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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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b) Seilbahnen. Die elektrische Ausrüstung einer Seilbahn beschränkt sich auf die motorische Einrichtung der Antriebstation, die je nach Bedarf am oberen oder unteren Bahnende angeordnet werden kann.

Als einziges Beispiel einer Seilbahn, bei der die Hebung der Last durch ein selbstbewegliches Fahrzeug besorgt wird, ist die Steilrampe Palermo-Montreale zu nennen.

Die Abb. 200 erläutert die Art des Betriebes. Ein besonderes Windewerk ist nicht vorhanden; die


Abb. 200. Seilbahn über die Steilrampe der Palermo-Montreale.
beiden Stützwagen haben zwei Motoren, denen von der Straßenbahnoberleitung der Strom zugeführt wird.

Grundsätzlich wichtig und in den meisten Fällen für die Baumöglichkeit und die Baukosten von ausschlaggebender Bedeutung ist der Umstand, daß das Längenprofil der Seilbahn vom Standpunkte des elektrischen Betriebes ohne Nachteil frei gewählt werden kann; die Einschränkung, die namentlich bei den mit Wassergewicht betriebenen Bahnen in bezug auf die Ausgestaltung des Längenprofiles besteht, liegt bei elektrischer Betriebskraft nicht vor. Lediglich vom Standpunkte der sicheren Seilführung und Schonung der Seile müssen bestimmte kleinste Ausrundungen gewählt werden, im übrigen kann der Entwurf frei vorgenommen und die billigste Trasse in Anschmiegung an das Gelände gewählt werden.

Der elektrische Betrieb gestattet, den Seilbahnen (bei geringer Leistungsfähigkeit) eine praktisch nur durch die Seildimensionen begrenzte größere Längenausdehnung zu geben, als dies bei Wassergewichtsbahnen der Fall war, wo die mitnehmbare Wassermenge nicht beliebig gesteigert werden kann. Die Seilbahnen mit elektrischem Antriebe weisen daher größere Baulängen auf. Die längste, mit Wasserlast betriebene Seilbahn ist in einer Sektion etwa 1700 m lang (Beatenberg), die elektrisch betriebene Mendelbahn ist 2350 m lang, Siders-Vermalabahn I. Sektion 2410, Muottas-Muraigl 2201, Neuchatel-Chaumont 2105 m lang.

Der elektrische Betrieb hatte jedoch auf die Ausgestaltung des Oberbaues und der Fahrzeuge insoferne grundlegenden Einfluß, als die Bedienung der Anlage und Regelung der Geschwindigkeit nicht mehr - wie bei Bahnen mit Wasserlastbetrieb - von einem (dem talfahrenden) Wagen aus erfolgt, sondern vom Wärter des Windewerkes in der nach Bedarf am oberen oder unteren Bahnende angeordneten Antriebstation besorgt wird.

b) Seilbahnen. Die elektrische Ausrüstung einer Seilbahn beschränkt sich auf die motorische Einrichtung der Antriebstation, die je nach Bedarf am oberen oder unteren Bahnende angeordnet werden kann.

Als einziges Beispiel einer Seilbahn, bei der die Hebung der Last durch ein selbstbewegliches Fahrzeug besorgt wird, ist die Steilrampe Palermo-Montreale zu nennen.

Die Abb. 200 erläutert die Art des Betriebes. Ein besonderes Windewerk ist nicht vorhanden; die


Abb. 200. Seilbahn über die Steilrampe der Palermo-Montreale.
beiden Stützwagen haben zwei Motoren, denen von der Straßenbahnoberleitung der Strom zugeführt wird.

Grundsätzlich wichtig und in den meisten Fällen für die Baumöglichkeit und die Baukosten von ausschlaggebender Bedeutung ist der Umstand, daß das Längenprofil der Seilbahn vom Standpunkte des elektrischen Betriebes ohne Nachteil frei gewählt werden kann; die Einschränkung, die namentlich bei den mit Wassergewicht betriebenen Bahnen in bezug auf die Ausgestaltung des Längenprofiles besteht, liegt bei elektrischer Betriebskraft nicht vor. Lediglich vom Standpunkte der sicheren Seilführung und Schonung der Seile müssen bestimmte kleinste Ausrundungen gewählt werden, im übrigen kann der Entwurf frei vorgenommen und die billigste Trasse in Anschmiegung an das Gelände gewählt werden.

Der elektrische Betrieb gestattet, den Seilbahnen (bei geringer Leistungsfähigkeit) eine praktisch nur durch die Seildimensionen begrenzte größere Längenausdehnung zu geben, als dies bei Wassergewichtsbahnen der Fall war, wo die mitnehmbare Wassermenge nicht beliebig gesteigert werden kann. Die Seilbahnen mit elektrischem Antriebe weisen daher größere Baulängen auf. Die längste, mit Wasserlast betriebene Seilbahn ist in einer Sektion etwa 1700 m lang (Beatenberg), die elektrisch betriebene Mendelbahn ist 2350 m lang, Siders-Vermalabahn I. Sektion 2410, Muottas-Muraigl 2201, Neuchâtel-Chaumont 2105 m lang.

Der elektrische Betrieb hatte jedoch auf die Ausgestaltung des Oberbaues und der Fahrzeuge insoferne grundlegenden Einfluß, als die Bedienung der Anlage und Regelung der Geschwindigkeit nicht mehr – wie bei Bahnen mit Wasserlastbetrieb – von einem (dem talfahrenden) Wagen aus erfolgt, sondern vom Wärter des Windewerkes in der nach Bedarf am oberen oder unteren Bahnende angeordneten Antriebstation besorgt wird.

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[281/0294] b) Seilbahnen. Die elektrische Ausrüstung einer Seilbahn beschränkt sich auf die motorische Einrichtung der Antriebstation, die je nach Bedarf am oberen oder unteren Bahnende angeordnet werden kann. Als einziges Beispiel einer Seilbahn, bei der die Hebung der Last durch ein selbstbewegliches Fahrzeug besorgt wird, ist die Steilrampe Palermo-Montreale zu nennen. Die Abb. 200 erläutert die Art des Betriebes. Ein besonderes Windewerk ist nicht vorhanden; die [Abbildung Abb. 200. Seilbahn über die Steilrampe der Palermo-Montreale. ] beiden Stützwagen haben zwei Motoren, denen von der Straßenbahnoberleitung der Strom zugeführt wird. Grundsätzlich wichtig und in den meisten Fällen für die Baumöglichkeit und die Baukosten von ausschlaggebender Bedeutung ist der Umstand, daß das Längenprofil der Seilbahn vom Standpunkte des elektrischen Betriebes ohne Nachteil frei gewählt werden kann; die Einschränkung, die namentlich bei den mit Wassergewicht betriebenen Bahnen in bezug auf die Ausgestaltung des Längenprofiles besteht, liegt bei elektrischer Betriebskraft nicht vor. Lediglich vom Standpunkte der sicheren Seilführung und Schonung der Seile müssen bestimmte kleinste Ausrundungen gewählt werden, im übrigen kann der Entwurf frei vorgenommen und die billigste Trasse in Anschmiegung an das Gelände gewählt werden. Der elektrische Betrieb gestattet, den Seilbahnen (bei geringer Leistungsfähigkeit) eine praktisch nur durch die Seildimensionen begrenzte größere Längenausdehnung zu geben, als dies bei Wassergewichtsbahnen der Fall war, wo die mitnehmbare Wassermenge nicht beliebig gesteigert werden kann. Die Seilbahnen mit elektrischem Antriebe weisen daher größere Baulängen auf. Die längste, mit Wasserlast betriebene Seilbahn ist in einer Sektion etwa 1700 m lang (Beatenberg), die elektrisch betriebene Mendelbahn ist 2350 m lang, Siders-Vermalabahn I. Sektion 2410, Muottas-Muraigl 2201, Neuchâtel-Chaumont 2105 m lang. Der elektrische Betrieb hatte jedoch auf die Ausgestaltung des Oberbaues und der Fahrzeuge insoferne grundlegenden Einfluß, als die Bedienung der Anlage und Regelung der Geschwindigkeit nicht mehr – wie bei Bahnen mit Wasserlastbetrieb – von einem (dem talfahrenden) Wagen aus erfolgt, sondern vom Wärter des Windewerkes in der nach Bedarf am oberen oder unteren Bahnende angeordneten Antriebstation besorgt wird.

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Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/294>, abgerufen am 01.11.2024.