Man hat in den neuern Zeiten bemerkt, daß, wenn die Paarung zu Lande geschiehet, die Eyer nicht so gut gerathen, als wenn sie auf dem Wasser vor sich gehet. Ferner, daß durch den Rocken der Eyerstock bey den Gänsen und dem Federvieh zur Zucht sich besser ansetze; daß man den Brutgänsen nicht die Federn zu sehr oder gar ausraufe, damit die Eyer mehr Wär- me haben. In den neuern Zeiten, da die Weichlichkeit und Luxus auch für den Geschmack mehr künstelten, dachte man sonderlich auf die besten und wirksamsten Erfindungen zum Fett- machen dieser Thiere; man vergaß, um seinen Gaumen zu weiden, oft sogar dabey die Mensch- lichkeit. Man ahmte in Deutschland die in England gewöhnliche Art der Mast mit geschro- tenem Malze nach, das mit Milch eingerührt worden, oder auch Gerstenmehl mit Wasser ziemlich dick eingerührt, statt der Milch, und zur Veränderung setzt man in die Nähe ein Ge- fäß mit gekochtem Hafer und Wasser. f) An- dere fanden, daß blos gequellter Hafer mit
reich-
f) S. Museum rusticum et commerc. 3ter B. S. 143. seq. Hirsch gesammelte Nachrichten der ökonom. Gesellschaft in Franken. 2ter Jahrgang. An- spach 1766. 4. S. 319 seq.
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heißt die maͤnnliche Gans auch Ganſer, Genſert.
Man hat in den neuern Zeiten bemerkt, daß, wenn die Paarung zu Lande geſchiehet, die Eyer nicht ſo gut gerathen, als wenn ſie auf dem Waſſer vor ſich gehet. Ferner, daß durch den Rocken der Eyerſtock bey den Gaͤnſen und dem Federvieh zur Zucht ſich beſſer anſetze; daß man den Brutgaͤnſen nicht die Federn zu ſehr oder gar ausraufe, damit die Eyer mehr Waͤr- me haben. In den neuern Zeiten, da die Weichlichkeit und Luxus auch fuͤr den Geſchmack mehr kuͤnſtelten, dachte man ſonderlich auf die beſten und wirkſamſten Erfindungen zum Fett- machen dieſer Thiere; man vergaß, um ſeinen Gaumen zu weiden, oft ſogar dabey die Menſch- lichkeit. Man ahmte in Deutſchland die in England gewoͤhnliche Art der Maſt mit geſchro- tenem Malze nach, das mit Milch eingeruͤhrt worden, oder auch Gerſtenmehl mit Waſſer ziemlich dick eingeruͤhrt, ſtatt der Milch, und zur Veraͤnderung ſetzt man in die Naͤhe ein Ge- faͤß mit gekochtem Hafer und Waſſer. f) An- dere fanden, daß blos gequellter Hafer mit
reich-
f) S. Muſeum ruſticum et commerc. 3ter B. S. 143. ſeq. Hirſch geſammelte Nachrichten der oͤkonom. Geſellſchaft in Franken. 2ter Jahrgang. An- ſpach 1766. 4. S. 319 ſeq.
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heißt die maͤnnliche Gans auch Ganſer,
Genſert.
Man hat in den neuern Zeiten bemerkt,
daß, wenn die Paarung zu Lande geſchiehet,
die Eyer nicht ſo gut gerathen, als wenn ſie auf
dem Waſſer vor ſich gehet. Ferner, daß durch
den Rocken der Eyerſtock bey den Gaͤnſen und
dem Federvieh zur Zucht ſich beſſer anſetze; daß
man den Brutgaͤnſen nicht die Federn zu ſehr
oder gar ausraufe, damit die Eyer mehr Waͤr-
me haben. In den neuern Zeiten, da die
Weichlichkeit und Luxus auch fuͤr den Geſchmack
mehr kuͤnſtelten, dachte man ſonderlich auf die
beſten und wirkſamſten Erfindungen zum Fett-
machen dieſer Thiere; man vergaß, um ſeinen
Gaumen zu weiden, oft ſogar dabey die Menſch-
lichkeit. Man ahmte in Deutſchland die in
England gewoͤhnliche Art der Maſt mit geſchro-
tenem Malze nach, das mit Milch eingeruͤhrt
worden, oder auch Gerſtenmehl mit Waſſer
ziemlich dick eingeruͤhrt, ſtatt der Milch, und
zur Veraͤnderung ſetzt man in die Naͤhe ein Ge-
faͤß mit gekochtem Hafer und Waſſer. f) An-
dere fanden, daß blos gequellter Hafer mit
reich-
f) S. Muſeum ruſticum et commerc. 3ter B.
S. 143. ſeq.
Hirſch geſammelte Nachrichten der oͤkonom.
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/509>, abgerufen am 23.11.2024.
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