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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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ihren Abschluß. Die eigentliche Geschichte der P. zerfällt in 6 Abschnitte: 1. Die Zeit bis zu den Beratungen der Vereinigten ständischen Ausschüsse über die Unterstützung der Eisenbahnen durch Zinsbürgschaften (1838-1842); 2. das Zeitalter der Zinsbürgschaften bis zu den ersten Versuchen, die Eisenbahnen für den Staat zu erwerben, und der Ernennung v. d. Heydts zum Handelsminister (1842-1849); 3. die Eisenbahnpolitik der Minister v. d. Heydt und Graf Itzenplitz (1849-1873); 4. Ende der Privatbahnpolitik, Reichsbahnpolitik, Übergang zum Staatsbahnsystem in Preußen (1873-1879); 5. Durchführung des Staatsbahnsystems in Preußen (1879 bis zur Bildung der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft im Jahre 1896); 6. die preußisch-deutsche Eisenbahnpolitik bis zur Gegenwart.

1. Der Bau von Eisenbahnen durch Privatunternehmer war nach Erlaß des Ges. vom 3. November 1838 nur langsam vorgeschritten. Bis 1842 waren in Preußen erst 587 km Eisenbahnen gebaut und um dieselbe Zeit nur noch wenige Bahnen in Aussicht. Für eine Anzahl wichtiger Eisenbahnlinien, z. B. eine Bahn von der hannöverischen Grenze über Minden nach Köln, eine Bahn von Halle durch Thüringen nach dem Mittelrhein, eine Bahn von Berlin nach Königsberg und Danzig, von Frankfurt a. d. O. nach Breslau, von Posen nach Ostpreußen und Schlesien, fanden sich keine Unternehmer. Die Regierung hatte aber mehr und mehr sich von der Wichtigkeit der Eisenbahnen für die Hebung der Wohlfahrt des Landes überzeugt und der im Jahre 1840 auf den Thron gelangte König Friedrich Wilhelm IV. war schon als Kronprinz im Gegensatz zu seinem ängstlichen und bedächtigen Vater ein begeisterter Freund und Förderer des neuen Verkehrsmittels gewesen. Er war dem Drängen des Volkes auf Einführung einer Verfassung durch Berufung ständischer Ausschüsse der Provinziallandtage, der sog. Vereinigten ständischen Ausschüsse, entgegengekommen und ließ diesen eine Vorlage über die Förderung einer umfassenden Eisenbahnverbindung zwischen den Provinzen der Monarchie unter Beihilfe aus Staatsmitteln zugehen. Die Vorlage beschäftigte sich gleichzeitig mit der Gewährung eines Steuererlasses von jährlich 2 Mill. Thalern und die Regierung erbat das Gutachten der Vereinigten ständischen Ausschüsse darüber, ob dieser Steuererlaß in Gestalt einer Ermäßigung des Salzpreises (in Preußen bestand damals noch das Salzmonopol) gewährt werden oder ob die zur Verfügung stehende Summe zur Unterstützung des Eisenbahnbaues verwendet, oder ob beide Zwecke damit angestrebt werden sollten? Die Unterstützung des Eisenbahnbaues dachte man sich in Form einer Zinsbürgschaft von höchstens 31/2% für etwa 220 Meilen (1650 km) Eisenbahnen mit einem Anlagekapital von durchschnittlich 250.000 Talern f. d. Meile (100.000 M f. d. km). Bei den Beratungen der Vereinigten Ausschüsse sprach sich die überwiegende Mehrheit für die Förderung des Eisenbahnbaues aus und die Meinungen gingen nur darüber auseinander, ob diese Förderung durch Gewährung von Zinsbürgschaften oder durch Bau der Eisenbahnen vom Staat selbst zu erfolgen haben werde. Die Hälfte der Versammlung gab grundsätzlich dem Staatseisenbahnbau den Vorzug und der von der Regierung vorgeschlagene Weg der Zinsbürgschaft wurde nur aus dem Grund gutgeheißen, weil die Regierung auf das bestimmteste erklärte, daß die Aufnahme einer Staatsanleihe zum Zweck des Eisenbahnbaues mit Rücksicht auf die Bestimmungen der vorgedachten Verordnung vom 17. Januar 1820 nicht möglich sei. Durch Kabinettsorder vom 22. November 1842 (GS. S. 307) wurde, dem Gutachten der Vereinigten Ausschüsse entsprechend, sowohl die Ermäßigung der Salzpreise, als auch die Unterstützung des Eisenbahnbaues durch Gewährung von Zinsbürgschaften genehmigt, letztere unter dem Vorbehalt der Wiedererhöhung der Salzpreise, falls die Mittel des Staates für beide Zwecke nicht ausreichen sollten. Dieser Fall ist nicht eingetreten. Über die Höhe der hierauf für die Förderung des Eisenbahnbaues zu verwendenden Mittel wurde durch Kabinettsorder vom 28. April 1843 bestimmt, daß 1. ein Kapitalsfonds von 6 Mill. Talern aus den Überschüssen des Jahres 1842 gebildet; 2. von 1843 an ein jährlicher Betrag von zunächst 500.000 Talern bis höchstens 2 Mill. Talern zur Verfügung gestellt werden sollte1.

Durch Übernahme von Aktien und Gewährung von Zinsbürgschaften gelang es, bis zum Jahre 1847 die meisten der oben erwähnten sowie außerdem noch eine Bahn von Elberfeld nach Dortmund und von Köln über Aachen nach der belgischen Grenze teils in Angriff zu nehmen, teils zu stande zu bringen.

2. Der Gedanke, Eisenbahnen durch den Staat und auf Staatskosten bauen zu lassen, tritt zuerst deutlich hervor in der Denkschrift, die die Regierung mit einer kgl. Botschaft vom 28. März 1847 dem Vereinigten Landtag vorlegte. Zum Bau einer Berlin mit dem Osten

1 Vgl. hierzu und zum folgenden: Denkschrift, die Ausführung des Eisenbahnnetzes in Preußen betreffend. Anlage zur kgl. Botschaft vom 28. März 1847, abgedruckt bei Hoeper, Eisenbahnfinanzgesetzgebung, I, S. 79 ff.

ihren Abschluß. Die eigentliche Geschichte der P. zerfällt in 6 Abschnitte: 1. Die Zeit bis zu den Beratungen der Vereinigten ständischen Ausschüsse über die Unterstützung der Eisenbahnen durch Zinsbürgschaften (1838–1842); 2. das Zeitalter der Zinsbürgschaften bis zu den ersten Versuchen, die Eisenbahnen für den Staat zu erwerben, und der Ernennung v. d. Heydts zum Handelsminister (1842–1849); 3. die Eisenbahnpolitik der Minister v. d. Heydt und Graf Itzenplitz (1849–1873); 4. Ende der Privatbahnpolitik, Reichsbahnpolitik, Übergang zum Staatsbahnsystem in Preußen (1873–1879); 5. Durchführung des Staatsbahnsystems in Preußen (1879 bis zur Bildung der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft im Jahre 1896); 6. die preußisch-deutsche Eisenbahnpolitik bis zur Gegenwart.

1. Der Bau von Eisenbahnen durch Privatunternehmer war nach Erlaß des Ges. vom 3. November 1838 nur langsam vorgeschritten. Bis 1842 waren in Preußen erst 587 km Eisenbahnen gebaut und um dieselbe Zeit nur noch wenige Bahnen in Aussicht. Für eine Anzahl wichtiger Eisenbahnlinien, z. B. eine Bahn von der hannöverischen Grenze über Minden nach Köln, eine Bahn von Halle durch Thüringen nach dem Mittelrhein, eine Bahn von Berlin nach Königsberg und Danzig, von Frankfurt a. d. O. nach Breslau, von Posen nach Ostpreußen und Schlesien, fanden sich keine Unternehmer. Die Regierung hatte aber mehr und mehr sich von der Wichtigkeit der Eisenbahnen für die Hebung der Wohlfahrt des Landes überzeugt und der im Jahre 1840 auf den Thron gelangte König Friedrich Wilhelm IV. war schon als Kronprinz im Gegensatz zu seinem ängstlichen und bedächtigen Vater ein begeisterter Freund und Förderer des neuen Verkehrsmittels gewesen. Er war dem Drängen des Volkes auf Einführung einer Verfassung durch Berufung ständischer Ausschüsse der Provinziallandtage, der sog. Vereinigten ständischen Ausschüsse, entgegengekommen und ließ diesen eine Vorlage über die Förderung einer umfassenden Eisenbahnverbindung zwischen den Provinzen der Monarchie unter Beihilfe aus Staatsmitteln zugehen. Die Vorlage beschäftigte sich gleichzeitig mit der Gewährung eines Steuererlasses von jährlich 2 Mill. Thalern und die Regierung erbat das Gutachten der Vereinigten ständischen Ausschüsse darüber, ob dieser Steuererlaß in Gestalt einer Ermäßigung des Salzpreises (in Preußen bestand damals noch das Salzmonopol) gewährt werden oder ob die zur Verfügung stehende Summe zur Unterstützung des Eisenbahnbaues verwendet, oder ob beide Zwecke damit angestrebt werden sollten? Die Unterstützung des Eisenbahnbaues dachte man sich in Form einer Zinsbürgschaft von höchstens 31/2% für etwa 220 Meilen (1650 km) Eisenbahnen mit einem Anlagekapital von durchschnittlich 250.000 Talern f. d. Meile (100.000 M f. d. km). Bei den Beratungen der Vereinigten Ausschüsse sprach sich die überwiegende Mehrheit für die Förderung des Eisenbahnbaues aus und die Meinungen gingen nur darüber auseinander, ob diese Förderung durch Gewährung von Zinsbürgschaften oder durch Bau der Eisenbahnen vom Staat selbst zu erfolgen haben werde. Die Hälfte der Versammlung gab grundsätzlich dem Staatseisenbahnbau den Vorzug und der von der Regierung vorgeschlagene Weg der Zinsbürgschaft wurde nur aus dem Grund gutgeheißen, weil die Regierung auf das bestimmteste erklärte, daß die Aufnahme einer Staatsanleihe zum Zweck des Eisenbahnbaues mit Rücksicht auf die Bestimmungen der vorgedachten Verordnung vom 17. Januar 1820 nicht möglich sei. Durch Kabinettsorder vom 22. November 1842 (GS. S. 307) wurde, dem Gutachten der Vereinigten Ausschüsse entsprechend, sowohl die Ermäßigung der Salzpreise, als auch die Unterstützung des Eisenbahnbaues durch Gewährung von Zinsbürgschaften genehmigt, letztere unter dem Vorbehalt der Wiedererhöhung der Salzpreise, falls die Mittel des Staates für beide Zwecke nicht ausreichen sollten. Dieser Fall ist nicht eingetreten. Über die Höhe der hierauf für die Förderung des Eisenbahnbaues zu verwendenden Mittel wurde durch Kabinettsorder vom 28. April 1843 bestimmt, daß 1. ein Kapitalsfonds von 6 Mill. Talern aus den Überschüssen des Jahres 1842 gebildet; 2. von 1843 an ein jährlicher Betrag von zunächst 500.000 Talern bis höchstens 2 Mill. Talern zur Verfügung gestellt werden sollte1.

Durch Übernahme von Aktien und Gewährung von Zinsbürgschaften gelang es, bis zum Jahre 1847 die meisten der oben erwähnten sowie außerdem noch eine Bahn von Elberfeld nach Dortmund und von Köln über Aachen nach der belgischen Grenze teils in Angriff zu nehmen, teils zu stande zu bringen.

2. Der Gedanke, Eisenbahnen durch den Staat und auf Staatskosten bauen zu lassen, tritt zuerst deutlich hervor in der Denkschrift, die die Regierung mit einer kgl. Botschaft vom 28. März 1847 dem Vereinigten Landtag vorlegte. Zum Bau einer Berlin mit dem Osten

1 Vgl. hierzu und zum folgenden: Denkschrift, die Ausführung des Eisenbahnnetzes in Preußen betreffend. Anlage zur kgl. Botschaft vom 28. März 1847, abgedruckt bei Hoeper, Eisenbahnfinanzgesetzgebung, I, S. 79 ff.
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[118/0131] ihren Abschluß. Die eigentliche Geschichte der P. zerfällt in 6 Abschnitte: 1. Die Zeit bis zu den Beratungen der Vereinigten ständischen Ausschüsse über die Unterstützung der Eisenbahnen durch Zinsbürgschaften (1838–1842); 2. das Zeitalter der Zinsbürgschaften bis zu den ersten Versuchen, die Eisenbahnen für den Staat zu erwerben, und der Ernennung v. d. Heydts zum Handelsminister (1842–1849); 3. die Eisenbahnpolitik der Minister v. d. Heydt und Graf Itzenplitz (1849–1873); 4. Ende der Privatbahnpolitik, Reichsbahnpolitik, Übergang zum Staatsbahnsystem in Preußen (1873–1879); 5. Durchführung des Staatsbahnsystems in Preußen (1879 bis zur Bildung der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft im Jahre 1896); 6. die preußisch-deutsche Eisenbahnpolitik bis zur Gegenwart. 1. Der Bau von Eisenbahnen durch Privatunternehmer war nach Erlaß des Ges. vom 3. November 1838 nur langsam vorgeschritten. Bis 1842 waren in Preußen erst 587 km Eisenbahnen gebaut und um dieselbe Zeit nur noch wenige Bahnen in Aussicht. Für eine Anzahl wichtiger Eisenbahnlinien, z. B. eine Bahn von der hannöverischen Grenze über Minden nach Köln, eine Bahn von Halle durch Thüringen nach dem Mittelrhein, eine Bahn von Berlin nach Königsberg und Danzig, von Frankfurt a. d. O. nach Breslau, von Posen nach Ostpreußen und Schlesien, fanden sich keine Unternehmer. Die Regierung hatte aber mehr und mehr sich von der Wichtigkeit der Eisenbahnen für die Hebung der Wohlfahrt des Landes überzeugt und der im Jahre 1840 auf den Thron gelangte König Friedrich Wilhelm IV. war schon als Kronprinz im Gegensatz zu seinem ängstlichen und bedächtigen Vater ein begeisterter Freund und Förderer des neuen Verkehrsmittels gewesen. Er war dem Drängen des Volkes auf Einführung einer Verfassung durch Berufung ständischer Ausschüsse der Provinziallandtage, der sog. Vereinigten ständischen Ausschüsse, entgegengekommen und ließ diesen eine Vorlage über die Förderung einer umfassenden Eisenbahnverbindung zwischen den Provinzen der Monarchie unter Beihilfe aus Staatsmitteln zugehen. Die Vorlage beschäftigte sich gleichzeitig mit der Gewährung eines Steuererlasses von jährlich 2 Mill. Thalern und die Regierung erbat das Gutachten der Vereinigten ständischen Ausschüsse darüber, ob dieser Steuererlaß in Gestalt einer Ermäßigung des Salzpreises (in Preußen bestand damals noch das Salzmonopol) gewährt werden oder ob die zur Verfügung stehende Summe zur Unterstützung des Eisenbahnbaues verwendet, oder ob beide Zwecke damit angestrebt werden sollten? Die Unterstützung des Eisenbahnbaues dachte man sich in Form einer Zinsbürgschaft von höchstens 31/2% für etwa 220 Meilen (1650 km) Eisenbahnen mit einem Anlagekapital von durchschnittlich 250.000 Talern f. d. Meile (100.000 M f. d. km). Bei den Beratungen der Vereinigten Ausschüsse sprach sich die überwiegende Mehrheit für die Förderung des Eisenbahnbaues aus und die Meinungen gingen nur darüber auseinander, ob diese Förderung durch Gewährung von Zinsbürgschaften oder durch Bau der Eisenbahnen vom Staat selbst zu erfolgen haben werde. Die Hälfte der Versammlung gab grundsätzlich dem Staatseisenbahnbau den Vorzug und der von der Regierung vorgeschlagene Weg der Zinsbürgschaft wurde nur aus dem Grund gutgeheißen, weil die Regierung auf das bestimmteste erklärte, daß die Aufnahme einer Staatsanleihe zum Zweck des Eisenbahnbaues mit Rücksicht auf die Bestimmungen der vorgedachten Verordnung vom 17. Januar 1820 nicht möglich sei. Durch Kabinettsorder vom 22. November 1842 (GS. S. 307) wurde, dem Gutachten der Vereinigten Ausschüsse entsprechend, sowohl die Ermäßigung der Salzpreise, als auch die Unterstützung des Eisenbahnbaues durch Gewährung von Zinsbürgschaften genehmigt, letztere unter dem Vorbehalt der Wiedererhöhung der Salzpreise, falls die Mittel des Staates für beide Zwecke nicht ausreichen sollten. Dieser Fall ist nicht eingetreten. Über die Höhe der hierauf für die Förderung des Eisenbahnbaues zu verwendenden Mittel wurde durch Kabinettsorder vom 28. April 1843 bestimmt, daß 1. ein Kapitalsfonds von 6 Mill. Talern aus den Überschüssen des Jahres 1842 gebildet; 2. von 1843 an ein jährlicher Betrag von zunächst 500.000 Talern bis höchstens 2 Mill. Talern zur Verfügung gestellt werden sollte 1. Durch Übernahme von Aktien und Gewährung von Zinsbürgschaften gelang es, bis zum Jahre 1847 die meisten der oben erwähnten sowie außerdem noch eine Bahn von Elberfeld nach Dortmund und von Köln über Aachen nach der belgischen Grenze teils in Angriff zu nehmen, teils zu stande zu bringen. 2. Der Gedanke, Eisenbahnen durch den Staat und auf Staatskosten bauen zu lassen, tritt zuerst deutlich hervor in der Denkschrift, die die Regierung mit einer kgl. Botschaft vom 28. März 1847 dem Vereinigten Landtag vorlegte. Zum Bau einer Berlin mit dem Osten 1 Vgl. hierzu und zum folgenden: Denkschrift, die Ausführung des Eisenbahnnetzes in Preußen betreffend. Anlage zur kgl. Botschaft vom 28. März 1847, abgedruckt bei Hoeper, Eisenbahnfinanzgesetzgebung, I, S. 79 ff.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/131>, abgerufen am 01.11.2024.