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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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oder einer Glocke am Tender oberhalb der Wagenfenster und unterstützt durch an der oberen Wagenkante angebrachte Leinenhalter ausgehend vom Sitz des Zugführers oder wachthabenden Fahrbeamten oder auch vom letzten Wagen ab geführt wird. Die Z. soll dem Zugpersonal (s. d.) und den Reisenden die Möglichkeit bieten, den Lokomotivführer durch Betätigung der Dampfpfeife oder der Glocke am Tender auf eine Gefahr aufmerksam zu machen oder zum Anhalten des Zugs zu veranlassen. Ebenso soll bei einer Zugtrennung (s. d.) durch Anziehen oder Zerreißen der Z. die Aufmerksamkeit des Lokomotivführers erregt werden. Bis zur Einführung der durchgehenden Bremsen war die Z. sowohl in Deutschland als in den meisten anderen Ländern durch die Aufsichtsbehörden vorgeschrieben. In Preußen wurde sie allgemein eingeführt durch die Bestimmungen zur Sicherung des Betriebs vom 27. Juni 1850, in England durch Parlamentsakte vom Jahre 1868, nachdem einzelne Bahnen sie schon viel früher, die London-Dover-Bahn z. B. etwa 1840 angewendet hatten. Um bei der Fahrt durch Kopfbahnhöfe das zeitraubende Umlegen der Z. zu vermeiden, wurde in der Regel in solchem Falle eine zweite Z. an der linken Seite schon auf der Zugbildungsstation in die Leinenhalter eingelegt (vgl. Weber, Telegraphen- und Signalwesen der Eisenbahnen. Weimar 1867, S. 105).

Die Anwendung der Z. litt unter mancherlei Übelständen und Unzuträglichkeiten. Witterungseinflüsse, Änderungen in der Zuglänge durch Dehnung der Kupplungen oder Auflaufen der Wagen, Abweichungen in der Höhenlage der Leinenhalter infolge verschiedener Bauart der Wagen beeinträchtigten ihre Wirkung, die sowieso bei schnellfahrenden Zügen eine viel zu langsame war und bei Überschreitung gewisser Zuglängen gänzlich versagte. Dazu kamen die Unbequemlichkeiten und Verzögerungen in der Zugabfertigung beim Aussetzen und Einsetzen von Wagen auf Zwischenstationen. Sobald sich bessere Ersatzmittel boten, wie die durchgehende Bremse oder innere Durchgangsmöglichkeit auf Nebenbahnen durch die Züge, verzichtete man daher auf die Mitführung der Z. - Für die deutschen Eisenbahnen bestimmt jetzt § 58 (3) der EBBO., daß an allen ohne durchgehende Bremse verkehrenden Zügen der Hauptbahnen und Militärzügen der Nebenbahnen eine Z. vom Platze des Zugführers oder eines anderen an der Aufsicht über den Zug beteiligten Beamten bis zur Dampfpfeife der Lokomotive zu führen ist. Bei Übergabezügen (s. d.) kann die Z. auf Anordnung der Eisenbahndirektion fortfallen. Auf den österreichischen Bahnen muß nach Art. 61 der Vorschriften für den Verkehrsdienst die Signalleine oder das an ihre Stelle tretende Verständigungsmittel von der Zuglokomotive bis zum ersten besetzten Bremsposten reichen. Bei Lokalbahnen darf die Leine entfallen, wenn sich der der Lokomotive zunächst postierte Zugbegleiter in anderer unzweifelhafter Weise dem Lokomotivführer verständlich machen kann.

Breusing.


Zugleitung, Zugleiter (train dispatcher, train controle; chef du mouvement des trains; capo del movimento dei treni), unmittelbare Leitung des Zugverkehrs durch Telegraph oder Fernsprecher von einer Stelle aus (s. Betriebssystem unter I c). Sie bezieht sich nicht auf die Handhabung der für die Sicherheit der Zugfahrten dienenden Maßnahmen, insbesondere nicht auf das unabhängig von der Z. zu handhabende Zugmeldeverfahren, sondern bezweckt lediglich die Bestimmung der Reihenfolge oder Rangordnung der abzulassenden Züge und auch dieser im allgemeinen nur soweit sie nicht zu den Personenzügen gehören, die Umleitung von Zügen über Entlastungsstrecken oder die Abbeförderung von Gütern und Wagen mit Sonderzügen sowie die Vermittlung von Aushilfeleistungen durch Lokomotiven und Personale. Wie im Aufsatz Fahrdienstleitung unter V näher ausgeführt ist, hatten die preußischen Staatsbahnen die Einrichtung von Z. für den Fall außergewöhnlicher Betriebsverhältnisse vorgesehen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1914 S. 89). Die während des Kriegs infolge der außergewöhnlichen Anforderungen eintretenden und nach seiner Beendigung andauernden Verkehrsstockungen (s. d.) zwangen nicht nur die deutschen, sondern auch die österreichischen und andere Bahnen, und zwar sowohl die innerhalb der Landesgrenzen gelegenen als auch die im Kriegsgebiet befindlichen Verwaltungen von der Einrichtung von Z. umfangreichen Gebrauch zu machen. Dabei wurden den Z. in der Regel nicht nur Beamte für die eigentlichen fahrdienstlichen Anordnungen, sondern auch für die Regelung des Lokomotivdienstes und des Zugbegleitungsdienstes zugeteilt (vgl. Ztg. d. VDEV. 1918 S. 1029).

Nach der Dienstvorschrift für Z. auf den deutschen Reichsbahnen (Eisenb. Nachr.-Bl. 1918. S. 71) sind die Z. als Hilfsbetriebsstellen zur Unterstützung der mit der Leitung des Fahrdienstes beauftragten Beamten der Dienststellen, Ämter und Direktionen anzusehen. Sie sollen eingerichtet werden, wenn die Betriebsführung lediglich auf Grund des Fahrplans, der Diensteinteilungen, der Beförderungsvorschriften, Wagenübergangs- und Bahnhofsbedienungspläne nicht mehr gesichert erscheint. Den

oder einer Glocke am Tender oberhalb der Wagenfenster und unterstützt durch an der oberen Wagenkante angebrachte Leinenhalter ausgehend vom Sitz des Zugführers oder wachthabenden Fahrbeamten oder auch vom letzten Wagen ab geführt wird. Die Z. soll dem Zugpersonal (s. d.) und den Reisenden die Möglichkeit bieten, den Lokomotivführer durch Betätigung der Dampfpfeife oder der Glocke am Tender auf eine Gefahr aufmerksam zu machen oder zum Anhalten des Zugs zu veranlassen. Ebenso soll bei einer Zugtrennung (s. d.) durch Anziehen oder Zerreißen der Z. die Aufmerksamkeit des Lokomotivführers erregt werden. Bis zur Einführung der durchgehenden Bremsen war die Z. sowohl in Deutschland als in den meisten anderen Ländern durch die Aufsichtsbehörden vorgeschrieben. In Preußen wurde sie allgemein eingeführt durch die Bestimmungen zur Sicherung des Betriebs vom 27. Juni 1850, in England durch Parlamentsakte vom Jahre 1868, nachdem einzelne Bahnen sie schon viel früher, die London-Dover-Bahn z. B. etwa 1840 angewendet hatten. Um bei der Fahrt durch Kopfbahnhöfe das zeitraubende Umlegen der Z. zu vermeiden, wurde in der Regel in solchem Falle eine zweite Z. an der linken Seite schon auf der Zugbildungsstation in die Leinenhalter eingelegt (vgl. Weber, Telegraphen- und Signalwesen der Eisenbahnen. Weimar 1867, S. 105).

Die Anwendung der Z. litt unter mancherlei Übelständen und Unzuträglichkeiten. Witterungseinflüsse, Änderungen in der Zuglänge durch Dehnung der Kupplungen oder Auflaufen der Wagen, Abweichungen in der Höhenlage der Leinenhalter infolge verschiedener Bauart der Wagen beeinträchtigten ihre Wirkung, die sowieso bei schnellfahrenden Zügen eine viel zu langsame war und bei Überschreitung gewisser Zuglängen gänzlich versagte. Dazu kamen die Unbequemlichkeiten und Verzögerungen in der Zugabfertigung beim Aussetzen und Einsetzen von Wagen auf Zwischenstationen. Sobald sich bessere Ersatzmittel boten, wie die durchgehende Bremse oder innere Durchgangsmöglichkeit auf Nebenbahnen durch die Züge, verzichtete man daher auf die Mitführung der Z. – Für die deutschen Eisenbahnen bestimmt jetzt § 58 (3) der EBBO., daß an allen ohne durchgehende Bremse verkehrenden Zügen der Hauptbahnen und Militärzügen der Nebenbahnen eine Z. vom Platze des Zugführers oder eines anderen an der Aufsicht über den Zug beteiligten Beamten bis zur Dampfpfeife der Lokomotive zu führen ist. Bei Übergabezügen (s. d.) kann die Z. auf Anordnung der Eisenbahndirektion fortfallen. Auf den österreichischen Bahnen muß nach Art. 61 der Vorschriften für den Verkehrsdienst die Signalleine oder das an ihre Stelle tretende Verständigungsmittel von der Zuglokomotive bis zum ersten besetzten Bremsposten reichen. Bei Lokalbahnen darf die Leine entfallen, wenn sich der der Lokomotive zunächst postierte Zugbegleiter in anderer unzweifelhafter Weise dem Lokomotivführer verständlich machen kann.

Breusing.


Zugleitung, Zugleiter (train dispatcher, train controle; chef du mouvement des trains; capo del movimento dei treni), unmittelbare Leitung des Zugverkehrs durch Telegraph oder Fernsprecher von einer Stelle aus (s. Betriebssystem unter I c). Sie bezieht sich nicht auf die Handhabung der für die Sicherheit der Zugfahrten dienenden Maßnahmen, insbesondere nicht auf das unabhängig von der Z. zu handhabende Zugmeldeverfahren, sondern bezweckt lediglich die Bestimmung der Reihenfolge oder Rangordnung der abzulassenden Züge und auch dieser im allgemeinen nur soweit sie nicht zu den Personenzügen gehören, die Umleitung von Zügen über Entlastungsstrecken oder die Abbeförderung von Gütern und Wagen mit Sonderzügen sowie die Vermittlung von Aushilfeleistungen durch Lokomotiven und Personale. Wie im Aufsatz Fahrdienstleitung unter V näher ausgeführt ist, hatten die preußischen Staatsbahnen die Einrichtung von Z. für den Fall außergewöhnlicher Betriebsverhältnisse vorgesehen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1914 S. 89). Die während des Kriegs infolge der außergewöhnlichen Anforderungen eintretenden und nach seiner Beendigung andauernden Verkehrsstockungen (s. d.) zwangen nicht nur die deutschen, sondern auch die österreichischen und andere Bahnen, und zwar sowohl die innerhalb der Landesgrenzen gelegenen als auch die im Kriegsgebiet befindlichen Verwaltungen von der Einrichtung von Z. umfangreichen Gebrauch zu machen. Dabei wurden den Z. in der Regel nicht nur Beamte für die eigentlichen fahrdienstlichen Anordnungen, sondern auch für die Regelung des Lokomotivdienstes und des Zugbegleitungsdienstes zugeteilt (vgl. Ztg. d. VDEV. 1918 S. 1029).

Nach der Dienstvorschrift für Z. auf den deutschen Reichsbahnen (Eisenb. Nachr.-Bl. 1918. S. 71) sind die Z. als Hilfsbetriebsstellen zur Unterstützung der mit der Leitung des Fahrdienstes beauftragten Beamten der Dienststellen, Ämter und Direktionen anzusehen. Sie sollen eingerichtet werden, wenn die Betriebsführung lediglich auf Grund des Fahrplans, der Diensteinteilungen, der Beförderungsvorschriften, Wagenübergangs- und Bahnhofsbedienungspläne nicht mehr gesichert erscheint. Den

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[512/0545] oder einer Glocke am Tender oberhalb der Wagenfenster und unterstützt durch an der oberen Wagenkante angebrachte Leinenhalter ausgehend vom Sitz des Zugführers oder wachthabenden Fahrbeamten oder auch vom letzten Wagen ab geführt wird. Die Z. soll dem Zugpersonal (s. d.) und den Reisenden die Möglichkeit bieten, den Lokomotivführer durch Betätigung der Dampfpfeife oder der Glocke am Tender auf eine Gefahr aufmerksam zu machen oder zum Anhalten des Zugs zu veranlassen. Ebenso soll bei einer Zugtrennung (s. d.) durch Anziehen oder Zerreißen der Z. die Aufmerksamkeit des Lokomotivführers erregt werden. Bis zur Einführung der durchgehenden Bremsen war die Z. sowohl in Deutschland als in den meisten anderen Ländern durch die Aufsichtsbehörden vorgeschrieben. In Preußen wurde sie allgemein eingeführt durch die Bestimmungen zur Sicherung des Betriebs vom 27. Juni 1850, in England durch Parlamentsakte vom Jahre 1868, nachdem einzelne Bahnen sie schon viel früher, die London-Dover-Bahn z. B. etwa 1840 angewendet hatten. Um bei der Fahrt durch Kopfbahnhöfe das zeitraubende Umlegen der Z. zu vermeiden, wurde in der Regel in solchem Falle eine zweite Z. an der linken Seite schon auf der Zugbildungsstation in die Leinenhalter eingelegt (vgl. Weber, Telegraphen- und Signalwesen der Eisenbahnen. Weimar 1867, S. 105). Die Anwendung der Z. litt unter mancherlei Übelständen und Unzuträglichkeiten. Witterungseinflüsse, Änderungen in der Zuglänge durch Dehnung der Kupplungen oder Auflaufen der Wagen, Abweichungen in der Höhenlage der Leinenhalter infolge verschiedener Bauart der Wagen beeinträchtigten ihre Wirkung, die sowieso bei schnellfahrenden Zügen eine viel zu langsame war und bei Überschreitung gewisser Zuglängen gänzlich versagte. Dazu kamen die Unbequemlichkeiten und Verzögerungen in der Zugabfertigung beim Aussetzen und Einsetzen von Wagen auf Zwischenstationen. Sobald sich bessere Ersatzmittel boten, wie die durchgehende Bremse oder innere Durchgangsmöglichkeit auf Nebenbahnen durch die Züge, verzichtete man daher auf die Mitführung der Z. – Für die deutschen Eisenbahnen bestimmt jetzt § 58 (3) der EBBO., daß an allen ohne durchgehende Bremse verkehrenden Zügen der Hauptbahnen und Militärzügen der Nebenbahnen eine Z. vom Platze des Zugführers oder eines anderen an der Aufsicht über den Zug beteiligten Beamten bis zur Dampfpfeife der Lokomotive zu führen ist. Bei Übergabezügen (s. d.) kann die Z. auf Anordnung der Eisenbahndirektion fortfallen. Auf den österreichischen Bahnen muß nach Art. 61 der Vorschriften für den Verkehrsdienst die Signalleine oder das an ihre Stelle tretende Verständigungsmittel von der Zuglokomotive bis zum ersten besetzten Bremsposten reichen. Bei Lokalbahnen darf die Leine entfallen, wenn sich der der Lokomotive zunächst postierte Zugbegleiter in anderer unzweifelhafter Weise dem Lokomotivführer verständlich machen kann. Breusing. Zugleitung, Zugleiter (train dispatcher, train controle; chef du mouvement des trains; capo del movimento dei treni), unmittelbare Leitung des Zugverkehrs durch Telegraph oder Fernsprecher von einer Stelle aus (s. Betriebssystem unter I c). Sie bezieht sich nicht auf die Handhabung der für die Sicherheit der Zugfahrten dienenden Maßnahmen, insbesondere nicht auf das unabhängig von der Z. zu handhabende Zugmeldeverfahren, sondern bezweckt lediglich die Bestimmung der Reihenfolge oder Rangordnung der abzulassenden Züge und auch dieser im allgemeinen nur soweit sie nicht zu den Personenzügen gehören, die Umleitung von Zügen über Entlastungsstrecken oder die Abbeförderung von Gütern und Wagen mit Sonderzügen sowie die Vermittlung von Aushilfeleistungen durch Lokomotiven und Personale. Wie im Aufsatz Fahrdienstleitung unter V näher ausgeführt ist, hatten die preußischen Staatsbahnen die Einrichtung von Z. für den Fall außergewöhnlicher Betriebsverhältnisse vorgesehen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1914 S. 89). Die während des Kriegs infolge der außergewöhnlichen Anforderungen eintretenden und nach seiner Beendigung andauernden Verkehrsstockungen (s. d.) zwangen nicht nur die deutschen, sondern auch die österreichischen und andere Bahnen, und zwar sowohl die innerhalb der Landesgrenzen gelegenen als auch die im Kriegsgebiet befindlichen Verwaltungen von der Einrichtung von Z. umfangreichen Gebrauch zu machen. Dabei wurden den Z. in der Regel nicht nur Beamte für die eigentlichen fahrdienstlichen Anordnungen, sondern auch für die Regelung des Lokomotivdienstes und des Zugbegleitungsdienstes zugeteilt (vgl. Ztg. d. VDEV. 1918 S. 1029). Nach der Dienstvorschrift für Z. auf den deutschen Reichsbahnen (Eisenb. Nachr.-Bl. 1918. S. 71) sind die Z. als Hilfsbetriebsstellen zur Unterstützung der mit der Leitung des Fahrdienstes beauftragten Beamten der Dienststellen, Ämter und Direktionen anzusehen. Sie sollen eingerichtet werden, wenn die Betriebsführung lediglich auf Grund des Fahrplans, der Diensteinteilungen, der Beförderungsvorschriften, Wagenübergangs- und Bahnhofsbedienungspläne nicht mehr gesichert erscheint. Den

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/545>, abgerufen am 30.06.2024.