zu viel stehen gebliebene sich übertrage; man schnitt zuerst auf den Höhen, sodann auf den niedrigen Orten. Man hackte ihn dreymal, heftete und brach ihn verschiedenemal aus. Auch das Pfropfen des Weinstocks scheint man schon damals aus den Alten zu kennen. Das Pfropfen geschahe kurz vor oder nach Ostern; man verbesserte dadurch die schlechten Stöcke, und schnitt diese vorher beym Schnei- den des Berges nicht. Sie kannten verschie- dene Mittel den Most zu erhalten. So ist auch Coler in seinem Hausbuche sehr reich an Weinkünsten, und künstlichen Weinen; dahin gehört der Alantwein, Salbeywein, Beyfuß- Kirsch- Schleen- Borragen- Isoppen- Ju- denkirschenwein. Was die Weinkünste be- trifft, so wußte man schon die meisten aus den Alten: z. B. die Weintrauben lange frisch aufzubehalten, nahm man frischen Leim, darinnen kein Sand war, rührte ihn in rei- nes Wasser, tauchte die Trauben hinein, sobald sie vom Stocke geschnitten waren, trocknete sie auf Bretern an der Sonne, legte sie so- dann in ein Faß aus einander, machte es fest zu, und setzte sie in den Keller h). Sie schnitten die Reben mit den Trauben ab, und bestrichen die Enden mit Wachs, damit sie den Saft behielten, und hiengen sie in Kam- mern ohnweit der Stube; so kannten sie
auch
h) Columella 12. c. 43.
zu viel ſtehen gebliebene ſich uͤbertrage; man ſchnitt zuerſt auf den Hoͤhen, ſodann auf den niedrigen Orten. Man hackte ihn dreymal, heftete und brach ihn verſchiedenemal aus. Auch das Pfropfen des Weinſtocks ſcheint man ſchon damals aus den Alten zu kennen. Das Pfropfen geſchahe kurz vor oder nach Oſtern; man verbeſſerte dadurch die ſchlechten Stoͤcke, und ſchnitt dieſe vorher beym Schnei- den des Berges nicht. Sie kannten verſchie- dene Mittel den Moſt zu erhalten. So iſt auch Coler in ſeinem Hausbuche ſehr reich an Weinkuͤnſten, und kuͤnſtlichen Weinen; dahin gehoͤrt der Alantwein, Salbeywein, Beyfuß- Kirſch- Schleen- Borragen- Iſoppen- Ju- denkirſchenwein. Was die Weinkuͤnſte be- trifft, ſo wußte man ſchon die meiſten aus den Alten: z. B. die Weintrauben lange friſch aufzubehalten, nahm man friſchen Leim, darinnen kein Sand war, ruͤhrte ihn in rei- nes Waſſer, tauchte die Trauben hinein, ſobald ſie vom Stocke geſchnitten waren, trocknete ſie auf Bretern an der Sonne, legte ſie ſo- dann in ein Faß aus einander, machte es feſt zu, und ſetzte ſie in den Keller h). Sie ſchnitten die Reben mit den Trauben ab, und beſtrichen die Enden mit Wachs, damit ſie den Saft behielten, und hiengen ſie in Kam- mern ohnweit der Stube; ſo kannten ſie
auch
h) Columella 12. c. 43.
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zu viel ſtehen gebliebene ſich uͤbertrage; man
ſchnitt zuerſt auf den Hoͤhen, ſodann auf
den niedrigen Orten. Man hackte ihn dreymal,
heftete und brach ihn verſchiedenemal aus.
Auch das Pfropfen des Weinſtocks ſcheint
man ſchon damals aus den Alten zu kennen.
Das Pfropfen geſchahe kurz vor oder nach
Oſtern; man verbeſſerte dadurch die ſchlechten
Stoͤcke, und ſchnitt dieſe vorher beym Schnei-
den des Berges nicht. Sie kannten verſchie-
dene Mittel den Moſt zu erhalten. So iſt
auch Coler in ſeinem Hausbuche ſehr reich an
Weinkuͤnſten, und kuͤnſtlichen Weinen; dahin
gehoͤrt der Alantwein, Salbeywein, Beyfuß-
Kirſch- Schleen- Borragen- Iſoppen- Ju-
denkirſchenwein. Was die Weinkuͤnſte be-
trifft, ſo wußte man ſchon die meiſten aus
den Alten: z. B. die Weintrauben lange friſch
aufzubehalten, nahm man friſchen Leim,
darinnen kein Sand war, ruͤhrte ihn in rei-
nes Waſſer, tauchte die Trauben hinein, ſobald
ſie vom Stocke geſchnitten waren, trocknete
ſie auf Bretern an der Sonne, legte ſie ſo-
dann in ein Faß aus einander, machte es
feſt zu, und ſetzte ſie in den Keller h). Sie
ſchnitten die Reben mit den Trauben ab, und
beſtrichen die Enden mit Wachs, damit ſie
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auch
h) Columella 12. c. 43.
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/172>, abgerufen am 29.11.2024.
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