Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.Zinsbürgschaft gewährt (vgl. Art. Überlandbahnen). Hauptsächlich aber wurde der Eisenbahnbau durch Schenkung öffentlicher Ländereien gefördert. Unter öffentlichen (Staats-) Ländereien versteht man die Gebiete, über die, weil sie weder im Privatbesitz noch im Besitz eines Einzelstaates sind, die Bundesregierung frei verfügen kann. Ihre Gesamtfläche (einschließlich Flüsse, Seen, Gebirge u. s. w.) wird auf 1.814,793.938 Acres = 7,344.243 km2 geschätzt. Der Gedanke, diese Ländereien außer anderen öffentlichen oder gemeinnützigen Interessen auch zur Förderung des Eisenbahnbaues zu verwenden, entstammt dem Kaufmann Asa Whitney (s. d.), der als einer der ersten Förderer des Eisenbahnwesens gilt. Das erste Gesetz über die Schenkung von Staatsländereien an eine Eisenbahn (von Chicago nach Mobile) ist am 20. September 1850 erlassen. Der Gesamtumfang der Landschenkungen an Eisenbahnen beträgt 757.000 km2 (s. Amerika, Grant und Subventionen). Über ihre Verwendung wird alljährlich durch eine besondere Eisenbahnkommission an den Staatssekretär des Innern berichtet. Die Übertragung erfolgt in der Weise, daß immer eine Sektion zu beiden Seiten des Bahnkörpers der Eisenbahn geschenkt wird, während der Staat sich die andere Sektion vorbehält. Auf diese Weise wurde die Besiedelung des Landes gefördert und der Wert der Ländereien gesteigert. Schon seit länger als 30 Jahren haben diese Landschenkungen aufgehört. IV. Organisation, Aufsicht. Die Organisation der Eisenbahnen ist dieselbe, wie die der anderen Aktiengesellschaften. Unter der Aufsicht eines Verwaltungsrates erfolgt die Leitung des Betriebs durch einen Präsidenten und einen oder mehrere Vizepräsidenten, ferner durch Oberbeamte. Der Verwaltungsrat und der oder die Präsidenten werden von der Generalversammlung der Aktionäre gewählt. Je nach der Größe des Unternehmens gliedert sich die Verwaltung in Abteilungen (Finanz-, Verkehrs-, Tarif-, Bau- und Rechtsabteilung u. s. w.), an deren Spitze einer der Vizepräsidenten oder ein Oberbeamter steht. Der Verwaltungsrat besteht meist aus Vertretern der Banken und anderer Finanzinstitute, die durch Aktienbesitz an dem Unternehmen interessiert sind. Die leitenden Beamten sind Juristen (Advokaten), Kaufleute und Ingenieure. Eine besondere Vorbildung wird nicht verlangt, auch nicht für die anderen höheren und mittleren Beamten, von denen, besonders bei großen Gesellschaften, ein Teil von den untersten Stellen und den niedrigsten Dienstleistungen sich allmählich zu leitenden Stellungen heraufarbeitete1. Die Verwaltung ist eine durchwegs bureaukratische. Soweit die Eisenbahnen durch Vereinbarungen (Controlling interest, Holding Agreements, Verteilung der Aktien an einzelne Gruppen) an anderen Eisenbahnen interessiert sind, wird von den leitenden Persönlichkeiten auf eine gewisse Einheitlichkeit der Verwaltung, des Betriebs, der Finanzen hingewirkt. Dies wird erleichtert, wenn an der Spitze einer solchen Gruppe eine einzelne Person steht, die alle Fäden in ihrer Hand hat. Dem Bund sind durch das Transportgesetz vom 28. Februar 1920 Befugnisse verliehen, durch die die volle Freiheit der Eisenbahnen bei ihrer Organisation und Verwaltung eingeschränkt wird. Im § 5 dieses Gesetzes wird das Bundesverkehrsamt beauftragt, baldmöglichst einen Plan zur Gliederung des gesamten festländischen Eisenbahnnetzes in eine Anzahl Gruppen vorzulegen, deren Verwaltung und Betrieb nach einheitlichen Gesichtspunkten zu gestalten ist. Ferner bestimmt der in das Bundesverkehrsgesetz neu eingeführte § 20 a (12), daß nach dem 31. Dezember 1921 ohne Genehmigung des Bundesamts niemand die Stelle eines Beamten oder Direktors bei mehr als einem Unternehmen bekleiden darf. Während in den ersten Jahrzehnten eine staatliche oder bundesstaatliche Beaufsichtigung der Eisenbahnen überhaupt nicht stattfand, sind schon seit Mitte der Neunzigerjahre des vorigen Jahrhunderts in den einzelnen Staaten nach und nach Eisenbahnaufsichtsämter errichtet worden (Railway Commissions). Jetzt bestehen solche in allen 48 Staaten der Union2. Das erste dieser Gesetze ist im Jahre 1844 für den kleinen Staat New Hampshire gegeben. Für die weitere Entwicklung dieser aus mehreren Mitgliedern zusammengesetzten Aufsichtsämter waren das von dem bekannten Eisenbahnfachmann Ch. Francis Adams jun. im Jahre 1869 ausgearbeitete Gesetz für den Staat Massachusetts, ferner die oben erwähnten, infolge der Granger-Bewegung erlassenen Gesetze mitbestimmend. Ihrem Inhalt nach lassen sich diese Gesetze in 2 Gruppen teilen. In der ersten Gruppe beschränkte sich die Tätigkeit der Ämter auf eine regelmäßige Untersuchung der Bahn, Abgabe von Schiedsprüchen bei Streitigkeiten zwischen den Eisenbahnen und dem Publikum 1 Einzelheiten über die Organisation vgl. bei Hoff u. Schwabach, Nordamerikanische Eisenbahnen, 1905, S. 106 ff. 2 Vgl. Clark, State Railroad Commissions 1892. Ferner das von der Interstate Commerce Commission veröffentlichte Quellenbuch: Railways in the United States, Part IV. State regulation of Railways, Washington 1903.
Zinsbürgschaft gewährt (vgl. Art. Überlandbahnen). Hauptsächlich aber wurde der Eisenbahnbau durch Schenkung öffentlicher Ländereien gefördert. Unter öffentlichen (Staats-) Ländereien versteht man die Gebiete, über die, weil sie weder im Privatbesitz noch im Besitz eines Einzelstaates sind, die Bundesregierung frei verfügen kann. Ihre Gesamtfläche (einschließlich Flüsse, Seen, Gebirge u. s. w.) wird auf 1.814,793.938 Acres = 7,344.243 km2 geschätzt. Der Gedanke, diese Ländereien außer anderen öffentlichen oder gemeinnützigen Interessen auch zur Förderung des Eisenbahnbaues zu verwenden, entstammt dem Kaufmann Asa Whitney (s. d.), der als einer der ersten Förderer des Eisenbahnwesens gilt. Das erste Gesetz über die Schenkung von Staatsländereien an eine Eisenbahn (von Chicago nach Mobile) ist am 20. September 1850 erlassen. Der Gesamtumfang der Landschenkungen an Eisenbahnen beträgt 757.000 km2 (s. Amerika, Grant und Subventionen). Über ihre Verwendung wird alljährlich durch eine besondere Eisenbahnkommission an den Staatssekretär des Innern berichtet. Die Übertragung erfolgt in der Weise, daß immer eine Sektion zu beiden Seiten des Bahnkörpers der Eisenbahn geschenkt wird, während der Staat sich die andere Sektion vorbehält. Auf diese Weise wurde die Besiedelung des Landes gefördert und der Wert der Ländereien gesteigert. Schon seit länger als 30 Jahren haben diese Landschenkungen aufgehört. IV. Organisation, Aufsicht. Die Organisation der Eisenbahnen ist dieselbe, wie die der anderen Aktiengesellschaften. Unter der Aufsicht eines Verwaltungsrates erfolgt die Leitung des Betriebs durch einen Präsidenten und einen oder mehrere Vizepräsidenten, ferner durch Oberbeamte. Der Verwaltungsrat und der oder die Präsidenten werden von der Generalversammlung der Aktionäre gewählt. Je nach der Größe des Unternehmens gliedert sich die Verwaltung in Abteilungen (Finanz-, Verkehrs-, Tarif-, Bau- und Rechtsabteilung u. s. w.), an deren Spitze einer der Vizepräsidenten oder ein Oberbeamter steht. Der Verwaltungsrat besteht meist aus Vertretern der Banken und anderer Finanzinstitute, die durch Aktienbesitz an dem Unternehmen interessiert sind. Die leitenden Beamten sind Juristen (Advokaten), Kaufleute und Ingenieure. Eine besondere Vorbildung wird nicht verlangt, auch nicht für die anderen höheren und mittleren Beamten, von denen, besonders bei großen Gesellschaften, ein Teil von den untersten Stellen und den niedrigsten Dienstleistungen sich allmählich zu leitenden Stellungen heraufarbeitete1. Die Verwaltung ist eine durchwegs bureaukratische. Soweit die Eisenbahnen durch Vereinbarungen (Controlling interest, Holding Agreements, Verteilung der Aktien an einzelne Gruppen) an anderen Eisenbahnen interessiert sind, wird von den leitenden Persönlichkeiten auf eine gewisse Einheitlichkeit der Verwaltung, des Betriebs, der Finanzen hingewirkt. Dies wird erleichtert, wenn an der Spitze einer solchen Gruppe eine einzelne Person steht, die alle Fäden in ihrer Hand hat. Dem Bund sind durch das Transportgesetz vom 28. Februar 1920 Befugnisse verliehen, durch die die volle Freiheit der Eisenbahnen bei ihrer Organisation und Verwaltung eingeschränkt wird. Im § 5 dieses Gesetzes wird das Bundesverkehrsamt beauftragt, baldmöglichst einen Plan zur Gliederung des gesamten festländischen Eisenbahnnetzes in eine Anzahl Gruppen vorzulegen, deren Verwaltung und Betrieb nach einheitlichen Gesichtspunkten zu gestalten ist. Ferner bestimmt der in das Bundesverkehrsgesetz neu eingeführte § 20 a (12), daß nach dem 31. Dezember 1921 ohne Genehmigung des Bundesamts niemand die Stelle eines Beamten oder Direktors bei mehr als einem Unternehmen bekleiden darf. Während in den ersten Jahrzehnten eine staatliche oder bundesstaatliche Beaufsichtigung der Eisenbahnen überhaupt nicht stattfand, sind schon seit Mitte der Neunzigerjahre des vorigen Jahrhunderts in den einzelnen Staaten nach und nach Eisenbahnaufsichtsämter errichtet worden (Railway Commissions). Jetzt bestehen solche in allen 48 Staaten der Union2. Das erste dieser Gesetze ist im Jahre 1844 für den kleinen Staat New Hampshire gegeben. Für die weitere Entwicklung dieser aus mehreren Mitgliedern zusammengesetzten Aufsichtsämter waren das von dem bekannten Eisenbahnfachmann Ch. Francis Adams jun. im Jahre 1869 ausgearbeitete Gesetz für den Staat Massachusetts, ferner die oben erwähnten, infolge der Granger-Bewegung erlassenen Gesetze mitbestimmend. Ihrem Inhalt nach lassen sich diese Gesetze in 2 Gruppen teilen. In der ersten Gruppe beschränkte sich die Tätigkeit der Ämter auf eine regelmäßige Untersuchung der Bahn, Abgabe von Schiedsprüchen bei Streitigkeiten zwischen den Eisenbahnen und dem Publikum 1 Einzelheiten über die Organisation vgl. bei Hoff u. Schwabach, Nordamerikanische Eisenbahnen, 1905, S. 106 ff. 2 Vgl. Clark, State Railroad Commissions 1892. Ferner das von der Interstate Commerce Commission veröffentlichte Quellenbuch: Railways in the United States, Part IV. State regulation of Railways, Washington 1903.
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Für die weitere Entwicklung dieser aus mehreren Mitgliedern zusammengesetzten Aufsichtsämter waren das von dem bekannten Eisenbahnfachmann Ch. Francis Adams jun. im Jahre 1869 ausgearbeitete Gesetz für den Staat Massachusetts, ferner die oben erwähnten, infolge der Granger-Bewegung erlassenen Gesetze mitbestimmend. Ihrem Inhalt nach lassen sich diese Gesetze in 2 Gruppen teilen. In der ersten Gruppe beschränkte sich die Tätigkeit der Ämter auf eine regelmäßige Untersuchung der Bahn, Abgabe von Schiedsprüchen bei Streitigkeiten zwischen den Eisenbahnen und dem Publikum </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0118]
Zinsbürgschaft gewährt (vgl. Art. Überlandbahnen). Hauptsächlich aber wurde der Eisenbahnbau durch Schenkung öffentlicher Ländereien gefördert. Unter öffentlichen (Staats-) Ländereien versteht man die Gebiete, über die, weil sie weder im Privatbesitz noch im Besitz eines Einzelstaates sind, die Bundesregierung frei verfügen kann. Ihre Gesamtfläche (einschließlich Flüsse, Seen, Gebirge u. s. w.) wird auf 1.814,793.938 Acres = 7,344.243 km2 geschätzt. Der Gedanke, diese Ländereien außer anderen öffentlichen oder gemeinnützigen Interessen auch zur Förderung des Eisenbahnbaues zu verwenden, entstammt dem Kaufmann Asa Whitney (s. d.), der als einer der ersten Förderer des Eisenbahnwesens gilt. Das erste Gesetz über die Schenkung von Staatsländereien an eine Eisenbahn (von Chicago nach Mobile) ist am 20. September 1850 erlassen. Der Gesamtumfang der Landschenkungen an Eisenbahnen beträgt 757.000 km2 (s. Amerika, Grant und Subventionen). Über ihre Verwendung wird alljährlich durch eine besondere Eisenbahnkommission an den Staatssekretär des Innern berichtet. Die Übertragung erfolgt in der Weise, daß immer eine Sektion zu beiden Seiten des Bahnkörpers der Eisenbahn geschenkt wird, während der Staat sich die andere Sektion vorbehält. Auf diese Weise wurde die Besiedelung des Landes gefördert und der Wert der Ländereien gesteigert. Schon seit länger als 30 Jahren haben diese Landschenkungen aufgehört.
IV. Organisation, Aufsicht.
Die Organisation der Eisenbahnen ist dieselbe, wie die der anderen Aktiengesellschaften. Unter der Aufsicht eines Verwaltungsrates erfolgt die Leitung des Betriebs durch einen Präsidenten und einen oder mehrere Vizepräsidenten, ferner durch Oberbeamte. Der Verwaltungsrat und der oder die Präsidenten werden von der Generalversammlung der Aktionäre gewählt. Je nach der Größe des Unternehmens gliedert sich die Verwaltung in Abteilungen (Finanz-, Verkehrs-, Tarif-, Bau- und Rechtsabteilung u. s. w.), an deren Spitze einer der Vizepräsidenten oder ein Oberbeamter steht. Der Verwaltungsrat besteht meist aus Vertretern der Banken und anderer Finanzinstitute, die durch Aktienbesitz an dem Unternehmen interessiert sind. Die leitenden Beamten sind Juristen (Advokaten), Kaufleute und Ingenieure. Eine besondere Vorbildung wird nicht verlangt, auch nicht für die anderen höheren und mittleren Beamten, von denen, besonders bei großen Gesellschaften, ein Teil von den untersten Stellen und den niedrigsten Dienstleistungen sich allmählich zu leitenden Stellungen heraufarbeitete 1. Die Verwaltung ist eine durchwegs bureaukratische.
Soweit die Eisenbahnen durch Vereinbarungen (Controlling interest, Holding Agreements, Verteilung der Aktien an einzelne Gruppen) an anderen Eisenbahnen interessiert sind, wird von den leitenden Persönlichkeiten auf eine gewisse Einheitlichkeit der Verwaltung, des Betriebs, der Finanzen hingewirkt. Dies wird erleichtert, wenn an der Spitze einer solchen Gruppe eine einzelne Person steht, die alle Fäden in ihrer Hand hat.
Dem Bund sind durch das Transportgesetz vom 28. Februar 1920 Befugnisse verliehen, durch die die volle Freiheit der Eisenbahnen bei ihrer Organisation und Verwaltung eingeschränkt wird. Im § 5 dieses Gesetzes wird das Bundesverkehrsamt beauftragt, baldmöglichst einen Plan zur Gliederung des gesamten festländischen Eisenbahnnetzes in eine Anzahl Gruppen vorzulegen, deren Verwaltung und Betrieb nach einheitlichen Gesichtspunkten zu gestalten ist. Ferner bestimmt der in das Bundesverkehrsgesetz neu eingeführte § 20 a (12), daß nach dem 31. Dezember 1921 ohne Genehmigung des Bundesamts niemand die Stelle eines Beamten oder Direktors bei mehr als einem Unternehmen bekleiden darf.
Während in den ersten Jahrzehnten eine staatliche oder bundesstaatliche Beaufsichtigung der Eisenbahnen überhaupt nicht stattfand, sind schon seit Mitte der Neunzigerjahre des vorigen Jahrhunderts in den einzelnen Staaten nach und nach Eisenbahnaufsichtsämter errichtet worden (Railway Commissions). Jetzt bestehen solche in allen 48 Staaten der Union 2. Das erste dieser Gesetze ist im Jahre 1844 für den kleinen Staat New Hampshire gegeben. Für die weitere Entwicklung dieser aus mehreren Mitgliedern zusammengesetzten Aufsichtsämter waren das von dem bekannten Eisenbahnfachmann Ch. Francis Adams jun. im Jahre 1869 ausgearbeitete Gesetz für den Staat Massachusetts, ferner die oben erwähnten, infolge der Granger-Bewegung erlassenen Gesetze mitbestimmend. Ihrem Inhalt nach lassen sich diese Gesetze in 2 Gruppen teilen. In der ersten Gruppe beschränkte sich die Tätigkeit der Ämter auf eine regelmäßige Untersuchung der Bahn, Abgabe von Schiedsprüchen bei Streitigkeiten zwischen den Eisenbahnen und dem Publikum
1 Einzelheiten über die Organisation vgl. bei Hoff u. Schwabach, Nordamerikanische Eisenbahnen, 1905, S. 106 ff.
2 Vgl. Clark, State Railroad Commissions 1892. Ferner das von der Interstate Commerce Commission veröffentlichte Quellenbuch: Railways in the United States, Part IV. State regulation of Railways, Washington 1903.
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