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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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sculis die Belehnung zu ertheilen. Mit diesem Beschluß war
allerdings die frühere Absicht der Polen, Kurland nach dem
Aussterben des Kettlerschen Mannesstammes ihrem Reich völlig
zu incorporiren, in eine unbestimmte Ferne gerückt worden, und
August hatte sein bei seiner Wahl Biron gegebenes Versprechen,
ihn mit Kurland zu beleihen, ausführen können. Aus der
gegenwärtigen Lage der Sache entsprang aber die doppelte
Frage, einmal ob Biron und dessen Nachkommenschaft in der
That das Lehn verwirkt hätten, und zum andern, ob, selbst
wenn dies der Fall wäre, der König nach der Constitution
von 1736 das Recht habe, allein ohne den Reichstag das
Herzogthum zu vergeben. Die Czartoryski verneinten beide
Fragen. In Betreff der ersten führten sie aus, daß das Ver-
brechen Birons, für welches er in Rußland durch seine Ver-
bannung bestraft worden sei, auf sein Verhältniß zu Polen,
gegen welches er sich nie vergangen, keine Rückwirkung, am
wenigsten auf seine Nachkommen, haben könne, und außerdem
die Erfahrung zeige, daß dergleichen Strafen in Rußland, bei
den häufig dort eintretenden Wechseln wieder zurückgenommen
würden, also auch Biron noch einmal in alle seine Ehren und
Würden wieder eingesetzt werden könnte. In Bezug auf die
zweite Frage aber vertraten sie die Ansicht, daß die Constitution
von 1736 nur den einen Fall des Aussterbens des Kettler-
schen Stammes im Auge gehabt, und nur für diesen Fall und
nicht für alle Ewigkeit dem Könige ausschließlich das Recht der
Belehnung überlassen habe. Der Wortlaut der Constitution 1)
spricht allerdings für diese letztere Auffassung; ob aber die
Czartoryski in der That das Verfahren des Königs für "mit

1) "-- -- mit der Einwilligung aller Stände haben wir (in Betreff
Kurlands) folgendes bestimmt, daß wir nämlich post decessum moderni
principis Ferdinandi
und in ihm stirpis Ketlerianae, welchen wir ad
vitae tempora circa feudum et jura ejusdem
in Besitz lassen wollen,
einem andern cum successoribus ejus masculis de lumbis procedentibus
investituram
des Herzogthums Kurland diplomate nostro nach der in
simili
Falle gebrauchten Form ertheilen werden. Volum. legum (alte
Ausgabe) VI, 664.

sculis die Belehnung zu ertheilen. Mit dieſem Beſchluß war
allerdings die frühere Abſicht der Polen, Kurland nach dem
Ausſterben des Kettlerſchen Mannesſtammes ihrem Reich völlig
zu incorporiren, in eine unbeſtimmte Ferne gerückt worden, und
Auguſt hatte ſein bei ſeiner Wahl Biron gegebenes Verſprechen,
ihn mit Kurland zu beleihen, ausführen können. Aus der
gegenwärtigen Lage der Sache entſprang aber die doppelte
Frage, einmal ob Biron und deſſen Nachkommenſchaft in der
That das Lehn verwirkt hätten, und zum andern, ob, ſelbſt
wenn dies der Fall wäre, der König nach der Conſtitution
von 1736 das Recht habe, allein ohne den Reichstag das
Herzogthum zu vergeben. Die Czartoryski verneinten beide
Fragen. In Betreff der erſten führten ſie aus, daß das Ver-
brechen Birons, für welches er in Rußland durch ſeine Ver-
bannung beſtraft worden ſei, auf ſein Verhältniß zu Polen,
gegen welches er ſich nie vergangen, keine Rückwirkung, am
wenigſten auf ſeine Nachkommen, haben könne, und außerdem
die Erfahrung zeige, daß dergleichen Strafen in Rußland, bei
den häufig dort eintretenden Wechſeln wieder zurückgenommen
würden, alſo auch Biron noch einmal in alle ſeine Ehren und
Würden wieder eingeſetzt werden könnte. In Bezug auf die
zweite Frage aber vertraten ſie die Anſicht, daß die Conſtitution
von 1736 nur den einen Fall des Ausſterbens des Kettler-
ſchen Stammes im Auge gehabt, und nur für dieſen Fall und
nicht für alle Ewigkeit dem Könige ausſchließlich das Recht der
Belehnung überlaſſen habe. Der Wortlaut der Conſtitution 1)
ſpricht allerdings für dieſe letztere Auffaſſung; ob aber die
Czartoryski in der That das Verfahren des Königs für „mit

1) „— — mit der Einwilligung aller Stände haben wir (in Betreff
Kurlands) folgendes beſtimmt, daß wir nämlich post decessum moderni
principis Ferdinandi
und in ihm stirpis Ketlerianae, welchen wir ad
vitae tempora circa feudum et jura ejusdem
in Beſitz laſſen wollen,
einem andern cum successoribus ejus masculis de lumbis procedentibus
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des Herzogthums Kurland diplomate nostro nach der in
simili
Falle gebrauchten Form ertheilen werden. Volum. legum (alte
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[133/0147] sculis die Belehnung zu ertheilen. Mit dieſem Beſchluß war allerdings die frühere Abſicht der Polen, Kurland nach dem Ausſterben des Kettlerſchen Mannesſtammes ihrem Reich völlig zu incorporiren, in eine unbeſtimmte Ferne gerückt worden, und Auguſt hatte ſein bei ſeiner Wahl Biron gegebenes Verſprechen, ihn mit Kurland zu beleihen, ausführen können. Aus der gegenwärtigen Lage der Sache entſprang aber die doppelte Frage, einmal ob Biron und deſſen Nachkommenſchaft in der That das Lehn verwirkt hätten, und zum andern, ob, ſelbſt wenn dies der Fall wäre, der König nach der Conſtitution von 1736 das Recht habe, allein ohne den Reichstag das Herzogthum zu vergeben. Die Czartoryski verneinten beide Fragen. In Betreff der erſten führten ſie aus, daß das Ver- brechen Birons, für welches er in Rußland durch ſeine Ver- bannung beſtraft worden ſei, auf ſein Verhältniß zu Polen, gegen welches er ſich nie vergangen, keine Rückwirkung, am wenigſten auf ſeine Nachkommen, haben könne, und außerdem die Erfahrung zeige, daß dergleichen Strafen in Rußland, bei den häufig dort eintretenden Wechſeln wieder zurückgenommen würden, alſo auch Biron noch einmal in alle ſeine Ehren und Würden wieder eingeſetzt werden könnte. In Bezug auf die zweite Frage aber vertraten ſie die Anſicht, daß die Conſtitution von 1736 nur den einen Fall des Ausſterbens des Kettler- ſchen Stammes im Auge gehabt, und nur für dieſen Fall und nicht für alle Ewigkeit dem Könige ausſchließlich das Recht der Belehnung überlaſſen habe. Der Wortlaut der Conſtitution 1) ſpricht allerdings für dieſe letztere Auffaſſung; ob aber die Czartoryski in der That das Verfahren des Königs für „mit 1) „— — mit der Einwilligung aller Stände haben wir (in Betreff Kurlands) folgendes beſtimmt, daß wir nämlich post decessum moderni principis Ferdinandi und in ihm stirpis Ketlerianae, welchen wir ad vitae tempora circa feudum et jura ejusdem in Beſitz laſſen wollen, einem andern cum successoribus ejus masculis de lumbis procedentibus investituram des Herzogthums Kurland diplomate nostro nach der in simili Falle gebrauchten Form ertheilen werden. Volum. legum (alte Ausgabe) VI, 664.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/147>, abgerufen am 24.11.2024.