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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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erhalten, die ihn erkennen ließen, daß die Eisenbahnen, wie sie damals von den Gesellschaften verwaltet und betrieben wurden, dem Land nicht in dem Sinn dienstbar waren, als das unbedingt für eine gesunde Entwicklung von Handel, Industrie und namentlich der Landwirtschaft notwendig ist. Dies bewies all das Durcheinander der Wettbewerbsverhältnisse mit den unerhörten Tarifunterbietungen, die Rechtlosigkeit der Versender gegenüber den Eisenbahnverwaltungen, die selbst, ohne Mitwirkung der Aufsichtsbehörde, ihre Transportbedingungen festsetzten, wobei sie eigenbeliebig die Verantwortung abgrenzten, ebenso auch das gesetzlich ganz und gar nicht geordnete Verhältnis zum Staat, der vielen Gesellschaften gegenüber wohl die Pflicht hatte, die garantierten Zinsbeträge zur Verfügung zu stellen, aber nicht das Recht genoß, das Budget durchzusehen und zu bestätigen.

Der Einblick, den Alexander II. aus den Berichten des Grafen Baranow gewann, mag nicht wenig dazu beigetragen haben, daß er sein Ohr Vorschlägen öffnete, die geeignet erschienen, bessere Verhältnisse zu schaffen. Dazu war es vor allen Dingen unerläßlich, daß die Beziehungen der Eisenbahngesellschaften zum Staat und zu Handel und Industrie eine feste, gesetzliche Regelung erhielten. Es war denn auch das wichtigste Ergebnis der Kommissionsarbeiten, daß ein Entwurf zu einem Eisenbahngesetz ausgearbeitet und vorgelegt werden konnte. Wie nun auch dieses Ges. vom 12. Juni 1885 ausgefallen sein mag, und die Folgezeit hat gelehrt, daß seine Fassung nach Inhalt und Form viele Änderungen erfahren mußte, eine Folge hat es aber trotz aller Mängel gehabt, es schuf klare Verhältnisse und schaltete die bis dahin blühende Willkürwirtschaft der Eisenbahngesellschaften aus. Auch in organisatorischer Beziehung griff das Gesetz durch die ihm vorausgeschickte "Verordnung über den Eisenbahn-Rat", der neu geschaffen wurde und dem wichtige Obliegenheiten übertragen wurden, sehr einschneidend in die bisherige Ordnung der Dinge ein.

So war es immer klarer geworden, daß die Eisenbahnen mehr gesetzlich geregelt und vom Staat beaufsichtigt werden müßten; es war nur noch ein weiterer Schritt zu der Auffassung, daß am geeignetsten die Eisenbahnen vom Staat selbst zu verwalten seien.

Daß dieses Abschwenken von dem bisherigen Weg nur nach sehr sorgsamen Erwägungen und unter dem Druck der obwaltenden Verhältnisse zu stände gekommen ist, darf ohneweiters angenommen werden. Dieser Druck wurde hier sehr verschärft durch die außerordentlich hohen Garantiezahlungen (s. Finanzierung, S. 267), nicht minder durch den wirtschaftlichen Wettbewerb unter den Privatbahngesellschaften. Zwischen der Erkenntnis der Notwendigkeit, die alte Übung verlassen zu müssen, und dem tatsächlichen Beschreiten des neuen Weges lag natürlich eine geraume Zeit. Zunächst wurde durch Gesetz (1873) für die sich neubildenden Gesellschaften eine stramme Beaufsichtigung und Kontrolle eingeführt, ferner bestimmt, daß alle Vorarbeiten zu Neubauten von der Regierung auszuführen sind, daß die Bahnen in Zukunft entweder vom Staat selbst oder unter seiner Aufsicht von Gesellschaften erbaut werden sollen und daß in der Direktion jeder Gesellschaft Vertreter der Regierung als Direktoren bestellt sein müssen. Diese Bestimmungen konnten nur für die Zukunft wirksam werden, soweit neue Satzungen zu genehmigen waren. Es war durch dieses Gesetz aber anerkannt, daß die bisher geübte Praxis den Gesellschaften zu weitgehende Vollmachten gegeben hatte. War es der Finanzverwaltung anfänglich nur möglich geworden, unter großen Opfern an Geld und unter Gewährung weitgehender Freiheiten und Vollmachten an die Gesellschaften den Bau der dringend notwendigen Bahnen zu ermöglichen, so hatten sich inzwischen die Verhältnisse zu gunsten der Regierung so weit geändert, daß die Rückkehr zu dem verlassenen Staatsbahnsystem in erreichbare Nähe gerückt schien. Aber trotz alledem konnte die Regierung doch erst 1881 zu dem Versuch schreiten, selbst wieder den Bau von Bahnen in die Hand zu nehmen. Kaiser Alexander II. hat noch den Bau der Baskuntschak- und der West-Donez-(Kriworog-) Bahnen als Staatsbahnen genehmigt (1881). Das hierbei erzielte günstige finanzielle Ergebnis war dann maßgebend dafür, daß die Regierung auf diesem Weg weiterging. Von jetzt ab wurde der Bau durch den Staat vorerst die Regel.

Fast gleichzeitig entschloß sich dann die Regierung dazu, noch einen Schritt weiter zu gehen und den Erwerb der Privatbahnen in geeigneten Fällen in die Wege zu leiten (1881). Einen solchen Fall bot die Charkow-Nikolajew-Bahn, die wirtschaftlich sehr schlecht stand und deren Aktien sich bereits zu 4/5 im Besitz des Staates befanden. Damit schloß die Regierungszeit Kaiser Alexanders II.

Wenn man noch hinzunimmt, was während dieser Regierung auf dem Gebiet des Ausbaues eines asiatischen Eisenbahnnetzes vorbereitend (s. Eisenbahnbau im asiatischen Rußland, S. 267) geschehen ist, und sich dabei vergegenwärtigt, daß 1881 rd. 21.543 Werst (= 22.986 km) im

erhalten, die ihn erkennen ließen, daß die Eisenbahnen, wie sie damals von den Gesellschaften verwaltet und betrieben wurden, dem Land nicht in dem Sinn dienstbar waren, als das unbedingt für eine gesunde Entwicklung von Handel, Industrie und namentlich der Landwirtschaft notwendig ist. Dies bewies all das Durcheinander der Wettbewerbsverhältnisse mit den unerhörten Tarifunterbietungen, die Rechtlosigkeit der Versender gegenüber den Eisenbahnverwaltungen, die selbst, ohne Mitwirkung der Aufsichtsbehörde, ihre Transportbedingungen festsetzten, wobei sie eigenbeliebig die Verantwortung abgrenzten, ebenso auch das gesetzlich ganz und gar nicht geordnete Verhältnis zum Staat, der vielen Gesellschaften gegenüber wohl die Pflicht hatte, die garantierten Zinsbeträge zur Verfügung zu stellen, aber nicht das Recht genoß, das Budget durchzusehen und zu bestätigen.

Der Einblick, den Alexander II. aus den Berichten des Grafen Baranow gewann, mag nicht wenig dazu beigetragen haben, daß er sein Ohr Vorschlägen öffnete, die geeignet erschienen, bessere Verhältnisse zu schaffen. Dazu war es vor allen Dingen unerläßlich, daß die Beziehungen der Eisenbahngesellschaften zum Staat und zu Handel und Industrie eine feste, gesetzliche Regelung erhielten. Es war denn auch das wichtigste Ergebnis der Kommissionsarbeiten, daß ein Entwurf zu einem Eisenbahngesetz ausgearbeitet und vorgelegt werden konnte. Wie nun auch dieses Ges. vom 12. Juni 1885 ausgefallen sein mag, und die Folgezeit hat gelehrt, daß seine Fassung nach Inhalt und Form viele Änderungen erfahren mußte, eine Folge hat es aber trotz aller Mängel gehabt, es schuf klare Verhältnisse und schaltete die bis dahin blühende Willkürwirtschaft der Eisenbahngesellschaften aus. Auch in organisatorischer Beziehung griff das Gesetz durch die ihm vorausgeschickte „Verordnung über den Eisenbahn-Rat“, der neu geschaffen wurde und dem wichtige Obliegenheiten übertragen wurden, sehr einschneidend in die bisherige Ordnung der Dinge ein.

So war es immer klarer geworden, daß die Eisenbahnen mehr gesetzlich geregelt und vom Staat beaufsichtigt werden müßten; es war nur noch ein weiterer Schritt zu der Auffassung, daß am geeignetsten die Eisenbahnen vom Staat selbst zu verwalten seien.

Daß dieses Abschwenken von dem bisherigen Weg nur nach sehr sorgsamen Erwägungen und unter dem Druck der obwaltenden Verhältnisse zu stände gekommen ist, darf ohneweiters angenommen werden. Dieser Druck wurde hier sehr verschärft durch die außerordentlich hohen Garantiezahlungen (s. Finanzierung, S. 267), nicht minder durch den wirtschaftlichen Wettbewerb unter den Privatbahngesellschaften. Zwischen der Erkenntnis der Notwendigkeit, die alte Übung verlassen zu müssen, und dem tatsächlichen Beschreiten des neuen Weges lag natürlich eine geraume Zeit. Zunächst wurde durch Gesetz (1873) für die sich neubildenden Gesellschaften eine stramme Beaufsichtigung und Kontrolle eingeführt, ferner bestimmt, daß alle Vorarbeiten zu Neubauten von der Regierung auszuführen sind, daß die Bahnen in Zukunft entweder vom Staat selbst oder unter seiner Aufsicht von Gesellschaften erbaut werden sollen und daß in der Direktion jeder Gesellschaft Vertreter der Regierung als Direktoren bestellt sein müssen. Diese Bestimmungen konnten nur für die Zukunft wirksam werden, soweit neue Satzungen zu genehmigen waren. Es war durch dieses Gesetz aber anerkannt, daß die bisher geübte Praxis den Gesellschaften zu weitgehende Vollmachten gegeben hatte. War es der Finanzverwaltung anfänglich nur möglich geworden, unter großen Opfern an Geld und unter Gewährung weitgehender Freiheiten und Vollmachten an die Gesellschaften den Bau der dringend notwendigen Bahnen zu ermöglichen, so hatten sich inzwischen die Verhältnisse zu gunsten der Regierung so weit geändert, daß die Rückkehr zu dem verlassenen Staatsbahnsystem in erreichbare Nähe gerückt schien. Aber trotz alledem konnte die Regierung doch erst 1881 zu dem Versuch schreiten, selbst wieder den Bau von Bahnen in die Hand zu nehmen. Kaiser Alexander II. hat noch den Bau der Baskuntschak- und der West-Donez-(Kriworog-) Bahnen als Staatsbahnen genehmigt (1881). Das hierbei erzielte günstige finanzielle Ergebnis war dann maßgebend dafür, daß die Regierung auf diesem Weg weiterging. Von jetzt ab wurde der Bau durch den Staat vorerst die Regel.

Fast gleichzeitig entschloß sich dann die Regierung dazu, noch einen Schritt weiter zu gehen und den Erwerb der Privatbahnen in geeigneten Fällen in die Wege zu leiten (1881). Einen solchen Fall bot die Charkow-Nikolajew-Bahn, die wirtschaftlich sehr schlecht stand und deren Aktien sich bereits zu 4/5 im Besitz des Staates befanden. Damit schloß die Regierungszeit Kaiser Alexanders II.

Wenn man noch hinzunimmt, was während dieser Regierung auf dem Gebiet des Ausbaues eines asiatischen Eisenbahnnetzes vorbereitend (s. Eisenbahnbau im asiatischen Rußland, S. 267) geschehen ist, und sich dabei vergegenwärtigt, daß 1881 rd. 21.543 Werst (= 22.986 km) im

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[258/0273] erhalten, die ihn erkennen ließen, daß die Eisenbahnen, wie sie damals von den Gesellschaften verwaltet und betrieben wurden, dem Land nicht in dem Sinn dienstbar waren, als das unbedingt für eine gesunde Entwicklung von Handel, Industrie und namentlich der Landwirtschaft notwendig ist. Dies bewies all das Durcheinander der Wettbewerbsverhältnisse mit den unerhörten Tarifunterbietungen, die Rechtlosigkeit der Versender gegenüber den Eisenbahnverwaltungen, die selbst, ohne Mitwirkung der Aufsichtsbehörde, ihre Transportbedingungen festsetzten, wobei sie eigenbeliebig die Verantwortung abgrenzten, ebenso auch das gesetzlich ganz und gar nicht geordnete Verhältnis zum Staat, der vielen Gesellschaften gegenüber wohl die Pflicht hatte, die garantierten Zinsbeträge zur Verfügung zu stellen, aber nicht das Recht genoß, das Budget durchzusehen und zu bestätigen. Der Einblick, den Alexander II. aus den Berichten des Grafen Baranow gewann, mag nicht wenig dazu beigetragen haben, daß er sein Ohr Vorschlägen öffnete, die geeignet erschienen, bessere Verhältnisse zu schaffen. Dazu war es vor allen Dingen unerläßlich, daß die Beziehungen der Eisenbahngesellschaften zum Staat und zu Handel und Industrie eine feste, gesetzliche Regelung erhielten. Es war denn auch das wichtigste Ergebnis der Kommissionsarbeiten, daß ein Entwurf zu einem Eisenbahngesetz ausgearbeitet und vorgelegt werden konnte. Wie nun auch dieses Ges. vom 12. Juni 1885 ausgefallen sein mag, und die Folgezeit hat gelehrt, daß seine Fassung nach Inhalt und Form viele Änderungen erfahren mußte, eine Folge hat es aber trotz aller Mängel gehabt, es schuf klare Verhältnisse und schaltete die bis dahin blühende Willkürwirtschaft der Eisenbahngesellschaften aus. Auch in organisatorischer Beziehung griff das Gesetz durch die ihm vorausgeschickte „Verordnung über den Eisenbahn-Rat“, der neu geschaffen wurde und dem wichtige Obliegenheiten übertragen wurden, sehr einschneidend in die bisherige Ordnung der Dinge ein. So war es immer klarer geworden, daß die Eisenbahnen mehr gesetzlich geregelt und vom Staat beaufsichtigt werden müßten; es war nur noch ein weiterer Schritt zu der Auffassung, daß am geeignetsten die Eisenbahnen vom Staat selbst zu verwalten seien. Daß dieses Abschwenken von dem bisherigen Weg nur nach sehr sorgsamen Erwägungen und unter dem Druck der obwaltenden Verhältnisse zu stände gekommen ist, darf ohneweiters angenommen werden. Dieser Druck wurde hier sehr verschärft durch die außerordentlich hohen Garantiezahlungen (s. Finanzierung, S. 267), nicht minder durch den wirtschaftlichen Wettbewerb unter den Privatbahngesellschaften. Zwischen der Erkenntnis der Notwendigkeit, die alte Übung verlassen zu müssen, und dem tatsächlichen Beschreiten des neuen Weges lag natürlich eine geraume Zeit. Zunächst wurde durch Gesetz (1873) für die sich neubildenden Gesellschaften eine stramme Beaufsichtigung und Kontrolle eingeführt, ferner bestimmt, daß alle Vorarbeiten zu Neubauten von der Regierung auszuführen sind, daß die Bahnen in Zukunft entweder vom Staat selbst oder unter seiner Aufsicht von Gesellschaften erbaut werden sollen und daß in der Direktion jeder Gesellschaft Vertreter der Regierung als Direktoren bestellt sein müssen. Diese Bestimmungen konnten nur für die Zukunft wirksam werden, soweit neue Satzungen zu genehmigen waren. Es war durch dieses Gesetz aber anerkannt, daß die bisher geübte Praxis den Gesellschaften zu weitgehende Vollmachten gegeben hatte. War es der Finanzverwaltung anfänglich nur möglich geworden, unter großen Opfern an Geld und unter Gewährung weitgehender Freiheiten und Vollmachten an die Gesellschaften den Bau der dringend notwendigen Bahnen zu ermöglichen, so hatten sich inzwischen die Verhältnisse zu gunsten der Regierung so weit geändert, daß die Rückkehr zu dem verlassenen Staatsbahnsystem in erreichbare Nähe gerückt schien. Aber trotz alledem konnte die Regierung doch erst 1881 zu dem Versuch schreiten, selbst wieder den Bau von Bahnen in die Hand zu nehmen. Kaiser Alexander II. hat noch den Bau der Baskuntschak- und der West-Donez-(Kriworog-) Bahnen als Staatsbahnen genehmigt (1881). Das hierbei erzielte günstige finanzielle Ergebnis war dann maßgebend dafür, daß die Regierung auf diesem Weg weiterging. Von jetzt ab wurde der Bau durch den Staat vorerst die Regel. Fast gleichzeitig entschloß sich dann die Regierung dazu, noch einen Schritt weiter zu gehen und den Erwerb der Privatbahnen in geeigneten Fällen in die Wege zu leiten (1881). Einen solchen Fall bot die Charkow-Nikolajew-Bahn, die wirtschaftlich sehr schlecht stand und deren Aktien sich bereits zu 4/5 im Besitz des Staates befanden. Damit schloß die Regierungszeit Kaiser Alexanders II. Wenn man noch hinzunimmt, was während dieser Regierung auf dem Gebiet des Ausbaues eines asiatischen Eisenbahnnetzes vorbereitend (s. Eisenbahnbau im asiatischen Rußland, S. 267) geschehen ist, und sich dabei vergegenwärtigt, daß 1881 rd. 21.543 Werst (= 22.986 km) im

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/273>, abgerufen am 01.11.2024.