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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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Zu Nr. 5, Einzelheiten:

a) Bei Körperverletzungen, deren Folgen im Zeitpunkte der Urteilsfällung noch nicht hinreichend sicher feststellbar sind, kann der Richter die Abänderung des Urteils auf zwei Jahre vom Tage der Verkündung an vorbehalten. Tut er dies nicht, so ist eine Rektifikationsklage ausgeschlossen (Art. 46). b) Die Entschädigungsansprüche wegen Tötung oder Körperverletzung sind unpfändbar, aber auch in der Regel rechtsgeschäftlich nicht übertragbar. (Art. 92, Ziff. 10 des Schuldbeitreibungsgesetzes).

II. Spezialrecht für die Eisenbahnen.

Auch in der Schweiz erwies sich der Grundsatz der Kulpahaftung gegenüber den erhöhten Gefahren des Eisenbahnbetriebes auf die Dauer als unzureichend. Es erging deshalb nach deutschem Vorbild das auf dem Prinzip der Kausalhaftung ex lege beruhende Bundesgesetz betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen vom 1. Juli 1875. Um dieses Gesetz mit den Grundsätzen des inzwischen erlassenen schweizerischen Obligationenrechts, sowie des Fabrikhaftpflichtgesetzes vom 25. Juni 1881 (mit Novelle vom 26. April 1887) in Einklang zu bringen, wurde das EHPG. einer Revision unterzogen, aus der es in der geltenden Fassung vom 28. März 1905 als "Bundesgesetz, betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen und der Post" hervorgegangen ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Haftung der Bahn, soweit das EHPG. anwendbar ist, durch dieses erschöpfend geregelt; das Obligationenrecht findet also nicht konkurrierend, sondern nur in den verhältnismäßig seltenen Fällen Anwendung, in denen die Voraussetzungen des EHPG. nicht gegeben sind. Eine Verschärfung der H. noch über die Bestimmungen des HPG. hinaus kann nach Art. 21 des EHPG. in den Eisenbahnkonzessionen vorgesehen werden; hiervon ist nur bei einigen besonders gefährlichen Bergbahnen, z. B. der Jungfraubahn, Gebrauch gemacht worden.

Inhalt des EHPG.: 1. Voraussetzung der spezialgesetzlichen H. ist die Tötung oder körperliche Verletzung eines Menschen durch einen Unfall beim Bau oder beim Betrieb einer Eisenbahn, oder bei Hilfsarbeiten, mit denen die besondere Gefahr des Eisenbahnbetriebs verbunden ist (Art. 1). Eisenbahn im Sinne dieser Bestimmung ist jedes Unternehmen, dessen Zweck die Beförderung von Personen oder Sachen auf Eisenschienen ist; Betriebsart und Betriebskraft sind gleichgültig. Die Tötung oder Körperverletzung (äußere oder innere, auch psychische Störung) muß in ursächlicher, zeitlicher und örtlicher Beziehung zu einem Vorgang stehen, der entweder dem Bahnbau (d. h. der Herstellung, Instandhaltung und Reparatur der Bahnanlagen) oder dem Bahnbetrieb (d. h. der Personen- oder Güterbeförderung samt ihrer unmittelbaren Vorbereitung und ihrem unmittelbaren Abschluß) dient, oder sich als eine Hilfsarbeit darstellt, mit der die besonderen Gefahren des Eisenbahnbetriebs verbunden sind. Dieser ursächliche Vorgang muß ein zeitlich näher bestimmbares einzelnes Ereignis sein; er heißt in der Sprache des EHPG. der Unfall. Ursächlicher Zusammenhang mit den besonderen Betriebsgefahren ist nur bei der dritten Kategorie von Unfällen erforderlich. Die Beweislast für die sämtlichen Punkte trifft den Kläger.

Von der H. kann sich die Bahn nur befreien, wenn sie nachweist: a) daß die überwiegende Ursache des Unfalls in "höherer Gewalt" besteht, d. h. in einem außergewöhnlichen, von außen in den Betrieb eingreifenden, trotz aller vernünftigerweise zu verlangenden Sorgfalt nicht abwendbaren Ereignis (also nicht etwa in einem sog. "inneren Zufall" d. h. einem Vorkommnis, das mit den Betriebsgefahren, dem Verhalten des Personals, dem Zustand der Anlagen oder Transportmittel u. dgl. zusammenhängt Art. 1); b) oder daß die überwiegende Ursache das Verschulden "Dritter" ist (d. h. anderer Personen als des Verletzten, des ständigen Personals der Bahn und der Personen, deren sie sich sonst, wenn auch nur vorübergehend, beim Betrieb oder beim Bau bedient). Nach der Rechtsprechung ist auch in diesem Falle notwendig, daß die Bahn das Verhalten der "Dritten" nicht durch geeignete Maßnahmen hintanhalten oder unschädlich machen konnte (Art. 1);

c) oder daß die überwiegende Ursache das eigene Verschulden des Verletzten ist, d. h. die vorsätzliche oder fahrlässige Außerachtlassung der gebotenen Rücksicht auf die eigene Sicherheit. Dabei ist jedoch, wenn ein Angestellter der Bahn verletzt wird, zu beachten, daß das Personal zur Übernahme gewisser Gefahren geradezu verpflichtet ist. Auch bei unzurechnungsfähigen Personen kann von einem Verschulden im Sinne von b oder c nicht die Rede sein (Art. 1);

d) oder daß der Verletzte oder Getötete sich durch eine "verbrecherische oder unredliche Handlung" (d. h. ein Verbrechen oder Vergehen des Strafrechts) "mit der Bahn in Berührung gebracht" d. h. in den Gefahrenkreis der Bahn begeben hat, selbst wenn dieses Vorgehen den Unfall nicht verursacht hat. Das Urteil des Strafgerichts über das

Zu Nr. 5, Einzelheiten:

a) Bei Körperverletzungen, deren Folgen im Zeitpunkte der Urteilsfällung noch nicht hinreichend sicher feststellbar sind, kann der Richter die Abänderung des Urteils auf zwei Jahre vom Tage der Verkündung an vorbehalten. Tut er dies nicht, so ist eine Rektifikationsklage ausgeschlossen (Art. 46). b) Die Entschädigungsansprüche wegen Tötung oder Körperverletzung sind unpfändbar, aber auch in der Regel rechtsgeschäftlich nicht übertragbar. (Art. 92, Ziff. 10 des Schuldbeitreibungsgesetzes).

II. Spezialrecht für die Eisenbahnen.

Auch in der Schweiz erwies sich der Grundsatz der Kulpahaftung gegenüber den erhöhten Gefahren des Eisenbahnbetriebes auf die Dauer als unzureichend. Es erging deshalb nach deutschem Vorbild das auf dem Prinzip der Kausalhaftung ex lege beruhende Bundesgesetz betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen vom 1. Juli 1875. Um dieses Gesetz mit den Grundsätzen des inzwischen erlassenen schweizerischen Obligationenrechts, sowie des Fabrikhaftpflichtgesetzes vom 25. Juni 1881 (mit Novelle vom 26. April 1887) in Einklang zu bringen, wurde das EHPG. einer Revision unterzogen, aus der es in der geltenden Fassung vom 28. März 1905 als „Bundesgesetz, betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen und der Post“ hervorgegangen ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Haftung der Bahn, soweit das EHPG. anwendbar ist, durch dieses erschöpfend geregelt; das Obligationenrecht findet also nicht konkurrierend, sondern nur in den verhältnismäßig seltenen Fällen Anwendung, in denen die Voraussetzungen des EHPG. nicht gegeben sind. Eine Verschärfung der H. noch über die Bestimmungen des HPG. hinaus kann nach Art. 21 des EHPG. in den Eisenbahnkonzessionen vorgesehen werden; hiervon ist nur bei einigen besonders gefährlichen Bergbahnen, z. B. der Jungfraubahn, Gebrauch gemacht worden.

Inhalt des EHPG.: 1. Voraussetzung der spezialgesetzlichen H. ist die Tötung oder körperliche Verletzung eines Menschen durch einen Unfall beim Bau oder beim Betrieb einer Eisenbahn, oder bei Hilfsarbeiten, mit denen die besondere Gefahr des Eisenbahnbetriebs verbunden ist (Art. 1). Eisenbahn im Sinne dieser Bestimmung ist jedes Unternehmen, dessen Zweck die Beförderung von Personen oder Sachen auf Eisenschienen ist; Betriebsart und Betriebskraft sind gleichgültig. Die Tötung oder Körperverletzung (äußere oder innere, auch psychische Störung) muß in ursächlicher, zeitlicher und örtlicher Beziehung zu einem Vorgang stehen, der entweder dem Bahnbau (d. h. der Herstellung, Instandhaltung und Reparatur der Bahnanlagen) oder dem Bahnbetrieb (d. h. der Personen- oder Güterbeförderung samt ihrer unmittelbaren Vorbereitung und ihrem unmittelbaren Abschluß) dient, oder sich als eine Hilfsarbeit darstellt, mit der die besonderen Gefahren des Eisenbahnbetriebs verbunden sind. Dieser ursächliche Vorgang muß ein zeitlich näher bestimmbares einzelnes Ereignis sein; er heißt in der Sprache des EHPG. der Unfall. Ursächlicher Zusammenhang mit den besonderen Betriebsgefahren ist nur bei der dritten Kategorie von Unfällen erforderlich. Die Beweislast für die sämtlichen Punkte trifft den Kläger.

Von der H. kann sich die Bahn nur befreien, wenn sie nachweist: a) daß die überwiegende Ursache des Unfalls in „höherer Gewalt“ besteht, d. h. in einem außergewöhnlichen, von außen in den Betrieb eingreifenden, trotz aller vernünftigerweise zu verlangenden Sorgfalt nicht abwendbaren Ereignis (also nicht etwa in einem sog. „inneren Zufall“ d. h. einem Vorkommnis, das mit den Betriebsgefahren, dem Verhalten des Personals, dem Zustand der Anlagen oder Transportmittel u. dgl. zusammenhängt Art. 1); b) oder daß die überwiegende Ursache das Verschulden „Dritter“ ist (d. h. anderer Personen als des Verletzten, des ständigen Personals der Bahn und der Personen, deren sie sich sonst, wenn auch nur vorübergehend, beim Betrieb oder beim Bau bedient). Nach der Rechtsprechung ist auch in diesem Falle notwendig, daß die Bahn das Verhalten der „Dritten“ nicht durch geeignete Maßnahmen hintanhalten oder unschädlich machen konnte (Art. 1);

c) oder daß die überwiegende Ursache das eigene Verschulden des Verletzten ist, d. h. die vorsätzliche oder fahrlässige Außerachtlassung der gebotenen Rücksicht auf die eigene Sicherheit. Dabei ist jedoch, wenn ein Angestellter der Bahn verletzt wird, zu beachten, daß das Personal zur Übernahme gewisser Gefahren geradezu verpflichtet ist. Auch bei unzurechnungsfähigen Personen kann von einem Verschulden im Sinne von b oder c nicht die Rede sein (Art. 1);

d) oder daß der Verletzte oder Getötete sich durch eine „verbrecherische oder unredliche Handlung“ (d. h. ein Verbrechen oder Vergehen des Strafrechts) „mit der Bahn in Berührung gebracht“ d. h. in den Gefahrenkreis der Bahn begeben hat, selbst wenn dieses Vorgehen den Unfall nicht verursacht hat. Das Urteil des Strafgerichts über das

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[65/0076] Zu Nr. 5, Einzelheiten: a) Bei Körperverletzungen, deren Folgen im Zeitpunkte der Urteilsfällung noch nicht hinreichend sicher feststellbar sind, kann der Richter die Abänderung des Urteils auf zwei Jahre vom Tage der Verkündung an vorbehalten. Tut er dies nicht, so ist eine Rektifikationsklage ausgeschlossen (Art. 46). b) Die Entschädigungsansprüche wegen Tötung oder Körperverletzung sind unpfändbar, aber auch in der Regel rechtsgeschäftlich nicht übertragbar. (Art. 92, Ziff. 10 des Schuldbeitreibungsgesetzes). II. Spezialrecht für die Eisenbahnen. Auch in der Schweiz erwies sich der Grundsatz der Kulpahaftung gegenüber den erhöhten Gefahren des Eisenbahnbetriebes auf die Dauer als unzureichend. Es erging deshalb nach deutschem Vorbild das auf dem Prinzip der Kausalhaftung ex lege beruhende Bundesgesetz betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen vom 1. Juli 1875. Um dieses Gesetz mit den Grundsätzen des inzwischen erlassenen schweizerischen Obligationenrechts, sowie des Fabrikhaftpflichtgesetzes vom 25. Juni 1881 (mit Novelle vom 26. April 1887) in Einklang zu bringen, wurde das EHPG. einer Revision unterzogen, aus der es in der geltenden Fassung vom 28. März 1905 als „Bundesgesetz, betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen und der Post“ hervorgegangen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Haftung der Bahn, soweit das EHPG. anwendbar ist, durch dieses erschöpfend geregelt; das Obligationenrecht findet also nicht konkurrierend, sondern nur in den verhältnismäßig seltenen Fällen Anwendung, in denen die Voraussetzungen des EHPG. nicht gegeben sind. Eine Verschärfung der H. noch über die Bestimmungen des HPG. hinaus kann nach Art. 21 des EHPG. in den Eisenbahnkonzessionen vorgesehen werden; hiervon ist nur bei einigen besonders gefährlichen Bergbahnen, z. B. der Jungfraubahn, Gebrauch gemacht worden. Inhalt des EHPG.: 1. Voraussetzung der spezialgesetzlichen H. ist die Tötung oder körperliche Verletzung eines Menschen durch einen Unfall beim Bau oder beim Betrieb einer Eisenbahn, oder bei Hilfsarbeiten, mit denen die besondere Gefahr des Eisenbahnbetriebs verbunden ist (Art. 1). Eisenbahn im Sinne dieser Bestimmung ist jedes Unternehmen, dessen Zweck die Beförderung von Personen oder Sachen auf Eisenschienen ist; Betriebsart und Betriebskraft sind gleichgültig. Die Tötung oder Körperverletzung (äußere oder innere, auch psychische Störung) muß in ursächlicher, zeitlicher und örtlicher Beziehung zu einem Vorgang stehen, der entweder dem Bahnbau (d. h. der Herstellung, Instandhaltung und Reparatur der Bahnanlagen) oder dem Bahnbetrieb (d. h. der Personen- oder Güterbeförderung samt ihrer unmittelbaren Vorbereitung und ihrem unmittelbaren Abschluß) dient, oder sich als eine Hilfsarbeit darstellt, mit der die besonderen Gefahren des Eisenbahnbetriebs verbunden sind. Dieser ursächliche Vorgang muß ein zeitlich näher bestimmbares einzelnes Ereignis sein; er heißt in der Sprache des EHPG. der Unfall. Ursächlicher Zusammenhang mit den besonderen Betriebsgefahren ist nur bei der dritten Kategorie von Unfällen erforderlich. Die Beweislast für die sämtlichen Punkte trifft den Kläger. Von der H. kann sich die Bahn nur befreien, wenn sie nachweist: a) daß die überwiegende Ursache des Unfalls in „höherer Gewalt“ besteht, d. h. in einem außergewöhnlichen, von außen in den Betrieb eingreifenden, trotz aller vernünftigerweise zu verlangenden Sorgfalt nicht abwendbaren Ereignis (also nicht etwa in einem sog. „inneren Zufall“ d. h. einem Vorkommnis, das mit den Betriebsgefahren, dem Verhalten des Personals, dem Zustand der Anlagen oder Transportmittel u. dgl. zusammenhängt Art. 1); b) oder daß die überwiegende Ursache das Verschulden „Dritter“ ist (d. h. anderer Personen als des Verletzten, des ständigen Personals der Bahn und der Personen, deren sie sich sonst, wenn auch nur vorübergehend, beim Betrieb oder beim Bau bedient). Nach der Rechtsprechung ist auch in diesem Falle notwendig, daß die Bahn das Verhalten der „Dritten“ nicht durch geeignete Maßnahmen hintanhalten oder unschädlich machen konnte (Art. 1); c) oder daß die überwiegende Ursache das eigene Verschulden des Verletzten ist, d. h. die vorsätzliche oder fahrlässige Außerachtlassung der gebotenen Rücksicht auf die eigene Sicherheit. Dabei ist jedoch, wenn ein Angestellter der Bahn verletzt wird, zu beachten, daß das Personal zur Übernahme gewisser Gefahren geradezu verpflichtet ist. Auch bei unzurechnungsfähigen Personen kann von einem Verschulden im Sinne von b oder c nicht die Rede sein (Art. 1); d) oder daß der Verletzte oder Getötete sich durch eine „verbrecherische oder unredliche Handlung“ (d. h. ein Verbrechen oder Vergehen des Strafrechts) „mit der Bahn in Berührung gebracht“ d. h. in den Gefahrenkreis der Bahn begeben hat, selbst wenn dieses Vorgehen den Unfall nicht verursacht hat. Das Urteil des Strafgerichts über das

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/76>, abgerufen am 21.11.2024.