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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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beliebig oft auf Erhöhung, Weiter- oder Wiedergewährung der zuerkannten Rente, der Haftpflichtige auf deren Aberkennung oder Ermäßigung (für die Zeit nach Beginn des Rektifikationsprozesses) klagen, wenn eine wesentliche d. h. nicht bloß vorübergehende Änderung der für das frühere Urteil maßgebenden Verhältnisse eingetreten ist und deren Geltendmachung im ersten Prozeß nicht mehr möglich war (§ 323 ZPO.). Sodann kann der Ersatzberechtigte beliebig oft nachträglich auf Sicherheitsleistung oder Erhöhung einer bereits zuerkannten Kaution klagen, wenn eine erhebliche, d. h. den Anspruch des Berechtigten gefährdende Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verpflichteten eingetreten ist und diese Tatsache im Vorprozeß nicht mehr vorgebracht werden konnte (§ 7, Abs. 3 HPG.). Diese beiden sog. Rektifikationsklagen unterliegen nicht der Verjährung.

c) Verhältnis zur Sozialversicherung und zum Beamtenunfallfürsorgerecht:

Einer der maßgebenden Gesichtspunkte für den Erlaß des HPG. war das Bestreben, die durch den Eisenbahnbetrieb und besonders gefährliche industrielle Unternehmungen gefährdeten wirtschaftlich schwachen Arbeiter bei Unfällen sicherzustellen und dadurch zugleich dem sozialen Frieden zu dienen. In dieser Beziehung entsprach das Gesetz nicht den Erwartungen; insbesondere wirkten die vielen Prozesse zwischen Arbeitnehmern und -gebern verbitternd, ohne daß die Arbeiter immer die wünschenswerte Entschädigung erreichen konnten. Diese Mißstände führten zum Erlaß des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884, dessen Geltungsbereich später mehrfach ausgedehnt worden ist. Heute enthält die maßgebenden Vorschriften die Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911. Nach deren § 537, Nr. 5 unterliegt der gesamte Betrieb der Eisenbahnen der Gewerbeunfallversicherung; es steht allen Arbeitern und den Betriebsbeamten mit einem Jahresarbeitsverdienst unter 5000 M. sowie gewissen Gruppen ihrer Blutsverwandten bei Betriebsunfällen eine Reihe öffentlich rechtlicher Versicherungsansprüche auf genau bestimmte Leistungen zu (§ 559 ff. RVO.). Träger der Versicherung sind bei Angestellten der Reichs- oder Staatsbahnen das Reich oder der betreffende Bundesstaat (s. aber unten), sonst die Berufsgenossenschaft der deutschen Privatbahnen. Für das Verhältnis zu zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere solchen nach dem HPG., gilt:

a) Die Versicherten und ihre Hinterbliebenen haben gegen die Verwaltung, in deren Dienst der Verletzte steht, zivilrechtliche Ansprüche nur dann, wenn straf richterlich festgestellt ist, daß der Unternehmer den Unfall vorsätzlich verursacht hat. Dies gilt auch, wenn im einzelnen Falle die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Versicherung überhaupt fehlt. Soweit eine Versicherungsleistung vorliegt, kürzt sich der zivilrechtliche Anspruch um ihren Betrag (§ 898 ff. RVO.).

b) Den Berufsgenossenschaften, Gemeinden, Armenverbänden, Krankenkassen u. s. w., die infolge des Unfalles Aufwendungen zu machen haben, steht gegen die Bahnunternehmung, in deren Dienst sich der Versicherte befindet, wenn ihr Vorsatz oder schwere Fahrlässigkeit zur Last fällt, ein Regreßrecht zu, u. zw. den Berufsgenossenschaften ohne weiteres, den übrigen nur nach straf richterlicher Feststellung des Verschuldens (§ 903 ff. RVO.).

g) Die zivilrechtlichen Ansprüche der Versicherten gegen fremde Bahnverwaltungen bleiben bestehen, gehen aber in der Höhe der Versicherungsleistungen auf den Träger der Unfallversicherung über (§ 1542 RVO.).

Unter die Unfallversicherung würden an sich auch die in versicherungspflichtigen Betrieben beschäftigten Reichs-, Staats- und Gemeindebeamten mit einem Gehalte unter 5000 M. fallen. Das Reichsgesetz vom 15. März 1886/18. Juni 1901 hat jedoch die in solchen Betrieben tätigen Reichsbeamten ohne Rücksicht auf ihr Gehalt durch Gewährung der dort näher bestimmten Pensionen, Sterbe-, Witwen- und Waisengelder u. s. w. gegen die Folgen der im Dienst erlittenen Betriebsunfälle sichergestellt und gleichzeitig für sie die Geltung der Unfallversicherung ausgeschlossen. Auch auf Staats- und Kommunalbeamte, für die durch Landesgesetz oder statutarische Festsetzung eine Unfallfürsorge getroffen ist, die der in diesem Reichsgesetz gewährten mindestens gleichkommt, findet die Unfallversicherung keine Anwendung (§§ 13, 14 Reichsbeamtenunfallfürsorgegesetz); solche Bestimmungen sind in Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden und anderen Staaten erlassen. Über die zivilrechtlichen Ansprüche der unter solche Beamtenunfallfürsorgegesetze fallenden Beamten gelten ähnliche Bestimmungen wie die oben erwähnten:

a) Die Beamten haben gegen die Bahn, in deren Dienst sie den Unfall erlitten haben, überhaupt keine Haftpflichtansprüche (§ 10, 14 RBUFG.).

b) Die Ansprüche gegen fremde Bahnen bleiben zwar bestehen (gegen die Reichs- oder andere Staatsbahnen allerdings nur in Höhe der in den Unfallfürsorgegesetzen vorgesehenen Bezüge), gehen aber allgemein, u. zw. bis zum Betrage der Unfallfürsorgebezüge, auf die pensionspflichtige Betriebsverwaltung über; die Berechtigten selbst können also nur den Überschuß über die Fürsorgeleistungen, u. zw. nur

beliebig oft auf Erhöhung, Weiter- oder Wiedergewährung der zuerkannten Rente, der Haftpflichtige auf deren Aberkennung oder Ermäßigung (für die Zeit nach Beginn des Rektifikationsprozesses) klagen, wenn eine wesentliche d. h. nicht bloß vorübergehende Änderung der für das frühere Urteil maßgebenden Verhältnisse eingetreten ist und deren Geltendmachung im ersten Prozeß nicht mehr möglich war (§ 323 ZPO.). Sodann kann der Ersatzberechtigte beliebig oft nachträglich auf Sicherheitsleistung oder Erhöhung einer bereits zuerkannten Kaution klagen, wenn eine erhebliche, d. h. den Anspruch des Berechtigten gefährdende Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verpflichteten eingetreten ist und diese Tatsache im Vorprozeß nicht mehr vorgebracht werden konnte (§ 7, Abs. 3 HPG.). Diese beiden sog. Rektifikationsklagen unterliegen nicht der Verjährung.

c) Verhältnis zur Sozialversicherung und zum Beamtenunfallfürsorgerecht:

Einer der maßgebenden Gesichtspunkte für den Erlaß des HPG. war das Bestreben, die durch den Eisenbahnbetrieb und besonders gefährliche industrielle Unternehmungen gefährdeten wirtschaftlich schwachen Arbeiter bei Unfällen sicherzustellen und dadurch zugleich dem sozialen Frieden zu dienen. In dieser Beziehung entsprach das Gesetz nicht den Erwartungen; insbesondere wirkten die vielen Prozesse zwischen Arbeitnehmern und -gebern verbitternd, ohne daß die Arbeiter immer die wünschenswerte Entschädigung erreichen konnten. Diese Mißstände führten zum Erlaß des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884, dessen Geltungsbereich später mehrfach ausgedehnt worden ist. Heute enthält die maßgebenden Vorschriften die Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911. Nach deren § 537, Nr. 5 unterliegt der gesamte Betrieb der Eisenbahnen der Gewerbeunfallversicherung; es steht allen Arbeitern und den Betriebsbeamten mit einem Jahresarbeitsverdienst unter 5000 M. sowie gewissen Gruppen ihrer Blutsverwandten bei Betriebsunfällen eine Reihe öffentlich rechtlicher Versicherungsansprüche auf genau bestimmte Leistungen zu (§ 559 ff. RVO.). Träger der Versicherung sind bei Angestellten der Reichs- oder Staatsbahnen das Reich oder der betreffende Bundesstaat (s. aber unten), sonst die Berufsgenossenschaft der deutschen Privatbahnen. Für das Verhältnis zu zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere solchen nach dem HPG., gilt:

α) Die Versicherten und ihre Hinterbliebenen haben gegen die Verwaltung, in deren Dienst der Verletzte steht, zivilrechtliche Ansprüche nur dann, wenn straf richterlich festgestellt ist, daß der Unternehmer den Unfall vorsätzlich verursacht hat. Dies gilt auch, wenn im einzelnen Falle die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Versicherung überhaupt fehlt. Soweit eine Versicherungsleistung vorliegt, kürzt sich der zivilrechtliche Anspruch um ihren Betrag (§ 898 ff. RVO.).

β) Den Berufsgenossenschaften, Gemeinden, Armenverbänden, Krankenkassen u. s. w., die infolge des Unfalles Aufwendungen zu machen haben, steht gegen die Bahnunternehmung, in deren Dienst sich der Versicherte befindet, wenn ihr Vorsatz oder schwere Fahrlässigkeit zur Last fällt, ein Regreßrecht zu, u. zw. den Berufsgenossenschaften ohne weiteres, den übrigen nur nach straf richterlicher Feststellung des Verschuldens (§ 903 ff. RVO.).

γ) Die zivilrechtlichen Ansprüche der Versicherten gegen fremde Bahnverwaltungen bleiben bestehen, gehen aber in der Höhe der Versicherungsleistungen auf den Träger der Unfallversicherung über (§ 1542 RVO.).

Unter die Unfallversicherung würden an sich auch die in versicherungspflichtigen Betrieben beschäftigten Reichs-, Staats- und Gemeindebeamten mit einem Gehalte unter 5000 M. fallen. Das Reichsgesetz vom 15. März 1886/18. Juni 1901 hat jedoch die in solchen Betrieben tätigen Reichsbeamten ohne Rücksicht auf ihr Gehalt durch Gewährung der dort näher bestimmten Pensionen, Sterbe-, Witwen- und Waisengelder u. s. w. gegen die Folgen der im Dienst erlittenen Betriebsunfälle sichergestellt und gleichzeitig für sie die Geltung der Unfallversicherung ausgeschlossen. Auch auf Staats- und Kommunalbeamte, für die durch Landesgesetz oder statutarische Festsetzung eine Unfallfürsorge getroffen ist, die der in diesem Reichsgesetz gewährten mindestens gleichkommt, findet die Unfallversicherung keine Anwendung (§§ 13, 14 Reichsbeamtenunfallfürsorgegesetz); solche Bestimmungen sind in Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden und anderen Staaten erlassen. Über die zivilrechtlichen Ansprüche der unter solche Beamtenunfallfürsorgegesetze fallenden Beamten gelten ähnliche Bestimmungen wie die oben erwähnten:

α) Die Beamten haben gegen die Bahn, in deren Dienst sie den Unfall erlitten haben, überhaupt keine Haftpflichtansprüche (§ 10, 14 RBUFG.).

β) Die Ansprüche gegen fremde Bahnen bleiben zwar bestehen (gegen die Reichs- oder andere Staatsbahnen allerdings nur in Höhe der in den Unfallfürsorgegesetzen vorgesehenen Bezüge), gehen aber allgemein, u. zw. bis zum Betrage der Unfallfürsorgebezüge, auf die pensionspflichtige Betriebsverwaltung über; die Berechtigten selbst können also nur den Überschuß über die Fürsorgeleistungen, u. zw. nur

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[56/0067] beliebig oft auf Erhöhung, Weiter- oder Wiedergewährung der zuerkannten Rente, der Haftpflichtige auf deren Aberkennung oder Ermäßigung (für die Zeit nach Beginn des Rektifikationsprozesses) klagen, wenn eine wesentliche d. h. nicht bloß vorübergehende Änderung der für das frühere Urteil maßgebenden Verhältnisse eingetreten ist und deren Geltendmachung im ersten Prozeß nicht mehr möglich war (§ 323 ZPO.). Sodann kann der Ersatzberechtigte beliebig oft nachträglich auf Sicherheitsleistung oder Erhöhung einer bereits zuerkannten Kaution klagen, wenn eine erhebliche, d. h. den Anspruch des Berechtigten gefährdende Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verpflichteten eingetreten ist und diese Tatsache im Vorprozeß nicht mehr vorgebracht werden konnte (§ 7, Abs. 3 HPG.). Diese beiden sog. Rektifikationsklagen unterliegen nicht der Verjährung. c) Verhältnis zur Sozialversicherung und zum Beamtenunfallfürsorgerecht: Einer der maßgebenden Gesichtspunkte für den Erlaß des HPG. war das Bestreben, die durch den Eisenbahnbetrieb und besonders gefährliche industrielle Unternehmungen gefährdeten wirtschaftlich schwachen Arbeiter bei Unfällen sicherzustellen und dadurch zugleich dem sozialen Frieden zu dienen. In dieser Beziehung entsprach das Gesetz nicht den Erwartungen; insbesondere wirkten die vielen Prozesse zwischen Arbeitnehmern und -gebern verbitternd, ohne daß die Arbeiter immer die wünschenswerte Entschädigung erreichen konnten. Diese Mißstände führten zum Erlaß des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884, dessen Geltungsbereich später mehrfach ausgedehnt worden ist. Heute enthält die maßgebenden Vorschriften die Reichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911. Nach deren § 537, Nr. 5 unterliegt der gesamte Betrieb der Eisenbahnen der Gewerbeunfallversicherung; es steht allen Arbeitern und den Betriebsbeamten mit einem Jahresarbeitsverdienst unter 5000 M. sowie gewissen Gruppen ihrer Blutsverwandten bei Betriebsunfällen eine Reihe öffentlich rechtlicher Versicherungsansprüche auf genau bestimmte Leistungen zu (§ 559 ff. RVO.). Träger der Versicherung sind bei Angestellten der Reichs- oder Staatsbahnen das Reich oder der betreffende Bundesstaat (s. aber unten), sonst die Berufsgenossenschaft der deutschen Privatbahnen. Für das Verhältnis zu zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere solchen nach dem HPG., gilt: α) Die Versicherten und ihre Hinterbliebenen haben gegen die Verwaltung, in deren Dienst der Verletzte steht, zivilrechtliche Ansprüche nur dann, wenn straf richterlich festgestellt ist, daß der Unternehmer den Unfall vorsätzlich verursacht hat. Dies gilt auch, wenn im einzelnen Falle die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Versicherung überhaupt fehlt. Soweit eine Versicherungsleistung vorliegt, kürzt sich der zivilrechtliche Anspruch um ihren Betrag (§ 898 ff. RVO.). β) Den Berufsgenossenschaften, Gemeinden, Armenverbänden, Krankenkassen u. s. w., die infolge des Unfalles Aufwendungen zu machen haben, steht gegen die Bahnunternehmung, in deren Dienst sich der Versicherte befindet, wenn ihr Vorsatz oder schwere Fahrlässigkeit zur Last fällt, ein Regreßrecht zu, u. zw. den Berufsgenossenschaften ohne weiteres, den übrigen nur nach straf richterlicher Feststellung des Verschuldens (§ 903 ff. RVO.). γ) Die zivilrechtlichen Ansprüche der Versicherten gegen fremde Bahnverwaltungen bleiben bestehen, gehen aber in der Höhe der Versicherungsleistungen auf den Träger der Unfallversicherung über (§ 1542 RVO.). Unter die Unfallversicherung würden an sich auch die in versicherungspflichtigen Betrieben beschäftigten Reichs-, Staats- und Gemeindebeamten mit einem Gehalte unter 5000 M. fallen. Das Reichsgesetz vom 15. März 1886/18. Juni 1901 hat jedoch die in solchen Betrieben tätigen Reichsbeamten ohne Rücksicht auf ihr Gehalt durch Gewährung der dort näher bestimmten Pensionen, Sterbe-, Witwen- und Waisengelder u. s. w. gegen die Folgen der im Dienst erlittenen Betriebsunfälle sichergestellt und gleichzeitig für sie die Geltung der Unfallversicherung ausgeschlossen. Auch auf Staats- und Kommunalbeamte, für die durch Landesgesetz oder statutarische Festsetzung eine Unfallfürsorge getroffen ist, die der in diesem Reichsgesetz gewährten mindestens gleichkommt, findet die Unfallversicherung keine Anwendung (§§ 13, 14 Reichsbeamtenunfallfürsorgegesetz); solche Bestimmungen sind in Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden und anderen Staaten erlassen. Über die zivilrechtlichen Ansprüche der unter solche Beamtenunfallfürsorgegesetze fallenden Beamten gelten ähnliche Bestimmungen wie die oben erwähnten: α) Die Beamten haben gegen die Bahn, in deren Dienst sie den Unfall erlitten haben, überhaupt keine Haftpflichtansprüche (§ 10, 14 RBUFG.). β) Die Ansprüche gegen fremde Bahnen bleiben zwar bestehen (gegen die Reichs- oder andere Staatsbahnen allerdings nur in Höhe der in den Unfallfürsorgegesetzen vorgesehenen Bezüge), gehen aber allgemein, u. zw. bis zum Betrage der Unfallfürsorgebezüge, auf die pensionspflichtige Betriebsverwaltung über; die Berechtigten selbst können also nur den Überschuß über die Fürsorgeleistungen, u. zw. nur

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/67>, abgerufen am 02.11.2024.