die Notwendigkeit der Verwendung einer Luftdruck- oder Luttsaugebremse neben der Handbremse für Motorwagen immer außer Zweifel stand, gab die Frage der Wahl des Bremssystems für Straßenbahnwagen Anlaß zu weitgehenden Erörterungen. Im Internationalen Straßenbahn- und Kleinbahnverein (Brüssel) ist betreffs dieser Frage nach langjähriger Behandlung am XV. Internationalen Straßenbahn- und Kleinbahnkongreß zu München 1908 folgender Beschluß gefaßt worden: „1. Bei der Wahl der Bremsen sind die besonderen Verhältnisse zu beobachten und hat jedes der drei Bremssysteme: Handbremse, elektrische Bremse oder Luftbremse seine Berechtigung. Das Bremsen muß stoßfrei und durch zwei voneinander unabhängige Bremsen geschehen können. Die als Betriebsbremse dienende Bremse muß eine Überanstrengung des Führers ausschließen. 2. Ist durch zu großes Wagengewicht, erhebliches Gefälle, Mitführung von Anhängewagen die Handbremse als Betriebsbremse nicht mehr als ausreichend zu erachten, so empfiehlt es sich, zur mechanischen Bremse überzugehen, nach Lage der Umstände zur elektrischen Bremse oder zur Luftdruckbremse. Beide Systeme sind im allgemeinen als gleichwertig zu erachten.“ Zur Unterstützung der Bremswirkung und Erhöhung der Adhäsion sind sämtliche Motorwagen mit Sandstreuvorrichtungen ausgerüstet. Diese bestehen in der einfachsten Ausführung aus einem Rohr mit Trichter an jeder Brustwand, in den der Sand hineingeschüttet wird, oder aber aus vor den Rädern befindlichen Sandstreuapparaten, deren Ausflußöffnung durch eine Rosette, einen Schieber oder durch eine Mulde mittels Hand- oder Fußbetrieb geöffnet und geschlossen wird. Bei Wagen, die mit Luftdruckbremsen versehen sind, werden die Sandstreuapparate häufig mit Preßluft betätigt und zuweilen auch mit der Luftdruckbremse kombiniert. Als Signalmittel dienen außer elektrischen Lichtsignalen, an den Plattformen angebrachte Warnungsglocken mit Fuß- oder Handbetätigung oder durch Preßluft bediente Hupen oder Pfeifen, ferner Kondukteurglocken mit Riemenzügen oder mit elektrischer Betätigung. Zur Kennzeichnung der die einzelnen Linien befahrenden Wagen dienen in Straßenbahnbetrieben sog. Routentafeln, die entweder an der Längsseite des Daches oder im Wageninnern an den Fenstern angehängt sind, oder auch als Stirnwandtafeln an der Plattformbrustwand angebracht werden. Zur Standsicherheit der Fahrgäste sind im Wageninnern und auf den Plattformen Anhalteriemen, Handgriffe oder Anhaltestangen angebracht. Bönisch. b) Elektrische Lokomotiven. Diese sind durch elektromotorische Triebkraft betriebene Eisenbahnfahrzeuge, die ebenso wie die Dampflokomotiven zur Beförderung von Eisenbahnzügen dienen. Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Lokomotivarten besteht darin, daß die Dampflokomotive eine in sich geschlossene Einheit bildet, in der die Erzeugung der zur Beförderung des Zuges notwendigen Energie auf der Lokomotive selbst durch die mitbeförderten Mittel, wie Kohle und Wasser, geschieht, wogegen bei den elektrischen Lokomotiven (mit Ausnahme der Akkumulatorenlokomotiven) die Energie nicht auf der Lokomotive selbst erzeugt wird, sondern in einem Kraftwerke, von dem aus sie mittels Leitungen den Lokomotiven zugeführt wird. Die elektrische Lokomotive ist daher bezüglich ihrer Unabhängigkeit der Dampflokomotive gegenüber im Nachteil, sie besitzt dagegen folgende große Vorteile: 1. Größere Leistungsfähigkeit. Da die Lokomotive nur den Motor, nicht aber auch die Energie erzeugende Anlage mit sich nimmt, so ist das Gewicht der elektrischen Lokomotive bedeutend kleiner, demzufolge die Leistung einer Lokomotive mit demselben Gewicht bedeutend größer. Die Leistung der Dampflokomotive ist durch die mögliche Heizfläche des Dampfkessels, durch das Gewicht der mitzuschleppenden Kohle und des Wassers begrenzt. Wenn daher der Dampfmotor der Lokomotive auch stärker dimensioniert werden kann, so daß die volle Zugkraft, die durch das Adhäsionsgewicht der Lokomotive gegeben ist, ausgenutzt werden kann, wird die Fähigkeit der Lokomotive, diese Zugkraft auf eine längere Zeit oder mit einer größeren Geschwindigkeit auszunutzen, durch die Begrenzung der Krafterzeugung eingeschränkt.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/247>, abgerufen am 01.11.2024.