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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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der Konzessionäre preisgegeben worden sei. Dies sei teils auf die Unzulänglichkeit der für die staatliche Aufsicht aufgewendeten Mittel zurückzuführen, anderseits verkannte die Kommission auch nicht die günstigen Wirkungen der Verträge, indem dadurch geordnete Betriebsverhältnisse herbeigeführt worden waren, die den Betrieb regelmäßig gestaltet und vervollkommnet hatten.

D. Entwicklung des Eisenbahnwesens von 1905 bis zur Gegenwart.

Im Jahre 1905 lief der erste Abschnitt der Pachtzeit nach den Verträgen von 1885 ab. Die Regierung leitete mit den Verwaltungen der drei großen Netze Verhandlungen wegen Fortsetzung des Betriebs ein, die nicht zum Ziele führten. Es wurde daher im März 1904 ein Gesetzentwurf vorgelegt, der die Regierung ermächtigte, den staatlichen Betrieb der Eisenbahnen für den Fall einzurichten, daß für alle oder einen Teil der Eisenbahnen keine befriedigenden Bedingungen von den Privatgesellschaften zu erreichen sein sollten.

Dieser Gesetzentwurf kam nicht zur Verabschiedung. Im Februar 1905 legte die Regierung einen neuen Gesetzentwurf vor, der die Ermächtigung erhielt, die Mediterranea, Adriatica und Sicula ab 1. Juli 1915 in Staatsbetrieb zu übernehmen. Für den Fall, daß eine Vereinbarung wegen der Meridionali nicht zu stande kommen sollte, war die Regierung ermächtigt, der Meridionali den Betrieb einiger dem Staate gehörender Linien zu übergeben, die nun Anschluß an das Netz der Meridionali hatten.

Das Ges. vom 22. April 1905, betr. den Staatsbetrieb trat am 1. Juli 1905 in Kraft.

Die im Betriebe der drei großen Gesellschaften befindlichen Linien wurden in zwei Netze geteilt, von denen das der Meridionali alle dieser gehörenden Linien, mit Ausnahme der in den Staatsbetrieb übernommenen Linien Lecco-Colico, Neapel-Eboli, Torre Annunziata-Castellamare, umfaßte.

Der Meridionali wurde ferner der Betrieb der an sie anschließenden staatlichen Linien Ascoli-Benedetto, Teramo-Giulianova, Lucera-Foggia, Manfredoni-Foggia, Gallipoli-Zollino übergeben. Die Gesamtlänge des genannten Netzes betrug 2224 km.

Das staatliche Netz umfaßte alle Linien, die im Betriebe der Mediterranea und der Sicula gestanden hatten, außerdem die der Meridionali nicht belassenen Linien des Netzes der Adriatica. Die Linien der Ferrovie secondarie Romana, Roma-Viterbo, mit Abzweigung nach Ronciglione und die Linie Varese-Porto Ceresio, die Privatbesitz bildeten und von der Mediterranea betrieben wurden, sind bloß provisorisch und dem Staatsbahnnetz besonders angegliedert. 1908 gingen diese Linien wieder in den Privatbetrieb über.

Die Anschlußpunkte der beiden Netze bildeten Bologna, Ravenna, Faenza, Lugo, Rimini, Falconara, Porto Civitanova, Terni, Sulmona, Isernia, Benevento, Caserta, Neapel, Rochetta, S. Antonio, Potenza, Tarent, Brindisi. Gemeinsam war ferner die Station Ancona, da die Linie Falconara-Ancona im Gemeinschaftsbetrieb stand.

Der Fährendienst zwischen dem Festlande und Sizilien (Reggio-Messina und Villa S. Giovanni-Messina) wurde gleichfalls der Staatsbahnverwaltung übertragen.

Die Gesamtlänge des Staatsbahnnetzes betrug am 1. Juli 1905 10.606 km.

Auf Grund des Ges. vom 15. Juli 1906 erfolgte mit Rückwirkung vom 1. Juli desselben Jahres die Einlösung der Meridionali und von diesem Zeitpunkt an führten die Staatsbahnen den Betrieb aller Linien, die früher zu den Netzen der Mediterranea, Adriatica und Sicula gehört hatten, sowie auch die staatlichen Linien Vicenza-Treviso, Vicenza-Schio und Padua-Bassano, die bis dahin im Betriebe der Societa Veneta gestanden waren.

Die Länge des vom Staate am 1. Juli 1906 betriebenen Netzes betrug 13.232 km.

Die neue Staatseisenbahnverwaltung hatte bei Beginn ihrer Tätigkeit mit den allergrößten Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich infolge ungenügender Vorbereitung des Staatsbetriebs sowie der Unzulänglichkeit der Betriebsmittel und Stationsanlagen ergaben. Diese Schwierigkeiten wuchsen mit der Steigerung des Verkehrs, die allein im ersten Betriebsjahre 10·24% betrug.

Unter diesen Umständen sah sich die Verwaltung genötigt, mit größter Beschleunigung bedeutende Investitionen durchzuführen (1905/06 allein 111 Mill. Lire), auch weiterhin erfolgte ausgiebige Vermehrung der Fahrbetriebsmittel und Ausgestaltung der Bahnanlagen. Der Gesamtkredit, der den Staatsbahnen zur Verfügung gestellt wurde, belief sich auf 1414 Mill. Lire, wovon 1080 Mill. Lire bereits verwendet sind.

Von neuen Linien wurden 1906 die Zufahrtlinien zum Simplon, Borgomanero-Arona und Domodossola-Iselle eröffnet. Letztere steht im Betriebe der schweizerischen Bundesbahnen. Diese beiden Linien wurden durch private Unternehmungen gebaut und verstaatlicht.

In der Folge ist eine Reihe neuer Linien dem Staatsbahnnetze zugewachsen, u. zw. Linien,

der Konzessionäre preisgegeben worden sei. Dies sei teils auf die Unzulänglichkeit der für die staatliche Aufsicht aufgewendeten Mittel zurückzuführen, anderseits verkannte die Kommission auch nicht die günstigen Wirkungen der Verträge, indem dadurch geordnete Betriebsverhältnisse herbeigeführt worden waren, die den Betrieb regelmäßig gestaltet und vervollkommnet hatten.

D. Entwicklung des Eisenbahnwesens von 1905 bis zur Gegenwart.

Im Jahre 1905 lief der erste Abschnitt der Pachtzeit nach den Verträgen von 1885 ab. Die Regierung leitete mit den Verwaltungen der drei großen Netze Verhandlungen wegen Fortsetzung des Betriebs ein, die nicht zum Ziele führten. Es wurde daher im März 1904 ein Gesetzentwurf vorgelegt, der die Regierung ermächtigte, den staatlichen Betrieb der Eisenbahnen für den Fall einzurichten, daß für alle oder einen Teil der Eisenbahnen keine befriedigenden Bedingungen von den Privatgesellschaften zu erreichen sein sollten.

Dieser Gesetzentwurf kam nicht zur Verabschiedung. Im Februar 1905 legte die Regierung einen neuen Gesetzentwurf vor, der die Ermächtigung erhielt, die Mediterranea, Adriatica und Sicula ab 1. Juli 1915 in Staatsbetrieb zu übernehmen. Für den Fall, daß eine Vereinbarung wegen der Meridionali nicht zu stande kommen sollte, war die Regierung ermächtigt, der Meridionali den Betrieb einiger dem Staate gehörender Linien zu übergeben, die nun Anschluß an das Netz der Meridionali hatten.

Das Ges. vom 22. April 1905, betr. den Staatsbetrieb trat am 1. Juli 1905 in Kraft.

Die im Betriebe der drei großen Gesellschaften befindlichen Linien wurden in zwei Netze geteilt, von denen das der Meridionali alle dieser gehörenden Linien, mit Ausnahme der in den Staatsbetrieb übernommenen Linien Lecco-Colico, Neapel-Eboli, Torre Annunziata-Castellamare, umfaßte.

Der Meridionali wurde ferner der Betrieb der an sie anschließenden staatlichen Linien Ascoli-Benedetto, Teramo-Giulianova, Lucera-Foggia, Manfredoni-Foggia, Gallipoli-Zollino übergeben. Die Gesamtlänge des genannten Netzes betrug 2224 km.

Das staatliche Netz umfaßte alle Linien, die im Betriebe der Mediterranea und der Sicula gestanden hatten, außerdem die der Meridionali nicht belassenen Linien des Netzes der Adriatica. Die Linien der Ferrovie secondarie Romana, Roma-Viterbo, mit Abzweigung nach Ronciglione und die Linie Varese-Porto Ceresio, die Privatbesitz bildeten und von der Mediterranea betrieben wurden, sind bloß provisorisch und dem Staatsbahnnetz besonders angegliedert. 1908 gingen diese Linien wieder in den Privatbetrieb über.

Die Anschlußpunkte der beiden Netze bildeten Bologna, Ravenna, Faenza, Lugo, Rimini, Falconara, Porto Civitanova, Terni, Sulmona, Isernia, Benevento, Caserta, Neapel, Rochetta, S. Antonio, Potenza, Tarent, Brindisi. Gemeinsam war ferner die Station Ancona, da die Linie Falconara-Ancona im Gemeinschaftsbetrieb stand.

Der Fährendienst zwischen dem Festlande und Sizilien (Reggio-Messina und Villa S. Giovanni-Messina) wurde gleichfalls der Staatsbahnverwaltung übertragen.

Die Gesamtlänge des Staatsbahnnetzes betrug am 1. Juli 1905 10.606 km.

Auf Grund des Ges. vom 15. Juli 1906 erfolgte mit Rückwirkung vom 1. Juli desselben Jahres die Einlösung der Meridionali und von diesem Zeitpunkt an führten die Staatsbahnen den Betrieb aller Linien, die früher zu den Netzen der Mediterranea, Adriatica und Sicula gehört hatten, sowie auch die staatlichen Linien Vicenza-Treviso, Vicenza-Schio und Padua-Bassano, die bis dahin im Betriebe der Società Veneta gestanden waren.

Die Länge des vom Staate am 1. Juli 1906 betriebenen Netzes betrug 13.232 km.

Die neue Staatseisenbahnverwaltung hatte bei Beginn ihrer Tätigkeit mit den allergrößten Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich infolge ungenügender Vorbereitung des Staatsbetriebs sowie der Unzulänglichkeit der Betriebsmittel und Stationsanlagen ergaben. Diese Schwierigkeiten wuchsen mit der Steigerung des Verkehrs, die allein im ersten Betriebsjahre 10·24% betrug.

Unter diesen Umständen sah sich die Verwaltung genötigt, mit größter Beschleunigung bedeutende Investitionen durchzuführen (1905/06 allein 111 Mill. Lire), auch weiterhin erfolgte ausgiebige Vermehrung der Fahrbetriebsmittel und Ausgestaltung der Bahnanlagen. Der Gesamtkredit, der den Staatsbahnen zur Verfügung gestellt wurde, belief sich auf 1414 Mill. Lire, wovon 1080 Mill. Lire bereits verwendet sind.

Von neuen Linien wurden 1906 die Zufahrtlinien zum Simplon, Borgomanero-Arona und Domodossola-Iselle eröffnet. Letztere steht im Betriebe der schweizerischen Bundesbahnen. Diese beiden Linien wurden durch private Unternehmungen gebaut und verstaatlicht.

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[290/0305] der Konzessionäre preisgegeben worden sei. Dies sei teils auf die Unzulänglichkeit der für die staatliche Aufsicht aufgewendeten Mittel zurückzuführen, anderseits verkannte die Kommission auch nicht die günstigen Wirkungen der Verträge, indem dadurch geordnete Betriebsverhältnisse herbeigeführt worden waren, die den Betrieb regelmäßig gestaltet und vervollkommnet hatten. D. Entwicklung des Eisenbahnwesens von 1905 bis zur Gegenwart. Im Jahre 1905 lief der erste Abschnitt der Pachtzeit nach den Verträgen von 1885 ab. Die Regierung leitete mit den Verwaltungen der drei großen Netze Verhandlungen wegen Fortsetzung des Betriebs ein, die nicht zum Ziele führten. Es wurde daher im März 1904 ein Gesetzentwurf vorgelegt, der die Regierung ermächtigte, den staatlichen Betrieb der Eisenbahnen für den Fall einzurichten, daß für alle oder einen Teil der Eisenbahnen keine befriedigenden Bedingungen von den Privatgesellschaften zu erreichen sein sollten. Dieser Gesetzentwurf kam nicht zur Verabschiedung. Im Februar 1905 legte die Regierung einen neuen Gesetzentwurf vor, der die Ermächtigung erhielt, die Mediterranea, Adriatica und Sicula ab 1. Juli 1915 in Staatsbetrieb zu übernehmen. Für den Fall, daß eine Vereinbarung wegen der Meridionali nicht zu stande kommen sollte, war die Regierung ermächtigt, der Meridionali den Betrieb einiger dem Staate gehörender Linien zu übergeben, die nun Anschluß an das Netz der Meridionali hatten. Das Ges. vom 22. April 1905, betr. den Staatsbetrieb trat am 1. Juli 1905 in Kraft. Die im Betriebe der drei großen Gesellschaften befindlichen Linien wurden in zwei Netze geteilt, von denen das der Meridionali alle dieser gehörenden Linien, mit Ausnahme der in den Staatsbetrieb übernommenen Linien Lecco-Colico, Neapel-Eboli, Torre Annunziata-Castellamare, umfaßte. Der Meridionali wurde ferner der Betrieb der an sie anschließenden staatlichen Linien Ascoli-Benedetto, Teramo-Giulianova, Lucera-Foggia, Manfredoni-Foggia, Gallipoli-Zollino übergeben. Die Gesamtlänge des genannten Netzes betrug 2224 km. Das staatliche Netz umfaßte alle Linien, die im Betriebe der Mediterranea und der Sicula gestanden hatten, außerdem die der Meridionali nicht belassenen Linien des Netzes der Adriatica. Die Linien der Ferrovie secondarie Romana, Roma-Viterbo, mit Abzweigung nach Ronciglione und die Linie Varese-Porto Ceresio, die Privatbesitz bildeten und von der Mediterranea betrieben wurden, sind bloß provisorisch und dem Staatsbahnnetz besonders angegliedert. 1908 gingen diese Linien wieder in den Privatbetrieb über. Die Anschlußpunkte der beiden Netze bildeten Bologna, Ravenna, Faenza, Lugo, Rimini, Falconara, Porto Civitanova, Terni, Sulmona, Isernia, Benevento, Caserta, Neapel, Rochetta, S. Antonio, Potenza, Tarent, Brindisi. Gemeinsam war ferner die Station Ancona, da die Linie Falconara-Ancona im Gemeinschaftsbetrieb stand. Der Fährendienst zwischen dem Festlande und Sizilien (Reggio-Messina und Villa S. Giovanni-Messina) wurde gleichfalls der Staatsbahnverwaltung übertragen. Die Gesamtlänge des Staatsbahnnetzes betrug am 1. Juli 1905 10.606 km. Auf Grund des Ges. vom 15. Juli 1906 erfolgte mit Rückwirkung vom 1. Juli desselben Jahres die Einlösung der Meridionali und von diesem Zeitpunkt an führten die Staatsbahnen den Betrieb aller Linien, die früher zu den Netzen der Mediterranea, Adriatica und Sicula gehört hatten, sowie auch die staatlichen Linien Vicenza-Treviso, Vicenza-Schio und Padua-Bassano, die bis dahin im Betriebe der Società Veneta gestanden waren. Die Länge des vom Staate am 1. Juli 1906 betriebenen Netzes betrug 13.232 km. Die neue Staatseisenbahnverwaltung hatte bei Beginn ihrer Tätigkeit mit den allergrößten Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich infolge ungenügender Vorbereitung des Staatsbetriebs sowie der Unzulänglichkeit der Betriebsmittel und Stationsanlagen ergaben. Diese Schwierigkeiten wuchsen mit der Steigerung des Verkehrs, die allein im ersten Betriebsjahre 10·24% betrug. Unter diesen Umständen sah sich die Verwaltung genötigt, mit größter Beschleunigung bedeutende Investitionen durchzuführen (1905/06 allein 111 Mill. Lire), auch weiterhin erfolgte ausgiebige Vermehrung der Fahrbetriebsmittel und Ausgestaltung der Bahnanlagen. Der Gesamtkredit, der den Staatsbahnen zur Verfügung gestellt wurde, belief sich auf 1414 Mill. Lire, wovon 1080 Mill. Lire bereits verwendet sind. Von neuen Linien wurden 1906 die Zufahrtlinien zum Simplon, Borgomanero-Arona und Domodossola-Iselle eröffnet. Letztere steht im Betriebe der schweizerischen Bundesbahnen. Diese beiden Linien wurden durch private Unternehmungen gebaut und verstaatlicht. In der Folge ist eine Reihe neuer Linien dem Staatsbahnnetze zugewachsen, u. zw. Linien,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/305>, abgerufen am 22.11.2024.