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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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losgekuppelt und durch Weichenumstellen dasjenige Gleis der Ordnungsgleisgruppe geöffnet ist, in dem sich die Wagen der betreffenden Bestimmung sammeln sollen, setzt sich die Lokomotive abermals in Bewegung und stößt in derselben Weise wie früher die Wagengruppe b ab. Dieses Verfahren läßt sich indessen nur so lange ohne weiteres fortsetzen, bis die Spitze des nach dem letzten Abstoßen zum Halten gekommenen Restzugs bei der ersten Verteilungsweiche der Ordnungsgleisgruppe angelangt ist. Nunmehr muß zunächst der Rest des Verschiebezugs wieder zurückgezogen werden, um für erneutes wiederholtes Abstoßen Längenspielraum zu gewinnen. Der Wechsel von Abstoßen und Zurückziehen dauert so lange, bis der ganze Verschiebezug zerlegt ist.

Dieses Verfahren wird trotz seiner Umständlichkeit beim Verschieben außerhalb der eigentlichen V., insbesondere auf den Ortsgüterbahnhöfen, niemals ganz entbehrt werden können und findet sich selbst auf V. hier und da als ergänzendes Verfahren. Die für die Anordnung deutscher V. grundlegenden Verfahren beruhen jedoch jetzt durchweg auf der Anwendung der Schwerkraft, u. zw. entweder in der Form des Ablaufberges oder in der Form des durchgehenden Gefälles.

Das durchgehende Gefälle erstreckt sich vom hinteren Ende des Zerlegungsgleises durch dieses und durch die Gleise der angeschlossenen Gleisgruppe hindurch. Der zu zerlegende Verschiebezug rollt, ohne Lokomotive, durch die Schwerkraft beschleunigt und durch Bremsbedienung gezügelt, langsam der ersten Verteilungsweiche zu, bei der das Zerlegungsgleis beginnt, sich in die Gleisgruppe zu verzweigen. Dicht oberhalb dieser Stelle wird der erste Wagen oder die erste Wagengruppe gemeinsamer Bestimmung (der erste Rangiergang), indem man durch künstliche Hemmung der Spitze des Verschiebezugs die Kupplung oberhalb des ersten Rangiergangs schlaff macht, von dem langsam herabrollenden Verschiebezug losgekuppelt, gerät infolge Aufhebens oder Verminderung der Bremsung in schnelleren Lauf, eilt also dem übrigen Verschiebezug voraus, so daß zwischen dem Ablauf dieses und des folgenden Rangiergangs Zeit genug bleibt, um die Weichen gemäß der Bestimmung des nächstfolgenden Rangiergangs umzustellen. Die Spitze des sich immer mehr verkürzenden Verschiebezugs fällt je nach der Länge der ablaufenden Rangiergänge jedesmal mehr oder weniger zurück, gelangt aber bis zum Ablauf des nächsten Rangiergangs ungefähr wieder an dieselbe Ablaufstelle oberhalb der ersten Verteilungsweiche. Man läßt die abrollenden Wagen in der Regel nicht bis an das untere Ende der Ordnungsgleisgruppe hinablaufen, da sie sonst in zu schnellen Lauf kommen würden, sondern fängt sie in den oberen Enden der Ordnungsgleise auf, um sie dann, zu längeren Wagengruppen vereinigt, mit Bremsbesetzung an das untere Ende der Gleisgruppe bzw. bis an die dort schon aufgesammelten Wagen hinabzuführen. Charakteristisch für das durchgehende Gefälle ist hiernach außer dem Abrollen des Verschiebezugs ohne Mitwirkung einer Lokomotive, daß überall, wo auch die abgelaufenen Wagen zum Stillstand gelangt sind, sie bei Lösung der Bremsen bzw. Beseitigung der Vorlagen sich durch die Einwirkung der Schwerkraft von selbst wieder in Bewegung setzen.

Wesentlich verschieden hiervon ist die Wirkungsweise eines Ablaufberges (s. d.). Bei diesem ist das zur Beschleunigung der zu ordnenden Wagen dienende Gefälle auf einer kurzen Strecke konzentriert, beginnt nahe dem Auslaufende des Zerlegungsgleises und reicht über die erste Verteilungsweiche hinaus mehr oder weniger weit in die Ordnungsgleisgruppe hinein. Weiterhin liegen die Gleise der Ordnungsgleisgruppe zweckmäßig nicht, wie man dies früher wohl gemacht hat, ganz wagrecht, sondern mindestens zum großen Teil ihrer Länge in ganz schwachem Gefälle, damit die den Wagen oder Wagengruppen vom Ablaufberg für ihren ganzen Weg mitgeteilte lebendige Kraft nicht zu frühzeitig aufgezehrt wird oder, umgekehrt, damit man den Ablaufberg weniger hoch zu machen braucht und so zu große Laufgeschwindigkeiten leichtlaufender Wagen vermeidet. Die Gefällhöhe des eigentlichen Ablaufberges wird in der Regel ganz oder z. T. dadurch gewonnen, daß man dem Zerlegungsgleis in der nächstvorhergehenden Strecke Gegenneigung gibt, weshalb der Ablaufberg im allgemeinen mit dem Namen "Eselsrücken" bezeichnet wird. Dem Ablaufberg muß zum Unterschied von dem durchgehenden Gefälle der Verschiebezug durch eine schiebende Lokomotive zugeführt werden. Kurz vor Beginn des Ablaufgefälles wird jedesmal die Kupplung zwischen dem oder den vordersten, zum nächsten Ablauf bestimmten Wagen und dem übrigen Verschiebezug getrennt, was in der Regel dadurch erleichtert ist, daß in der Gegensteigung die Buffer gedrückt, also die Kupplungen schlaff sind, so daß nach Überschreitung des Gefällbrechpunktes der betreffende Wagen oder die Wagengruppe sich in schnelleren Lauf setzt und dem in langsamer Gangart geschobenen Verschiebezug vorauseilt. Die Abdrückgeschwindigkeit soll so bemessen werden, daß der Zeitraum zwischen zwei im Ablauf einander folgenden Rangiergängen ausreicht,

losgekuppelt und durch Weichenumstellen dasjenige Gleis der Ordnungsgleisgruppe geöffnet ist, in dem sich die Wagen der betreffenden Bestimmung sammeln sollen, setzt sich die Lokomotive abermals in Bewegung und stößt in derselben Weise wie früher die Wagengruppe b ab. Dieses Verfahren läßt sich indessen nur so lange ohne weiteres fortsetzen, bis die Spitze des nach dem letzten Abstoßen zum Halten gekommenen Restzugs bei der ersten Verteilungsweiche der Ordnungsgleisgruppe angelangt ist. Nunmehr muß zunächst der Rest des Verschiebezugs wieder zurückgezogen werden, um für erneutes wiederholtes Abstoßen Längenspielraum zu gewinnen. Der Wechsel von Abstoßen und Zurückziehen dauert so lange, bis der ganze Verschiebezug zerlegt ist.

Dieses Verfahren wird trotz seiner Umständlichkeit beim Verschieben außerhalb der eigentlichen V., insbesondere auf den Ortsgüterbahnhöfen, niemals ganz entbehrt werden können und findet sich selbst auf V. hier und da als ergänzendes Verfahren. Die für die Anordnung deutscher V. grundlegenden Verfahren beruhen jedoch jetzt durchweg auf der Anwendung der Schwerkraft, u. zw. entweder in der Form des Ablaufberges oder in der Form des durchgehenden Gefälles.

Das durchgehende Gefälle erstreckt sich vom hinteren Ende des Zerlegungsgleises durch dieses und durch die Gleise der angeschlossenen Gleisgruppe hindurch. Der zu zerlegende Verschiebezug rollt, ohne Lokomotive, durch die Schwerkraft beschleunigt und durch Bremsbedienung gezügelt, langsam der ersten Verteilungsweiche zu, bei der das Zerlegungsgleis beginnt, sich in die Gleisgruppe zu verzweigen. Dicht oberhalb dieser Stelle wird der erste Wagen oder die erste Wagengruppe gemeinsamer Bestimmung (der erste Rangiergang), indem man durch künstliche Hemmung der Spitze des Verschiebezugs die Kupplung oberhalb des ersten Rangiergangs schlaff macht, von dem langsam herabrollenden Verschiebezug losgekuppelt, gerät infolge Aufhebens oder Verminderung der Bremsung in schnelleren Lauf, eilt also dem übrigen Verschiebezug voraus, so daß zwischen dem Ablauf dieses und des folgenden Rangiergangs Zeit genug bleibt, um die Weichen gemäß der Bestimmung des nächstfolgenden Rangiergangs umzustellen. Die Spitze des sich immer mehr verkürzenden Verschiebezugs fällt je nach der Länge der ablaufenden Rangiergänge jedesmal mehr oder weniger zurück, gelangt aber bis zum Ablauf des nächsten Rangiergangs ungefähr wieder an dieselbe Ablaufstelle oberhalb der ersten Verteilungsweiche. Man läßt die abrollenden Wagen in der Regel nicht bis an das untere Ende der Ordnungsgleisgruppe hinablaufen, da sie sonst in zu schnellen Lauf kommen würden, sondern fängt sie in den oberen Enden der Ordnungsgleise auf, um sie dann, zu längeren Wagengruppen vereinigt, mit Bremsbesetzung an das untere Ende der Gleisgruppe bzw. bis an die dort schon aufgesammelten Wagen hinabzuführen. Charakteristisch für das durchgehende Gefälle ist hiernach außer dem Abrollen des Verschiebezugs ohne Mitwirkung einer Lokomotive, daß überall, wo auch die abgelaufenen Wagen zum Stillstand gelangt sind, sie bei Lösung der Bremsen bzw. Beseitigung der Vorlagen sich durch die Einwirkung der Schwerkraft von selbst wieder in Bewegung setzen.

Wesentlich verschieden hiervon ist die Wirkungsweise eines Ablaufberges (s. d.). Bei diesem ist das zur Beschleunigung der zu ordnenden Wagen dienende Gefälle auf einer kurzen Strecke konzentriert, beginnt nahe dem Auslaufende des Zerlegungsgleises und reicht über die erste Verteilungsweiche hinaus mehr oder weniger weit in die Ordnungsgleisgruppe hinein. Weiterhin liegen die Gleise der Ordnungsgleisgruppe zweckmäßig nicht, wie man dies früher wohl gemacht hat, ganz wagrecht, sondern mindestens zum großen Teil ihrer Länge in ganz schwachem Gefälle, damit die den Wagen oder Wagengruppen vom Ablaufberg für ihren ganzen Weg mitgeteilte lebendige Kraft nicht zu frühzeitig aufgezehrt wird oder, umgekehrt, damit man den Ablaufberg weniger hoch zu machen braucht und so zu große Laufgeschwindigkeiten leichtlaufender Wagen vermeidet. Die Gefällhöhe des eigentlichen Ablaufberges wird in der Regel ganz oder z. T. dadurch gewonnen, daß man dem Zerlegungsgleis in der nächstvorhergehenden Strecke Gegenneigung gibt, weshalb der Ablaufberg im allgemeinen mit dem Namen „Eselsrücken“ bezeichnet wird. Dem Ablaufberg muß zum Unterschied von dem durchgehenden Gefälle der Verschiebezug durch eine schiebende Lokomotive zugeführt werden. Kurz vor Beginn des Ablaufgefälles wird jedesmal die Kupplung zwischen dem oder den vordersten, zum nächsten Ablauf bestimmten Wagen und dem übrigen Verschiebezug getrennt, was in der Regel dadurch erleichtert ist, daß in der Gegensteigung die Buffer gedrückt, also die Kupplungen schlaff sind, so daß nach Überschreitung des Gefällbrechpunktes der betreffende Wagen oder die Wagengruppe sich in schnelleren Lauf setzt und dem in langsamer Gangart geschobenen Verschiebezug vorauseilt. Die Abdrückgeschwindigkeit soll so bemessen werden, daß der Zeitraum zwischen zwei im Ablauf einander folgenden Rangiergängen ausreicht,

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[126/0139] losgekuppelt und durch Weichenumstellen dasjenige Gleis der Ordnungsgleisgruppe geöffnet ist, in dem sich die Wagen der betreffenden Bestimmung sammeln sollen, setzt sich die Lokomotive abermals in Bewegung und stößt in derselben Weise wie früher die Wagengruppe b ab. Dieses Verfahren läßt sich indessen nur so lange ohne weiteres fortsetzen, bis die Spitze des nach dem letzten Abstoßen zum Halten gekommenen Restzugs bei der ersten Verteilungsweiche der Ordnungsgleisgruppe angelangt ist. Nunmehr muß zunächst der Rest des Verschiebezugs wieder zurückgezogen werden, um für erneutes wiederholtes Abstoßen Längenspielraum zu gewinnen. Der Wechsel von Abstoßen und Zurückziehen dauert so lange, bis der ganze Verschiebezug zerlegt ist. Dieses Verfahren wird trotz seiner Umständlichkeit beim Verschieben außerhalb der eigentlichen V., insbesondere auf den Ortsgüterbahnhöfen, niemals ganz entbehrt werden können und findet sich selbst auf V. hier und da als ergänzendes Verfahren. Die für die Anordnung deutscher V. grundlegenden Verfahren beruhen jedoch jetzt durchweg auf der Anwendung der Schwerkraft, u. zw. entweder in der Form des Ablaufberges oder in der Form des durchgehenden Gefälles. Das durchgehende Gefälle erstreckt sich vom hinteren Ende des Zerlegungsgleises durch dieses und durch die Gleise der angeschlossenen Gleisgruppe hindurch. Der zu zerlegende Verschiebezug rollt, ohne Lokomotive, durch die Schwerkraft beschleunigt und durch Bremsbedienung gezügelt, langsam der ersten Verteilungsweiche zu, bei der das Zerlegungsgleis beginnt, sich in die Gleisgruppe zu verzweigen. Dicht oberhalb dieser Stelle wird der erste Wagen oder die erste Wagengruppe gemeinsamer Bestimmung (der erste Rangiergang), indem man durch künstliche Hemmung der Spitze des Verschiebezugs die Kupplung oberhalb des ersten Rangiergangs schlaff macht, von dem langsam herabrollenden Verschiebezug losgekuppelt, gerät infolge Aufhebens oder Verminderung der Bremsung in schnelleren Lauf, eilt also dem übrigen Verschiebezug voraus, so daß zwischen dem Ablauf dieses und des folgenden Rangiergangs Zeit genug bleibt, um die Weichen gemäß der Bestimmung des nächstfolgenden Rangiergangs umzustellen. Die Spitze des sich immer mehr verkürzenden Verschiebezugs fällt je nach der Länge der ablaufenden Rangiergänge jedesmal mehr oder weniger zurück, gelangt aber bis zum Ablauf des nächsten Rangiergangs ungefähr wieder an dieselbe Ablaufstelle oberhalb der ersten Verteilungsweiche. Man läßt die abrollenden Wagen in der Regel nicht bis an das untere Ende der Ordnungsgleisgruppe hinablaufen, da sie sonst in zu schnellen Lauf kommen würden, sondern fängt sie in den oberen Enden der Ordnungsgleise auf, um sie dann, zu längeren Wagengruppen vereinigt, mit Bremsbesetzung an das untere Ende der Gleisgruppe bzw. bis an die dort schon aufgesammelten Wagen hinabzuführen. Charakteristisch für das durchgehende Gefälle ist hiernach außer dem Abrollen des Verschiebezugs ohne Mitwirkung einer Lokomotive, daß überall, wo auch die abgelaufenen Wagen zum Stillstand gelangt sind, sie bei Lösung der Bremsen bzw. Beseitigung der Vorlagen sich durch die Einwirkung der Schwerkraft von selbst wieder in Bewegung setzen. Wesentlich verschieden hiervon ist die Wirkungsweise eines Ablaufberges (s. d.). Bei diesem ist das zur Beschleunigung der zu ordnenden Wagen dienende Gefälle auf einer kurzen Strecke konzentriert, beginnt nahe dem Auslaufende des Zerlegungsgleises und reicht über die erste Verteilungsweiche hinaus mehr oder weniger weit in die Ordnungsgleisgruppe hinein. Weiterhin liegen die Gleise der Ordnungsgleisgruppe zweckmäßig nicht, wie man dies früher wohl gemacht hat, ganz wagrecht, sondern mindestens zum großen Teil ihrer Länge in ganz schwachem Gefälle, damit die den Wagen oder Wagengruppen vom Ablaufberg für ihren ganzen Weg mitgeteilte lebendige Kraft nicht zu frühzeitig aufgezehrt wird oder, umgekehrt, damit man den Ablaufberg weniger hoch zu machen braucht und so zu große Laufgeschwindigkeiten leichtlaufender Wagen vermeidet. Die Gefällhöhe des eigentlichen Ablaufberges wird in der Regel ganz oder z. T. dadurch gewonnen, daß man dem Zerlegungsgleis in der nächstvorhergehenden Strecke Gegenneigung gibt, weshalb der Ablaufberg im allgemeinen mit dem Namen „Eselsrücken“ bezeichnet wird. Dem Ablaufberg muß zum Unterschied von dem durchgehenden Gefälle der Verschiebezug durch eine schiebende Lokomotive zugeführt werden. Kurz vor Beginn des Ablaufgefälles wird jedesmal die Kupplung zwischen dem oder den vordersten, zum nächsten Ablauf bestimmten Wagen und dem übrigen Verschiebezug getrennt, was in der Regel dadurch erleichtert ist, daß in der Gegensteigung die Buffer gedrückt, also die Kupplungen schlaff sind, so daß nach Überschreitung des Gefällbrechpunktes der betreffende Wagen oder die Wagengruppe sich in schnelleren Lauf setzt und dem in langsamer Gangart geschobenen Verschiebezug vorauseilt. Die Abdrückgeschwindigkeit soll so bemessen werden, daß der Zeitraum zwischen zwei im Ablauf einander folgenden Rangiergängen ausreicht,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/139>, abgerufen am 21.06.2024.