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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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In England dient der Gepäckwagen bei den Güterzügen stets als S. (s. Bremswagen und Gepäckwagen).

In Rußland ist durch § 82 (d) der Vorschriften für den technischen Betrieb der Eisenbahnen vom 15. Januar 1898 bestimmt, daß der letzte Wagen bei Abgang des Zuges von der Anfangsstation ein Bremswagen sein muß. Ausnahmen sind zugelassen für Steigungen die nicht stärker als 1 : 100 sind und für beschädigte Wagen, die inmitten des Zuges nicht laufen dürfen.

Breusing.


Schlußmann s. Zugpersonal.


Schlußsignal s. Zugsignale.


Schlußwagen (tail wagon; voiture de queue, vehicule terminant; carro di coda), der letzte Wagen eines Zuges. Am S. müssen nach den Vorschriften der Signalordnung die Signale zur Kennzeichnung und Deckung des Zugschlusses angebracht werden. Er muß auch in vielen Fällen mit einer Bremse ausgerüstet sein. Für die deutschen Eisenbahnen ist im § 41 der BO. vorgeschrieben, daß mindestens an einer Stirnseite an allen dafür geeigneten Wagen Stützen zur Aufnahme der Schlußsignale (Scheiben und Laternen) anzubringen sind. Es eignen sich deshalb alle diese Wagen zur Verwendung als S. - In Österreich ist die Führung einer Schlußbremse für alle Züge vorgeschrieben. Es kommen deshalb hier nur Bremswagen als S. zur Verwendung und nur diese müssen die zum Anbringen der Signale nötigen Einrichtungen besitzen. Nach Art. 48 der österreichischen Vorschriften für den Verkehrsdienst werden die S. als Signalwagen bezeichnet (s. Schlußbremse).

In Rußland erhalten nach § 73 der Vorschriften für den technischen Betrieb alle Personen-, Gepäck- und Postwagen, ebenso alle mit Bremsen versehenen Güterwagen Vorrichtungen zum Aufstecken der Signale für die Kennzeichnung des Zugschlusses. Alle diese Wagen können daher als S. Verwendung finden.

Breusing.


Schmalspurbahnen (narrow gauge railways; chemins de fer a voie etroite; ferrovia a scartamento ridotto), Eisenbahnen mit kleinerer Spur als der Vollspur (1·435 m).

Inhalt: 1. Entwicklung der S. - 2. Verschiedenheit der Spurweiten. - 3. Linienführung der S. - 4. Unterbau. - 5. Oberbau. - 6. Bahnhofanlagen. - 7. Betriebsmittel der S. - 8. Bauwürdigkeit schmalspuriger Bahnen.

Die kleinere Spur gestattet und verlangt teilweise Abweichungen in der Linienführung, im Bau der Bahn und der Betriebsmittel und wohl auch im Betrieb gegenüber den Vollspurbahnen; nur diese Abweichungen sollen im folgenden besprochen werden, u. zw.:

1. Entwicklung der S. Im Jahre 1832 wurde die Festiniogbahn in England eröffnet, die wegen der geringen Breite des als Unterbau benutzten Schutzdamms in der Bucht von Tremadoe, abweichend von den bis dahin ausgeführten Eisenbahnen, eine Spurweite von 1' 111/2 Zoll (engl.) = 0·597 m erhielt. In Österreich gab man der im Jahre 1832 eröffneten Pferdebahn Budweis-Linz und ihrer in den Jahren 1834-1836 erbauten Fortsetzung über Lambach nach Gmunden die Spurweite von 3' 6'' (österr.) = 1·106 m entsprechend der in Böhmen und Oberösterreich üblichen Spurweite der Straßenfuhrwerke, die dem Bau der Pferdebahnwagen als Vorbild dienten. Rein wirtschaftlichen Erwägungen verdankte die Schmalspur ihre Anwendung bei der 50 km langen, vorwiegend dem Personenverkehr dienenden Eisenbahn von Antwerpen über St. Nikolas und Lokeren nach Gent; trotz der günstigen Gestaltung des durchaus ebenen Geländes wählte man statt der Vollspur die Spurweite von 1·151 m, um die Anlage- und Betriebskosten zu vermindern. In Frankreich war in den Jahren 1837-1840 die 10 km lange, für den Güterverkehr bestimmte Pferdebahn von Creusot am Zentralkanal mit der Spurweite von 1·30 m erbaut worden.

Bis zu Anfang der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurden nur vereinzelt kürzere S. erbaut, bei denen das Bestreben, der schmalen Spur eine Berechtigung im Eisenbahnnetz zu gewähren, also die Anerkennung ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung, nicht zum Ausdruck kam. Nun erst vollzog sich, allerdings langsam, eine erfolgreiche Wandlung.

In Frankreich empfahl Eugene Flachat im Jahre 1861 die umfangreiche Anwendung der schmalen Spur, um hierdurch die Baukosten der Linien in schwierigem Gelände und mit geringem Verkehr herabzudrücken und so die Erfüllung der von 62 Departements begehrten Eisenbahnbauten zu ermöglichen. Das französische Lokalbahngesetz vom Jahre 1865 stellte auch, wenigstens stillschweigend, die Schmalspur für alle in Betracht kommenden Verhältnisse der Vollspur vollkommen gleich; aber die Abneigung der Bevölkerung gegen die Schmalspur wurde nur langsam überwunden; erst 20 Jahre später drängten die ungünstigen wirtschaftlichen Erfahrungen mit vollspurigen Nebenbahnen und das wachsende Bedürfnis nach Aufschluß verarmter und verarmender Gegenden durch Eisenbahnen zur Wahl der Schmalspur, deren Anwendung nun rasche Fortschritte machte.

In England dient der Gepäckwagen bei den Güterzügen stets als S. (s. Bremswagen und Gepäckwagen).

In Rußland ist durch § 82 (d) der Vorschriften für den technischen Betrieb der Eisenbahnen vom 15. Januar 1898 bestimmt, daß der letzte Wagen bei Abgang des Zuges von der Anfangsstation ein Bremswagen sein muß. Ausnahmen sind zugelassen für Steigungen die nicht stärker als 1 : 100 sind und für beschädigte Wagen, die inmitten des Zuges nicht laufen dürfen.

Breusing.


Schlußmann s. Zugpersonal.


Schlußsignal s. Zugsignale.


Schlußwagen (tail wagon; voiture de queue, véhicule terminant; carro di coda), der letzte Wagen eines Zuges. Am S. müssen nach den Vorschriften der Signalordnung die Signale zur Kennzeichnung und Deckung des Zugschlusses angebracht werden. Er muß auch in vielen Fällen mit einer Bremse ausgerüstet sein. Für die deutschen Eisenbahnen ist im § 41 der BO. vorgeschrieben, daß mindestens an einer Stirnseite an allen dafür geeigneten Wagen Stützen zur Aufnahme der Schlußsignale (Scheiben und Laternen) anzubringen sind. Es eignen sich deshalb alle diese Wagen zur Verwendung als S. – In Österreich ist die Führung einer Schlußbremse für alle Züge vorgeschrieben. Es kommen deshalb hier nur Bremswagen als S. zur Verwendung und nur diese müssen die zum Anbringen der Signale nötigen Einrichtungen besitzen. Nach Art. 48 der österreichischen Vorschriften für den Verkehrsdienst werden die S. als Signalwagen bezeichnet (s. Schlußbremse).

In Rußland erhalten nach § 73 der Vorschriften für den technischen Betrieb alle Personen-, Gepäck- und Postwagen, ebenso alle mit Bremsen versehenen Güterwagen Vorrichtungen zum Aufstecken der Signale für die Kennzeichnung des Zugschlusses. Alle diese Wagen können daher als S. Verwendung finden.

Breusing.


Schmalspurbahnen (narrow gauge railways; chemins de fer à voie étroite; ferrovia a scartamento ridotto), Eisenbahnen mit kleinerer Spur als der Vollspur (1·435 m).

Inhalt: 1. Entwicklung der S. – 2. Verschiedenheit der Spurweiten. – 3. Linienführung der S. – 4. Unterbau. – 5. Oberbau. – 6. Bahnhofanlagen. – 7. Betriebsmittel der S. – 8. Bauwürdigkeit schmalspuriger Bahnen.

Die kleinere Spur gestattet und verlangt teilweise Abweichungen in der Linienführung, im Bau der Bahn und der Betriebsmittel und wohl auch im Betrieb gegenüber den Vollspurbahnen; nur diese Abweichungen sollen im folgenden besprochen werden, u. zw.:

1. Entwicklung der S. Im Jahre 1832 wurde die Festiniogbahn in England eröffnet, die wegen der geringen Breite des als Unterbau benutzten Schutzdamms in der Bucht von Tremadoe, abweichend von den bis dahin ausgeführten Eisenbahnen, eine Spurweite von 1' 11½ Zoll (engl.) = 0·597 m erhielt. In Österreich gab man der im Jahre 1832 eröffneten Pferdebahn Budweis-Linz und ihrer in den Jahren 1834–1836 erbauten Fortsetzung über Lambach nach Gmunden die Spurweite von 3' 6'' (österr.) = 1·106 m entsprechend der in Böhmen und Oberösterreich üblichen Spurweite der Straßenfuhrwerke, die dem Bau der Pferdebahnwagen als Vorbild dienten. Rein wirtschaftlichen Erwägungen verdankte die Schmalspur ihre Anwendung bei der 50 km langen, vorwiegend dem Personenverkehr dienenden Eisenbahn von Antwerpen über St. Nikolas und Lokeren nach Gent; trotz der günstigen Gestaltung des durchaus ebenen Geländes wählte man statt der Vollspur die Spurweite von 1·151 m, um die Anlage- und Betriebskosten zu vermindern. In Frankreich war in den Jahren 1837–1840 die 10 km lange, für den Güterverkehr bestimmte Pferdebahn von Creusot am Zentralkanal mit der Spurweite von 1·30 m erbaut worden.

Bis zu Anfang der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurden nur vereinzelt kürzere S. erbaut, bei denen das Bestreben, der schmalen Spur eine Berechtigung im Eisenbahnnetz zu gewähren, also die Anerkennung ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung, nicht zum Ausdruck kam. Nun erst vollzog sich, allerdings langsam, eine erfolgreiche Wandlung.

In Frankreich empfahl Eugène Flachat im Jahre 1861 die umfangreiche Anwendung der schmalen Spur, um hierdurch die Baukosten der Linien in schwierigem Gelände und mit geringem Verkehr herabzudrücken und so die Erfüllung der von 62 Departements begehrten Eisenbahnbauten zu ermöglichen. Das französische Lokalbahngesetz vom Jahre 1865 stellte auch, wenigstens stillschweigend, die Schmalspur für alle in Betracht kommenden Verhältnisse der Vollspur vollkommen gleich; aber die Abneigung der Bevölkerung gegen die Schmalspur wurde nur langsam überwunden; erst 20 Jahre später drängten die ungünstigen wirtschaftlichen Erfahrungen mit vollspurigen Nebenbahnen und das wachsende Bedürfnis nach Aufschluß verarmter und verarmender Gegenden durch Eisenbahnen zur Wahl der Schmalspur, deren Anwendung nun rasche Fortschritte machte.

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[350/0368] In England dient der Gepäckwagen bei den Güterzügen stets als S. (s. Bremswagen und Gepäckwagen). In Rußland ist durch § 82 (d) der Vorschriften für den technischen Betrieb der Eisenbahnen vom 15. Januar 1898 bestimmt, daß der letzte Wagen bei Abgang des Zuges von der Anfangsstation ein Bremswagen sein muß. Ausnahmen sind zugelassen für Steigungen die nicht stärker als 1 : 100 sind und für beschädigte Wagen, die inmitten des Zuges nicht laufen dürfen. Breusing. Schlußmann s. Zugpersonal. Schlußsignal s. Zugsignale. Schlußwagen (tail wagon; voiture de queue, véhicule terminant; carro di coda), der letzte Wagen eines Zuges. Am S. müssen nach den Vorschriften der Signalordnung die Signale zur Kennzeichnung und Deckung des Zugschlusses angebracht werden. Er muß auch in vielen Fällen mit einer Bremse ausgerüstet sein. Für die deutschen Eisenbahnen ist im § 41 der BO. vorgeschrieben, daß mindestens an einer Stirnseite an allen dafür geeigneten Wagen Stützen zur Aufnahme der Schlußsignale (Scheiben und Laternen) anzubringen sind. Es eignen sich deshalb alle diese Wagen zur Verwendung als S. – In Österreich ist die Führung einer Schlußbremse für alle Züge vorgeschrieben. Es kommen deshalb hier nur Bremswagen als S. zur Verwendung und nur diese müssen die zum Anbringen der Signale nötigen Einrichtungen besitzen. Nach Art. 48 der österreichischen Vorschriften für den Verkehrsdienst werden die S. als Signalwagen bezeichnet (s. Schlußbremse). In Rußland erhalten nach § 73 der Vorschriften für den technischen Betrieb alle Personen-, Gepäck- und Postwagen, ebenso alle mit Bremsen versehenen Güterwagen Vorrichtungen zum Aufstecken der Signale für die Kennzeichnung des Zugschlusses. Alle diese Wagen können daher als S. Verwendung finden. Breusing. Schmalspurbahnen (narrow gauge railways; chemins de fer à voie étroite; ferrovia a scartamento ridotto), Eisenbahnen mit kleinerer Spur als der Vollspur (1·435 m). Inhalt: 1. Entwicklung der S. – 2. Verschiedenheit der Spurweiten. – 3. Linienführung der S. – 4. Unterbau. – 5. Oberbau. – 6. Bahnhofanlagen. – 7. Betriebsmittel der S. – 8. Bauwürdigkeit schmalspuriger Bahnen. Die kleinere Spur gestattet und verlangt teilweise Abweichungen in der Linienführung, im Bau der Bahn und der Betriebsmittel und wohl auch im Betrieb gegenüber den Vollspurbahnen; nur diese Abweichungen sollen im folgenden besprochen werden, u. zw.: 1. Entwicklung der S. Im Jahre 1832 wurde die Festiniogbahn in England eröffnet, die wegen der geringen Breite des als Unterbau benutzten Schutzdamms in der Bucht von Tremadoe, abweichend von den bis dahin ausgeführten Eisenbahnen, eine Spurweite von 1' 11½ Zoll (engl.) = 0·597 m erhielt. In Österreich gab man der im Jahre 1832 eröffneten Pferdebahn Budweis-Linz und ihrer in den Jahren 1834–1836 erbauten Fortsetzung über Lambach nach Gmunden die Spurweite von 3' 6'' (österr.) = 1·106 m entsprechend der in Böhmen und Oberösterreich üblichen Spurweite der Straßenfuhrwerke, die dem Bau der Pferdebahnwagen als Vorbild dienten. Rein wirtschaftlichen Erwägungen verdankte die Schmalspur ihre Anwendung bei der 50 km langen, vorwiegend dem Personenverkehr dienenden Eisenbahn von Antwerpen über St. Nikolas und Lokeren nach Gent; trotz der günstigen Gestaltung des durchaus ebenen Geländes wählte man statt der Vollspur die Spurweite von 1·151 m, um die Anlage- und Betriebskosten zu vermindern. In Frankreich war in den Jahren 1837–1840 die 10 km lange, für den Güterverkehr bestimmte Pferdebahn von Creusot am Zentralkanal mit der Spurweite von 1·30 m erbaut worden. Bis zu Anfang der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurden nur vereinzelt kürzere S. erbaut, bei denen das Bestreben, der schmalen Spur eine Berechtigung im Eisenbahnnetz zu gewähren, also die Anerkennung ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung, nicht zum Ausdruck kam. Nun erst vollzog sich, allerdings langsam, eine erfolgreiche Wandlung. In Frankreich empfahl Eugène Flachat im Jahre 1861 die umfangreiche Anwendung der schmalen Spur, um hierdurch die Baukosten der Linien in schwierigem Gelände und mit geringem Verkehr herabzudrücken und so die Erfüllung der von 62 Departements begehrten Eisenbahnbauten zu ermöglichen. Das französische Lokalbahngesetz vom Jahre 1865 stellte auch, wenigstens stillschweigend, die Schmalspur für alle in Betracht kommenden Verhältnisse der Vollspur vollkommen gleich; aber die Abneigung der Bevölkerung gegen die Schmalspur wurde nur langsam überwunden; erst 20 Jahre später drängten die ungünstigen wirtschaftlichen Erfahrungen mit vollspurigen Nebenbahnen und das wachsende Bedürfnis nach Aufschluß verarmter und verarmender Gegenden durch Eisenbahnen zur Wahl der Schmalspur, deren Anwendung nun rasche Fortschritte machte.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/368>, abgerufen am 01.11.2024.