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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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Es war aber immerhin der Anfang gemacht und dabei gleich die wichtigste Bahn des Reiches, die Nicolai-Bahn (s. d.), erbaut. Ihre Bedeutung lag nicht nur in der Verbindung der beiden Residenzen, sondern vor allem darin, daß sie damals und bis in die Gegenwart eine außerordentlich große Bedeutung für Handel, Industrie und Verkehr hat, denn Moskau ist bis in die neueste Zeit immer noch der Stapelplatz nicht nur für einen sehr großen Teil der Produktion des europäischen, sondern vor allem auch der ausgedehnten asiatischen Besitzungen Rußlands.

Der Krimkrieg unterbrach jegliche Bautätigkeit. Nach dem Frieden (1856) mußte Rußland auch auf wirtschaftlichem Gebiet die Folgen des unglücklichen Krieges tragen. Im Eisenbahnbau trat unter der Regierung Alexanders II. (1855-1881) dies scharf durch das Verlassen des bis dahin beschrittenen Weges des Staatseisenbahnbaues und -betriebes in die Erscheinung. Die Verhältnisse zwangen die Staatsregierung, der Privatunternehmung, dem Privatkapital das Feld zu räumen (s. weiter: Entwicklung der Privateisenbahnen im europäischen Rußland, S. 262 ff.). Diese private Bautätigkeit erfuhr allerdings in gewissem Sinne eine kurze Unterbrechung infolge davon, daß einzelne Gesellschaften, die den Bau wichtiger und großer Linien übernommen hatten, die eingegangenen Verpflichtungen schon bei Begründung der Gesellschaften (Beschaffung des Kapitals) nicht erfüllen konnten oder denen während der Bauausführung selbst die Mittel zur Durchführung des übernommenen Baues ausgingen. Wollte der Staat nicht auf halbem Wege stehen bleiben, so mußte er Sich entschließen, selbst Hand ans Werk zu legen. Das geschah, und so entstanden mitten in diesem Zeitabschnitt die Bahnen Odessa-Kiew, Moskau-Orel-Kursk u. s. w. (s. Tabelle I, S. 272 u. 273). Durch dieses Vorgehen wurde zeitweilig die Anzahl der staatlich erbauten und verwalteten Bahnen erheblich gesteigert. Aber schon 1871 waren auch diese Bahnen bereits wieder in den Besitz von Privatbahngesellschaften durch Verkauf gekommen und damit der Grundsatz, der Bahnbau solle der Privatunternehmung vorbehalten bleiben, wieder zur vollen Geltung gekommen. Der Bau der Privatbahnen war aber keineswegs unterbrochen, vielmehr war er sehr lebhaft (s. Tabelle I, S. 272 u. 273), bis unerwartet 1877 der Orientkrieg ausbrach. Nun kam es darauf an, daß die Bahnen den Beweis erbringen sollten, daß sie dem Land die großen Dienste zu leisten vermochten, die von ihnen erwartet werden mußten. Die Tatsachen sprachen gegen den Privatbahnbetrieb. Die Zerrissenheit des europäischen Eisenbahnnetzes erschwerte eine einheitliche, schnelle Durchführung im Krieg notwendig gewordener Maßnahmen sehr erheblich, wodurch die Schlagfertigkeit der Armee litt. Das wurde natürlich vom Kaiser schwer empfunden. Dazu kam ein weiteres Ereignis.

Im Jahre 1876 hatte Alexander II. dem Grafen Baranow den Auftrag erteilt, das Eisenbahnwesen Rußlands gründlich zu erforschen, festzustellen, ob die vielen Anschuldigungen berechtigt seien, Vorschläge zu machen, wie vorhandenen Mißständen entgegengetreten werden könne, zu ermitteln, ob die Eisenbahnen dem Handel und der Industrie den erwarteten Nutzen brächten, ob sie durch Wettbewerb einander Schaden zufügten, der schließlich durch den Staat ausgeglichen werden müßte, ob der Getreidehandel durch sie die dringend notwendige Förderung erfahre, ob die gegenwärtige Privateisenbahn Wirtschaft ohne Bedenken beibehalten werden könne, wie das Eisenbahnnetz weiter auszubauen wäre u. s. w. Kurz, Graf Baranow, eine der nächsten Vertrauenspersonen des Kaisers, sollte das gesamte Eisenbahnwesen prüfen und sein Urteil unmittelbar dem Kaiser vortragen. Die umfangreiche Aufgabe sollte Graf Baranow mit Hilfe der Allerhöchst niedergesetzten Kommission zur Erforschung des gesamten Eisenbahnwesens Rußlands lösen.

Aus dem Befehl der Einsetzung der Kommission ging klar hervor, daß Alexander II. einen ungeschminkten Bericht über den Zustand des Eisenbahnwesens zu erhalten wünschte. Und der Graf Baranow, evangelisch und deutscher Balte, war der Mann diesen Wunsch erfüllen zu können. Die Arbeiten der Kommission fanden allerdings erst unter der Regierung Alexanders III. am Tage der Bestätigung des "Allgemeinen Statuts für die russischen Eisenbahnen" am 12. August 1885 ihren Abschluß, aber Alexander II. hat in regelmäßigen Zeitabschnitten über den Fortgang der Arbeiten und das Ergebnis der Untersuchungen Berichte



Es war aber immerhin der Anfang gemacht und dabei gleich die wichtigste Bahn des Reiches, die Nicolai-Bahn (s. d.), erbaut. Ihre Bedeutung lag nicht nur in der Verbindung der beiden Residenzen, sondern vor allem darin, daß sie damals und bis in die Gegenwart eine außerordentlich große Bedeutung für Handel, Industrie und Verkehr hat, denn Moskau ist bis in die neueste Zeit immer noch der Stapelplatz nicht nur für einen sehr großen Teil der Produktion des europäischen, sondern vor allem auch der ausgedehnten asiatischen Besitzungen Rußlands.

Der Krimkrieg unterbrach jegliche Bautätigkeit. Nach dem Frieden (1856) mußte Rußland auch auf wirtschaftlichem Gebiet die Folgen des unglücklichen Krieges tragen. Im Eisenbahnbau trat unter der Regierung Alexanders II. (1855–1881) dies scharf durch das Verlassen des bis dahin beschrittenen Weges des Staatseisenbahnbaues und -betriebes in die Erscheinung. Die Verhältnisse zwangen die Staatsregierung, der Privatunternehmung, dem Privatkapital das Feld zu räumen (s. weiter: Entwicklung der Privateisenbahnen im europäischen Rußland, S. 262 ff.). Diese private Bautätigkeit erfuhr allerdings in gewissem Sinne eine kurze Unterbrechung infolge davon, daß einzelne Gesellschaften, die den Bau wichtiger und großer Linien übernommen hatten, die eingegangenen Verpflichtungen schon bei Begründung der Gesellschaften (Beschaffung des Kapitals) nicht erfüllen konnten oder denen während der Bauausführung selbst die Mittel zur Durchführung des übernommenen Baues ausgingen. Wollte der Staat nicht auf halbem Wege stehen bleiben, so mußte er Sich entschließen, selbst Hand ans Werk zu legen. Das geschah, und so entstanden mitten in diesem Zeitabschnitt die Bahnen Odessa-Kiew, Moskau-Orel-Kursk u. s. w. (s. Tabelle I, S. 272 u. 273). Durch dieses Vorgehen wurde zeitweilig die Anzahl der staatlich erbauten und verwalteten Bahnen erheblich gesteigert. Aber schon 1871 waren auch diese Bahnen bereits wieder in den Besitz von Privatbahngesellschaften durch Verkauf gekommen und damit der Grundsatz, der Bahnbau solle der Privatunternehmung vorbehalten bleiben, wieder zur vollen Geltung gekommen. Der Bau der Privatbahnen war aber keineswegs unterbrochen, vielmehr war er sehr lebhaft (s. Tabelle I, S. 272 u. 273), bis unerwartet 1877 der Orientkrieg ausbrach. Nun kam es darauf an, daß die Bahnen den Beweis erbringen sollten, daß sie dem Land die großen Dienste zu leisten vermochten, die von ihnen erwartet werden mußten. Die Tatsachen sprachen gegen den Privatbahnbetrieb. Die Zerrissenheit des europäischen Eisenbahnnetzes erschwerte eine einheitliche, schnelle Durchführung im Krieg notwendig gewordener Maßnahmen sehr erheblich, wodurch die Schlagfertigkeit der Armee litt. Das wurde natürlich vom Kaiser schwer empfunden. Dazu kam ein weiteres Ereignis.

Im Jahre 1876 hatte Alexander II. dem Grafen Baranow den Auftrag erteilt, das Eisenbahnwesen Rußlands gründlich zu erforschen, festzustellen, ob die vielen Anschuldigungen berechtigt seien, Vorschläge zu machen, wie vorhandenen Mißständen entgegengetreten werden könne, zu ermitteln, ob die Eisenbahnen dem Handel und der Industrie den erwarteten Nutzen brächten, ob sie durch Wettbewerb einander Schaden zufügten, der schließlich durch den Staat ausgeglichen werden müßte, ob der Getreidehandel durch sie die dringend notwendige Förderung erfahre, ob die gegenwärtige Privateisenbahn Wirtschaft ohne Bedenken beibehalten werden könne, wie das Eisenbahnnetz weiter auszubauen wäre u. s. w. Kurz, Graf Baranow, eine der nächsten Vertrauenspersonen des Kaisers, sollte das gesamte Eisenbahnwesen prüfen und sein Urteil unmittelbar dem Kaiser vortragen. Die umfangreiche Aufgabe sollte Graf Baranow mit Hilfe der Allerhöchst niedergesetzten Kommission zur Erforschung des gesamten Eisenbahnwesens Rußlands lösen.

Aus dem Befehl der Einsetzung der Kommission ging klar hervor, daß Alexander II. einen ungeschminkten Bericht über den Zustand des Eisenbahnwesens zu erhalten wünschte. Und der Graf Baranow, evangelisch und deutscher Balte, war der Mann diesen Wunsch erfüllen zu können. Die Arbeiten der Kommission fanden allerdings erst unter der Regierung Alexanders III. am Tage der Bestätigung des „Allgemeinen Statuts für die russischen Eisenbahnen“ am 12. August 1885 ihren Abschluß, aber Alexander II. hat in regelmäßigen Zeitabschnitten über den Fortgang der Arbeiten und das Ergebnis der Untersuchungen Berichte

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[257/0272] Es war aber immerhin der Anfang gemacht und dabei gleich die wichtigste Bahn des Reiches, die Nicolai-Bahn (s. d.), erbaut. Ihre Bedeutung lag nicht nur in der Verbindung der beiden Residenzen, sondern vor allem darin, daß sie damals und bis in die Gegenwart eine außerordentlich große Bedeutung für Handel, Industrie und Verkehr hat, denn Moskau ist bis in die neueste Zeit immer noch der Stapelplatz nicht nur für einen sehr großen Teil der Produktion des europäischen, sondern vor allem auch der ausgedehnten asiatischen Besitzungen Rußlands. Der Krimkrieg unterbrach jegliche Bautätigkeit. Nach dem Frieden (1856) mußte Rußland auch auf wirtschaftlichem Gebiet die Folgen des unglücklichen Krieges tragen. Im Eisenbahnbau trat unter der Regierung Alexanders II. (1855–1881) dies scharf durch das Verlassen des bis dahin beschrittenen Weges des Staatseisenbahnbaues und -betriebes in die Erscheinung. Die Verhältnisse zwangen die Staatsregierung, der Privatunternehmung, dem Privatkapital das Feld zu räumen (s. weiter: Entwicklung der Privateisenbahnen im europäischen Rußland, S. 262 ff.). Diese private Bautätigkeit erfuhr allerdings in gewissem Sinne eine kurze Unterbrechung infolge davon, daß einzelne Gesellschaften, die den Bau wichtiger und großer Linien übernommen hatten, die eingegangenen Verpflichtungen schon bei Begründung der Gesellschaften (Beschaffung des Kapitals) nicht erfüllen konnten oder denen während der Bauausführung selbst die Mittel zur Durchführung des übernommenen Baues ausgingen. Wollte der Staat nicht auf halbem Wege stehen bleiben, so mußte er Sich entschließen, selbst Hand ans Werk zu legen. Das geschah, und so entstanden mitten in diesem Zeitabschnitt die Bahnen Odessa-Kiew, Moskau-Orel-Kursk u. s. w. (s. Tabelle I, S. 272 u. 273). Durch dieses Vorgehen wurde zeitweilig die Anzahl der staatlich erbauten und verwalteten Bahnen erheblich gesteigert. Aber schon 1871 waren auch diese Bahnen bereits wieder in den Besitz von Privatbahngesellschaften durch Verkauf gekommen und damit der Grundsatz, der Bahnbau solle der Privatunternehmung vorbehalten bleiben, wieder zur vollen Geltung gekommen. Der Bau der Privatbahnen war aber keineswegs unterbrochen, vielmehr war er sehr lebhaft (s. Tabelle I, S. 272 u. 273), bis unerwartet 1877 der Orientkrieg ausbrach. Nun kam es darauf an, daß die Bahnen den Beweis erbringen sollten, daß sie dem Land die großen Dienste zu leisten vermochten, die von ihnen erwartet werden mußten. Die Tatsachen sprachen gegen den Privatbahnbetrieb. Die Zerrissenheit des europäischen Eisenbahnnetzes erschwerte eine einheitliche, schnelle Durchführung im Krieg notwendig gewordener Maßnahmen sehr erheblich, wodurch die Schlagfertigkeit der Armee litt. Das wurde natürlich vom Kaiser schwer empfunden. Dazu kam ein weiteres Ereignis. Im Jahre 1876 hatte Alexander II. dem Grafen Baranow den Auftrag erteilt, das Eisenbahnwesen Rußlands gründlich zu erforschen, festzustellen, ob die vielen Anschuldigungen berechtigt seien, Vorschläge zu machen, wie vorhandenen Mißständen entgegengetreten werden könne, zu ermitteln, ob die Eisenbahnen dem Handel und der Industrie den erwarteten Nutzen brächten, ob sie durch Wettbewerb einander Schaden zufügten, der schließlich durch den Staat ausgeglichen werden müßte, ob der Getreidehandel durch sie die dringend notwendige Förderung erfahre, ob die gegenwärtige Privateisenbahn Wirtschaft ohne Bedenken beibehalten werden könne, wie das Eisenbahnnetz weiter auszubauen wäre u. s. w. Kurz, Graf Baranow, eine der nächsten Vertrauenspersonen des Kaisers, sollte das gesamte Eisenbahnwesen prüfen und sein Urteil unmittelbar dem Kaiser vortragen. Die umfangreiche Aufgabe sollte Graf Baranow mit Hilfe der Allerhöchst niedergesetzten Kommission zur Erforschung des gesamten Eisenbahnwesens Rußlands lösen. Aus dem Befehl der Einsetzung der Kommission ging klar hervor, daß Alexander II. einen ungeschminkten Bericht über den Zustand des Eisenbahnwesens zu erhalten wünschte. Und der Graf Baranow, evangelisch und deutscher Balte, war der Mann diesen Wunsch erfüllen zu können. Die Arbeiten der Kommission fanden allerdings erst unter der Regierung Alexanders III. am Tage der Bestätigung des „Allgemeinen Statuts für die russischen Eisenbahnen“ am 12. August 1885 ihren Abschluß, aber Alexander II. hat in regelmäßigen Zeitabschnitten über den Fortgang der Arbeiten und das Ergebnis der Untersuchungen Berichte

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/272>, abgerufen am 01.11.2024.